Ich habe in Stadt und Dorf gelebt, und oh Wunder, alles hat Vor- und Nachteile. Man spiegelt sich in der Gesellschaft und zieht die an, die ähnlich flimmern in ihrer kurzen Existenz in diesem unendlichen Universum. In der Stadt fällt es keinem auf, wenn ich jeden Abend literweise Alkoholika nach Hause trage und mich nicht in der öffentlichen Bierdosen-Szene herumtreibe, was ich irgendwann dann doch tat. Irgendwann kam ein ehemaliger Vorgesetzter vorbei und schaute mich mit offenem Mund an, wie ich da zusammen saß mit dem üblichen Geschmeiß von Verlierern. Im Dorf geht das nicht, da zeigen sie mit dem Finger und tuscheln, wenn du mit deiner Aldi-Kühltasche vorbeigehst, nachdem sie erst versuchten, dich einzubinden, dann verstießen, weil du unzuverlässig wurdest. Im Dorf glauben sie, alles zu wissen über dich. In der Stadt ist es fast egal, wer du warst oder bist. Da stirbst du einsam. Sicher.
Ich habe das Buch nicht gelesen und bin nun gewarnt; tatsächlich erinnert der Plot an die - immerhin - politisch unkorrekte Version von Rosamunde Pilcher. Hätte allerdings Monika Maron Berlin gebasht, das Horst-Wessel-Lied ignoriert und den Produzenten von köstlichen Nazi-Steaks zu Tode gepflegt, dann müsste sie sich schon wieder einen neuen Verlag suchen. Der Kitsch hat also Hintergrund und Methode; er behauptet, die politischen Widersprüche und gar Zotigkeiten kömen in Landluft und Wald zum Erliegen, so als gehörte das Land nicht zum Land - oder wäre das eigentilche Land. Das ist ein sehr paradoxer, also deutscher Gedanke, ein Lied, das seit zweihundert Jahren in diesen Dingen wohnt, und das Juli Zeh offenbar per Zauberwort zum Klingen bringen will. Es klingt dann auch wie der autoritäre Befehl Rousseaus: Zurück zur Natur! Der Kitsch ist dabei die unfreiwillige romantische Ironie. - Anderes scheint dahinter auf, und einer dichtete auch anders: Die Mauern steht sprachlos und kalt. / Im Winde klirren die Fahnen.
Das einzige was mir dazu einfällt ist die Feststellung, daß die Leute auf dem Land einfach mehr mit der Natur und ihrem eigenen Leben beschäftigt sind, als irgendwelche städtischen pseudo-intellektuellen Dummschwätzer. Denen ist körperliche Arbeit fremd ist und sie glauben, weil sie den bullshit von Habermas, Sartre, Beauvoir und Konsorten übernommen haben, überlegen zu seien. So weit, so richtig Ein hilfsbereiter Nazi und ein schwules AfD Pärchen in jedem Dorf. Was will man uns damit sagen? Ganz nett, aber intellektuell beschränkt? Meine These lautet: Sie werden zum hamstern kommen, wenn sie ihren Krieg verloren haben.
Ich möchte das NZZ-Interview mit Frau Zeh nicht in Gänze auseinandernehmen. Wer aber allen Ernstes behauptet, dass der “Clash of Civilizations” zwischen Zentrum und Peripherie stattfindet, sollte einen Spezialisten für “Oberstübchenmöbilierung” aufsuchen. Es kann natürlich auch sein, dass Frau Zeh das Buch von Samuel P. Huntington nicht gelesen oder nicht verstanden hat.
ich bin nun mal jugoslawien-interessiert. die tochter leihte mir das zeh buch: die stille ist ein geräusch. ich begann also zu lesen. und hörte auf. selten so viel dümmlichen gequatsche in schriftform. 20 % davon als unterhaltung mit oder über ihren hund. ich lese zunehmend nur mehr bücher von männern und vor 1995. * ausnahme: achgut bücher und tips….
@Johnson, fangen wir jetzt wieder bei Alpha an? Getestet womit? Gibt es einen neuen Test? Werden jetzt mit dem PCR- Test auch noch die NEUEN Varianten ermittelt? Wo sagten Sie haben Sie studiert?
Ich hatte noch keine Gelegenheit, das Buch zu lesen, vermute aber daß die wenigsten Leserbriefschreiber es gelesen haben. Allerdings tat meine Frau es in wenigen Abenden mit großer Begeisterung durcharbeiten, so daß ich in den häufigen Genuß literarischer Häppchen kam. Wir sind beide ebenfalls Stadtflüchter und können die Erfahrungen und Beschreibungen vollauf nachvollziehen. Julie Zehs Buch und seine Handlung mögen seine Schwächen haben. Aber es vermag Menschen aus ihren Blasen zu holen und sie auf einen Weg schicken. Nicht jeder hat das Glück, als selbstdenkender und kritischer Mensch geboren oder erzogen zu sein, für die meisten ist es ein mehr oder weniger langer Weg dahin. Und genau für die Leute, welche bereit zum Zweifeln sind kann das der Beginn dieses Weges sein.
das Beste, dass Dorfbewohnern passieren kann, ist, dass die Städter wegbleiben. Wer dennnoch in die bessere Lebensform ziehen möchte, sollte sich vorab mit den Gegebenheiten vertraut machen. Ist für beide Seiten das Beste. Wer das beherzigt und es akzeptiert, auf dem Land zu leben, wie man dort lebt, wird nie wieder in die Kaninchenkäfighaltung der Städte zurück wollen. Dorfleben heißt, jeden machen zu lassen. Und wenn es was gibt, was besprochen werden muß, erst mal zu besprechen. Anwalt, Polizei usw. völlig daneben. Es gibt eine super Film über einen Dorfpolizisten in Ostfriesland, der als Lehrfilm dafür herhalten kann. StPO usw. funktionieren hier nicht wie gewohnt. Der Umgang ist ein anderer. Und wer das begriffen hat, hat ein Zuhause gefunden. (Der Sheriff von Hesel)
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