So stimmt der scheidende Ministerpräsident aus Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, seine Partei auf Entscheidungsschlachten gegen die AfD ein. Andere Ost-Politiker empfehlen, die Brandmauer endlich einzureißen, bevor die CDU unter deren Trümmern begraben wird.
Die CDU hat derzeit offenbar keinen guten Stand beim Souverän. Der Zuspruch unter wahlberechtigten Bürgern scheint zu schwinden, vor allem aber zeigen Umfrageergebnisse, dass inzwischen realistisch ist, was lange als unvorstellbar galt: Die CDU wird von der AfD auch im Bund auf Platz zwei verwiesen. Dabei hatten es die Christdemokraten – oder richtiger gesagt, die Parteiführung und ihr Apparat – noch gar nicht so richtig verdaut, dass dies inzwischen in allen Ost-Ländern (ohne Berlin natürlich) so ist. Irgendwie hatten trotz der schon seit Jahren sichtbaren Entwicklung noch ziemlich viele der hauptstädtischen Politik- und Medienschaffenden darauf gesetzt, dass der ansteigende Zuspruch der AfD auch weiterhin noch als Ostzonen-Phänomen abgetan werden könnte. In diesen Kreisen will man ungern begreifen, dass die Bürger schon länger mehrheitlich eine Abkehr von den ideologischen Leitlinien der Merkel- und Ampel-Zeit wünschen. Deshalb gilt dort auch die demokratische Lösung des Problems, das sie in der Stärke der AfD sehen, als unmöglich. Dabei zeigten die dänischen Sozialdemokraten längst, wie es geht: Eine Regierung setzt politisch um, was die Bürger mehrheitlich wollen, beispielsweise eine Kehrtwende in der Migrationspolitik.
Die Ausgrenzung der AfD hat nicht geholfen, auch die warnende Verfassungsschutz-Prosa schreckt immer weniger potenzielle Wähler ab. Die Umfrageegebnisse der AfD erreichen ungeahnte Höhen. Im Bund liegt sie inzwischen vier Prozentpunkte vor der zweitstärksten CDU. Dort beruhigt man sich noch damit, dass Umfrageergebnisse ja keine Wahlergebnisse sind. Aber im nächsten Jahr wird in einigen Bundesländern gewählt, beispielsweise in Sachsen-Anhalt. Und da sehen Demoskopen die AfD bereits bei 39 Prozent, während die zweitplatzierte CDU nur auf 27 Prozent kommen würde.
Bei der letzten Landtagswahl 2021 konnte die CDU noch auf ihren Ministerpräsidenten Reiner Haseloff und dessen Landesvater-Image setzen. Doch Haseloff tritt nicht mehr an und von seiner Partei sind viele Wähler enttäuscht, weil die lieber SPD-Politik macht, um jede Mehrheit zusammen mit Stimmen gewählter AfD-Abgeordneter zu vermeiden. Die Hoffnungen etlicher Bürger, mit einem Votum für die CDU ließe sich linke und grüne Regierungspolitik abwählen, sind so stark angeschlagen, dass sie sich nicht mehr mit ein paar populären oder populistischen Textbausteinen heilen lassen. Dummerweise rutscht das Land zeitgleich immer tiefer in eine Wirtschaftskrise. Sollte man da über einen Befreiungsschlag nachdenken?
Was ist „das Ganze“?
In einem Interview mit dem Stern, über das heute auch viele weitere Medien berichteten, gab sich der scheidende Ministerpräsident kämpferisch: „Das einzige Positive an dieser Umfrage ist, dass jetzt alle wissen: Es geht ums Ganze.“ Das klingt richtig, wenn man nicht weiter liest, was das „Ganze“ aus seiner Sicht ist: „Wir oder die“, also CDU oder AfD.
