Henryk M. Broder / 01.11.2018 / 15:30 / Foto: Olaf Kosinsky / 52 / Seite ausdrucken

Claus Kleber lehrt die Österreicher das Fürchten

Warum heißt das heute-journal im ZDF heute-journal, wenn es von Claus Kleber moderiert wird? Müsste es dann nicht wenigstens "Klebers heute-journal" heißen, besser noch: "Klebers Welt heute"?

Gestern zum Beispiel gab der österreichische Vize-Kanzler bekannt, dass sein Land den UN-Migrationspakt nicht unterzeichnen wird. Ohne Kleber, ersatzweise Dunja Hayali, vorher konsultiert zu haben. Worauf Kleber zu einer Attacke auf Österreich ansetzte, als hätte man ihm im "Weißen Rössl" am Wolfgangsee Kutteln statt Powidltascherln serviert.

Kaum habe die Welt eingesehen, klagte er, dass es Probleme gibt, "die so gewaltig groß sind, dass man sie nur gemeinsam lösen kann" – den Klimawandel, die Verschmutzung der Ozeane, die Abrüstung "und aktuell die Not von Flüchtlingen" – komme dieses "Nur-gemeinsam-sind -wir-stark-Denken unter die Räder". Denn: "An allen Enden der Welt kommen Anführer an die Macht, die 'Mein Land First' rufen und auf internationale Lösungen pfeifen. Auch in Europa." Hier, ab 15:24

Entschuldige Claus, in welchem europäischen Land hat es neulich einen Putsch gegeben, bei dem "Anführer an die Macht" gekommen sind? Meinst du jetzt Polen, Ungarn oder Bayern? Nach meinem Verständnis handelte es sich um Wahlen, an denen nicht einmal die OSCE etwas auszusetzen hatte. Und natürlich ist es die Aufgabe einer jeden Regierung "Mein Land First" zu rufen, dafür wurde sie ja schließlich gewählt, und nicht "Mein Land Last". Oder hast du es so in der Staatsbürgerkunde gelernt?

Der UN-Migrationspakt, sagt Kleber, "war auf gutem Weg, weltweite erstmal unverbindliche Regeln für den Umgang mit Flüchtlingen aufzustellen". Jetzt will Österreich nicht mitmachen. "Die USA des Donald Trump und Orbans Ungarn sind schon raus." Ein "großes Projekt" stehe vor der Gefahr des Scheiterns. 

Wohin soll die Lava fließen?

Weltweite Regeln für den Umgang mit Flüchtligen aufzustellen, käme einem Vesuch gleich, Vulkanen vorzuschreiben, wann sie ausbrechen sollen und wohin die Lava fließen soll. Er entspringt dem gleichen Größenwahn wie die Vorstellung, man könnte dem Klima Auflagen machen. Ob der Pakt rechtlich verbindlich ist oder nicht, ist eine Frage der Auslegung, ebenso wie das Pariser Klimaabkommen. Es ist in jedem Fall absurd, Regeln festzulegen, die für mehr als 190 Staaten gelten sollen, wenn sehr viele Menschen aus Aghanistan und Pakistan nach Europa "flüchten" und nur sehr wenige Menschen aus Europa nach Afghanistan und Pakistan. 

Fast alle bi- und multirateralen Abkommen (von Kapitulationen am Ende eines Krieges abgesehen) beruhen auf dem Prinzip der Reziprozität. Zum Beispiel: Deutsche Airlines bekommen Landerechte in den USA, amerikanische in Deutschland. 

Solche Überlegungen in einer 55 Sekunden kurzen Moderation unterzubringen, ist nicht einfach. Deswegen fällt auch unter den Tisch der Moderation, was den Kern des UN-Migrationspakates ausmacht: Dass die Flüchtlinge sich de facto das Land bzw. die Länder aussuchen können, in denen sie leben möchten. Kaum anzunehmen, dass Afghanen in Somalia um Aufnahme bitten werden und Somalier in Pakistan. Rheinland-Pfalz wäre in jedem Fall die bessere Wahl. Im Gästehaus des ZDF am Lerchenberg sind noch ein paar Feldbetten frei. Und was wäre schöner, als spätabends von Claus Kleber in den Schlaf gewiegt zu werden. 

PS. In dem Beitrag, der der Moderation folgt, kommt auch Jean-Claude Juncker zu Wort, Präsident der EU-Kommission. Er sagt: Das ist ein Unding, dass die Europäische Union in dieser Zukunftssubstanzfrage nicht mit einer Sprache reden kann, aber wir werden uns mit den österreichischen Freunden darüber in den nächsten Wochen unterhalten. Dabei hört sich Juncker nicht nur wie der Pate an, er redet auch so.

