Coming-Out einer Bewegung

Als ich im Juni eine Kurzgeschichte über eine dystopische Welt veröffentlichte, in der die Klimahysteriker den Kampf gegen die Realität gewonnen haben und in einer finsteren, gleichwohl immer noch von Jahreszeiten und Wettern aller Art geprägten Welt eine Schreckensherrschaft der Kohlenstoff-Moral errichtet haben, zog ich als Blaupause eine andere bekannte totalitär gesteuerte Jugendbewegung heran: Maos Kulturrevolution in China und die Roten Garden, die sie jauchzend und hüpfend exekutierten. Auch dort zog, genau wie in meinen Albträumen, eine zur Masse gebündelte Jugend im Gleichschritt durch die Welt. Randvoll mit einer Ideologie der absoluten Wahrheit, beseelt von der Notwendigkeit, das „Alte“ zu zerschmettern und auf diesen Trümmern eine höchst vage neue Welt zu errichten. Die Geschichte ist außer auf meinem Blog nirgends erschienen und das ist kein Wunder. Mit dieser Mischung aus Fiktion, Vorahnung, historischen Spiegelungen und Prosa kann niemand wirklich etwas anfangen.

Es sind keine Nachrichten, auch wenn die Geschichte ein nachrichtliches Fundament hat. Die Geschichte wiederholt sich auch nicht, heißt es außerdem. Aber Menschen waren zu allen Zeiten verführbar und machen immer wieder dieselben Fehler, wenn sie versuchen, ihre Ideen und Träume zum allgemeinen Prinzip zu erheben – besonders dann, wenn die Menschen in großen, gleichgeschalteten Gruppen handeln. Außerdem, und das war der größte Malus, sei mein Vergleich mit der Kulturrevolution einfach eine Nummer zu irre. Soweit würde es nie nie nie kommen! Doch dann sah ich eine Szene in einer Monitor-Sendung, in der ausgerechnet der Haltungsnotenvergeber und Gesinnungsjournalist Georg Restle dem hübschen Front-Gesicht der deutschen Freitagsklimaprediger, Luisa Neubauer, ein Mikrofon vor die Nase hält. (Das Interview beginnt etwa bei Minute 17:35).

Restle, der nach eigener Aussage in den 80ern politisiert wurde, behauptet, dass das „Problem“– vulgo die Klimakatastrophe – schon vor 30 Jahren bekannt war und lange einfach niemand gehandelt habe. Er vergisst, dass die Paniken noch in den 80ern eher von einer bevorstehenden Eiszeit handelten, in die wir hineinschlittern würden. Wie hätte „sofortiges Handeln“ denn zu diesem Zeitpunkt ausgesehen, wenn man den geistigen Horizont und die zu Kurz- und Schnellschlüssen neigenden Hirne der Aktivisten von heute einrechnet sowie die auf derselben Frequenz mitschwingenden Medien (alte wie neue) ins Kalkül zieht? Hätte man damals nicht gigatonnenweise CO2 zusätzlich in die Atmosphäre blasen müssen, um für eine zügige Gegenerwärmung zu sorgen? Wie froh sind wir eigentlich, dass damals niemand „entschlossen handelte”?

Die Deppen von übermorgen

Ab welchem Zeitpunkt waren sich die Wissenschaftler, auf die wir ja alle hören sollen, eigentlich „einig“ darüber, dass nun das Gegenteil dessen richtig ist, was jahrelang als Menetekel herhalten musste und die Verlage Titelbilder mit Eis-Apokalypse nur so raushauen ließ? Die Klimaklugscheißer und 100-Jahre-Prognostiker von heute sind – dem chaotischen System Klima sei dank – stets die Deppen und Taschenrechnervergesser von übermorgen, es sei denn, man formuliert seine Orakel so wenig präzise wie die Phythia zu Delphi ihre Weissagungen oder das IPCC seine ausführlichen Sachstandsberichte. In beiden Fällen hängt das Ergebnis davon ab, wer den interpretierenden Priester bezahlt hat. Die Panik und die Überinterpretation überlässt man den Gretas und Luisas.

„Ist die Demokratie zu langsam für eine radikale [Klima]-Politik?“ möchte Restle von Neubauer wissen. Und Luisa antwortet ehrlich „Ich glaube, viele demokratische Wege, die wir gehen, sind zu langsam.“ Da schlägt sie eine Glocke, deren Ton ich noch aus einem Interview von Robert Habeck bei Precht im Ohr habe. Dann jedoch bremst sie kurz, schiebt nach, man könne für die „größere Sache“ (J.K. Rowling ließ Grindelwald von „höherem Wohl“ sprechen) keine undemokratischen Wege wählen. Nur wenig später nimmt sie jedoch wieder Fahrt auf und sagt den Satz, der mir das Blut gefrieren lässt:

(Hier, ab Minute 22:55)

„Was wir hier erleben, ist vielleicht sowas wie eine Klima-Kulturrevolution.“

Da war es also gefallen, das Wort, an dem ich wie an einem Nagel meine Geschichte aufgehängt hatte – „Kulturrevolution“! Auch die beiden Aspekte, zwischen denen sich meine Dystopie abspielt, formuliert Neubauer ganz klar, wenn ich auch bezweifle, dass sie die Absicht hatte, mich zu bestätigen: Es geht um Gehorsam und Verzicht!

