Cora Stephan / 30.03.2023 / 10:00 / 23 / Seite ausdrucken

Cora Stephan: Die Stimme der Provinz: Lasst sie ziehen!

Es ist Unsinn, das Recht auf Freizügigkeit dem Klimaschutz zuliebe einseitig einzuschränken. Was bedeutet: Alle, die kommen, dürfen auch wieder gehen. Was Zugvögel können, muss allen erlaubt sein.

Vom Schreibtisch aus sehe ich sie im Apfelbaum toben, meine Spatzenkolonie, die ortsansässigen Meisen, Kohl-, Blau-, Tannen- und Sumpfmeisen, alle erpicht auf den Ring mit den Meisenknödeln, der an einem der Äste hängt. Das interessiert auch andere Gefiederte. Das Rotkehlchen tritt meist einzeln an, ebenso der Kleiber, die Buntspechte erscheinen paarweise, die Stare wiederum als Guerillatrupp. Manchmal kloppen sich auch die Kleineren mit den Größeren, mehr oder weniger sportlich. Erklimmt eine von Nachbars Katzen den Baum, ziehen die Vögel laut schimpfend aufs Schuppendach unter die Kletterhortensie und warten, bis die Raubtiere den Abgang gemacht haben. 

Das ist sehr lustig und lenkt ab. Und wenn ich vom Schreibtisch durch den Flur in die Küche oder aufs Klo gehe, zwitschert mich ein ganzer Waldvogelchor an, aus einem dieser netten Bewegungsmelder, Spielzeug auch für Erwachsene. Wenn es gerade nicht gewittert oder hagelt oder graupelt, laufe ich hinüber zu den Wiesen in der Flussaue, dort stehen bereits wieder die Reiher und die Störche, oft fliegt ein treues Entenpärchen über den Bach und das Scheunendach, auf dem die Krähen hocken, die bei der Nachbarin Eier klauen, wenn eines ihrer Hühner eins verloren hat.

Stare gehören zu meinen Lieblingsvögeln. Sie können Pferdewiehern und Klingeltöne nachahmen und sehen überaus hübsch aus in ihren schillernden Fräckchen. Aber leider machen sie hier nur Zwischenstation, im Herbst und im Frühling, sie ziehen weiter. Ich finde das schade, aber irgendwie auch in Ordnung: Man hilft ja gern aus, wenn mal Not am Meisenknödel ist. Aber auf Dauer möchte ich mich lieber auf ortsansässiges Geflügel beschränken. 

Die Freizügigkeit wird ausgerechnet für die schon länger hier Lebenden eingeschränkt

Das geht mittlerweile vielen so, die hoffen, dass der Kelch an ihnen vorbeigeht, der Kelch mit den Hinzuziehenden, die partout keine Weiterziehenden sein wollen. Die fragen sich auch schon mal, warum die Freizügigkeit ausgerechnet für die schon länger hier Lebenden eingeschränkt wird. Erst sollte man wegen Corona zuhause bleiben, dann fiel der Schienenverkehr aus diesem oder einem anderen Grund aus, und das Auto soll ja auch weg, lieber früher als später. Und wer kann sich demnächst noch Benzin oder Diesel leisten? Oder gar, dank gestiegener Stromkosten, ein Elektrofahrzeug? Mal abgesehen vom Zustand unserer Straßen, die Autofahren zum Surfen auf einem Rüttelbrett machen.

Rein darf jeder in unser Land, wir sind hier schließlich nicht in Großbritannien. Dort ist es eine Straftat, mit einem Boot an den Küsten des Vereinigten Königreichs landen zu wollen. Bei uns sind es vor allem die Alteingesessenen, die ihren Bewegungsradius mehr und mehr einschränken müssen. Kreuzfahrten? Sind seit Corona selbst bei Senioren nicht mehr der heiße Scheiß, die kaufen stattdessen den E-Bike-Markt leer. Abenteuerurlaub mit der Deutschen Bahn – es gibt keine verbindlichen Ankunftszeiten mehr, nur noch Ankunftsprognosen – wäre eine Option, wenn nicht gerade gestreikt wird.

Mobilität ist eben nur etwas für Zugvögel, alle anderen mögen sich klimasensibel einschränken, sonst droht der Hitzetod, denn sehet: Die Gletscher schmelzen schon! Das stimmt. Und deshalb wissen wir jetzt, dass es auch bei milderen Temperaturen schon Leben auf der Erde gab. Das Schwinden der Eismassen legt Straßen frei, die von den Römern angelegt wurden. Was sagt uns das? Genau: dass wärmere Temperaturen die Reisemöglichkeiten enorm verbessern und dass es Unsinn ist, das Recht auf Freizügigkeit dem Klimaschutz zuliebe einseitig einzuschränken. 

Was bedeutet: Alle, die kommen, dürfen auch wieder gehen. Was Zugvögel können, muss allen erlaubt sein.

