Clemens Tönnies und die Versäumnisse deutscher Afrikapolitik

Es war sicher geschmacklos und missglückt wie der Fleischunternehmer und Aufsichtsratsvorsitzende von Schalke 04, Clemens Tönnies, mit seiner Forderung auf dem Tag des Handwerks in Paderborn, 20 Kraftwerke in Afrika zu bauen, damit „die Afrikaner aufhören Bäume zu fällen und wenn es dunkel ist, Kinder zu produzieren“ die Bevölkerungsentwicklung in Afrika thematisierte. Tönnies hat sich unzulässig salopp und pauschal ausgedrückt. Das Schlimme ist aber, dass die Empörungswelle in Politik und Medien eine dringend notwendige ehrliche Diskussion über das unbestreitbar zentrale Thema Familienplanung in Afrika verhindert.

Ferdinand Knauß schrieb in der Wirtschaftswoche: „Statt sich über Tönnies missglückte Worte zu empören, wäre es sinnvoller über die demografische Wirklichkeit endlich offen und lösungsorientiert zu sprechen – und daraus eine vernunft- und interessengeleitete Afrika-Politik zu entwerfen. Bildung (nicht nur Ausbildung!) und Aufklärung sind in einem umfassenden Sinne positiv rückgekoppelt mit ökonomisch-sozialer Entwicklung und dem Fortpflanzungsverhalten. Das zu befördern wäre für westliche Entwicklungshelfer eine viel lohnendere Aufgabe, als endlos Projekte zu fördern, die nicht nachhaltig sind, weil die Zahl der Menschen schneller wächst als die Erträge.“ Aber Politiker drücken sich um das Problem der hohen Geburtenraten in vielen afrikanischen Ländern und das extreme Bevölkerungswachstum zum Beispiel im Niger und Nigeria.

In dem kürzlich erschienenen und von Hans-Georg Ehrhardt/Michael Stark herausgegebenen Buch „Sicherheits- und Friedensordnungen in Afrika“, Nomos 2019, schreibt der Politologe und Afrikawissenschaftler Rainer Tetzlaff: 

„Zu den großen Versäumnissen deutscher Afrikapolitik gehört die Gleichgültigkeit gegenüber Afrikas Problem Nummer eins: die Bevölkerungsexplosion, die wie ein nicht zu beeinflussendes Naturgeschehen schweigend hingenommen wird. Wenn immer mehr afrikanische Länder immer mehr Menschen heranwachsen lassen, die in ihrem Heimatland immer weniger überleben können, kann das nur zu weiteren Katastrophen führen. Diese Einsicht wird schlicht verdrängt. So warb zwar die deutsche Kanzlerin Angela Merkel im Dezember 2018 in Marokko für die Unterzeichnung des (völlig ungenügend verhandelten) UN-Migrationspaktes, der von den Regierungen der Einwanderungsländer – USA, Israel, Australien und einigen EU-Ländern, einschließlich Österreich, Italien, Polen, Ungarn und der Slowakei – abgelehnt wurde und der in Afrika als Fortsetzung der merkelschen Willkommenskultur begrüßt wird, aber die fatale Tatsache, dass der ohnehin rechtlich unverbindliche, aber moralisch wirkungsvolle UN-Pakt vor allem die demographische Ursache der afrikanischen Völkerwanderung gen Europa beredt beschweigt, wurde schlicht ignoriert.“ 

Jeden Tag wächst Afrikas Bevölkerung um über 200.000 Menschen. Um 1,5 Millionen jede Woche – einmal München. Jedes Jahr gibt es über 73 Millionen neue Afrikaner – neunmal Österreich. Um diese Menschen versorgen zu können, bräuchte man mindestens 7 Prozent Wirtschaftswachstum. Das haben die wenigsten afrikanischen Staaten. Wenn das Problem der Bevölkerungsentwicklung nicht gelöst wird, sind alle anderen Probleme unlösbar.

 

Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Buches „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe erschien im September 2018. Volker Seitz publiziert regelmäßig zum Thema Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und hält Vorträge.

