Peter Grimm / 21.04.2019 / 14:00 / Foto: Namkura / 40 / Seite ausdrucken

Colombo ist nicht Christchurch

Pünktlich zur Messe am Ostersonntag explodieren Bomben in drei Kirchen in drei Städten Sri Lankas. Dazu kommen zeitgleich Anschläge auf drei Hotels in Colombo und zwei weitere etwas später in Vororten von Colombo. Zum Zeitpunkt, da diese Zeilen geschrieben werden, liegt die aktuelle Zahl der Toten bei 185. Der Staatspräsident Maithripala Sirisena habe von einer „Verschwörung“ gesprochen. Der Verteidigungsminister von einem Terrorakt, den „religiöse Extremisten“ verübt hätten.

Die Regierung reagiert wie im Ausnahmezustand. Ab 18 Uhr soll eine generelle nächtliche Ausgangssperre gelten, der Zugang zu Sozialen Netzwerken und Messengerdiensten sei bis auf weiteres gesperrt, heißt es in Meldungen aus Sri Lanka.

Der Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene, der – wie bereits zitiert – religiöse Extremisten als Täter ausgemacht haben will, soll zudem schon einige Stunden nach den Anschlägen erklärt haben, dass einige Täter bereits identifiziert seien. Welcher Ideologie die extremistischen Täter genau anhängen, ist eine Frage, die in den meisten deutschsprachigen Medien sehr zurückhaltend behandelt wird. Und diese Zurückhaltung ist wiederum ungewollt beredt, denn sie zeigt eigentlich nur, dass man fürchtet, es könnte die Tätergruppe sein, die den meisten Nachrichtenkonsumenten zuerst in den Kopf kommt: Islamisten.

Immerhin gibt es kaum mehr ein Land, in dem man keinen islamistischen Terrorakt fürchten müsste. Und in manch einem Medienbericht wird darauf verwiesen, dass Sri Lankas Polizeichef Pujuth Jayasundara erst vor zehn Tagen vor möglichen Selbstmordanschlägen einer radikalislamischen Gruppe auf Kirchen und das Indische Hochkommissariat gewarnt hatte. Er habe sich dabei auf Informationen eines „ausländischen Geheimdiensts“ berufen.

Frohe Ostern für Sri Lanka?

Solange noch nicht vollkommen zweifelsfrei feststeht, wer genau die Mörder der 185 Gottesdienstbesucher und Hotelgäste waren und solange man auch keine diesbezüglichen Vermutungen äußert, muss man sich dazu nicht verhalten. So bedauern auch die deutschen Politiker die vielen Opfer und ihre Angehörigen in zahlreichen Tweets. Kaum einer macht das allerdings – vielleicht um Tweets zu sparen – so effektiv wie Martin Schulz und verbindet sein angebliches Mitgefühl für Terroropfer mit den Ostergrüßen über einem Osterglocken-Foto:

„Euch und Euren Lieben wünsche ich frohe Ostern, ein schönes Beisammensein und erholsame Feiertage! Meine Gedanken sind auch in #SriLanka, besonders bei den Angehörigen der Opfer und den Verletzten. Auch wenn es schmerzt: Lassen wir uns von diesem brutalen Hass nicht anstecken.“

Und Sawsan Cheblis Anteilnahme ist etwas für Dialektik-Feinschmecker, so wie sie auch im Gedenken an gemordete Christen nicht vergisst, an die muslimische Opferrolle zu erinnern:  

„Weil mich Mitgefühl und Anteilnahme nach dem Terror gegen betende Muslime in #Christchurch so berührt haben, würde ich mir wünschen, dass die Christen in #SriLanka auch so viel Mitgefühl und Aufmerksamkeit von der islamischen Welt erfahren.“

Aber gerade dieser Tweet der Berliner Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales regt zu einem interessanten Vergleich an, den Vergleich des offiziellen deutschen und europäischen Entsetzens nach dem Anschlag eines Rechtsextremisten auf eine Moschee und Muslime im neuseeländischen Christchurch mit den offiziellen Reaktionen auf die heutigen Anschläge in Colombo und zwei weiteren Städten in Sri Lanka.

Wer verdient besonderen Schutz?

Bei dem Christchurch-Attentat war schnell klar, dass der Täter kein Islamist sein konnte. Als er sich dann sogar noch als Rechtsextremist entpuppte, war das zumindest weltanschaulich ein für die herrschende Politik schmerzfreies Ermittlungsergebnis. Insofern spielte die Weltanschauung des Einzeltäters von Christchurch auch in der öffentlichen Wahrnehmung für die Tat eine entscheidende Rolle. Das ist auch unbedingt berechtigt. Was die Mörder von Colombo, Negombo und Batticaloa angeht, die keine Einzeltäter waren, sondern eine Kommandoaktion durchführten, scheint es zunächst gar kein großes Interesse an ihrer Weltanschauung zu geben. Und wenn sich dann unübersehbar herausstellen sollte, dass es keine extremistischen Buddhisten gewesen sind, werden sich die Relativierer ans Werk machen.

