Die chinesische Regierung hat erstmals Soldaten zu einem Einsatz auf die Straßen der Sonderverwaltungszone Hongkong geschickt, berichtet die „F.A.Z.“ Rund vier Dutzend Soldaten hätten eine Kaserne in einem militärischen Sperrgebiet verlassen und angefangen, Barrikaden rund um die Baptisten-Universität wegzuräumen und Pflastersteine von der Straße zu entfernen. Sie seien mit Eimern und Besen ausgestattet gewesen, aber nicht mit Waffen. Nur ein Mann sei mit einer Uniformhose bekleidet gewesen, der Rest habe T-Shirts und kurze Sporthosen getragen. Eine Gruppe von Hongkonger Polizisten habe die Aktion gesichert, die nach knapp einer Stunde beendet gewesen sei.
Dem Wegräumen von Barrikaden kommt eine besondere symbolische Bedeutung zu, da zahlreiche Universitäten in Hongkong in dieser Woche zu Kampfzonen geworden sind. Oppositionelle Studenten hatten Barrikaden errichtet und Feuer gelegt, um ein Eindringen der Polizei auf die Campusse zu verhindern.
Laut dem Hongkonger Grundgesetz darf sich das chinesische Militär nicht in lokale Angelegenheiten einmischen. Es darf die Straßen des Stadtstaates nur betreten, wenn die lokale Regierung um Hilfe beim Katastrophenschutz oder bei der Herstellung der öffentlichen Ordnung bittet. Nach Angaben der „F.A.Z.“ war das zuletzt 2018 der Fall, als ein schwerer Taifun die Stadt traf. Ansonsten hätten Armeeangehörige die Kaserne nur verlassen, wenn Truppen oder Gerät verlegt wurden.
Militärische Aktivitäten wie Übungen müssen grundsätzlich mit der Lokalregierung abgesprochen werden. Ob die aktuelle Aktion von der Hongkonger Regierung erwünscht oder ob sie vorab informiert war, ist nach Angaben der „F.A.Z.“ zurzeit unklar. In jedem Fall handelt es sich bei dem Einsatz jedoch um einen Tabubruch. So sieht es auch das Oppositionslager. Laut „F.A.Z.“ haben die pro-demokratischen Demonstranten von der Regierung eine Erklärung verlangt.