Cora Stephan / 29.11.2022 / 14:00 / Foto: Rijndaal / 26 / Seite ausdrucken

Cora Stephan: Die RAF und die letzte Generation

Die Klimakleber sind den RAF-Terroristen nicht unähnlich. Doch es gibt einen gewaltigen Unterschied zu den 70er Jahren: Auch die Politik scheint sich mittlerweile für die Ausrufung des Ausnahmezustands zu interessieren, um es höflich zu sagen.

Wird daraus die neue Rote-Armee-Fraktion? Werden sich die Klimaschützer ebenso radikalisieren wie damals, vor über 50 Jahren, die kapitalismuskritischen Kaufhausbrandstifter? Jetzt, wo nicht mehr nur Schüler freitags die Schule schwänzen, sondern sich Aktivisten auf Straßen kleben oder Kunstwerke mit Kartoffelbrei oder Tomatensuppe bewerfen?

Gemach. Die Umweltministerin findet solche Aktionen „absolut legitim“ und der Verfassungsschutz sieht keinen Anlass, genauer hinzuschauen. Auch andere verständnisvolle Menschen verteidigen die überwiegend jungen Leute – „Wenigstens engagieren sie sich politisch!“ Und es geht ja um ihre Zukunft, oder? Die ihnen von den Fossilien des fossilen Zeitalters geraubt wird. Glauben sie jedenfalls. Ach, man muss nicht gleich an die RAF denken.

Dass insbesondere junge Menschen zu einer gewissen Radikalität neigen, zu Ausschließlichkeit, die sie als Idealismus verstehen, ist seit Olims Zeiten bekannt. Neu ist heute vielleicht, dass sich die alten weißen toxischen Männer, die ja doch an allem Schuld sind, das mit verblüffendem Masochismus auch noch ins Gesicht sagen lassen, um hernach zu applaudieren. So jedenfalls lagen sie Greta Thunberg zu Füßen.

„Wir sind im Klimakampf und nicht im Klimakuscheln.“

Warum? Weil ihnen der Kinderkreuzzug in den Kram passt? Denn „politisch“ im eigentlichen Sinn ist am immer spektakulärer werdenden Protest der „Klimaaktivisten“ rein gar nichts, ganz im Gegenteil. Politik beruht auf Kompromiss, auf Aushandeln. Die, die sich „letzte Generation“ nennen, sehen indes keine Verhandlungsmasse. Wie denn auch, wenn es doch um alles geht, um das Abwenden einer Klimakatastrophe, ums Überleben der Menschheit? Was ist im Vergleich zum Untergang schon die Straßenverkehrsordnung?

Wer sich im Auftrag der ganzen Menschheit unterwegs sieht, kennt keine Kompromisse, kann sich nicht um Kleinigkeiten kümmern wie den ungestörten Verkehrsfluss oder den Kunstgenuss, ganz zu schweigen von Recht und Gesetz oder demokratischen Verfahren. Dafür ist keine Zeit mehr! Wenn es um den drohenden Weltuntergang geht, darf man nicht pingelig sein. Der ist schließlich allemal schlimmer als ein Stau oder selbst eine tote Radfahrerin. Wie formulierte es einer der „Aktivisten“, als man einer Gruppe von Straßenklebern vorwarf, ihretwegen sei ein Rettungsfahrzeug nicht rechtzeitig bei dem Verkehrsopfer angekommen? „Shit happens. Wir sind im Klimakampf und nicht im Klimakuscheln.“

Ah, ja. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Doch solch Anmaßung der Straßenkleber stößt mittlerweile auf Unwillen auch bei jenen, die selbst der Überzeugung sind, man müsse und man könne das Klima schützen.

Gut, wenn Alternativlosigkeit herrscht

Die Aktivisten behaupten den Ausnahmezustand und wer über den Ausnahmezustand bestimmt, hat die absolute Macht, Widerspruch ist zwecklos, die Sache ist alternativlos. Die Überzeugung, man habe einen heiligen Auftrag, wirkt wie eine Droge, von der es immer mehr braucht. Insofern wäre ein Blick auf die RAF vielleicht tatsächlich nicht ganz verkehrt – wer weiß, wie weit manch einer glaubt, angesichts seiner heiligen Mission gehen zu müssen.

Doch es gibt einen gewaltigen Unterschied zu den 70er Jahren. Mochten viele Intellektuelle den antikapitalistischen Impetus der RAF damals auch teilen, die Regierung tat es nicht. Da aber hat sich offenbar etwas verändert: auch ganz oben scheint man sich mittlerweile für die Ausrufung des Ausnahmezustands zu interessieren, um es höflich zu sagen.

