Gunter Weißgerber / 07.01.2025 / 10:00 / Foto: Imago (bearbeitet) / 29 / Seite ausdrucken

Charlie versus Mohammed – nichts ist abgearbeitet

Heute vor zehn Jahren war die Welt schockiert von dem islamistischen Anschlag auf "Charlie Hebdo". Wurde die Zeit seitdem genutzt? Nein: Die Politik ruht sich mit rosaroter Brille auf der Venus aus und überlässt die Mehrheitsbevölkerung den Unbilden auf dem Mars.

Die Anschläge auf das Satiremagazin Charlie Hebdo und den jüdischen Supermarkt in Paris (am 7. Januar 2015 GW) lösten Schock und Trauer aus. Doch schon kurz danach fragten die ersten, ob Charlie Hebdo nicht vielleicht zu weit gegangen sei. Zu weit womit? Waren die Opfer im jüdischen Supermarkt auch zu weit gegangen? Die neuerlichen Anschläge am 13. November 2015 in Paris haben uns gezeigt: Muslimische Extremisten werden nicht durch Karikaturen provoziert, es ist der Hass auf die freie pluralistische Gesellschaft, auf unsere Art zu leben, der sie zu ihren Taten treibt.“

So heißt es im Einbandtext des Buches „Charlie versus Mohammed“ von Nina Scholz und Heiko Heinisch aus dem Jahr 2016. Wo ist die Zeit hin? Heute jährt sich der Anschlag auf Charlie Hebdo zum zehnten Male. Was geschah seitdem alles noch auf dem Weg des zivilisierten Europas in die kulturelle Angleichung an die Sitten, Gebräuche, Gesetze des spätantiken siebten Jahrhunderts? 

Soll es hier wirklich so werden, wie es „dort“ noch immer ist? Fehlende Meinungsfreiheit? Fehlende Frauen- und Mädchenrechte? Fehlende Religionsfreiheit? Fehlende Demokratie und fehlende demokratische Strukturen? Fehlende Justitia mit verbundenen Augen und stattdessen Stammesrechtsprechung beziehungsweise Scharia? 

Nutzten die Gesellschaften des Westens die Zeit seitdem, um ihre demokratischen Gesellschaften wehrhaft gegenüber der islamistischen Invasion zu machen? Wird noch immer seitens Politik und Medien an der Oberfläche geschwurbelt? Wie haben sich die Gesellschaften durch die inzwischen fast tägliche Gewaltflut, die in Deutschland noch immer zuverlässig zu Demonstrationen gegen rechts statt gegen die kontinuierlich ablaufende Aufweichung gegenüber dem Islamismus führt, verändert? 

Vorurteile im Gepäck

Haben sich die Menschen an die Gefahr gewöhnt oder verlassen sie ihre früheren Wahlzetteladressen CDU/CSU, SPD, FDP und machen wütend und meist sehr bewusst ihr Kreuz bei der AfD? 

Der Fragenkatalog ist schier unendlich groß, logische und akzeptable Antworten kommen leider nicht mehr (oder noch nicht) von den Parteien, die die Bundesrepublik seit 1949 zu einem leistungsfähigen und lebenswerten Staat aufbauten. Es ist frustrierend.

Mehrheitsbevölkerung und Mehrheitspolitik leben auf zwei unterschiedlichen Planeten. Die Mehrheitspolitik macht es sich mit rosaroter Brille auf der Venus bequem und überlässt die Mehrheitsbevölkerung den Unbilden auf dem Mars. Gut kann das nicht gehen.

Nina Scholz und Heiko Heinisch gehören seit über zwei Jahrzehnten zu den engagiertesten Aufklärern der Moderne. Ich lese beide sehr gern. Vor dem zehnten Jahrestag des Überfalls auf Charlie Hebdo scheint es mir angeraten, noch einmal ihren Text von 2016 zu lesen. 

In weiten Teilen der islamischen Welt ist es lebensgefährlich, in Glaubensdingen etwas ‚Falsches‘ zu sagen, Jude, Atheist oder homosexuell zu sein. Diese Intoleranz macht sich auch in Europa immer stärker bemerkbar, denn viele Migranten tragen ihre Haltungen und Vorurteile im Gepäck, reproduzieren sie durch den Konsum der Medien ihrer Herkunftsländer und tradieren sie an die nächste Generation. Dadurch bleiben viele weiterhin in die politischen, religiösen und kulturellen Konflikte ihrer Herkunftsländer beziehungsweise der Länder ihrer Vorfahren involviert. Die eigentlich banale Tatsache, dass Menschen ihre eigenen Werte, Einstellungen und Ressentiments mitbringen, war bislang nur unzureichend Gegenstand sozialwissenschaftlicher Forschungen.“ (S. 15).

