Henryk M. Broder / 24.03.2016 / 22:15 / 8 / Seite ausdrucken

Caren Miosga möchte nur spielen

Es gibt ein Wort im Repertoire der Nachrichtensprecher, das mich jedes Mal, wenn ich es höre, auf die Zinne treibt: "selbsternannt" oder "selbsternannte". Letzten Montag war es wieder so weit. Caren Miosga moderierte in den Tagesthemen einen Beitrag über die AfD an. Die "selbsternannte" Alternative für Deutschland habe bei vielen Wählern mit ihrem "Ruf nach einer anderen Ausländerpolitik" gepunktet. Hier ab 14:15. Nun wolle sich die Partei erstmals ein Programm geben und "ihr Image eines rechten Rabaukenhaufens, das sie bei vielen hat, loswerden". Es folgte ein zwei Minuten und 40 Sekunden langer Beitrag über die "Ziele" der AfD, dem man entnehmen konnte, dass jeder AfD-Landesverband eine andere Politik macht - je nach der Klientel, die er bedienen will, bürgerlich-liberal in Baden-Württenberg, in Sachsen-Anhalt mit eher "radikalen Tönen". Mal umwirbt die AfD die "Besserverdiener", mal die "sozial Schwachen". Sie biete sich "heimatlosen Rechten, heimatlosen Linken, heimatlosen Liberalen" an.

Die etablierten Volksparteien machen es genauso. Was die AfD aber von der CDU, der SPD, den Grünen und der Linken unterscheidet, ist die Tatsache, dass sie eine "selbsternannte" Alternative ist, während die anderen offenbar von einer höheren Macht zertifiziert wurden. Wer könnte das sein?


liebe frau miosga,

sie haben gestern in einer anmoderation zu einem beitrag über die AfD  in den tagesthemen von der "selbsternannten Alternative für Deutschland" gesprochen. das hat mich stutzig gemacht. gibt es in d-land eine stelle, die parteien zertifiziert? haben die CDU, die SPD, die linke oder die grünen von dieser stelle das placet bekommen, sich CDU, SPD, linke oder grüne nennen zu dürfen? und wie steht es mit den piraten? müssen die lizenzgebühren an die nachkommen von störtebecker zahlen?
bitte, klaren sie mich auf.
viele grüße von der alster
ihr hb

Nichts lieber als das, verehrter Herr Broder. Habe den Namen der Partei in diesem Fall buchstäblich wörtlich genommen, da es in dem folgenden Filmbeitrag darum gehen sollte, welche politischen ALTERNATIVEN die Alternative für Deutschland in ihrem Programm entwirft. Zu verspielt für Sie? Ich fand´s ganz gut.

Schöne Grüße!

Ihre CMiosga

liebe frau miosga,
vielen dank, dass sie sich in der aktuellen nachrichtenlage die zeit genommen haben, mir zu antworten.
leider ist ihre Antwort ebenso "verspielt" wie die moderation, auf die sich meine frage bezog.
natürlich bietet die AfD keine alternativen. aber rechtfertigt das die bezeichnung "selbsternannte"?
immerhin war es die kanzlerin, welche die "alternativlosigkeit" zum prinzip erhoben hat. und die SPD
ist alles mögliche, nur keine alternative zur CDU. haben sie schon mal von der "selbsternannten"
sozialdemokratie gesprochen? ich kann mich nicht erinnern.
mit den besten grüßen aus hammelburg in franken
b
 

Und jetzt muss ich Tagesthemen schauen. Das ist die einzige Alternative zum Hammelburger Nachtleben.

 


 

 

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Leserpost

netiquette:

Andreas Thomsen / 25.03.2016

Schon vor vielen Jahren erinnere ich mich, von “selbsternannten Freiheitskämpfern” gelesen (SPIEGEL?) oder gehört (ARD/ZDF?) zu haben und mich schon damals gefragt zu haben, wo denn eine amtliche Stelle existiert, wo zukünftige “Freiheitskämpfer” ihre amtliche Zulassung abholen können ... Das ist halt noch so eine dumme Journalistenphrase - wenn man genau aufpasst, bestehen entsprechende Verlautbarungen manchmal zu bis zu 90 % aus vorgestanzten Phrasen, wie z.B. “auf Augenhöhe”, “Zeichen setzen”, “die “Menschen vor Ort”, wo man sie “abholen” soll, usw. Das läuft von alleine, ganz ohne nachzudenken.

Heike Meier / 25.03.2016

Danke für den Hinweis auf die Causa “selbsternannt”. Das scheint eine neue Runde im “Krieg der Adjektive” zu sein. Eine kurze Suchmaschinen-Anfrage zeigt, dass das kein Einzelfall war. Nach allen Attributionen für Pegida und AfD wie rechtspopulistisch, fremdenkritisch, islamkritisch usw. und Variationen von entsprechenden Formen mit - feindlich, scheint jetzt eine neue Runde eingeleitet zu sein. Es wäre interessant zu wissen, ob nicht auch wieder der Think-Tank DPA dahintersteckt (und wer womöglich hinter denen steckt). Im übrigen: “selbsternannt” klingt gut und lässt wunderbare Assoziationen wie “selbstermächtigt” entstehen - und damit sind wir wieder bei den Braunen (Die These Henkels von der braunen Unterwanderung der AfD flottiert ja immer noch frei umher). Noch einmal danke ich für die Nachfrage bei Frau Miosga, denn weder die AfD noch sonst eine Partei sind in einem Parteienverzeichnis mit zusätzlichen Adjektiven gelistet.