Zwar sagt er auch Sätze wie: „Wir haben den komfortabelsten Sozialstaat der Welt, sind aber wirtschaftlich nicht mehr Weltspitze.“ oder „Wenn ich mir den Haushalt anschaue, weiß ich, dass meine fünf Enkel den Schuldenbatzen mit Zins und Zinseszins an der Backe haben.“ und „Deutschland braucht eine neue Grundjustierung“. Aber den Fragen, warum Regierungen dann Millionen zusätzliche Sozialleistungsempfänger ins Land kommen lassen und jetzt das größte Neuverschuldungsprogramm der Nachkriegszeit auflegen, widmet er sich nicht angemessen. Er will seine Anhänger offensichtlich vor allem auf den Kampf gegen die AfD einschwören. Warnend sagt er: „Die AfD will ein völlig anderes Land. Das hätte erhebliche Auswirkungen auf Bildung, Finanzen, Polizei und Justiz“.
Allerdings haben auch die letzten Regierungen Beschlüsse mit „erheblichen Auswirkungen auf Bildung, Finanzen, Polizei und Justiz“ durchgesetzt. Durch diese ist die Bundesrepublik in den letzten zehn bis 15 Jahren auch ein anderes Land geworden. Und diese Entwicklung gefällt offenbar immer weniger Bürgern. Außerdem: Was meint denn Haseloff, wenn er eine „neue Grundjustierung“ des Landes für nötig hält? Das ist doch ebenfalls eine Forderung nach grundlegenden Änderungen.
So genau nimmt es der Noch-Ministerpräsident da mit den Worten wohl nicht mehr, sondern greift, eigentlich im Widerspruch zu seinem nüchternen Naturell, lieber zu dem einen oder anderen pathetischen Textbaustein, wie: „Wenn wir als CDU nicht stehen, dann kippt das ganze System. Auf uns kommt es jetzt an“.
Warum formuliert die CDU nicht wenigstens Bedingungen?
Vielleicht ist es aber auch nackte Panik, weil er das Dilemma erkennt. Für den Bund gilt derzeit: Wenn es keine Politikwende gibt, wird die AfD noch stärker, doch ohne Nutzung der AfD-Stimmen gibt es keine Politikwende. Die Ablehnung einer Kooperation mit der AfD begründet er für Sachsen-Anhalt jetzt mit deren Stärke: „Eine Zusammenarbeit hieße bei den aktuellen Umfragen, dass wir uns unterwerfen müssten." Da ist was dran, allerdings ist die CDU auch in diese Lage geraten, weil sie sich im Bund stattdessen dem deutlich kleineren Koalitionspartner SPD unterwirft.
Wenn die CDU auf ihrem derzeitigen Kurs bleibt, wird sie schwächer und ihr Dilemma immer größer. Deshalb mehren sich auch die Stimmen von Politikern aus dem Osten, die es im Grunde gut mit der CDU meinen und endlich ein Niederreißen der Brandmauer fordern, wie Stefan Kerth, Landrat von Vorpommern-Rügen. Der sagte laut Ostsee-Zeitung und Junger Freiheit, dass sich die CDU für eine politische Zusammenarbeit jenseits der linken Parteien öffnen müsste – und zwar schnell: „Besser jetzt, wo sie noch den Ton angeben kann.“ Das gilt vielleicht nicht mehr für Sachsen-Anhalt, aber noch im Bund. Denn noch sind die Umfrageergebnisse keine Wahlergebnisse und bundesweite Wahlen stehen auch nicht vor der Tür.
„Warum formuliert die CDU nicht wenigstens Bedingungen – Personen, Aktivitäten und Programmpunkte, die die AfD für eine Zusammenarbeit fallen lassen müsste?“, fragt Kerth zu Recht. Und wie nur wenige, zeigt er sich recht angstfrei, was die Gefahren von Regierungsbeteiligungen der AfD angeht: „Direkt um uns herum regieren stark nationalistische Rechtsausleger-Parteien immer mal wieder mit. Und der Weltuntergang bleibt aus! Und ausgerechnet das geschichtssensible Deutschland soll ohne Brandmauer direkt zurück ins Dritte Reich rauschen? Ich glaube daran nicht mehr.“
Landrat Kerth ist als Parteiloser im Mai dieses Jahres erneut zum Landrat gewählt worden. In der Stichwahl hatte er sich mit Unterstützung der CDU klar gegen den AfD-Kandidaten durchgesetzt. Politisch kommt er ursprünglich aus der SPD, die er 2023 aus Protest gegen die Politik der Ampel-Regierung verlassen hat. Als Gegner der Ausgrenzung-Politik gegenüber der AfD ist er bekannt. Solche Stimmen könnten auch in der CDU lauter werden. Denn viele Christdemokraten, auch wenn sie schweigen, sehen keine gute Zukunft für ihre Partei in einer dauerhaften Bindung an SPD, Grüne und am Ende auch noch die SED-Erben.
