CO2-Preis: Wie der Staat sich die Taschen volllügt

Mit dem Ergebnis der Weltklimakonferenz in Madrid kann man trotz Greta nicht zufrieden sein, heißt es allerorten. Die “Selbstverpflichtung” genannten Kasteiungen der europäischen Staaten zur Erreichung des 1,5 Grad-Zieles waren nicht anspruchsvoll genug. Und aus dem weltweiten CO2-Zertifikatehandel wird auch erst mal nichts. Nur Deutschland macht ernst. Bundesrat und Bundestag einigen sich auf eine CO2-”Bepreisung”, die pro Tonne von 25 Euro 2021 auf 55 Euro 2025 steigen soll. Unter 50 Euro, so internationale “Experten” würde sich keine “Lenkungswirkung” entfalten. Vor allen Dingen wird hier eins gelenkt: Zweistellige Milliardenbeträge in die Staatskasse. 

Von Anfang an: Der CO2-Preis ist gar keiner. Denn Preise bilden sich am Markt durch Angebot und Nachfrage. Hier dagegen handelt es sich um eine schnöde Steuer, deren Höhe vom Parlament festgelegt wird und die in die Staatskasse fließt. Steuern dürfen laut Grundgesetz nicht zweckgebunden erhoben werden, über ihre Verwendung entscheidet der Bundestag im Rahmen des Haushalts jedes Jahres. Dafür ist das Beispiel der Sektsteuer berühmt, die einst Wilhelm Zwo beschließen ließ, um die Kriegsmarine aufzurüsten. Während die längst auf den Gründen der Weltmeere ruht, wird die Schaumweinsteuer von Vater Staat immer noch kassiert.  

Multipliziert man die festgesetzte Höhe bei 868,2 Millionen Tonnen CO2 Emissionen, die 2018 festgestellt wurden, dann nimmt der Staat 2022 auf diese Weise 21,7 Milliarden Euro mehr ein. Anders gesagt, die Steuern werden übernächstes Jahr um diesen Betrag erhöht. Da vorgesehen ist, die Steuer alljährlich bis auf 55 Euro 2024 zu verschärfen, steigt die Steuerlast für Bürger und Unternehmen auf satte 47,8 Milliarden Euro bei gleichbleibendem CO2-Bedarf. 

Das ist natürlich falsch. Der Bürger wird schließlich durch den Wegfall oder die Reduzierung der Umlage für das Energie-Einspar-Gesetz entlastet. Das macht immerhin mehr als 5 Milliarden Euro aus, mit denen der Bürger steuerunauffällig bisher Windkrafträder und Solaranlagen mit bezahlen muss. Zum Dank wird er eben ein zweites Mal wegen der Ökosteuer zur Kasse gebeten. Das treibt die zusätzliche Belastung von nur 16,7 Milliarden Euro (2021) auf 42 Milliarden Euro (2025). 

Deutlich mehr als die Kugel Eis

Natürlich haben wir auch die “Lenkungswirkung” unterschlagen. Der Staat will ja seine eigenen Einnahmen freiwillig reduzieren. Gehen wir von einer Reduzierung von 2,5 Prozent pro Jahr aus, dann wären das 10 Prozent. Das wären mit dem Erreichten dann immerhin schon 40 Prozent Reduzierung des 50-Prozent-Ziels, das ja erst 2030 erreicht werden müsste. Ohne EEG-Umlage sind das Zusatzeinnahmen für die Staatskasse von 43 Milliarden Euro. Mit immerhin 38 Milliarden Einnahmen, die der Staat heute nicht hat und die von den Steuerbürgern aufgebracht werden. Auch hier gibt es eine Unschärfe. Denn durch den Anstieg der EEG-Umlage, die durch eine Zunahme der regenerativen Stromproduktion steigen wird, wären die Bürger ja zusätzlich belastet. 40 Milliarden Euro zusätzliche Staatseinnahmen wären aber sicher zu erwarten. 

Auf der Basis der geschätzten Steuereinnahmen von 2019 wären das immerhin fünf Prozent der Gesamteinnahmen aller staatlichen Organe. Der Anteil schrumpft, weil nach der amtlichen Schätzung die Steuereinnahmen auf über 900 Milliarden in 2025 steigen. Bei beiden ist die sogenannte CO2-Bepreisung nicht enthalten. Irgendwas muss sich Walter-Borjans noch einfallen lassen, damit er noch mehr Steuergelder aus dem Fenster wirft, um die schwarze Null rot zu machen. 

