Wolfgang Meins / 14.01.2021 / 16:30 / Foto: The White House / 40 / Seite ausdrucken

Capitol-Sturm, Wahlbetrugs-Klagen und fünf Vermutungen

Die politische und moralische Beurteilung des Sturms auf das Capitol hängt wesentlich auch davon ab, wie man zu den Wahlbetrugsvorwürfen steht. Werden diese als völlig abwegig oder gar verschwörerisch eingeschätzt, geht das zweifellos mit einer harten und sehr grundsätzlichen Kritik an den Ereignissen im und vorm Capitol einher. Bin ich dagegen überzeugt davon, dass Bidens Wahlsieg auf betrügerische Weise zustande gekommen ist, relativiert das meine Sicht auf die Ereignisse, ohne sie deshalb gutheißen zu müssen.  

Wahlbetrug, ja oder nein?

Den Mainstream-Medien gelang bei diesem Thema ja ein ähnliches Kunststück wie beim kollektiven Verschweigen der Ereignisse auf der Kölner Domplatte. Allerdings mit dem Unterschied, dass die mediale Friedhofsruhe in und um Köln nur wenige Tage dauerte, bei den Wahlbetrugsvorwürfen dagegen nun schon gut zwei Monate – abgesehen von immer mal wieder auftauchenden kurzen Meldungen, dass irgendein US-Gericht eine, von den Medien nie auch nur ansatzweise inhaltlich näher beschriebene, Klage selbstverständlich abgewiesen habe. Trump, so die gängige Erklärung, sei eben ein Narzisst, der nicht verlieren könne und nun mit seinen letzten Getreuen an Verschwörungstheorien bastelt.

Nun weiß der Autor natürlich auch nicht, wieviel Substanz die zahlreichen Betrugsvorwürfe des Trump-Lagers jeweils genau beinhalten. Aber, man muss auch als juristischer Halblaie nicht komplett im Dunkeln stochern, denn die Vorwürfe wurden ja seit der Wahl von bestimmten Medien, vor allem hier, umfassend dargelegt und analysiert. Nach meiner Einschätzung beinhalten sie in den allermeisten Fällen so etwas wie eine face validity, also eine Gültigkeit nach Augenschein bzw. eine erhebliche Plausibilität – und begründen damit zumindest einen Anfangsverdacht. Aber: Die Feststellung, ob es sich bloß um einen plausiblen Betrugsvorwurf oder aber um tatsächlichen Betrug handelt, obliegt nun einmal, auch in den USA, den dafür zuständigen Gerichten.

Warum wurde bisher kein Betrugsvorwurf juristisch anerkannt?

Das ist eine durchaus schwierige Frage. Für mich wäre keinesfalls überraschend gewesen, wenn am Ende der gerichtlichen Aufarbeitungen der eine oder andere Vorwurf sich völlig oder überwiegend aufgelöst hätte. So ist das nun mal mit Betrugsvorwürfen. Aber, dass in keinem einzigen der z.T. haarsträubenden Fälle, so sie von den Gerichten überhaupt angenommen wurden, die Trump-Seite recht bekam, ist schlicht nicht nachvollziehbar.

Kann es sein, dass in einem Rechtsstaat teils so dermaßen offensichtlich erscheinenden Betrügereien – bei einem zudem so wichtigen Problem – entweder gar nicht erst nachgegangen oder aber völlig einseitig entschieden wurde? Gab bzw. gibt es staatsanwaltliche Wahlbetrugsermittlungen, von denen wir hier nur nichts erfahren haben? Der Autor weiß es leider auch nicht, aber hat sich zumindest einige Gedanken gemacht.

Fünf Vermutungen

Als erstes wäre – wenn auch nicht direkt in der Justiz angesiedelt – in diesem Zusammenhang die Ablehnung und damit fehlende Unterstützung von Trump durch weite Teile des republikanischen Parteiestablishments zu nennen. Nicht wenige der führenden Parteimitglieder dürften mittlerweile seine Niederlage, im Vergleich zu einem Sieg, als das deutlich geringere Übel ansehen.

