Roger Letsch / 07.12.2017 / 10:00 / Foto: Wolfgang Sauber / 4 / Seite ausdrucken

CO2-Steuer für die Weltrettungsflotte

Schlechten Argumenten begegnet man am besten dadurch, dass man ihre Darlegung nicht stört – diese Regel beherzigend, machte Mojib „Kein Schnee mehr in Deutschland“ Latif, der Vorsitzende des „Deutschen Klimakonsortiums“ (ein schöner Begriff, weil man die Beteiligten eines Konsortiums als „Konsorten“ bezeichnen darf), bei SPON deutlich, wohin die Reise in Deutschland gehen müsse. Und zwar schnell! Abschalten, abschalten, sofort alle abschalten – er meint natürlich die Braunkohlekraftwerke. Der gute Ruf Deutschlands als Vorreiter in Sachen Klimaschutz stehe auf dem Spiel! Dass Klimaschützer ihre Agenda für alternativlos richtig halten, stellen sie ja immer wieder gern unter Beweis. Es lohnt sich allerdings, immer wieder sehr genau hinzuhören, wenn einer ihrer umtriebigsten Propheten – und als solcher ist Latif dauerhafter Talkshow-Gast – die Schritte und Maßnahmen beschreibt, mit denen der Wandel in der Gesellschaft vollzogen werden soll. Also, halten Sie sich gut fest!

Latif sagt: Über eine „ökosoziale Steuerreform” müssten CO2-Emissionen besteuert werden. Mit den Einnahmen sollten zum einen neue Energien gefördert werden, zum anderen der Sozialbereich. Zahlungen zugunsten von Kindergärten, Schulen oder höheren Hartz IV-Sätzen würden die Akzeptanz für die Steuer erhöhen.

Was Latif meint, ist jedoch: Die Luft zum Atmen muss besteuert werden, wobei die Einnahmen aus dieser Steuer als Subventionen an jene CO2-Emittenten ausgezahlt werden sollen, die an der Energiewende arbeiten. Der Beton für ein Windrad-Fundament gießt sich nun mal nicht CO2-neutral, zur Wartung der Anlagen fahren böse Dieselautos durch das Land, und auch bei allen anderen Prozessen rund um die angeblich grüne Energie wird kräftig CO2 erzeugt.

Deshalb ist es wichtig, dass Teile dieser Steuer als eine Art Schweigegeld ins Sozialsystem gepumpt werden, um „die Akzeptanz“ zu erhöhen. Nachhaltig ist das gleichwohl nicht, denn dieser Geldregen müsste ja tendenziell kleiner und kleiner werden, weil der CO2-Ausstoß doch sinken soll. Würde sich ein Kindergarten oder ein Hartz IV-Bezieher dann noch über sinkende CO2-Emissionen freuen, oder müsste er sich nicht vielmehr dafür einsetzen, dass die deutsche Industrie den Volkserziehern vom Schlage eines Mojib Latif noch möglichst lange Widerstand leistet?

Schaumweinsteuer für alle – wegen Kohlendioxid

Noch mehr Subventionen in das System „Energiewende“ zu pressen, das eh schon nur durch Subventionen am Leben gehalten wird… derart halbgare Vorschläge zeigen deutlich, wie wenig ökonomischer Sachverstand in den Meinungsführern der Klimaretter wohnt. Und mal ganz nebenbei: Wer glaubt ernsthaft daran, dass eine einmal eingeführte CO2-Steuer je wieder die Hand aus der Tasche der Bürger nähme, wo diese doch mit dem „Soli” immer noch den Aufbau Ost und mit der Schaumweinsteuer  (immerhin sprudelt aus diesen Flaschen massenweise CO2 heraus) die Flotte des Kaisers finanzieren?

Latif sagt: An den Schulen brauche es ein Unterrichtsfach Umwelt.

Latif meint: Forme die Hirne, solange sie noch weich sind. Wo Argumente nicht greifen, wo die Milchmädchenrechnungen der Klimaretter nicht aufgehen, da greife die Volkserziehung. Denn wie das Curriculum in diesem Fach aussähe, ist klar! Zweifel, Skepsis und logisches Denken dürften darin keinen Platz haben. Vielmehr sollen Gewissheit und Panik möglichst schon in jungen Jahren Besitz von den Köpfen ergreifen, das erleichtert in späteren Jahren den Griff in deren Portemonnaie.

Spiegels infantiler Ableger Bento würde zu dieser Kulturrevolution sicher zu gern unterstützend mit Artikeln der Art „Hilfe, meine Eltern sind Klimaleugner – über den Umgang mit Feinden“ die Schalmei blasen. Am besten, man sammelt die Jugend in altersgerechten Umweltorganisationen wie „Jungschützer“, „Umweltjugend“ und „Bund deutscher Jungschützerinnen“, um die Kampfreserve der Grünen rechtzeitig und umfassend auf Linie zu bürsten.