Was Scholz/Heinisch 2016 schrieben, könnten sie unverändert in eines ihrer möglichen neuen Bücher einkopieren. Warum sollen Nina Scholz und Heiko Heinisch nicht auch die allseits bewährte Steinmeier-Methode der unermüdlichen Arbeit mit Textbauklötzen für ihre Arbeiten nutzen? Was Frank-Walter darf, dürfen andere erst recht, oder? Ich gehe allerdings davon aus, dass beide Autoren intellektuell redlicher arbeiten und ihre Texte jeweils auf ihrem neuesten Stand formulieren. Der eine blieb irgendwann stehen, die anderen gehen aufmerksam weiter.

Nichts ist abgearbeitet

Die Jahrzehnte, in denen man, ob journalistisch, künstlerisch oder wissenschaftlich tätig, nichts Schlimmes zu befürchten hatte als eine Klage, scheinen nun ihrem Ende entgegen zu gehen. … Wer sich fortan öffentlich mit dem Islam auseinandersetzt, wird sich des tödlichen Anschlags von Paris erinnern.“ (S. 16).

2025 ist es viel schlimmer geworden. Nicht nur die Kämpfer der Religion des Friedens und des freundlichen Miteinanders sind größer an Zahl geworden, der demokratische Staat wechselte die Seiten von der Mitte der blinden Justitia auf die Seite der Muslime. Meldestellen wurden eingerichtet, Kritik an muslimischen Anmutungen gilt im vordem weltanschaulich neutralen Staat als rassistisch. Juden, Atheisten, Christen, Buddhisten vermissen diesen Schutz. 

Machen wir uns nichts vor: Der Terror verändert, im Verbund mit religiösen und politischen Begehrlichkeiten, unsre Gesellschaft. Die meisten europäischen Islamverbände und -vereine sind sich, so sehr sie den Terror auch verurteilen, insofern mit den Gewalttätern einig, als sie eines ihrer Ziele teilen: die Verhinderung einer öffentlichen und kritischen Debatte über den Islam. … Alles andere läuft Gefahr, als ‚islamophob‘ gebrandmarkt und neuerdings mit dem sich wissenschaftlich gerierendem Begriff ‚antimuslimischer Rassismus‘ diffamiert zu werden.“ (S. 37).

Wohlgemerkt, das sind Formulierungen aus dem Jahr 2016! Ein jeder mag es mit dem Istzustand 2025 selbst vergleichen und fragen, wo hilft mir hier der demokratische Staat?

Der Terroranschlag von Paris rief umgehend auch all jene auf den Plan, denen Kritik an Religionen schon immer ein Dorn im Auge war und die religiöse Überzeugungen per se vor Kritik schützen wollen. Nachdem FDP und Freidenker-Kreise seit längerem die Forderung erhoben hatten, den sogenannten Blasphemieparagraphen (§166 StGB) ersatzlos zu streichen, wurde diese Forderung nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo sowohl von Politikern anderer Parteien, als auch von Kirchenvertretern umso heftiger zurückgewiesen. … Heinrich Bedford-Strohm, der Ratsvorsitzende der EKD warnte gleichzeitig vor einer zu starken Solidarisierung mit Charlie Hebdo.“ (S. 54/55).

Es ist derselbe Heinrich Bedford-Strohm, der sich 2016 nicht entblödete, auf dem Jerusalemer Tempelberg, der seinen Namen wegen des früheren Standorts der beiden zerstörten jüdischen Tempel trägt, zusammen mit seinem katholischem Sportsfreund Kardinal Reinhard Marx, sein Kreuz abzulegen. Ein Akt der Unterwerfung, getarnt als Friedensliebe.

Ich empfehle den Lesern die Lektüre dieses Buches von 2016. Nichts darin ist veraltet oder abgearbeitet. Im Gegenteil, der Warnruf von vor zehn Jahren schwingt noch immer und dramatischer im Transformationsklima der ampelgebeutelten Gesellschaft.

Ein letztes Zitat: „Der Islam gehört zu Europa, wenn Witze über ihn und Kritik an ihm genauso selbstverständlich sind wie bei anderen Religionen und Weltanschauungen auch.“ (S. 104)

Nina Scholz, Heiko Heinisch: Charlie versus Mohammed – Plädoyer für die Meinungsfreiheit, Passagen Verlag, 2016, 109 Seiten, ISBN 978-3-7092-0192-3

 

Gunter Weißgerber (Jahrgang 1955) trat am 8. Oktober 1989 in das Neue Forum ein und war am 7. November 1989 Gründungsmitglied der Leipziger SDP. Für die SDP/SPD sprach er regelmäßig als Redner der Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90.

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W. Renner / 07.01.2025

Mohammed ist inzwischen Christ geworden und fährt ohne Messer über den Weihnachtsmarkt.

S. Marek / 07.01.2025

Sehr geehrter Herr Gunter Weißgerber,  sehr geehrte Nina Scholz & Heiko Heinisch, die Frage ob Islam zur Deutschland gehört oder Deutschland zur Islam, begann bei diesem Treffen und ist noch nicht abschließend geklärt:  “Mohammed Amin al-Husseini trifft im Dezember 1941 Adolf Hitler. Der Führer empfing in Gegenwart des Reichsministers des Auswärtigen von Ribbentrop den islamischen Großmufti von Palästina ( aus unter Britischem Mandat, April 1920 bis Mai 1948, befindlicher Region Palästina ), Sayid Amin al Husseini, zu einer herzlichen und für die Zukunft der arabischen Länder und Deutschland bedeutungsvollen Unterredung.”  Spätestens 2050 wird es sich entscheiden.