Zweitens dominieren an den Universitäten der USA bekanntlich linke, den Demokraten nahestehende Professoren das akademische Klima. Schon längst hat diese Tendenz auch die juristischen Fakultäten erfasst und das Curriculum teils auf „Kritische Rechtswissenschaft“ getrimmt. Es bedarf keiner großen Phantasie, anzunehmen, dass in der heutigen Zeit Trump oder ähnlich gestrickte republikanische Funktionsträger vor solchen Richtern – zumindest bei politischen Anliegen – nicht die besten Karten haben.

Hinzu kommt, drittens, dass in der ja schon seit längerer Zeit und in den letzten Monaten besonders stark polarisierten US-Gesellschaft ein Richter oder Gericht es sich wahrscheinlich zweimal überlegen, ob sie Betrugsvorwürfen tatsächlich konsequent nachgehen und sie vielleicht gar anerkennen sollen – und damit eventuell das Wahlergebnis in einem der Swing-States zu korrigieren. Denn die verantwortlichen Richter und ihre Familien würden dann zweifellos Opfer einer umfassenden medialen und sozialen Ächtung, vielleicht müssten sie gar um Leib und Leben fürchten. Denn die US-Antifa samt ihren Sympathisanten scheint mir nach den Unruhen und Plünderungen im letzten Jahr doch ein besonderes Kaliber zu sein.

Bleibt noch, viertens, der ja immerhin mit republikanischer Mehrheit ausgestattete Supreme Court in Washington, der das Thema Wahlbetrug gar nicht erst näher an sich herangelassen hat. Vielleicht fiel es den Richtern einfach zu schwer, das scheinbar Undenkbare zu denken. Vielleicht war ihre Zurückhaltung aber auch getragen von der Befürchtung, durch die Korrektur oder Aufhebung des Wahlergebnisses einen Bürgerkrieg auslösen zu können.

Und zum Schluss gäbe es auch noch die Möglichkeit, dass teils einfach die hinreichend belastbaren Beweise fehlten, weil sich im Trump-Team trotz aller bereits im Vorfeld bekannten Manipulationsversuche nicht genügend um eine gerichtsfeste Beweisermittlung und Beweissicherung gekümmert wurde. Für einen Erfolg vor Gericht sind nun einmal mehr unangreifbare Fakten vonnöten als für einen begründeten Tatverdacht.

Wie dem auch sei: Irgendwann werden findige Journalisten oder, was deutlich wahrscheinlicher ist, die Historiker Licht in dieses Kapitel der US-amerikanischen Geschichte bringen und damit möglicherweise auch die heute dominierende Sichtweise auf die Capitol-Erstürmung relativieren.

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Klaus-Dieter Weng / 14.01.2021

Ich denke, dass in einem Rechtsstaat auch ein durch vermeintliche Betrügereien errungener Wahlsieg kein Grund dafür sein darf,  das am 6. Januar 2021 Vorgefallene politisch und moralisch zu relativieren. Es obliegt ausschließlich den Gerichten, darüber zu entscheiden, ob das Wahlergebnis rechtmäßig zustande kam oder nicht. Zur Erinnerung: In Österreich musste die Wahl zum Bundespräsidenten 2016 auch wegen der Handhabung der Briefwahlstimmen wiederholt werden. Nun sieht es so aus, als gäbe es für die Gerichte in den USA keinen hinreichenden Grund, aktiv zu werden. In der kommenden Legislaturperiode hätten die republikanischen Abgeordneten die Möglichkeit,  zusammen mit willigen Demokraten eine Änderung des Wahlverfahrens (u. a. keine Wahlmaschinen, Vorlage eines Identitätsnachweises) anzustreben. Der Sturm auf das Kapitol, die Anwendung von Gewalt gegenüber dem Parlament,  hat eine Norm gebrochen, die in einer liberalen Demokratie nicht verletzt werden darf. Nach meiner Ansicht wurden die Normen des Rechtsstaates bereits durch die Vorkommnisse im Sommer des vergangenen Jahres gebrochen. Die liberale Ordnung scheint am Zerfallen zu sein. Die Zensurmaßnahmen von Twitter,  Facebook und anderer reihen sich hier ein. Anstatt die mit so viel Blut erkämpfte liberale Ordnung zu stabilisieren, lässt sich beobachten, wie Akteure beider Lager die Situation stetig zuspitzen, um das Land zu destabilisieren, beunruhigende Aussichten für das kommende Jahrzehnt.