Latif sagt: Das Land brauche eine Wertedebatte, was Glück ausmache, um zu einem nachhaltigeren Verhalten zu kommen.

Latif meint: Glück muss der individuellen Definition des Einzelnen entzogen und gesellschaftlich normiert werden. Niemand darf sich mehr die Mühe machen, selbst herauszufinden, was Glück bedeutet, um sein Leben dementsprechend auszurichten und eigene Ziele zu definieren. Nachhaltiges Verhalten ist Glück, gemäß einer staatlichen Doktrin leben, muss glücklich machen.

Wer sehnte sich nicht nach dem kribbelnden Gefühl (dem im Bauch, nicht in den kalten Füßen), wenn die Heizung fünf Grad kälter eingestellt wird. Oder der Genugtuung, die uns durchströmt, wenn wir auf Flugreisen verzichten, kein Fleisch mehr essen, oder wir unsere trotz Sparsamkeit immer weiter steigenden Stromrechnungen freudig begleichen! Und was ist schon der Verzicht auf zwei Wochen Strandurlaub gegen das sonnige Gefühl, das Geld sinnvoller als Spende für den Klimaschutz auszugeben. Das Glück, in einem industriell entkernten Deutschland zu leben, ist allemal größer als das Pech, dass dieselbe Industrie einfach nur woanders hingezogen ist.

Globale Gouvernante für den Kohleausstieg

Latif sagt: Und die Welt brauche eine Global Governance, um international beispielsweise eine gemeinsame Steuerpolitik durchzusetzen, so dass auch Weltkonzerne „angemessen Steuern zahlen müssten”.

Latif meint: Er wäre gern die dazu passende globale Gouvernante, die den Regierungen international eine gemeinsame Steuerpolitik aufoktroyiert. Am Feindbild „Weltkonzern“ würde er auch nur zu gern schrauben, denn der einzig legitime Weltkonzern ist in seinen Augen der der Klima-Alarmisten.

Auch Latif weiß aber, dass der Trend zu Populismus, der nationale Interessen präferiere, dem entgegensteht.

Was Latif betrauert, ist die Tatsache, dass es seine Gegner einfach nicht lassen können, ihren Widerstand gegen die Marginalisierung nationaler Interessen aufrechtzuhalten, weil manche Länder etwa der Wunsch nach wirtschaftlicher Stabilität, technologischem Fortschritt und das individuelle Streben nach Glück – das sich staatlichem Einfluss zu entziehen nicht müde wird – einfach nicht aufgeben wollen. Er ist nicht der Erste, der beim Griff nach der Weltherrschaft enttäuscht feststellen muss, dass man ihn nicht einfach gewähren lassen will.

Latif sagt: Immerhin werde global inzwischen mehr in die Erneuerbaren Energien investiert, als in die fossilen Energieträger wie Kohle oder Öl.

Was Latif nicht sagt: Es handelt sich dabei zum größten Teil um staatliche Subventionen, ohne die die „Erneuerbaren“ nur in Nischenmärkten und unter besonders günstigen Bedingungen Chancen hätten. Dass große Teile der Wirtschaft den Wahnsinn mittlerweile mitmachen, liegt daran, dass ihnen die Technologiefreiheit durch staatliche Weichenstellung aus der Hand genommen wurde. Vergessen wird in der Aufzählung der Energieträger in Deutschland auch gern die Kernenergie, die überall sonst als Alternative zur CO2-lastigen Energieerzeugung als geradezu „bio“ verkauft wird, hierzulande aber tabu ist.

Ein französischer Präsident Macron, dessen Land sich überwiegend durch die Kernkraft mit Energie versorgt und einen Kohleanteil von nur ein paar mickrigen Prozent hat, fällt es deshalb auch besonders leicht, aus der Kohle auszusteigen und von Deutschland dasselbe zu verlangen. Ich persönlich könnte zum Beispiel als ein geradezu heroisches Vorbild bei der Rettung der Fischbestände in den Weltmeeren vor Überfischung gelten, denn ich boykottiere konsequent und allumfassend den Fischverzehr. Dass mich dieser „Ausstieg“ nichts kostet, weil ich wegen Eiweißunverträglichkeit keinen Fisch esse, sollte ich im Sinne einer reibungslosen Ordensverleihung wohl besser nicht erwähnen.

Wurde das Auto herbeisubventioniert?

Latif sagt: Technologischer Fortschritt könne sehr schnell gehen. Er verweist darauf, dass ein Foto der Osterparade in der 5th Avenue in New York im Jahr 1900 nur Pferdekutschen zeigt und eine andere Aufnahme 13 Jahre später nur noch Autos. “Das war eine schnelle Mobilitätswende, die müssen wir heute auch schaffen”.