Angst, sei es vor einem Virus oder vor der angeblichen „Katastrophe“ eines Klimawandels, diszipliniert das Volk, das womöglich angesichts gegenwärtiger und kommender Zumutungen widerspenstig werden könnte. Da ist es gut, wenn Alternativlosigkeit herrscht und sofortiges Handeln gefragt ist, wofür demokratisches Procedere eher hinderlich ist, ganz zu schweigen von den üblichen rechtsstaatlichen Absicherungen.

Ach, übrigens, die Klimakleber und Suppenwerfer müssen ihr heiliges Tun nicht für Gotteslohn verrichten. Da gibt es ja noch den „Climate Emergency Fund“, der mit Millionen Dollars und Trainingsprogrammen allen irgendwie Klimaschützenden Unterstützung leistet. Auch die Erbin des Ölmilliardärs Paul Getty gibt gern und reichlich. Die Zeche zahlen, wie üblich, die anderen. Die ganz normalen Menschen.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei ndr.de.

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Leserpost

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S. Andersson / 29.11.2022

Wo ist das Problem?? Die DÜMMSTE Generation inkl. DUH lenkt doch so schön ab. Wir haben eine Ampel die immer noch mehr auf das Gaspedal der Abwrackmaschine drauf tritt. Wir haben einen Selbstbedienungsladen der seines gleichen sucht. Wir haben einige wenige die sich über alle Maßen bereichern. Das GG ist verbogen worden und Freiheiten eingeschränkt. Wir haben immer noch zu viele Menschen die pünktlich um 20 Uhr kopfnickend vor der Glotze sitzen. Wir liefern Geld und Waffen in die Ostkokaine ... Waffen schaffen ja Frieden. Wir haben eine EU samt der dort nicht gewählten Möchte-Gerns die das Wohl des D Volkes so rein gar nicht interessiert. Wir haben REKORD Steuereinnahmen, die leider im Ausland an kommen und nicht hier .... aber ...hej ... was soll’s ... Märchen Onkels & Tanten erzählen euch den gröbsten Unfug und ihr schlaft dabei ein. Ist doch alles in bester Ordnung…ODER? Die hier Verantwortlichen, so habe ich seit einigen Tagen den Eindruck, sind irgend wie alle samt abgetaucht sind…. Medial. Ich muss mal wieder irgend etwas nicht mit bekommen haben ... frag mich nur was?

Peter Krämer / 29.11.2022

Ich hoffe, das diese Heiligen der letzten Tage bald von der Realität überrollt werden, der sich ein immer größerer Teil der Bevölkerung ausgesetzt sieht. Und auch die vor allen Härten geschützt Beschäftigten könnten irgendwann merken, das ihr Gehalt eben nicht vom Staat kommt, sondern zuvor in der verachteten Wirtschaft verdient werden muss.

Ludwig Luhmann / 29.11.2022

Die Mitglieder der NEO-RAF verdienen sehr viel Geld und folgen den Empfehlungen eines in Davos lebenden Nazisohnes, dem sie ihre Ämter verdanken - weltweit.

Wilhelm Lohmar / 29.11.2022

Warten wir es doch einfach ab. Bekanntlich ist am 30. Mai der Weltuntergang. Dann werden wir ja sehen.

Sam Lowry / 29.11.2022

Die Klimakleber und Suppenwerfer sind schlicht und ergreifend Kriminelle, deren Kozept auf Lügen basiert.

Leo Anderson / 29.11.2022

Die RAF bedrohte und brachte Politiker und Repräsentanten des “Schweinestaats” um. Deshalb wurde sie von denen gefürchtet und im großen Stil verfolgt. Wer heute Normalbürger bedroht oder umbringt ( im “Einzelfall”, oder “because shit happens”) hat nicht viel zu fürchten. Entweder ist er “schuldunfähig” oder er hats für irgendeine “Rettung” getan.

Jakob Mendel / 29.11.2022

Ich schlage vor, die „Klimaaktivisten“ nach der jeweiligen Zustimmung zu „Wir haben die Welt nicht von unseren Eltern geerbt, sondern von unseren Kindern geborgt.“ und (als Gegenprobe) „Wir haben Deutschland nicht von unseren Eltern geerbt, sondern von unseren Kindern geborgt.“ zu fragen. Die Breite der Reaktionen kann beeindruckend sein.

Lutz Herrmann / 29.11.2022

Zumindest die erste RAF-Generation hatte verdammt häufig eine Gemeinsamkeit: abwesende Väter. Die waren im Krieg geblieben oder anderweitig unbrauchbar. Würde mich mal interessieren, was der familiäre Hintergrund unserer Klimakleber ist. Vermutlich sind die in der Ganztagsbetreuung schon auffällig geworden ...

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