Nach Christchurch hat Aiman Mazyek besonderen Schutz für Moscheen in Deutschland gefordert, weil diese islamfeindlichen Übergriffen ausgesetzt seien. Außerdem sollte doch vielleicht das Amt eines Beauftragten gegen Islamfeindlichkeit geschaffen werden, analog zum Antisemitismus-Beauftragten. Solche Forderungen – aus Anlass eines Terrorakts in Neuseeland – fand niemand im politischen Raum anstößig, im Gegenteil. Mazyek erfuhr einigen Zuspruch in Politik und Medien.

Ob jetzt jemand angesichts der Anschläge auf die Ostermessen in Sri Lanka den besonderen Schutz deutscher Kirchen und Kapellen fordern wird? Schließlich gab es hierzulande in den letzten Jahren auch zahlreiche Angriffe auf Kirchen und christliche Symbole. Ja, das war natürlich eine rhetorische Frage, denn jeder weiß, dass das nicht geschehen wird. Angriffe auf Christen werden in Europa scheinbar hingenommen.

Hier haben sich Doppelstandards etabliert, die eigentlich nicht zu verstehen sind. Es sei denn, man hält die Angst und Verzagtheit, die Furcht vor Gewaltausbrüchen von weltanschaulich hochsensiblen Muslimen für eine hinreichende Rechtfertigung dafür, über die nicht dieselben Witze zu machen wie über andere Weltanschauungen, sie nicht in gleicher Weise zu kritisieren, ihnen nicht adäquat klarzumachen, dass ihre Glaubensregeln ihre Privatangelegenheit sind, um deren Einhaltung sich niemand sonst scheren muss etc., etc.

Anteilnahme ist abhängig vom Ermittlungsergebnis

Außenpolitisch führt dies beispielsweise dazu, dass „wir“ zwar – zu recht – den Umgang Burmas / Myanmars mit den muslimischen Rohingya lautstark in allen internationalen Gremien anprangern und zur gleichen Zeit kein Sterbenswort über die Verfolgung und Vertreibung der orientalischen Christen verlieren.

Und dieses Verhältnis spiegelt sich auch wider im unterschiedlichen Umgang mit den Terroranschlägen von Colombo und Christchurch. Nur wenn am Ende doch noch ermittelt werden könnte, dass der österliche Massenmord in Sri Lanka nicht im Namen Allahs und seines Propheten verübt wurde, hätten die Opfer eine Chance auf eine mit Christchurch vergleichbare Anteilnahme.

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H.Milde / 21.04.2019

Warum läuten nicht die Totenglocken in ALLER Welt, weil Alahu Akhbar?

Anton Weigl / 21.04.2019

Das ist mir auch immer aufgefallen, daß in den internationalen Gremien Myanmars Umgang mit den muslimischen Rohingyas angeprangert wird. Nur meine Frage : Wo sind die Buddhisten, die früher auch in Afghanistan, Pakistan oder Bangladesch lebten geblieben. Wieso wurde deren Vertreibung nie angeprangert.

Karl-Heinz Vonderstein / 21.04.2019

Hab nach islamistischen Terroranschlägen immer so ein Gefühl, dass man hierzulande (in linken Kreisen), zumindest unterschwellig, sogar ein gewisses Verständnis dafür hat. Linke sehen Muslime in erster Linie als Opfer und meinen, der Islam werde als Religion von anderen Religionsgemeinschaften immer diskriminiert und unterdrückt, da, wo er in der Minderheit ist. Umgekehrt scheint es sie nicht zu interessieren, wie der Islam mit Andersgläubigen umspringt, wo er in der Mehrheit ist. Selbstkritik (innerhalb des Westens bzw.Deutschlands) ist ja schön und gut und durchaus nötig. Wenn aber Selbstkritik so weit geht und nur noch dazu dient, sich selber immer wieder die Schuld für alles Unheil in der Welt zu geben, selbst dann, wenn es andere verbrochen haben und diese wiederum sogar zu Opfern von uns macht und nicht mehr berücksichtigt, dass diese auch oder ausschließlich aus eigenen Motiven handeln und eigene Ziele verfolgen, weil sie selber genug hausgemachte Probleme haben (in ihrer Kultur), unabhängig von uns (Westen) und unserem Einfluss.  