Was Mojib Latif vergisst: Dreizehn Jahre haben ausgereicht, das Pferd aus den Großstädten zu verbannen. Kein trocknender Pferdemist mehr, der als Feinstaub zu tuberkulöser Luftqualität führte. Keine Pferde mehr, die unter unsäglichen Bedingungen in den Städten gehalten wurden – das Auto übernahm. Doch erinnern wir uns kurz an die Begleitumstände, die zu dieser rasanten Umstellung führten: Die Politik musste das Automobil sogar eher bremsen, gefördert werden musste es nie.

Geschwindigkeitsbeschränkungen waren überflüssig, solange es nur Pferd und Wagen gab. Von Subventionen hingegen keine Spur; das Auto setzte sich durch, weil es sich in der Praxis bewährte und dem Pferd in allen Belangen überlegen war. Latif und seine grünen Spießgesellen wollen jedoch erreichen, dass die nächste „Verkehrswende“ herbeigefördert und subventioniert wird. Die Mobilitätswende des 20. Jahrhunderts wurde von Pionieren wie Henry Ford initiiert, der Autos massenhaft günstig verfügbar machte, während sein selbsternanntes Alter Ego Elon Musk zwar als PR-Gag eines seiner Elektro-Autos zum Mars schicken kann, sonst jedoch jede noch so niedrige Erwartungshürde reißt.

An ihren Taten sollt ihr sie erkennen! (1. Johannes 2,1-6) …und an ihren Worten und Absichten, möchte ich hinzufügen. Zur Tat indes würde Herr Latif gern schreiten und dabei sicher auch Goethes „Faust“ bemühen. Doch nicht „der Worte sind genug gewechselt“ scheint mir die passende Passage für den Übermut dieses falschen Propheten zu sein, sondern folgende:

Ihr fühlet nicht, wie schlecht ein solches Handwerk sei!
Wie wenig das dem echten Künstler zieme!
Der saubern Herren Pfuscherei
Ist, merk ich, schon bei Euch Maxime.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt hier.

Foto: Wolfgang Sauber Xenophon) via Wikimedia Commons

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Leserpost

netiquette:

Wolfgang Richter / 07.12.2017

Herr Latif macht den Grünen Volkserzieher. Und da steht er auf einer Ebene mit den Vortänzern dieser unsäglichen, Deutschland und Wohlstand am liebsten abschaffenden Partei.

Rüdiger Blam / 07.12.2017

Latif lesen, hören, sehen und ertragen ist Satire.

Klaus Reichert / 07.12.2017

Bei Latif ist es wie bei Schellnhuber. Hinter der Klimarettungs - Fassade lugt immer wieder die alte sozialistische Gesellschaftsveränderungs - Attitüde und der dazu gehörende Internationalismus hervor. Wer die 68er - Gene in sich trägt, kann nicht anders. Die meisten Menschen merken das aber gar nicht und denken sich, die wollen was Gutes und denken sich vernünftige Massnahmen zu dessen Erreichung aus. Entlarven kann man das am Besten durch einen Blick in die Vergangenheit: - Wassersparen in Regendeutschland. Ein Hit seit den 80ern. Das Wasser wird teurer, weil ja dessen Behandlung Geld kostet und nicht der Rohstoff. Auch müssen viele Städte seitdem die Abwasserkanäle spülen. - Das Ozonloch. Es verschwand einfach wieder so, wie es gekommen war. Geblieben sind FCKW - freie Isoliermaterialien. Einschlägigste Folge ist der Space Shuttle Columbia - Absturz, weil die FCKW - freie Tankisolation abfiel und das Gefährt schon beim Start beschädigte. - Das Waldsterben. Der Klassiker. Der Wald starb nicht und er stirbt nicht, Waldbesitzer und Förster sagten das auch. Sie waren fortan Dissidenten und hatten den Mund zu halten. Ganze Runden von “Fachleuten” tagten in Talkshows und gaben todernst ihren Senf zum Besten. Alles Mist. Schöner als beim Waldsterben wurde es nie mehr. Wenn es je eines Beweises bedurft hätte, dass Grüne und ihre Geistesgenossen Realsatiriker sind - hier war er. Und heute? Ein wie großer Teil der globalen Erwärmung ist menschengemacht? Und ein wie großer Teil der menschengemachten Erwärmung stammt von unseren Autos, Kraftwerken und Industrien?  Kann das jemand seriös beantworten, oder wissen wir es nicht?

Roland Müller / 07.12.2017

Lieber Herr Letsch, es handelt sich nicht um eine Art Schweigegeld, sondern um Schmiergeld, damit die Kinderbetreuer jeden Tag seine frohen Botschaften verkünden, welche ihm beim abkassieren helfen..

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