Henryk M. Broder / 22.05.2019 / 13:00 / 78 / Seite ausdrucken

Cicero: An allem sind die Juden schuld!

Vor zwei Tagen erschien auf Cicero Onine ein längerer Text über Strache und die Ibiza-Affäre, geschrieben von einem Mann namens Rudolf Adam, der, so die Autoreninfo, von 2001 bis 2004 Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes war und von 2004 bis 2008 als Präsident die Bundesakademie für Sicherheitspolitik leitete. Was er seitdem macht, bleibt ungesagt, es könnte sein, dass er sich mit einem eigenen kleinen Studio für Wahrsagerei selbstständig gemacht hat, für die Deutsche Bahn Durchsagen entwirft oder die Mongolei in Sicherheitsfragen berät. Wir wissen es nicht, wollen aber nichts ausschließen.

Was die Causa Strache & Co. angeht, holt er jedenfalls weit aus, als wäre er an jenem "verhängnisvollen Abend auf Ibiza" vor Ort dabei gewesen. "Alles deutet auf Geheimdienste hin", stellt er sachkundig fest, die Heilsarmee und die Freunde der italienischen Oper können es nicht gewesen sein. "Die Operation Ibiza war also von langer Hand sorgfältig geplant, mit höchster Professionalität vorbereitet – vermutlich auch eingeübt – und dann durchgeführt." Der Ex vom BND hat offenbar immer noch Kontakte zum Milieu. "Kein europäischer Dienst dürfte und könnte so etwas durchführen. Die amerikanischen Dienste sind vollauf mit Korea, Iran und China beschäftigt." Die Russen können es auch nicht gewesen sein und "China oder Dienste aus der arabischen Welt dürften kein Interesse an österreichischer Innenpolitik haben". Und so bleibt nur "ein Staat, der die menschlichen und technischen Fähigkeiten zu einer derartigen Operation und ein eindeutiges Motiv hat: Israel". Denn, "dem Mossad ist eine solche Operation zuzutrauen", zudem entstammen "viele russische Oligarchen jüdischen Familien und unterhalten enge Beziehungen zu Israel".

Schlüssiger, überzeugender könnte eine Beweiskette kaum sein. Vor einem Volksgericht würde so was für einen Schuldspruch allemal reichen. Für das Flaggschiff der deutschen liberalen Intelligenz braucht es auch nicht mehr. Dass die Juden hinter allem stecken und an allem schuld sind, das wusste auch schon der Stürmer. Warum soll sich daran etwas geändert haben? 

Zum Schluss allerdings macht der Verfasser eine überraschende Volte. Er entnazifiert sich selbst. "Gegenwärtig bleiben jedoch alle Überlegungen, die über das, was bislang bekannt ist, hinausgehen, pure Spekulation und sollten als solche mit äußerster Vorsicht aufgenommen werden – also auch dieser Beitrag."

Ja, denn dieser Beitrag ist ein reiner Vogelschiss. Geschrieben von einem irren Wichtigtuer, der in Konjunktiven badet. Und online gestellt von einer Redaktion, die möglicherweise von einem ausländischen Geheimdienst angefüttert wurde. Wir können es nicht beweisen, aber den Schlapphüten des Vatikans wäre eine solche Operation zuzutrauen. 

Foto: achgut.com

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Leserpost

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Ralf Pöhling / 22.05.2019

Der Mossad hat den Ruf, sehr gut und sehr effizient zu arbeiten, und damit so eine Art Legendenstatus. Wenn also mal eine außergewöhnliche Operation den ganzen Laden vollkommen durcheinander bringt, dann kann es ja nur der Mossad gewesen sein. Wer so daher redet, offenbart seine Unwissenheit. Als wenn alle anderen Geheimdienste auf diesem Planeten nur Däumchen drehen und nichts auf die Reihe bekommen würden. Ganz im Gegenteil.

Thomas Taterka / 22.05.2019

@Anders Dairie : eine “gefühlte ” These soll man nicht unterschätzen. Hat so manchem Juden ab 33 das Leben gerettet. Billy Wilder und Billy Wilder, aber auch Billy Wilder. Um nur ein paar Namen zu nennen !

Hjalmar Kreutzer / 22.05.2019

Wenn schon “die Juden schuld” sein sollen, frage ich mich doch, wieso ausgerechnet jene Regierungsparteien mit dem Geld der Sozis durch einen israelischen “Geschäftsmann” nach den Methoden von Mossad oder wahlweise Stasi demontiert werden sollen, die konsequent gegen islamische Masseneinwanderung und den politischen Islam mit seinen ständigen Forederungen nach Extrawürsten vorgehen, also die einzigen objektiv pro-jüdischen oder pro-israelischen Kräfte?

Michael Blum / 22.05.2019

Leute, es war alles ganz anders. Urheber war ein internationaler Kosmetikkonzern, der demnächst seine neue Duftkreation “Mata Hari” auf den Markt bringen wird. Das Model hat einen guten Job gemacht und geht dann nach Hollywood.

Bernd Blau / 22.05.2019

Der Mossad fällt manchen Spekulierern natürlich immer ein, wenn etwas geheimnisvoll ist und man nicht so recht weiterweiss. Wäre er es es gewesen, wird man’s eh nie erfahren. Aber im ernst: Dem Mossad, der immer höchst rational im Sinne israelischer Interessen handelt, ist der Operttenstaat Österreich mindestens so egal wie ein Sack Reis in China. Warum sollte er etwas gegen eine rechtsbürgerliche Regierung in einem anderen Land unternehmen, die innenpolitisch auf einer Welle mit der Regierung Netanjahu segelt und ansonsten - gerade was die FPÖ-Minister betrifft, geradezu überfreundlich zu Israel und allen Juden ist? .

Christian Noha / 22.05.2019

Die Frage ist doch ganz einfach: Wem nützt es? Den Israelis sicher nicht, was hätten sie davon, eine Regierung zu destabilisieren, die wie sie selbst, vor dem politischen Islam warnt? Sie hätten nichts gewonnen und wenn es rauskäme, sehr viel an Reputation zu verlieren. Zu gewinnen oder Nutzen daraus ziehen, das machen doch derzeit die SPDU-Parteien Europas, das Veröffentlichkeitsdatum spricht eindeutig für dieses Spektrum an Parteien. Was wusste zum Beispiel Herr Kurz, was wusste Frau Merkel, was wusste Karl-Eduard von Schnitzler-Böhmermann? Sie alle sind Profiteure, und Versteckte Kamera ist technisch eigentlich heute nicht mehr so schwer, das Geheimdienstgefasel eher eine falsche Fährte. Am Ende wird es eher banal sein.

Rico Martin / 22.05.2019

Beim Cicero arbeitet anscheinend Claas Relotius als Praktikant und wird von Jan Dönermann beraten. Das wäre noch die schmeichelhafte Variante für so viel Dummheit.

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