Ex-Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner heuert bei einem Unternehmen an, dass sich unter anderem der Sanierung von Industriebrachen widmet. Abrissbirnen und Kriegsgerät schaffen neue Karrierechancen und Börsengelegenheiten.
Ob es wirklich jenes aus heutiger Sicht bescheidene Loch von 60 Milliarden Euro war, was zum Auszug der FDP-Minister (mit Ausnahme Volker Wissings) aus der Regierung und damit zum Bruch der Ampelkoalition führte? Das Loch klaffte im Bundeshaushalt, nachdem das Bundesverfassungsgericht im November 2023 die Umwidmung von Corona-Geldern zugunsten der Klima- und Energiepolitik untersagt hatte. Seither haftet dem seinerzeitigen Bundesfinanzminister Christian Lindner das Odium des Totengräbers an, der seine Partei ohne Not ins außerparlamentarische Abseits führte. Heute dümpelt die FDP in allen Umfragen für die Wahlen in Bund und Ländern unter fünf Prozent – Ausnahme Baden-Württemberg.
Keine gute Ausgangsposition für eine Anschlussverwendung des einstigen FDP-Vorsitzenden „in der Wirtschaft“, um den es ziemlich still geworden war. Ein wenig öffentliche Aufmerksamkeit wurde dem „politischen Opa“ („Stern“) nur anlässlich der Geburt seiner ersten Tochter im April dieses Jahres zuteil. Seine Hochzeit mit der Journalistin Franca Lehfeldt in Keitum auf Sylt hatte im Juli 2022 fast eine Regierungskrise ausgelöst, und die Bundesregierung sah sich damals genötigt, zu versichern, dass bei der „Protz-Hochzeit“ keine Steuergelder geflossen seien, mit Ausnahme des Personenschutzes, unter anderem für den Hochzeitsgast Olaf Scholz. Der ebenfalls eingeladene Friedrich Merz musste sich dafür rechtfertigen, dass er im Privatjet eingeflogen war.
Ex-Minister müssen neue Beschäftigungsverhältnisse der Bundesregierung melden, die innerhalb einer Karenzzeit von 18 Monaten Einspruch erheben kann, wenn die beabsichtigten Engagements nicht im öffentlichen Interesse liegen. Dies dürfte nicht für Linders neuen Job bei der Unternehmensgruppe Hagedorn gelten, deren Aktivitäten angesichts der allgemeinen Wirtschaftslage dem öffentlichen Interesse sogar eminent zuträglich sein dürften.
Abwicklung von Industriestandorten
Hagedorn steht einer Mitteilung zufolge für „industrielle Exzellenz und unternehmerischen Mut im Strukturwandel“. Im engeren Sinne befasst sich das in Gütersloh ansässige Unternehmen mit der Abwicklung von Industriestandorten – „vom Rückbau über Entsorgung und Recycling bis zum Tiefbau, der Schwerlastlogistik“ bis zur „Revitalisierung von Brownfields“, also der Sanierung von Industriebrachen. Linder soll im Beirat des Unternehmens unter anderem federführend für „Digitalisierung und nachhaltiges Wachstum“ verantwortlich zeichnen.
Seit 2012 ist Hagedorn auch im Bereich Windenergie tätig. „Das Unternehmen hat sich auf den professionellen Rückbau von Windkraftanlagen spezialisiert und bietet das gesamte Spektrum von der Demontage über fachgerechte Entsorgung und Recycling bis zum Rück- oder Neubau von Zuwegungen sowie der Weitervermarktung“. Dass die Rotoren von Windkraftwerken bislang kaum „fachgerecht“ zu recyceln sind, daran wird auch Lindner nichts ändern können.
Ein Recyclingunternehmen aus der bayerischen Oberpfalz, dass sich ebenfalls großsprecherisch der Verwertung ausgedienter Windräder verschrieben hatte, ist mittlerweile insolvent, der Geschäftsführer sitzt in Untersuchungshaft. Unglücklicherweise war auf wilden Deponien in Tschechien teils toxischer Energiewendeschrott gefunden worden, den die Firma hier illegal verklappt haben soll und der jetzt auf Kosten des bayerischen Steuerzahlers zurückgeholt wird.