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Dirk Jungnickel / 30.03.2023

Das Jahr 2035. Flaches Land, Mecklenburg. Fitzchen stapft mit Papa durch hohen Schnee. Fritzchen: “Papa, was sind das für hohe Stangen mit den kaputten Flügeln ? “ Papa: “Das waren Windkraftanlagen zur Stromerzeugung.” Fritzchen: ” Ich denke der Strom wird in AKWs mit der Kernfusion erzeugt…? “ Papa: ” Ach, weißt du,  das hatte man verboten, und man glaubte früher,  das könne der Wind erledigen…” Fritzchen: ” Ok. Aber warum ist jetzt immer Winter..?” Papa: ” Das hängt mit dem Klima zusammen…..früher hing alles mit dem Klima zusammen… das CO2 erwärmte   eben die Erde immer mehr ...man mußte was tun.” Fritzchen: “Und was tat man ?” Papa: “Man schaffte den Klimawandel ab.” Fritzchen: “... und deshalb ist jetzt immer Winter ....? “ Papa: ” Du nervst, Junge. Laß uns einen Schneemann bauen ! “

Werner Gottschämmer / 30.03.2023

@Manuela Pietsch / 30.03.2023. Diesen Widerspruch kann ich auch nicht verstehen. Hier schlecht, also Abwehr. Dort gut also roten Teppich ausrollen. Frag mich wann der Widerspruch sich mal im Synapsen zersprengen zeigt!

D. Katz / 30.03.2023

Selig die Vögel im Himmel! Sie kennen Olaf nicht, noch Robert, noch Karl, noch Kevin, noch Annalena, noch Ricarda, noch Cem, und das Land ernährt sie doch. Sofern sie nicht geschreddert werden im grünen Windradwahn.

Dirk Jungnickel / 30.03.2023

Oberlehrer - Einspruch: Weder Grau - noch Silberreiher sind Zugvögel. Sie ziehen sich lediglich zurück, wenn sie ihre Jungen verstecken.

Bernd Keller / 30.03.2023

Herr Elmshorner, eine Dame geht “sich die Nase pudern”. Der Rest geht “austreten”. Danke für den schönen Artikel an die Autorin! So sieht’s aus, auch bei mir… Leider/Gut wollen die invasiven Arten nicht mit meinem Hund oder mir spielen. Es gab einen Versuch, OK. Man sollte nicht da invasiv sein wo ein Jagdhund, ein Pitbull und ein Rottweiler wohnen - in der gleichen Sackgasse und 30% der Leute einen Jagdschein haben oder einen Flic als Nachbarn…

Manuela Pietsch / 30.03.2023

Es ist ja nun generell keine gute Idee, Wildtiere fremd anzusiedeln: Das große, graue amerikanische Eichhörnchen hat weiten Teilen Englands das einheimische schon fast verdrängt. Die Australier haben mit den eingeschleppten Karnickeln ihre liebe Not. Waschbären, Marderarten und asiatische Reh-Tiere wurden gibt bei uns mittlerweile. Die EU-Komission nennt diese Tiere “invasive Arten”, weil sie oft einheimische Arten verdrängen. Zitat: “Aus Sicht der EU-Kommission ist die Verbreitung invasiver, gebietsfremder Arten - sowohl Tiere als auch Pflanzen - einer der Hauptfaktoren für den Verlust der biologischen Vielfalt.” Aus diesem Grund sind die Einfuhr und die Haltung (Und erst recht die Auswilderung) sehr stark reglementiert. Da fragt man sich doch… warum sind nicht alle Eichhörnchen gleich? Dass das eine Eichhörnchen aggressiver auftritt, als das andere und geringfügig größer ist, ist doch genau die Vielfalt, die man sich beim Menschen so wünscht, oder nicht? Warum sagt man nicht einfach Zitat (leicht abgeändert): “Diese Hörnchen mit ihrer vielfältigen Kultur, ihrer Herzlichkeit und ihrer Lebensfreude sind uns willkommen, sie sind eine Bereicherung für uns alle.”

giesemann gerhard / 30.03.2023

@Burkhard M: Die ideale Gelegenheit, frischestes Insekteneiweiß auf zu sammeln, ein Festmahl, das auch noch die Erntearbeit erspart. Man bedenke, dass durch unsachgemäße Lagerung die Hälfte der Ernten eh verfault, verschimmelt, von Mäusen etc, gefressen wird ... .

Rolf Mainz / 30.03.2023

“Alle, die kommen, dürfen auch wieder gehen.” Da haben sie aber die Intention der rot-grünen Zeitgenossen (samt CDU seit Merkel) falsch verstanden. Nicht die “Gekommenen” sollen gehen, sondern die “schon länger hier Lebenden”, wie sie Merkel bezeichnete. Vermutlich meinte sie eigentlich “die schon zu lange hier Lebenden”.

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