Kohl, Kanzler der Einheit unseres Vaterlands, hätte es nicht verstanden, wieso Europa und ein deutscher Nationalstaat politische Antagonisten sein sollen. Der Weg nach Europa führte für ihn selbstredend über ein vereintes und damit wieder starkes Deutschland. Der europäische Einigungsprozess muss nicht notwendig zur Auflösung der Identitäten und der Integrität der Mitgliedstaaten führen, wie uns heute weisgemacht werden soll von Leuten wie Frau Roth, die schwarzrotgold gegen Europablau ausspielen moechte. Wer so denkt und spricht, zerstört in Wahrheit die europaeische Idee, was Kohl wusste. Europa als ideologisches Kampfmittel gegen den bürgerlichen, freiheitlichen, demokratischen, nationalen Rechtsstaat waere sicher nicht Kohls Europa gewesen. Der Streit um das grenzregime ist doch deshalb so unversoehnlich, weil er die Frage der Migration zur gretchenfrage stilisiert. Als müssten wir uns gegen Deutschland entscheiden, um gute Europäer zu sein. Kohl wusste, dass es genau umgekehrt ist.
Herr Lommatzsch, sie zeigen den Kontrollverlust der CDU gut auf. Nur ich weiß nicht, ob meine Einschätzung, dass Kohl ein zuverlässiger, berechenbarer Politiker war, voll zutrifft. Mein Eindruck war immer, dass er seine Entscheidungen mit vielen Absprachen im Vorfeld abgesichert hat. In der Zeit der Wiedervereinigung hektisch und betriebsam, mit allen Seiten im Dialog, was er nicht selbst erledigen konnte überließ er Seiters, Teltschik, Schäuble und anderen, ohne deren Ergebnisse zu kassieren. Obwohl ich als Liberaler noch nie CDU oder SPD gewählt habe, stehen die prägendsten Kanzler der Bundesrepublik Schmidt und Kohl hoch in meiner Achtung. Es war ein Vierteljahrhundert des Wohlbefindens und Glück, meine Kindheit und Jugend, gestört von den Terrorverrückten Linksspinnern der RAF und später von den Untergangsszenarien der aufkommenden Grünen. Erinnert sich noch jemand an das Waldsterben oder Ozonloch? Falls nicht, auch egal, denn die apokalyptischen Vorhersagen der Grünen sind nach wie vor tonangebend und werden stetig ergänzt. Folterexperten sind sich heute weltweit einig, dass psychologische Folter die Opfer dauerhafter schädigt als körperliche Gewalt. Zurück zu Kohl, meiner Erinnerung nach hat er Probleme nur im Vorfeld seiner Entscheidungen benannt. Kohl hat sicher auch mal verschwiegen und kleinere Lügen eingesetzt, aber nicht so realitätsfern, wie Merkel und die derzeitige CDU. Er hat Spender nicht genannt, empört mich heute noch, aber s.o.. Ich hätte mir bis vor 5 Jahren nicht vorstellen können mit anderen Autoren zeitgleich den Niedergang der CDU und SPD zu beschreiben. Den ungestörten Alltag müssen wir wohl für sehr lange vergessen.
Dass die europäische Idee überdehnt ist merkt inzwischen jeder nachdenkende Mensch. Was hat ein Spanier mit einem Albaner zu tun. Warum soll er Strukturhilfen und Schwimmbäder in Albanien mitfinanzieren? Warum laden die Portugiesen ihre Schulden aus den Jahren 1941-1943 (!) bei der EZB ab? Wenn man weiß, dass die Einführung des Euro eine französische Grundbedingung für die Wiedervereinigung Deutschlands war, wird man fragen müssen, ob die europäische Idee lediglich nur auf knallharten wirtschaftlichen und politischen Interessen beruht. Die Gebetsmühle vom einigen und alternativlosen Europa, mit bald 30(!) völlig divergierenden Mitgliedsstaaten, dient nur zur Anästhesie. Deswegen auch die zunehmend autoritären Züge, um das Ganze am Leben zu erhalten. Denn demokratisch legitmiert ist die EU sowieso nicht (da war doch mal ein Straßburger Parlament - jetzt Altersruhesitz für Ganzentsorgte). Prost!
Kohl hat sich für ein starkes Europa eingesetzt. Ich glaube nicht, dass er der Illusion erlegen wäre, ein starkes Europa könne mit illegaler Masseneinwanderung und einem industriell und sozialwirtschaftlich geschwächten Deutschland verwirklicht werden. Merkel hat kein Gespür für Europa. Ihr rigides Beharren auf das Etikett Europäische Lösung kann kein Ersatz für vernünftiges Planen und Handeln und rechtzeitige Kurskorrekturen sein. Einen Nagel bringt man auch nicht heil in die Wand indem man einfach wild draufschlägt. Krümmt er sich, muss man ihn geradebiegen bevor man mit viel Gefühl weiter machen kann. Soviel Umsicht ist unserer Kanzlerin jedoch fremd. Sie denkt ans Ende und von diesem her und hat keine Ahnung von der handwerklichen Umsetzung und ihren Erfordernissen.
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