Der BDI hat mittlerweile eine leicht geschönte Rechnung auf den Markt geworfen, nach der ein vierköpfiger Haushalt mit Ölheizung und VW Passat 2021 mit einer Mehrbelastung von 212 Euro im Jahre 2021 zu rechnen habe. 2025 wären es schon 467. Deutlich mehr als die Kugel Eis, die uns der damalige grüne Umweltminister Jürgen Trittin als Mehrkosten für die Energiewende aufzubürden meinte. 

Schön gerechnet sind die Schätzungen, weil die Verbrauchswerte ein wenig niedrig angesetzt scheinen. Der VW Passat Diesel verbraucht keine 5 Liter, das dürfte in der Realititä kaum zu schaffen sein, und für 120 qm und vier Personen wird ein Ölverbrauch von 2.000 Litern geschätzt. Da darf aber keine dauerduschende Teenager-Tochter in der Familie sein und die Wärmedämmung müsste auf neuestem technologischem Niveau stehen. Hat die Familie zwei Autos, weil die Kinder auf dem Lande anders nicht zur Schule gelangen und die nicht arbeitende Hausfrau kaum ohne Auto zum Supermarkt kommt, dann wird es deutlich teurer. Zwar wird die Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer erhöht, wer aber auf dem Land lebt, fährt mit dem Auto nicht nur zur Arbeit. Eine Laufleistung von 15.000 km pro Jahr erscheint da illusorisch niedrig. Anders gesagt, wer auf dem Land lebt, kann von diesen Zahlen träumen. Und das ist ungefähr die Hälfte der Bundesbürger. 

Kein Preissignal mit Lenkungsfunktion, sondern Symbolpolitik

Außerdem sind die Kompakt-SUVs und Premium-Kombis auf der linken Spur selten im Auftrag eines Unternehmens unterwegs. Viele davon sind etwa selbstständige Handelsvertreter, und für die ist das Auto Arbeitsplatz und Wohnzimmer. Zugleich. Gestiegene Kraftstoffkosten mindern einfach nur Einkommen und Gewinn – wenn keiner gemacht wird, bleibt der Selbstständige auf den Kosten sitzen. 

Und die können auch nicht wegen der um 10 Prozent gesunkenen Fahrkarten auf die Bahn umsteigen. Die ist für Termine in der Fläche nicht zu gebrauchen. Wer von Osnabrück nach Ladbergen oder von Bielefeld nach Lemgo will, verbringt auf den Umsteigebahnhöfen gerne mal fast eine ganze Stunde. Regionen wie der Bodensee sind vom Schnellbahnnetz gänzlich abgehängt. Und die 10 Prozent machen deutlich weniger aus als die regulären Sparangebote, die man noch am Vortag buchen kann, von der Bahncard ganz zu schweigen. Das ist kein Preissignal mit Lenkungsfunktion sondern Symbolpolitik. Ist auch besser so, denn zu den Spitzenzeiten fährt die Bahn überfüllt und jenseits der Kapazitätsgrenzen. 

Aber der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) hat ja auch seine Klientel im Auge. Holger Lösch nennt im Deutschlandfunk ein Beispiel für die Auswirkung auf die mittelständische Industrie. Er schätzt die Zahl der besonders energieintensiven Unternehmen auf 40.000 bis 50.000. Holger Lösch:

"Nehmen wir noch mal ein Beispiel. Nehmen wir jetzt mal ein Unternehmen, das eben nicht in dieser ETS-Region ist. Nehmen wir ein Unternehmen, das hat ein paar hundert Mitarbeiter, macht irgendwas mit Glas und zahlt im Jahr ungefähr eine Million für Energie. Davon ist ungefähr die Hälfte Strom. Da gibt es jetzt vielleicht eine kleine Entlastung; weitere Steigerungen stehen an.

Der nächste Block ist vor allen Dingen Gas. Wir haben keine Alternative in vielen Branchen zu Gas für Prozesse, Metalle erhitzen, Metalle schmelzen oder Glas schmelzen. Dafür haben wir momentan keine technologische Alternative.

Diese Gasrechnung für dieses Unternehmen, die beträgt momentan ungefähr 400.000 Euro im Jahr. Die würde schon quasi morgen, also 2021, auf 475.000 Euro steigen – das sind 18 Prozent mehr – und 2026, wenn dann der Preis im vollen Swing ist, sind wir ungefähr bei 175.000 Euro mehr gegenüber heute.