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Leserpost

netiquette:

W.Schneider / 01.11.2018

Resettlement ist das entscheidende Wort. Es geht nicht mehr um Asyl oder Flucht. Jeder annähernd glaubhafte Grund reicht zur Auswahl des Ziellandes mit den bestmöglichen Sozialleistungen. Deshalb hat der schlimme Trump sich auch mit den sinngemäßen Worten aus dem Plan verabschiedet, dass die USA eine Nation seien und kein Siedlungsgebiet. Herr Kurz hat diplomatisch die Probleme des von allen Befürwortern als “unverbindlich” bezeichneten Paktes benannt. Es kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass in kurzer Zeit der Pakt als Vertrag interpretiert werden wird. Welche Länder einer nicht weiter legitimierten UN beschließen eigentlich,  dass Europa zum Ziel der Migration werden soll? Wie oben dargelegt, wird wohl der Treck nach Liberia oder Venezuela überschaubar sein.

Heike Richter / 01.11.2018

Dieses mal soll die Welt am “deutschen Gutmenschenwesen” genesen, solange bis sie wieder in Scherben fällt. Man glaubt es nicht, wie weit soll dieser Irrsinn noch getrieben werden. Wer gebietet dem Ganzen Einhalt?

E. Grüning / 01.11.2018

Das heute-journal ist eine Agitations-Sendung, ähnlich dem “Schwarzen Kanal” zu DDR-Zeiten. Es werden zuvor aufbereitete Ereignisse/ Nachrichten mit einer Wertung unterlegt, mit Stimme und Mimik begleitet, die von jedem Kind in erzieherischer Hinsicht sofort gedeutet werden kann. Nur so dumm, wie das heutige staatliche Bildungssystem seine Bürger abgeschult haben will, sind sie zum Glück noch nicht! Ich sehe diese Agi-Prop seit mehr als einem Jahr nicht mehr. Ein bisschen mehr lesen in verschiedenen Nachrichtenportalen, auch ausländischen, dann klappts auch mit den Informationen.

Frank Mertes / 01.11.2018

Es ist doch irgendwie irre: Fast 30 Jahre nach der Wende erinnert Merkel an Honecker und Kleber an Schnitzler. Dumpfe Parolen, die mit der Realität nichts zu tun haben und auf immer plumpere Weise eine Ideologie anpreisen sollen, die nicht funktionieren kann. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal mit dem gleichen Ekel auf Merkel und Steinmeier schaue wie früher auf Honecker und Stoph. Und dass ich es heute vermeide, die Tagesschau oder heute zu sehen, so wie mir früher nie eingefallen wäre, freiwillig die Aktuelle Kamera zu schauen.

Bärbel Schneider / 01.11.2018

Wenn man dem Migrationspakt einen Passus hinzufügen würde, der vorschreibt, dass Migranten nur in ein Land ihrer eigenen Kultur/Religion einwandern dürfen, hätte ich nichts gegen den Vertrag einzuwenden. - Sehr aufschlussreich auch Klebers Formulierung: ” e r s t m a l   unverbindliche Regeln”. Und dann? Verbindliche? Eine Frage: Wenn der Vertrag ohnehin nichts bewirken kann, weil die Regeln angeblich unverbindlich und deshalb folgenlos sind, warum ihn überhaupt unterschreiben?

Mike Loewe / 01.11.2018

Deutsche Nachrichtensendungen klingen immer mehr wie die Sendung mit der Maus.

Uwe Dippel / 01.11.2018

Herr Dr. Robert Stück, ich sehe sehr wohl wo Sie herkommen, und kann Sie dadurch verstehen. Versuchen Sie aber auch einmal, die Sache von der anderen Seite her aufzuzäumen: Wenn eine Person A. bewählt wurde als Premierminister oder Präsident eines Landes B., was erwartet man dann von ihr? Ganz sicherlich, die Interessen des Landes B. wahrzunehmen, und die Interessen der Bürger dieses Landes B.. Oder wollen Sie vielleicht vorschlagen, es seien die Interessen des Landes C., die vorzüglich zu vertreten wären? Das kann ich mir nicht vorstellen. Der erste Satz von Claus Kleber schon ist tendenziös. Das Land, das man vertritt, wirklich zu vertreten, bedeutet noch lange nicht als Konsequenz, “auf internationale Lösungen [zu] pfeifen”. Das ist eher eine böswillige Unterstellung. Subsidiarität war und ist grundsätzlicher Bestandteil des Vertragswerkes der EU. Und selbstverständlich so, denn nicht jede ‘internationale Lösung’ ist à priori besser.

S.Niemeyer / 01.11.2018

In der vergangenen Woche, am 26. Oktober, war wieder der Österreichische Nationalfeiertag. Wer die Feiern in Wien und Graz angeschaut hat durch’s Netz, dem konnte ein weiteres Mal schmerzlich bewusst werden, wie krank das heutige Deutschland ist.

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