Henryk M. Broder / 27.12.2016 / 15:25 / 11 / Seite ausdrucken

Chanukka mit Bischof Bedford-Strom

Alexander Wendt hat an dieser Stelle über das heldenhafte Verhalten der deutschen Bischöfe Marx und Bedford-Strom bei deren Reise nach Jerusalem berichtet. Dann gab es noch ein follow-up mit dem Pressesprecher der Evangelischen Kirche in Deutschland, Carsten Splitt. 

Nun hat sich Bischof Bedford-Strom wieder auf den Weg gemacht, nicht nach Jerusalem, sondern in eine WG mit acht jungen Flüchtlingen. Ein TV-Team des BR hat ihn begleitet, denn der Sinn solcher Aktionen liegt nicht darin, die jungen Flüchtlinge zu besuchen, sondern die frohe Botschaft zu kommunizieren, der Bischof habe eine WG mit jungen Flüchtlingen besucht, mit ihnen Tischfussball gespielt und ihnen die Geschichte des Weihnachtsfestes erzählt.

Aber das war noch nicht alles. In diesem Jahr fallen Weihnachten und Chanukka zeitlich zusammen. Deswegen durften die acht jungen Flüchtlinge, nachdem sie gemeinsam mit Bischof Bedford-Strom den Weihnachtsbaum geschmückt hatten, je "eine Kerze am Chanukka-Leuchter anzünden". Was für ein glücklicher Zufall, dass der Chanukka-Leuchter acht Arme hat! (Genau genommen sind es neun, aber das hier zu erklären würde zu weit führen.) Also für jeden Flüchtling eine Kerze, ein weiteres Beispiel aus unserer beliebten Reihe: „Schaut mal, was mein Flüchtling alles kann!"

Bischof Bedford-Strom mag etwas von Tischfussball verstehen, von Chanukka hat er keine Ahnung. Das Fest dauert acht Tage. Am ersten Tag wird eine Kerze angezündet, am zweiten zwei undsoweiter, bis am achten Tag alle acht Kerzen angezündet werden. Gleich am ersten Tag das volle Programm durchzuziehen, ist so albern, als würde man Weiberfastnacht und Aschermittwoch an einem Tag abfeiern. 

Und wenn die jungen Flüchtlinge dann eines Tages, im Zuge des Übergangs von der Willkommenskultur zur Abschiedskultur, nach Hause geschickt und vor dem Borden des Flugzeugs gefragt werden, was ihr schönstes Erlebnis in Deutschland war, werden sie bestimmt antworten: Channuka mit Bischof Bedford-Strom.

Achgut.com ist auch für Sie unerlässlich?
Spenden Sie Ihre Wertschätzung hier!

Hier via Paypal spenden Hier via Direktüberweisung spenden
Leserpost

netiquette:

Test 45: 43537

Detlef Schneider / 27.12.2016

Köstlich, Herr Broder, wie Sie mit spitzer Feder diesen theologischen Versager vorführen. Der Nachmittag ist gerettet.

Wilfried Cremer / 27.12.2016

Hat er sie kultursensibel einfühlend wenigstens mal eine Runde mit seiner Limousine drehen lassen?

Peter Zentner / 27.12.2016

Vielen Dank, lieber Herr Broder! Hätte Bischof Bedford-Strohm das Alte Testament, die Thora oder wenigstens den Talmud ein wenig gelesen (was meines Wissens wesentlich zu einem Theologiestudium gehört) — dann wäre ihm auch der Unterschied zwischen Chanukka und Weihnachten gedämmert. Selbst einige Kurzgeschichten von Ephraim Kishon hätten dem hehren Bischof auf die Sprünge helfen können. Aber so? Eine täglich angepasste Beliebigkeit wird die christlichen Kirchen nicht davor bewahren, dass mehr Schäfchen hinausgehen als hereinkommen.

Weitere anzeigen

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 05.07.2025 / 06:15 / 103

Dunja Hayali und die Wege der Diplomatie

Dunja Hayali hat vor kurzem Sigmar Gabriel im heute journal interviewt, routiniert wie immer. Dabei berief sie sich auf das Völkerrecht und behauptete, Kriege würden…/ mehr

Henryk M. Broder / 15.06.2025 / 13:00 / 14

Was Sie schon immer über den Antizionismus wissen wollten ...

An diesem Wochenende findet in Wien der erste jüdisch-antizionistische Kongress statt. Das Ereignis wird seit Wochen in den sozialen Medien konspirativ beworben. Der Veranstaltungsort wird…/ mehr

Henryk M. Broder / 10.06.2025 / 16:00 / 54

Der antisemitische Furor der gehobenen Stände

Die Zeit wird offenbar auch von Lesern konsumiert, die nicht ganz zum postulierten liberalen Profil des Blattes passen. Was sich bei deren Online-Ausgabe unter den…/ mehr

Henryk M. Broder / 01.06.2025 / 06:00 / 94

Endlich muss man „Messerstecher*innen“ sagen

Was wollte die Messerstecherin von Hamburg mit ihrer Tat beweisen? Die 39-jährige weiße deutsche Frau, die im Getümmel des Hamburger Hauptbahnhofs unter Einsatz eines Messers…/ mehr

Henryk M. Broder / 26.05.2025 / 12:00 / 59

Überleben, um von Kriegsverbrechen abzulenken?

Warum wächst der Antisemitismus eigentlich, wenn es immer mehr und neue Antisemitismus-Beauftragte gibt? Vielleicht, weil manch einer, der sich dazu berufen fühlt, auch schon mal…/ mehr

Henryk M. Broder / 21.05.2025 / 17:00 / 0

Bedeutende Denkerinnen und Denker des 21. Jahrhunderts – Heute: Wolfgang K.

Wolfgang Koydl plädiert in der Weltwoche für einen "Diktatfrieden" zu Lasten der Ukraine. Denn: "Diktatfrieden werden dem Kriegsgegner auferlegt, der den Krieg verloren hat. Dies…/ mehr

Henryk M. Broder / 31.03.2025 / 14:00 / 48

Al-Quds Tag: Positioniert euch!

The same procedure as every year! Nur dass dieses Mal der Präsident des Zentralrates der Juden muslimische Verbände um Hilfe bittet. Leider vergeblich. Stellen Sie…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.03.2025 / 10:00 / 54

Flucht nach Uganda

In ihren letzten Tagen entfaltet die scheidende Regierung erstaunliche Aktivitäten. Während in Berlin die Infrastruktur zusammenbricht, will Staatssekretär Niels Annen noch schnell die Trinkwasserversorgung in…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com