Wolfram Weimer / 03.04.2016 / 15:00 / 1 / Seite ausdrucken

Warum schafft es die blutige Christenverfolgung kaum in die Nachrichten?

In Pakistan verüben Taliban ein Massaker an Christen. Es ist nicht das erste. Das amerikanische Außenministerium stuft den Massenmord an Christen im arabischen Raum inzwischen als „Genozid“ ein. Zu Recht. Es wird Zeit, dass auch Europa begreift, was gerade wirklich passiert

Das Attentat auf Christen in Pakistan und die Terrorattacken von Brüssel und Paris sind keine Ausnahmen mehr. Sie sind Teil einer grausamen Kette von Massenmorden, die immer länger und blutiger wird. Der westlichen, christlichen Welt ist einseitig Krieg erklärt worden, vor Jahren schon. Und mit jedem Jahr nimmt dieser Krieg an Intensität zu. Europa will es nicht wahrhaben, dass Samuel Huntingtons exakt vor 20 Jahren veröffentlichtes Buch vom Kampf der Kulturen und seinen „Bruchlinienkonflikten“ grausame Realität geworden ist.

Der politische Islam attackiert Europa mit allen Mitteln der Gewalt, an vielen Fronten und in einer massenhaften Dimension, deren grauenhaftes Ausmaß uns erst langsam dämmert. Es ist bitter und traurig, aber es hat ein Jahrhundertkonflikt begonnen, den Europa nicht verursacht hat, unbedingt vermeiden will, nicht einmal kämpft, aber doch aufgezwungen bekommt. Die blutige, uralte Grenze zwischen Abendland und Morgenland ist wieder aufgebrochen. Europa tut diesmal alles zur Deeskalation, zur Verständigung, zur Friedenswahrung und zeigt darin auch humanitäre Größe – bis hin zur großzügigen (wiewohl gefährlichen) Aufnahme von hunderttausenden jungen muslimischen Männern und Flüchtlingen aus arabischen Kriegsgebieten.

Die Verdrängung blutiger Schlachtfelder

Und doch wirkt die Verdrängung des islamischen Großangriffs zusehends naiv. Denn die Schlachtfelder dieses Krieges sind blutiger als es unsere Abendnachrichten erahnen lassen. Alle Ränder der islamischen Welt sind blutig geworden. Von Indonesien und den Philippinen ganz im Osten bis zur Elfenbeinküste ganz im Westen, wo vor wenigen Tagen zwei Dutzend Tote bei Angriffen auf westliche Hotels gemeldet wurden. Dabei wurde auch die Leiterin des Goethe-Insituts ermordet. Das Nachrichtenportal Al-Akhbar erklärte: „Dank Allah, dem Allmächtigen, konnten Ritter der Al-Kaidar im islamischen Maghreb in den Urlaubsort einbrechen“

Mittlerweile werden jeden Tag Christen ermordet und hingerichtet, und zwar nur weil sie Christen sind – von den Schlächtereien Boko Harams in Nigeria und Mali über das antichristliche Gewaltregime in Eritrea bis zu den Überfallserien auf Christen in Kenia, von denen es nur ein letztjähriges in die Nachrichten geschafft hat, als islamische Schergen rund 700 Studenten angriffen, Muslime und Christen sorgfältig voneinander trennten und dann 148 Christen ermordeten. Diese Selektionsmorde an Christen sind in mehreren Staaten Afrikas – auch in Libyen, wie es christliche Flüchtlinge auf dem Weg nach Norden trifft – inzwischen entsetzliche Normalität geworden.

Es herrscht in ganzen Landstrichen Pogromstimmung

Auch die Zentralafrikanische Republik ist jetzt Schlachtfeld der islamischen Offensive. Dort sickern islamistische Kämpfer aus dem Tschad und Sudan ein und terrorisieren die christliche Bevölkerung. Missionsstationen und Kirchen werden von den Milizen geplündert, zerstört oder gebrandschatzt. Es kommt zu Morden und Vergewaltigungen. Hier hat der jüngste Papstbesuch immerhin für eine Art kurzfristigen Waffenstillstand gesorgt. Anders in Syrien und Irak, wo die urchristlichen Gemeinden, die ältesten Kirchen der Christenheit systematisch vernichtet werden. Die Häuser von Christen werden gekennzeichnet und dann wird Treibjagd auf sie gemacht. Es herrscht in ganzen Landstrichen Pogromstimmung. Ob es repressive, islamische Regime wie in Usbekistan, Tadschikistan und Turkmenistan sind oder die Herrschaft der Terrormilizen wie im Niger, dem Tschad und Somalia – Tausende von Christen werden direkt getötet oder sind unter grausamen Bedingungen interniert. Und Europa schaut bislang weg.

Christen sind die am schlimmsten verfolgte Gruppe auf der Welt

Dabei werden derzeit weltweit unfassbare 100 Millionen Christen von akuter Verfolgung bedroht. Christen sind die am schlimmsten verfolgte Gruppe auf der Welt überhaupt. Der Ex-Beauftragte für Religionsfreiheit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Massimo Introvigne, geht davon aus, dass weltweit alle fünf Minuten ein Christ wegen seines Glaubens stirbt.

Das systematische Massenmorden an Christen durch den IS ist ein offensichtlicher Genozid. Genauso stuft es nun auch das US-Außenministeriums ein. Es gehe um die systematische Auslöschung des Christentums. Die Verwendung des Begriffes „Genozid“, der im internationalen Recht eine präzise juristische Bedeutung hat, sollte Europa wach rütteln. Die gefolterten und geschundenen, die hingerichteten und vergewaltigten, die massenermordeten Christen sind ein Fanal unserer Zeit. Bei diesem Völkermord einfach wegsehen wäre nicht bloß eine Bankrotterklärung Europas vor der eigenen Moral und Geschichte. Es wäre auch ein Stück Kapitulation.

Ja, wir sind Paris und wir sind Brüssel. Wir trauern mit jedem Opfer, nur leider sind wir inzwischen die ganze westliche Welt. Es ist wie einst als Winston Churchill mahnte, da ein eiserner Vorhang zwischen dem Gewaltregimen des Kommunismus und dem freien Westen niederging und er zu einer historischen, konzentrierten Aktion des Widerstands aufrief – so wird dem Westen auch diesmal nichts übrig bleiben als sich zu formieren und zu wehren. Das kleinteilige Gerede um die europäische Vernetzung der Polizei ist Mimikry. Der Genozid vor unseren Augen, die globale Attacke braucht einen globalen Verteidigungsplan, eine handfeste Eindämmungsstrategie, denn Paris ist New York ist Brüssel ist Bangui ist Mossul ist überall.

Dieser Artikel erschien zuerst auf The European und Handelsblatt.com

 

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Lukas Adam / 03.04.2016

Ein erster Schritt wäre ein christlicher Staat im Nahen Osten. Nach dem Vorbild von Israel. Man mag es diskriminierend finden, ebenso wie Israels Einwanderungsgesetze diskriminierend gegenüber Nicht-Juden sind. Jedoch ist es pragmatisch und überlebenswichtig. Als christliche Minderheit ist man in muslimisch dominierten Ländern nicht sicher. Ein eigener, diskriminierender Staat ist besser als ein Leben lang versklavt zu werden.

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