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Robert Jankowski / 08.08.2019

Wir müssen Frau Rackete einfach mal ein größeres Schiff geben, dann wird sie die afrikanischen Probleme schon gelöst bekommen. Anstatt die Afrikaner auf Augenhöhe zu behandeln und sie für ihren Teil der Misere, nämlich das Bevölkerungswachstum, auch in die Verantwortung zu nehmen, werden die Afrikaner pauschal freigesprochen. Nach Linksgrüner Doktrin können die Afrikaner einfach Nichts dafür und damit liegt der schwarze Peter ausschließlich bei Europa. Linksgrün behandelt die Afrikaner wie Kleinkiner! Das Ganze kann so nur in einem Krieg enden. Wir werden mitnichten die Probleme Afrikas dadurch lösen, dass wir Afrika nach Europa exportieren!

Juergen Stutte / 08.08.2019

Herr Toennies hat mit seiner zu Afrika recht. Frau Merkel und die SPD/Grüne haben in Bezug auf Afrika total versagt.

Roland Stolla-Besta / 08.08.2019

Ich erinnere mich eines vor etlichen Jahrzehnten ähnlichen Ausspruches der saloppen Gloria von Thurn und Taxis, die boarisch-gschert wagte zu sagen, die Neger sollten halt nicht so viel „schnaksln“. Eine Schnappatmung durchlief daraufhin die gesamte Republik. Dabei schien Durchlaucht damals schon umweltbewußt die CO2-Problematik erkannt zu haben. Zugegeben, etwas weniger bodenständig ausgedrückt würde für diese Idee die hl. Greta bejubelt werden.

toni Keller / 08.08.2019

Man muss sich aber dennoch fragen, wie es die Afrikaner schaffen sich so schnell zu vermehren, wo es denen doch soooo dreckig geht. Hierzulande haben wir, ja ich weiß langweilig, ca 130.000 Abtreibungen im Jahr, mehrheitlich aus sozialen Gründen, und das trotz Hartz IV; Kindergeld, kostenloser medizinischer Versorgung, und all überall helfender Organisationen. Mich wundert das schon seit Jahrzehnten wie es die Afrikaner, denen man doch beständig helfen soll (Brot für die Welt u.ä jedes Jahr zur Weihnachtszeit….) weil sie sonst nicht existieren können, es schaffen bis zu 7 Kindern pro Frau in die Welt zu setzen die alle auch noch groß zu kriegen und die, die beständig spenden, für die stellt das ungeplante dritte Kind eine ultimative Katastrophe dar und die alte Mutter die muss halt auch ins Heim, weil man doch Geld verdienen muss, damit von den Steuergeldern woanders geholfen werden kann? Ich denke es wäre wirklich an der Zeit, den Einzelnen, den Kommunen, den Staaten die Verantwortung für sich selber wieder zu geben. Jedes Land sollte seine eigenen Leute an erste Stelle stellen, aber auch die Verantwortung für Entscheidungen übernehmen. Noch ein P.S man liest immer wieder, das doch der Papst endlich die Pille erlauben sollte, die Mehrzahl der afrikanischen Länder ist muslimisch, animistisch oder gehört zur Episkopalkirche, denen ist es komplett egal was der Papst sagt