Das sind Branchen, die ungefähr zwei Prozent bis zweieinhalb Prozent Umsatzrendite machen. Da werden ganz viele Bilanzen ganz schnell in die rote Färbung gehen, und hier müssen Entlastungen angesetzt werden, um zu verhindern, dass diese Unternehmen die einzigen in Europa sind, die eine volle CO2-Preislast zahlen.”

Eine Beispielrechnung: Wenn 40.000 Unternehmen mit durchschnittlich 250 Angestellten zehn Prozent ihrer Mitarbeiter entlassen, fallen 1 Million Jobs weg. Auch eine Möglichkeit, CO2 zu sparen. Die fahren dann nämlich nicht jeden Tag zur Arbeit sondern einmal in der Woche zum Arbeitsamt und dürfen dafür nicht mal mehr die Pendlerpauschale kassieren. 

Die  Verbraucher werden übrigens – wie im BDI-Beispiel – nicht nur von den selbst zu zahlenden Energiesteuern getroffen. Sie werden auch die Mehrkosten bezahlen, die bei Industrie und Unternehmen anfallen. Das gilt für die Spritkosten des Amazon-Kurierautos wie die gestiegenen Energiekosten der Landwirtschaft, die in die Lebensmittelpreise fließen wie in alle Kosten des täglichen Bedarfs. Fast die ganzen 40 Milliarden Euro landen nicht – wie suggeriert – bei der Industrie oder den Dienstleistern, sondern bei Otto Normalverbraucher. Die Vermögensverluste etwa durch den gesunkenen Wert des Eigenheims wegen Ölheizung und mangelnder Wärmedämmung sind da noch nicht mal eingepreist. Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht. Und die Risse, die auf einen Ermüdungsbruch hinweisen, sind schon mehr als sichtbar. Die Deindustrialisierung Deutschlands ist in vollem Gange. 

Foto: Christian Demiegeville CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Wojciech Kacpura / 18.12.2019

Es ist doch genial, die Luft zu besteuern, davon Träumten die Steuereintreiber seit Jahrhunderten.  Und die Betrogenen applaudieren noch den Betrügern.

Joachim Krämer / 18.12.2019

@Thomas Brox: “Der Staat ist die einzige Einrichtung, die berechtigt ist, Zwang und Gewalt anzuwenden und Individuen Schaden zuzufügen. Diese gewaltige Macht kann nicht der Willkür einiger Menschen überlassen werden, für wie kompetent und gewitzt sie sich selber auch immer halten mögen. Die Anwendung dieser Macht ist unter allen Umständen zu begrenzen. Dies ist die Aufgabe von Gesetzen. (...) die Alternative zur Herrschaft des Gesetzes ist die Herrschaft von Tyrannen.” (Ludwig von Mises: Die Bürokratie, S.85) “Der Staatsapparat ist ein Zwangs- und Unterdrückungsapparat. Das Wesen der Staatstätigkeit ist, Menschen durch Gewaltanwendung oder Gewaltandrohung zu zwingen, sich anders zu verhalten, als sie sich aus freiem Antriebe verhalten würden.” (Ludwig von Mises: Im Namen des Staates, S.68)

Georg Czech / 18.12.2019

@ Bchlenberg Archi. Die dummen Kälber (Steuerzahler) wurden durch Lügen und falsche Versprechungen ins Gehege gelockt und nun muss man mittels eines unsichtbaren Zauns (permanente Medienpropaganda) aufpassen, dass sie vor lauter Alternativlosigkeit nicht woanders hinlaufen.

Peter Gentner / 18.12.2019

Die traurige Wahrheit war ja zumindest denen klar, die noch halbwegs bei Sinnen sind. Einen Aufstand der Provinz, wie in Frankreich, wird es in Deutschland aber leider nicht geben und das weiß die deutsche Politik. Drum kann eine Ausplünderungskampagne nach der anderen erfolgen…. das deutsche Zahl- und Wahlschaf hält brav Kopf und Geldbeutel hin! Sollten tatsächlich vereinzelt welche aufbegehren, sind es eben Klimaleugner (idiotische Bezeichnung) und zur Not eben Nazis…..