Sandie Nieburg / 25.03.2016

Ist die Aussage : ” Natürlich bietet die AFD keine Alternativen” -  von Ihnen, Herr Broder- nicht exakt genauso vorauseilend bewertend?

Matthias Tabek / 25.03.2016

Sehr geehrter Herr Broder, ich staune schon seit längerem über Ihre Klugheit. Jetzt muss ich Sie auch noch dafür bewundern, dass Sie in der Lage sind, Fernsehnachrichten auf humorvolle Weise über sich ergehen zu lassen. Bei mir dient der Fernseher seit einiger Zeit ausschließlich als Bildschirm, auf dem ich mir hin und wieder DVD-Filme anschaue. Für mich bei dem Gerät die bevorzugte Alternative, den zwangsfinanziert anmaßenden Manipulationsversuchen der öffentlich-rechtlichen Berichterstattung aus dem Weg zu gehen.

Joachim Kuhlmann / 25.03.2016

Die AfD bietet keine Alternativen, schreiben Sie, lieber Herr Broder? Und wenn es nur die oben beschriebene Art des Umgangs mit dem politischen Gegner wäre, wäre das für mich bereits Alternative genug. In dem Verleumdungsklima des “zertifizierten” (schön gesagt!) Parteienspektrums ragt die AfD schon dadurch für mich sehr angenehm heraus. Aber auch sonst habe ich den Eindruck, dass die AfD einiges anzubieten hat, was dem bisherigen Casino-Politikstil durchaus gewachsen wäre. Und die vielleicht noch mangelnde Erfahrung gleicht man nur durch - Erfahrung aus. Die bisherigen “Erfahrungsmeister” haben trotz ihrer Erfahrung schließlich trotzdem keine gute Politik gemacht, oder?

Andreas Hartig-Tauber / 25.03.2016

“natürlich bietet die AfD keine alternativen.” So? Damit erheben Sie, verehrter Herr Broder, die Schlachtrufe des alternativlosbesessenen Mainstreams in den alternativlosen Himmel, nicht wahr? Mir als Durchschnittsbürger fallen da glatt welche ein: Euroaustritt, mit einer intensiven Betreuung der Länder, die unter dem Euro unter die Räder gekommen sind. Die Suppe müssen wir gemeinsam auslöffeln.  Gemeinsame Grenzsicherungsmaßnahmen an den EU-Außengrenzen. Massive logistische Unterstützung Griechenlands. Sofortige Abschiebung von Vergewaltigern, religiösen Aufwieglern und auch schon bei niederschwelliger Straffälligkeit. Dies hätte den Effekt, dass die Bevölkerung sich wieder offener mit den wirklich Hilfebedürftigen solidarisiert. Die gemeinsame politische Erkenntnis des Euro-Scheiterns und die gemeinsame Beseitigung des Scherbenhaufens, könnten Europa wieder authentisches Leben einhauchen. Ebenso eine gemeinsam solidarische Grenzsicherung (Nebeneffekt: Wieder offene Binnengrenzen). Gut: Es gab andere Strategien, um ein gemeinsames Zusammenraufen in Europa zu erzeugen: Edel in der Absicht, nicht aber in der Wirkung. Politik und das Leben sind aber bekanntlich kein Ponyhof (frei nach Frau Öney ) und beides rückt doch schon mal zwangsweise mit ALTERNATIVEN auf die Pelle.. Die Frage ist, ob eine “Festung Europa” eine Lösung ist. Nein, ist sie nicht, würde auf Dauer auch nicht funktionieren. Aber eine notwendige vitale Maßnahme, die Zeit verschafft. Die Frage ist ferner, ob eine nachhaltige Lösung wirklich billiger ist, als jene zig Milliarden jedes Jahr für ein Millionenheer an Migranten, deren Integrationsfähigkeit hinsichtlich Bildung und kultureller Sozialisation zumindest Fragen aufwirft.  Ich würde sagen nein, es könnte sogar noch teurerer werden: Geld aus Deutschland für gemeinsam international abgestimmte Projekte, deren funktionierende Mechanismen erst noch teilweise erfunden werden müssen. Letzteres hätte aber vielleicht die Chance, tatsächlich als alternativlos allgemein anerkannt zu werden. Alternativen gibt es eigentlich immer. Einzig und allein der politische Wille zeigt sie auf. Bedenklich nur, dass sich einstweilen nur die AfD damit zu befassen scheint. In diesem Sinne: Grüße an Frau Miosga!

Ruth Hellweg / 25.03.2016

Nur bei den sonstigen Islam-, Militär-, Finanz-, Wirtschafts-, Gesundheits-, Ernährungs-, Nah- und Fernost-, und sonst-noch-was-Experten, die sich dort ihr Zubrot verdienen, lassen sie das “selbsternannt” immer weg, obwohl sich dem Zuschauer oftmals nicht erschließen will, was jene eigentlich qualifiziert.

Paul Mittelsdorf / 24.03.2016

Hallo Herr Broder, wie meinen Sie das: “Natürlich bietet die AfD keine Alternativen”? Ich denke, daß die Forderungen nach Volksabstimmungen schon eine Alternative zur repräsentativen Demokratie darstellt. Nur um ein Beispiel zu nennen.

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