Wo wir gerade beim Thema Zukunftsmärkte sind, die direkt oder indirekt mit dem Zerstören zu tun haben: Der Prothesenhersteller Otto Bock hat jüngst den bislang größten Börsengang des Jahres hingelegt und rund 800 Millionen Euro eingesammelt. Mit dem frischen Geld solle unter anderem „im Bereich Mensch-Maschine-Schnittstellen“ investiert werden, also die Verbindung künstlicher Gliedmaßen mit dem menschlichen Nervensystem. Gegründet wurde das Familienunternehmen im Jahre 1919, also kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges, der Millionen von Verwundeten und Verstümmelten hinterlassen hatte, ein Riesenmarkt damals wie in jenen kriegerischen Zeiten, die jetzt wieder herbeigeredet werden.
Ein paar Rheinmetall-Aktien im Portfolio
Mittlerweile gehört es ja zum guten Ton, ein paar Rheinmetall-Aktien im Portfolio zu haben, und wer früh aufs Zerstören gesetzt hat, kann sich über satte Gewinne freuen. Bereits am Montag (20.10.) wird ein weiteres deutsches Rüstungsunternehmen an die Börse gehen, die Marinesparte von ThyssenKrupp. Der einstige Stahlgigant steckt seit Jahren in der Krise, will aber trotzdem mit Milliardenhilfen der Bundesregierung bis 2045 „klimaneutral“ werden, was den Niedergang beschleunigen dürfte.
„Das Marinegeschäft löst sich vom großen Tanker ThyssenKrupp und soll so zu einem flexiblen Schnellboot werden“, dichtete die Tagesschau. Für den Restkonzern könnten nach dem Verlust der „Perle“ noch härtere Zeiten anbrechen. Vielleicht bald ein Fall nachhaltigen Wachstums für Lindner und seinen neuen Arbeitgeber.
Georg Etscheit schreibt auch für www.aufgegessen.info, den von ihm mit gegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss.
Beitragsbild: Pixabay

Und wenn die Luft irgendwann mal zu dünn wird, dann wechselt man einfach den Windanbieter.
@ Walter Weimar - "Diesmal gibt es keine Kriegsbeute als Reparation, schon alles selbst zerstört." - Erinnert mich an die Piraten in den Asterix-Bänden, die vielfach angesichts der nur erahnten Ankunft der "Ggggggallllier" vorsorglich ihren Kahn selbst versenken.
@ Rudi Hoffmann - "Rotorblätter fachgerecht verarbeiten ? Da bleibt momentan sie zu zerteilen und anschließend durch verschiedene Schredder zu schicken." - Um sie sodann falsch deklariert zB in Tschechien verbuddeln zu lassen. Klappt woanders sicher auch. Ob die Italienische oder welche auch immer "Müll-Mafia" schon aktiv ist?
@ Silvia Orlandi - "WK2: A.H. brauchte 6 Jahre um „kriegstüchtig“ zu werden." - War "Er" aber auch Sept. 1939 nicht wirklich, wenn man allein die eingesetzten Massen an Pferden bedenkt anstelle von Motorisierung. Aber was ficht es einen verblendeten Ideologen an, . . . . . . Ist heute nicht anders.
„Irgendwas mit Zerstören“ ist seit langem Tagesgeschäft in der deutschen Politik. Dementsprechend sind auch alle die da ausscheiden, hierfür bestens qualifiziert.
Da findet doch Lindners politisches Wirken einen für ihn und "uns" würdigen Übergang und Abschluß. Dem positiven Wirken für "Klima" und Gedöns zu Ehren sollten entsprechende Projekte mit dem FDP-Wimpel und der Flagge des Landes geschmückt werden, damit auch wirklich jeder erkennt, worum es geht.
„…wird ein weiteres deutsches Rüstungsunternehmen an die Börse gehen, die Marinesparte von ThyssenKrupp.“ Dann bekommt die Gorch Fock ja bestimmt bald wieder neue Segel für 140 Mio. und vielleicht noch ein Windrad als Topmast.