Frances Johnson / 21.04.2019

“denn jeder weiß, dass das nicht geschehen wird. Angriffe auf Christen werden in Europa scheinbar hingenommen.” So ist es. Und das ist eines der Geheimnisse für die große Anteilnahme an dem Brand Notre-Dames und die Spendenbereitschaft. Wir wissen es. Die Message von Chebli finde ich mal gut.

Christian Feider / 21.04.2019

ich habe sehr starke persönliche Verbindungen zu Sri Lanka,denn die meisten Mitarbeiter,mit denen ich in den Emiraten arbeitete 2003/4, waren eben jene. Nach dem Tsunami und dem Bürgerkrieg und dessen blutigem Ende dachte ich,dieses leidgeprüfte Land könnte endlich etwas Ruhe und Erholung bekommen,doch die radikalen Muslime gab es schon zu meiner Zeit unter den Mitarbeitern und Sie sind sicher nicht weniger geworden…. im Gegensatz dazu waren Tamilen und Singhalesen,trotz Ihres Disputs, sogar recht freundlich zu einander. Wo immer diese spezielle Sekte mehr als 5% der Bevlkerung erreicht,wirds gefährlich,sagt auch das CIA vorraus und ich glaube diesem alten Report,gerade auch,was die Vorhersage für Europa beinhaltet,immer mehr…. Mein Beileid den unschuldigen Opfern und bitte, Vatikan,wacht ENDLICH auf und wehrt Euch!

S. Marek / 21.04.2019

Lieber Herr Peter Grimm, NEIN ! “... dass „wir“ zwar – zu recht – den Umgang Burmas / Myanmars mit den muslimischen Rohingya lautstark in allen internationalen Gremien anprangern…”, “wir” sind nicht im Recht, wenn wir die die Burma/Myanmar verurteilen und kritisieren, da uns die Terrorisierung der Buddhistischen Bevölkerung durch genau diese muslimischen Rohingas   durch unsere s.g. “Medien” uns vorenthalten wird ! Irgendwann wird auch den Deutschen, inkl. den s.g. Gutmenschen hier, der Kragen platzen, aber es wird zu spät sein. Die Spanier haben knapp 700 Jahre gebraucht um alle Muslime wieder aus ihrem Land zu vertreiben. Unsere Regierung, und die EU Bürokraten wie auch die der meisten anderen linken Regierungen der EU hatten nichts mit Geschichte am Hut, 25 bis 50 Jahre vorausschauen ist nicht die Sache solcher parasitären Ignoranten, und deswegen lädt Sie die Muslime der Welt, sogar per internationale Abkommen, zu uns ein.

Hans W. Jordan / 21.04.2019

Das Außenministerchen und das Bundespräsidentchen lamentieren über “betende” die zu Schaden kamen. Das läßt offen, wer da betete ....und Opfer wurde….honi soit qui mal y pense.

Th. Wagner / 21.04.2019

Die Christenverfolgung und Ermordung von Christen aus Glaubensgründen ist schon seit Jahrzehnten keine Berichterstattung wert. Politisch wird diese völlig ignoriert. Selbst den Papst scheint das nicht zu kümmern. Von dem Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm ganz zu schweigen. Die Solidarität der Christen ist verloren gegangen. Insofern kümmert so ein Attentat keinen. Ich kann mich noch gut an den Irak-Krieg erinnern. Hussein war stets bemüht die radikalen religiösen Kräfte im Zaum zu halten. Seit der Zerschlagung der irakischen Staatsmacht im 1. Irakkrieg war es damit vorbei. Über die Christenverfolgung erfuhr man etwas nur beiläufig. Hier in D besaßen unser “Gutmenschen” dann so viel “Einfühlungsvermögen”, dass sie die Irakischchen Christen mit ihren Verfolgern in eine Unterkunft steckten. Menschenverachtender kann eine Verwaltung nicht sein. Sie werden sehen, Christen werden wieder geächtet, verfolgt (und getötet) werden, so wie die Stimmung in der Türkei bereits gekippt ist. So etwas kann hierzulande auch geschehen. Ich hatte das Vergnügen Ostersamstag das STUNDENLANGE Protzgehabe und Imponiergehabe mit lautem Motordröhnen und Dauerhupen von großen teuren Autos (wohl geliehen) einer türkischen Hochzeit auf der Ludwigstraße in München zu erleben. 1 - 2mal rauf und runter hätte auch gereicht. Jeder hat es zur Kenntnis genommen. Das kommt immer wieder vor. Die Polizei ist nirgends in Sicht. Wie soll man da noch Respekt vor der Polizei bzw. dem Staat haben, wenn er das kleine und winzige noch nicht einmal gebacken kriegt? - Diese Türken habe eindeutig demonstriert wer die Macht hat. Die Christen mit ihrer Nächstenliebe um jeden Preis werden von diesen Herrschaften verlacht , wenn nicht verachtet.

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