Fakt ist, dass im Spiegel erfundene Geschichten standen. Darin besteht der eigentliche Skandal. Welcher Journalist sie verfasste, ist zunächst zweitrangig, eigentlich unwichtig. Es geht um den Spiegel und es geht um unsere „Qualitätsmedien“. Es geht um Lüge. Es geht ums Hinterslichtführen. Es geht um das Verhältnis zur Wahrhaftigkeit. Um den Umgang mit ihr und darum, wie sie missachtet wird, wie sie zu Gunsten von Beeinflussung in den Dreck gezogen wird. Pressefreiheit sollte nicht verwechselt werden mit der Freiheit zur Lüge. Journalismus sollte nicht verwechselt werden mit dem Auftrag zur Volkserziehung. Und dieses betrifft nicht nur den Spiegel oder einen Herr Relotius.
Die Frage die sich stellt lautet doch: Wieviel Artikel des Spiegels und in welchem Umfang wurden in der Vergangenheit relotiert. Und ich spreche nicht nur von den Artikeln die Herr Relotius geschrieben hat. Und auch für alle anderen Medien stellt sich letztlich genau dieselbe Frage.
Ein Sturmgeschütz der Demokratie war der Spiegel auch lange vorher nicht mehr, sondern eher eines des Merkelismusses. Der nunmehrige Versuch des Spiegels, diese Affäre in eine der deutschen Medien insgesamt umzudeuten, ist bei der Beteiligung von Kleber, Reschke und Co. an den Preisverleihungen an Relotius nicht einmal unzulässig. Das Ding hat eigentlich genauso den Stoff für eine schöne Komödie namens Stonk wie die Hitlertagebücher des Sterns. Das wird sich aber keine Filmgesellschaft in Deutschland mehr trauen, es sei denn sie hauen die alternativen Medien gleich mit in die Pfanne, obgleich die keinen einzigen Starjournalisten in ihren Reihen mit Preisen haben, mit Ausnahme des Gerhard Löwenthal-Preises. Vielleicht machen es die Westmedien aus der Schweiz oder Servus-TV, wo dann auch der Film ausgestrahlt werden dürfte. Der Film bekommt in Deutschland eine schlechte Vorabkritik, was für mich dann das sicherste Indiz dafür ist, dass ich ihn auf jeden Fall ansehe.
Den Spiegel mit Argwohn oder gar nicht zu lesen, kann ein Mantra sein. Nur ist er nicht der “Stern” , der sich nach “seinen” Hitlertagebüchern hätte besser für immer in ein weit entferntes Mäuseloch verkriechen sollen, statt mir einem Jörges aufzuwarten. Die wissenschaftlichen Themen, die der Spiegel bringt, schätze ich z.B. sehr. Die rührende Geschichte der Trute Lafrenz mit ihren Ausschmückung die die Gegenwart betreffen, konnte keiner ernst nehmen, der sich mit Zeitzeugen - Interviews beschäftigt hat. Was den „Märchenonkel“ Todenhöfer betrifft, hatte es mich diebisch gefreut, dass der Spiegel ihm den Wind aus den Segeln nahm. Von den Unterlassungserklärungen hatte ich noch nicht gehört. Da müsste man Näheres wissen. Wer den Mann je mit seiner Allwissenheits - Penetranz erlebt hat, kann ihm nicht über den Weg trauen. Ich warte darauf, dass er demnächst auf dem Mond auftaucht, um die Zweifel an der Mondlandung der Amerikaner infrage zu stellen.
“Der Spiegel lässt die Hosen runter” Tja, wer keine “Eier” hat die Wahrheit zu schreiben, braucht auch keine Hosen. Bestenfalls ein Feigenblatt, das suggeriert, es sei etwas vorhanden, was schon lange verloren ging: unabhängige, kritische Berichterstattung und der Mut zur Wahrheit ...!
SPIEGEL und seine Recherchen am 02.August 2018 war im SPIEGEL ein fast marktschreierischer Artikel erschienen: der Erde geht der Sand aus .. “Angeblich” würden jedes Jahr 50 Milliarden Tonnen Sand verbraucht, was einer Mauer von (sage und schreibe) 27 Metern Breite und 27 Metern Höhe um die ganze Erde entspricht. Diese Zahlen erschienen mir unglaubwürdig und ich begann, in diesem Thema zu recherchieren - und siehe da - diese Zahlen sind absolut realitätsfern. Im Artikel des SPIEGEL selbst ist der Grund für die falschen Zahlen enthalten - nur man muß diese sehen. Niemand beim SPIEGEL hat diesen schlampigen Artikel (der von der dpa zur Verfügung gestellt wurde, die ihrerseits bereits diesen Artikel nie recherchiert hatte) - auch nur ansatzweise geprüft. Ich schrieb an den SPIEGEL und wies diesen auf deren Fehler und die marktschreierischen Zahlen hin - ich habe weder eine Antwort darauf erhalten, noch wurden die Zahlen in diesem Artikel revidiert Soviel zur Recherchetätigkeit beim SPIEGEL
Al Capone verließ jeden Gerichtssal als freier Mann und stürzte am Ende über eine fehlende Steuererklärung; dem Mörder Abel Hradschek in Fontanes “Unterm Birnbaum” wird, nachdem er seinen Leumund perfekt verteidigt hat, ein loses Fass zum Verhängnis; und in der rabenschwarzen britischen Komödie “Kind Hearts and Coronets” stellt der aus Mangel an Beweisen freigelassene herzögliche Massenmörder zum Schluss fest, dass er sein Tagebuch in der Gefängniszelle vergessen hat. Sollte am Ende vielleicht das bislang lückenlos geschlossene System M, in dem die Marionetten so wunderbar ausbalanciert sind, dass Frau M. am Ende immer gewinnt (Stil: Stimmengewinne für die CDU—gut; Stimmenverluste für die CDU—Solidarisierung der “demokratischen Parteien” aus Angst vor dem bösen blauen Wolf und damit auch gut…), in ähnlicher Weise über etwas so Banales wie die Geltungssucht eines einzelnen kleinen Skribblers fallen? Denn wenn der US-Bundesstaat Arizona klagt, dann kann das sehr, sehr, sehr teuer werden: “Slander” wird in den USA nicht auf die leichte Schulter genommen, und “litigation” kann atemberaubende Ausmaße annehmen. Vielleicht wird das ja wirklich teuer genug, dass Frau M.s Propagandamaschinerie davon ernsthaften Schaden nimmt? Eine Welt ohne die Bertelsmann-Stiftung und ihre Metastasen—wie schön wäre das!
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