Jo Meier / 08.08.2019

Die Bevölkerungsexplosion von den afrikanischen Gästen wird leider auch hierzulande vorangetrieben und es wäre auch kein Wunder bei den Pulleffekten - z. B.  Kindergeld; je mehr desto mehr, damit verbunden dass man die Sprache nicht lernen und dann natürlich schon zweimal nicht arbeiten kann ( was natürlich auch die Integration und das Leben untereinander extrem schwierig & spannungsgeladen macht ) ; Aufenthaltserlaubnis / Staatsbürgerschaft für hier geborene, Rundumversorgung etc… Wenn man heute mal mit offenen Augen durch die Großstädte geht, merkt man, dass die meisten zugewanderten afrikanischen Frauen um die 20 Jahre sind; Adipositas 3 und ab 3 Kinder aufwärts haben -  sehr oft auch mit Doppelstockkinderwagen und nein, es ist nicht rassistisch, sondern dass sind TÄGLICHE Beobachtungen aus mehreren Stadtteilen von München…..und ich rede hier von MÜNCHEN, nicht von Köln, Berlin, Duisburg, Hamburg ! Wenn man diese Frauen nach ihrem Lebensziel / Lebenssinn fragen würde, bekäme man als Antwort ” Kinder bekommen und dass befolgen, was mein Mann sagt “. Ja ich weis - ich bin ein Kinderfeind; ein Kinderhasser; ein Rassist; ein Hetzer usw….aber ich glaube keine 10 - fach linksverdrehten Statistiken, sondern dass, was ich täglich vor meiner Nase serviert bekomme und wenn man nur mal als Vergleich die Bevölkerung von China sieht, welche 3 Jahrzehnte die Ein-Kind-Politik gefahren hat und dessen Bevölkerung trotzdem über 1 Milliarde beträgt; dann kann sich ja jeder Vorstellen, wie es in 20 Jahren nicht nur in Afrika, sondern auch in Europa / Deutschland aussieht, wenn man bei der Bevölkerungsexplosion bestimmter Gruppen nicht mal umsteuert ( z. B. Je mehr Kinder, desto WENIGER finanzielle Unterstützung; Aufklärung usw ) ....oder einfach laufen lassen und warten, bis der nächste Krieg / Bürgerkrieg die Bevölkerung wieder von alleine gesundschrumpft. Noch könnte man gegensteuern aber lieber lügt man sich in die eigene Tasche und sitzt es bis zum bitteren Ende aus.

Peer Munk / 08.08.2019

Als ich in einer Diskussion darauf hinwies, dass man lieber versuchen sollte, etwas gegen die Bevölkerungsexplosion zu unternehmen, statt “für das Klima zu kämpfen”, wurde ich empört als Brauner und abscheulicher Rassist zurechtgewiesen. Es geht also auch hier nicht mehr um sachliche Zusammenhänge oder darum, tatsächlich Menschen langfristig zu helfen, sondern um Haltung und darum, sich “gut” zu fühlen.

margit kästner / 08.08.2019

Hauptaufgabe der UN sollte doch diese Szenario nicht gleichgültig sein ,statt einem Migrationspakt auszuhandeln ,ein Familienplanprogramm auflegen und mit bildungspolitischen und finanziellen Anreizen zu unterfüttern . Deeskalierend auf Stammes und Glaubensfragen, Krisen und deren Gefahren erkennen und friedensstiftend einzuwirken . Sind das nicht die Hauptmerkmale einer UN ? Europa wird destabilisiert unter dem Deckmantel der Humanität während der Sozialismus Einzug hält . Ein großer Kontinent bietet sich an die Klimaaufgaben , dank ihrer geografischen Lage weitervoranzubringen

Günter H. Probst / 08.08.2019

1872 rief Häuptling Dunkle Wolke seinen Rat zusammen. Ich habe lange darüber nachgedacht, woher die ganzen Bleichgesichter kommen. Das nimmt ja gar kein Ende mehr. “Vögeln die Bleichgesichter den ganzen Tag oder werfen ihre Squaws mehrer Kinder auf einmal?” Krieger Rote Feder wußte, daß die Bleichgesichter nicht den ganzen Tag vögelten, sondern die Erde umwühlten, Mais anbauten und Indianer umbrachten. Krieger Grünes Blatt wußte, daß die Bleichgesichtersquaws jeweils nur ein Kind warfen, aber viele, und die meisten überlebten. Schließlich stellte Krieger Brauner Bock die entscheidende Frage: “Wehren wir uns oder was?” Der Rat kam zu keinem Ergebnis. 1902 gab es den Stamm von Dunkle Wolke nicht mehr. Die von Herrn Seitz im Artikel genannten Zahlen gelten für die Weltbevölkerung, so meine Lieblingsquelle worldometers. Die Bevölkerung Afrikas wird sich von jetzt ca. 1,3 Milliarden bis 2050,  in den nächsten 30 Jahren, auf ca. 2,4 Milliarden erhöhen. Also fast verdoppeln. Quelle World Population Data Sheet v. 2015.

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