Die CDU-Parteiführung in Berlin setzt hingegen noch auf die Brandmauer-Linie und Stimmen wie Haseloff. Dabei ist der eigentlich zu klug, um vollinhaltlich hinter all den im Interview gesagten Worten zu stehen. Diesem Mann dürfte klar sein: Wer einen komplexen politischen Meinungsstreit auf die Frage „Wir oder die?“ reduziert, muss damit rechnen, dass die Bürger mehrheitlich antworten: „Na dann lieber die“. Es bleibt unklar, weshalb der erfahrene Politik-Veteran trotzdem auf solche Entscheidungskampf-Rhetorik setzt.
Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com.

Naumburgs Uta, Genschers Schuh. / Ich mich dich, er oder du. / Ene mene CDU, / Reiners Esel, Ulrichs Kuh. / Erste Mauer eingerissen, / jetzt per Brandmauer beschi****. / Wahlen lassen keine Ruh, / und am Ende: Raus bist du!
hi, es geht in Richtung Diktatur aus Angst vor einer Diktatur. Per Ausrufung des Notstands kann ein AfD-Verbot an der Justiz vorbei gemanagt und de facto eine Diktatur errichtet werden. Und die “Diktatur”, die so verhindert werden soll, bestünde darin, dass der Zwangsfunk demokratisch ausgehungert würde. An den Qualen des Verderbers darf man sich ergötzen, so wie auch der Name Haßdenteufel eine fromme Nummer ist.
Inzwischen sind wir hier in Deutschland wie in den USA zu einer Demokratie mit nur zwei Parteien mutiert: Die eine Partei, die CDU/ CSU, die SPD/ die Grünen und die Linke zusammen, die sich die Demokraten nennen Die andere Partei, die Republikaner, die AfD.
Lasst die “Brandmauer” ruhig wie sie ist. Immer mehr Wähler haben bemerkt, dass die Union und SPD am Ende sind, schlimmer noch: politisch inzwischen dasselbe bedeuten, nämlich den finalen Ruin des Landes. Auf dem Weg zur erforderlichen Mehrheit der AfD werden beide nicht mehr benötigt, würden sogar ideologisch nur die Rettung des Landes stören. Denkbar wäre evtl. noch eine blau-gelbe Regierung, denn schliesslich kann die FDP nicht ewig derart schwach bleiben und von der Programmatik würde dies noch am besten passen. Also klare Antwort an Haseloff: “wir oder die?” Dann auf jeden Fall “Die!”
„… dass sich die CDU für eine politische Zusammenarbeit jenseits der linken Parteien öffnen müsste!“ //// Jenseits der linken Parteien öffnen … das ist ja noch linker als linksterroristisch. War das ein Freud‘scher Versprecher, oder ist sich der gute Mann nur einfach inder Bedeutung deutscher Worte unklar?
Wäre er wirklich so klug und erfahren, wie Sie ihm attestieren, dann würde er sich doch deutlich intelligenter artikulieren.
Leider fehlt bei diesen Einlassungen zur und über die AfD regelmässig jede Konkretisierung. Z.B. die zum ” anderen Land”. Abgesehen davon würde die AfD damit nicht einmal ganz daneben liegen . Präzisiert geht es natürlich nicht um den typischen Blödsinn dieser intellektuell unterentwickelten Mischpoke , das Land wird bleiben , wie es ist, sondern um andere Verhaeltnisse und Zustaende , auch in den von ihm genannten Bereichen. Erstaunlich ist, dass man hier resp im Westen mit derartigen Aussagen sogar bei denen noch punkten kann, die exakt über diese Zustaende jammern. Zustaende, die nicht vom Himmel fielen, sondern geschaffen wurden. Zustaende auf dem Weg zum Finale. Wenn er nur etwas klüger waere, müsste der Westmichel eine Partei waehlen, welche insoweit tatsaechlich ” ein anderes Land” herstellen will, denn das aktuelle hat keine Zukunft.