Wolfgang Richter / 07.01.2025

@ Jürgen Rhode - “die Anhänger einer Religion beleidigen würden.” - Halt “einer” Religion, denn andere Religionen verächtlich zu machen, ist ja vielfach Volkssport, zB christliche Symbole im “künstlerischen ” Rahmen der angeblich karnevalistischen “Stunksitzung” im angeblich katholischen Köln in schmähender Weise darzubieten. Bei der “einen” Religion verzichten diese “Künstler” im Hinblick auf ihre Gesundheit sehr wohl auf ihre darzustellende Selbstverwirklichung.

Wolfgang Richter / 07.01.2025

” Heute vor zehn Jahren war die Welt schockiert von dem islamistischen Anschlag auf „Charlie Hebdo“. Wurde die Zeit seitdem genutzt? Nein: ” - Oh doch. Heute gibt es inzwischen einige staatlich organisierte, zur praktischen Ausführung an staatlich finanzierte NGO installierte “Petzportale”, ua. gegen “Islamophobie”. wozu dem Verständnis nach jegliche “Islamkritik” gehört. “Islamkritik” dürfte zB. sein, wenn “man” auf die mit dem Grundgesetz gemeinhin als nicht vereinbar anzusehenden ca. 25 Tötungsvorschriften des Korans hinweist. Sämtliche islamkritischen Bücher zB des Herrn Abdel-Samad kommen danach vemutlich demnächst auf einen Verbotsindex.

Klara Altmann / 07.01.2025

“Die meisten europäischen Islamverbände und -vereine sind sich, so sehr sie den Terror auch verurteilen, insofern mit den Gewalttätern einig, als sie eines ihrer Ziele teilen: die Verhinderung einer öffentlichen und kritischen Debatte über den Islam. … Alles andere läuft Gefahr, als ‚islamophob‘ gebrandmarkt und neuerdings mit dem sich wissenschaftlich gerierendem Begriff ‚antimuslimischer Rassismus‘ diffamiert zu werden.“ Hier liegt doch klar und unübersehbar der Kern des gesamten Problems. Die einschlägigen Muslime in den Altparteien haben es offenbar geschafft, ihre Macht derartig auszuweiten, dass sie ihre Ideologie für unberührbar (!) erklärt haben und uns das Recht nehmen wollen, sie zu kritisieren und das in unserem eigenen Land! Und dies, obwohl man problemlos und einfach nachweisen kann, dass ein Großteil der wesentlichen Thesen dieser Ideologie mit dem Grundgesetz in Konflikt stehen, sei es die Aufforderung zu töten, die Unterdrückung von Frauen, die Körperstrafen, die Entwertung Andersdenkender, nur um ein paar Beispiele zu nennen. Es ist bodenlos, dass wir in unserem modernen und aufgeklärten Land gezwungen werden sollen, zu einer derartig rückständigen und menschenfeindlichen Ideologie zu schweigen (!), auch etwas, was ich den Altparteienvertretern und ihren Wählern niemals verzeihen werde. Ich. Werde. Euch. Das. Niemals. Verzeihen.

B. Endres / 07.01.2025

Es ist nicht nur nichts abgearbeitet, was sich letztlich ohnehin nur durch Massendeportationen wegarbeiten liesse. Im Gegenteil, es wird immer offensichtlicher, dass die politisch Verantwortlichen und die Mehrheitsdeutschler die islamische Barbarei wollen, für ihre dubiosen Zwecke als nützlich erachten oder sie zumindest bewundern. Schon wieder. Da Gröfaz nicht mehr geheilt werden, heisst die Parole nun allakbar. Ist genauso simpel herzusagen und vom Gehalt vergleichbar primitiv. Die Opfer und ihre Angehörigen täten gut daran, sich international zu organisieren und sichtbarer zu werden, ähnlich wie die angel moms in den USA oder die Angehörigen der bei den Massakern vom 7.10. Ermordeten und Entführten in Israel.

L. Luhmann / 07.01.2025

@Boris Kotchoubey / 07.01.2025 - “Cui bono? Je mehr Terror, umso mehr Grund, immer strengere Waffengesetze einzuführen, den Bürger jegliche Mittel des persönlichen Schutzes zu verbieten. Und schließlich, wenn das Chaos unerträglich wird, kann man Bürgerrechte einschränken oder sogar einen Notzustand auszurufen. (...)”—- Wie ich unseren sog. Staat einschätze: Im Falle eines Bürgerkrieges würde unsere grünrotbraune Regierung Waffen an die Muselmanen ausgeben, aber nicht an Deutsche, weil das z.B. “rassistisch” wäre ...

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