M. Terres / 18.12.2019

Am stärksten wird es die Landbevölkerung treffen! Ja, genau! Deshalb ist auf dem Land demnächst Land’s End für die SPD (Schnellere Prekarisierung Deutschlands). Für Union und Grüne auch. Kein Wunder, dass man gegen “Rechts” schwere Geschütze auffährt. Auf dem Land wählt man demnächst die Alternative für Diesel (AfD). Dort hat man keine Lust die realitätsfernen Ökofreaks aus der Stadt mit dem eigenen, aufgezwungenen Wohlstandsverlust zu subventionieren. Die ökonomischen Realitäten liegen klar vor uns! Wir haben 1,5 Mio. alimentierungsbedürftige Menschen ins Land geholt. Kurz danach kommen die Massenentlassungen bei den Dax-Unternehmen, die eben noch nach Flüchtlingen gerufen haben. Wie soll das denn bitte finanziert werden, wenn wir die Leute nicht beim Unverzichtbaren pressen - zum Beispiel direkt an der Wohnraumheizung? Energiewende? Dass ich nicht lache! Die will doch keiner, denn dann sind die Kassen leer! Was ich hier schreibe ich nicht “Rechts” sondern “Einmaleins”! Das hat man zu meiner Zeit noch gelernt. Wir haben über Schüler gelacht, die ihren Namen gemalt haben! Das war aus heutiger Sicht grob unfair! Die heutigen Freitagshopser sind so verblödet, dass sie selbst das nicht mehr drauf haben.

Thomas Seethaler / 18.12.2019

Der zweitgrößte Nettozahler der EU geht….herzlichen Glückwunsch an die Inselbewohner. der jährliche Beitrag der Briten belief sich auf 5-6 Milliarden €. der muss nun vom deutschen Michel zu 2/3 übernommen werden. weil die Franzosen mit 62 Jahren in Rente gehen. Darüber hinaus muss der Wegfall des Solis kompensiert und die ca. 710 Parlamentarierer (vorher ca. 630) alimentiert werden….....man könnte hier eine ganze Latte von Wegelagerei des Staates und der EU aufzählen. schreiben und beschreiben, aber die Zeilen sind begrenzt…:) schönen Abend.

Günter H. Probst / 18.12.2019

Ich finde, daß man die Herrschenden dafür bewundern muß, wie sie mit Gutmenschentum, Minuszinspolitik und jetzt Anheizung der Inflation die kontinuierliche Verarmung des Volkes vorantreiben, mit überwiegender Zustimmung der sie Wählenden. Nachdem mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16% auf 19% der transparente Weg der Warensteuererhöhung abgeschlossen war, wurden mit Energiesteuer, Ökosteuer, jetzt ZehOhZwei-Steuer der verdeckte Weg der Inflation gewählt, um ja nicht über 20% zu kommen. Diese verdeckten Erhöhungen wurden auch bei der kalten Progression der Einkommenstuer und den erhöhten Hebesätzen bei Gewerbe- und Grundsteuer angewandt. Das Volk wird von den Herrschenden also von zwei Seiten in die Mangel genommen. Die Minuszinspolitik der EZB sorgt für die Realentwertung von Geldanlagen und kapitalgestützten Altersversorgungen , wie Betriebsrenten oder Lebensversicherungen, und die verdeckten Inflationswege über zusätzliche Steuern sorgen für die Realwertverluste der Einkommen. Ich hatte mich schon gewundert, warum die Herrschenden so wohlwollend auf die hüpfenden Fruchtzwerge reagiert hatten. Jetzt ist klar, daß das Volk mit Hilfe der lieben Kleinen für den demutsvollen Empfang der forcierten Inflation weich geklopft werden sollte. Und da Kultur und Politik von den großstädtischen Transferempfängern am oberen und ihren Schlägern am unteren Rand gestaltet wird, sichern sich die Herrschenden deren weitere Ergebenheit.

Bechlenberg Archi W. / 18.12.2019

“Hinter der Trommel her trotten die Kälber. Das Fell für die Trommel liefern sie selber. ” (B. Brecht) Das Volk will es so. Es wählt die Verantwortlichen, es protestiert nicht, es lässt sich verkaufen, verdummen und vernichten. Was soll man dazu noch groß sagen? Ich sehe mir das aus sicherer Entfernung an und denke mit Douglas Adams, dass es nicht nur ein Fehler war, von den Bäumen herab zu klettern, nein, wir hätten die Ozeane nie verlassen sollen.

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