„Die Leute fragen sich, wie wollen wir leben, was ist eigentlich Verzicht […] wie sieht denn eigentlich eine Null-Emission-Gesellschaft aus“.

Den Zwang einfach „Freiheit“ nennen

Eine schöne Welt ist das nicht, wie ich annehme. Davon glaube ich zumindest eine Ahnung zu haben, weil ich die ersten 22 Jahre meines Lebens in einer hyperideologisierten Verzichtsgesellschaft gelebt habe, mit deren Prinzipien die „Fridays For Future“ Aktivisten von heute liebäugeln. Lange demokratische Wege? Uncool! Lass den Staat das regeln, aber lasse es noch wie Demokratie aussehen. Nenne es Freiheit, auch wenn es für den Einzelnen Zwang darstellt. Die Mehrheit bestimmt, also lasst uns einfach die Mehrheit gewinnen, um die Minderheit der Verstockten und Leugner ins Unrecht zu setzen und sie nicht länger ertragen zu müssen, sondern abschaffen zu können. Dafür „Abkürzungen“ zu nehmen und repressive Gesetze zu erlassen, erscheint den Grüngardisten als probates Mittel. Das ist ja nicht die Diktatur des Proletariats, das ist die Diktatur allwissender und unfehlbarer Technokraten – das geht dann schon in Ordnung!

Der Faden von der Kulturrevolution zu "Fridays for Future" ist also gezogen, und ich bin froh, dass es die Grünen Garden selbst waren, die den Begriff ins Spiel brachten. Dass es ein Journalist mit Haltungsschaden wie Restle versäumte, hier, wenn schon nicht erschrocken, so doch wenigstens kritisch nachzufragen, lässt vermuten, dass er sich vor den finalen Konsequenzen dieser zerstörerischen Bewegung nicht betroffen fühlt. Wenn er sich da mal nicht irrt.

Der Beitrag erschien auch hier auf Roger Letschs Blog unbesorgt.de

Foto: Li Zhensheng/Orient´Adicta Flickr CC.20

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Leserpost

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Helmut Kaßner / 15.07.2019

Die Roten Garden in China oder die Revolutionsgarden im Iran, die Jungen wurden auf die Alten gehetzt. Es ging und geht darum auf den Trümmern der alten Gesellschaft eine angeblich gerechte, neue Gesellschft zu formen. Oder nehmen wir die Roten Khmer, bei denen sich Technik - und Bildungsfeindlichkeit und die Vernichtung des Bürgertums einschließlich der jeweilige Menschen als neue Gesellschaft charakterisierte. All diesen Bewegungen ist Anarchie zu eigen. Hierzulande heißen diese Bewegungen z. B. Extintion Rebellion, Antifa u. a.  Sich der demokratischen Regeln zu bedienen ist viel zu anstrengend. Das wirklich Erstaunliche ist, dass sich die Mehrheitsgesellschaft so etwas bieten lässt und sehenden Auges die zunehmende Aushebelung der Demokratie zulässt. Man hat aus zwei Diktaturen der jüngsten Geschichte nichts gelernt.

Rolf Lindner / 15.07.2019

Es fehlen nur die entsprechenden Uniformen. Die SA rekrutierte ihre Uniformen aus Armeebeständen, die für einen Saharaeinsatz vorgesehen waren, woraus sich das Synonym braun für Faschisten entwickelte. Es kam dann noch die typische Armbinde für faschistische Organisationen hinzu (siehe Bild zum Artikel). Es gibt vielleicht noch Bestände der geblümten Kampfanzüge der sogenannten Volksarmee und die Armbinde wäre dann grün mit einem Sonnenblumensymbol. Die Träger der Uniform heißen dann Blumenkinder.

Bernhard Dehner / 15.07.2019

“Die Leute fragen sich, wie wollen wir leben, was ist eigentlich Verzicht […] wie sieht denn eigentlich eine Null-Emission-Gesellschaft aus“. Erstens: Wer ist bitte mit “die Leute” gemeint? Denn ich frag mich das nicht, ich weiß bereits wie ich leben will! Zweitens: Was bitte schön sollte es mich und den Rest der Gesellschaft interessieren, wie dieses Mädel und ihre Kampfgenossen*innen gern leben wollen? Das soll bitte schön jeder für sich entscheiden dürfen. Drittens kann sie daher auch gern auf alles verzichten was ihr nicht passt, meinetwegen auch täglich nur zwei Reisschalen essen. Und viertens: Für eine Null-Emissions-Gesellschaft braucht sie nur ein paar zehntausend Jahre zurückzuschauen, und wenn ihr diese Art von Paleo-Lifestyle gefällt, dann kann sie auch das gern ausleben, nur bitte nicht in meinem Garten. Wobei streng genommen müsste sie sich eigentlich für Null-CO2 gleich in die Kiste legen, aber wir wollen mal nicht so sein. Darüber hinaus kann man bei so einem Quatsch nur Roland Baader Recht geben, der mal formuliert hat: “Das einzig wahre Menschenrecht ist das Recht, in Ruhe gelassen zu werden.”  Es steht allerdings zu befürchten, das genau das nicht passieren wird…

Kostas Aslanidis / 15.07.2019

Klimaschwindel ist der exakte Begriff. Einfach unfassbar wie fanatisch, wieder ahs diesem Land argumentiert wird.

SYBILLE SCHREY / 15.07.2019

II Von medizinischer Versorgung – ohne Strom in den Krankenhäusern und ohne Benzin für Rettungswagen – gar nicht zu reden. Lernt darum rechtzeitig schamanische Praktiken. Denn: „wie wollen wir leben, was ist eigentlich Verzicht“. Ganz einfach: Kein Strom für Leichenkühlhäuser (behaltet eure Sterbenden zu Hause, zündet eine selbstgemachte Kerze an und hofft (weil es die einzige ist, die ihr habt), daß eure Angehörigen sterben, bevor sie verloschen ist, damit die Lebenden auch noch etwas davon haben). Lernt es, Gemüse anzubauen und einzumieten, bevor die Anleitungen dazu im Internet mangels Strom nicht mehr verfügbar sind. Und lernt Verzicht! Ich schlage ein halbes Jahr im Winter vor – ok, das ist hart, aber wenn es zur Erkenntnis „Wie wollen wir leben, was ist eigentlich Verzicht“ hilfreich ist…. dann wäre es durchaus angebracht und würde der restlichen Bevölkerung einiges ersparen.

Sybille Schrey / 15.07.2019

I. Also, so „radikal“ wie Herr Ertner (nackte Affen im Wald) würde ich das nicht angehen, das ist viel zu abstrakt und darum keine wirkliche „Alternative“. Darum etwas gemäßigter: Auf die Frage: „Wie wollen wir leben, was ist eigentlich Verzicht“, kann man schon mit einem Zurück zur Zeit vor wenigen hundert Jahren antworten. Wasser – eimerweise aus dem Brunnen geschöpft und beim Verbrauch auf die Priorität der Verwendung achten (als Getränk und zur Speisezubereitung, für die Körperhygiene oder zur Reinigungsarbeiten, von Wäsche bis Wischen). Elektrizität – keine, sondern Kienspan oder Talglicht aus eigener Herstellung. Meine Omma kannte noch den Spruch: „Die Zeit vergeht, das Licht brennt und die Alte lebt immer noch.“ Ja, wenn eine Kerze ein Luxusgut und kein romantischer Firlefanz ist, wird man auch daran sparen müssen. Kochen – na gut: aber kein offenes Feuer, das überleben die heutigen Herzchen nicht, sondern ein Holz-Kohle-Herd. Ach nein, geht ja auch nicht, also Kaltverpflegung. Aber ich wette, die essen das Kraut, weil sie nicht wissen wo die Kartoffeln sind. Oder im Herbst (falls sie es trotz Kartoffelkraut bis dahin geschafft haben) Rüben – aber was ist im Winter? Wie geht das Einmieten von Gemüse? Scheiße: kein Internet, darum keine Anleitung. Und, und, und…  das wird lustig! Apropos Scheiße: im Winter ist ein Plumskloh nicht die Wucht in Tüten, aber auf dem Land immer noch machbar. Die Klimaaktivisten sind aber offensichtlich eher im städtischen Bereich beheimatet. Wenn die Elektrizität bei denen nur für einen Monat zusammenbricht, kommt „Freude“ auf.

HaJo Wolf / 15.07.2019

Grüne waren immer schon Feinde der Freiheit und des Fortschritts, Feinde der Demokratie und der freien politischen Willensbildung. Grüne sind die Faschisten von heute, wenigstens genau so schlimm wie die Faschisten von damals.

Lars Schweitzer / 15.07.2019

Ja, diese Kids sind dumm und uninformiert, sie können einem noch nicht einmal sagen, wie sich die Luft zusammensetzt. Sie würden unter den Bedingungen, die sie herbeidemonstrieren wollen, keine zwei Wochen überleben. Aber man darf niemals die fatale Kombination aus Dummheit, Dreistheit, fanatischer Begeisterung und dem Wunsch, Teil einer Bewegung zu sein, unterschätzen. Allerdings sind diese FFF-Blagen auch in ihrer Altersgruppe eine Minderheit. Den anderen gefällt der Lebensstil, den ihnen ihre Eltern ermöglichen, dann doch ganz gut. Und vielleicht wäre es sinnvoll, montags bis donnerstags in der Schule Totalitarismus und dessen Methoden durchzunehmen, darauf darf man allerdings schon nicht mehr hoffen…

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