RMPetersen / 14.01.2021

“Irgendwann werden findige Journalisten ....” Das glaube ich nicht. Der Zustand der NYT und der Washington Post ist erbärmlich.

Werner Liebisch / 14.01.2021

Nicht zu vergessen der angebliche Versprecher von Biden, der meinte die bisher grösste Wahlbetrugsorganisation in der US Geschichte implementiert zu haben.————- Die Erklärung von correctiv: “In diesem sprach Biden zwar etwas missverständlich von einer „voter fraud organization“ (Deutsch: Wahlbetrugsorganisation), allerdings im Sinne einer Organisation, die Menschen mit Schwierigkeiten beim Wählen helfen solle…”

Tim Acker / 14.01.2021

Sciencefiles wurde als hervorragende Quellen genannt (vgl. dortige Anhänge). Was sollen Gerichte machen, wenn z.B. die secretaries of states die Unterlagen nicht rausrücken Resistance to Evidence: 1.)Man sehe auf die Seite : Here is the evidence.com 2.) “Memorandum: How the 2020 Election Could Have Been Stolen” Gerichte? “The court system is no exception to the fading of America`s traditional culture and rule of law…............. Especially in the big cities,but also in the general court system and in the federal courts,higly partisan views are ubiquitous.Nobody familiar,———,will expect much by the devotion to law and impartiality in the older sense…. Probably an even more important reason for the reluctance of courts to hear cases about electoral fraud in the presidential election is that the attitudes toward Trump of the vast majority of judges range from discomfort to sheer hostility.Most of them would like for this crude bully, this disrupter of the system to which they belong ,to be the simply gone.Would they like to hear charges of election fraud and thus seem to help Trump continue his sledgehammer attack on ” swamp” and “the deep state? ” Ganz anders bei uns in D.

Frank Stricker / 14.01.2021

Langsam kommt mir das linke Amerika vor wie die “Blüte-Phase” von Mao. Was nicht paßt, wird passend gemacht, bzw. einfach aus den Geschichtsbüchern eliminiert, wie der Wendler bei RTL !  Trump ist halt wie Fußpilz, einfach nicht totzukriegen und bereit für 2024 !

Stefan Riedel / 14.01.2021

...“Wahlbetrug, ja oder nein?”. Wenn bei einer Wahl einmal 3,4,vielleicht auch 5 statistische Ausreißer(z.T extreme Ausreißer)  gleichzeitig auftreten , gut das ist (vielleicht) Zufall. Aber wenn bei einer Wahl 13,14,15 statistische Außreißer (z.T. extrem) gleichzeitig auftreten und a l l e   zu Gunsten eines Kanditaten (einer Partei), auch noch Zufall?

Michael Lorenz / 14.01.2021

Rätseln über den Supreme Court - da brauchen wir doch gar nicht so weit zu schauen: unser BVerfG bescheinigt ja einem so offensichlich einseitig Regierungspropaganda verbreitendem ÖRR, dass einem 24/7 die Tränen kommen müssten, ganz ernsthaft eine sachliche, ausgewogege Berichterstattung! Vermutlich hätten sie auch Mielke bescheinigt, dass er alle Menschen liebt - ich wäre dann jedenfalls nicht fassungsloser. Fazit: sich auf die höchsten Gerichte zu verlassen braucht schon mal ganz schön Gottvertrauen - schlechte Zeiten für Atheisten!

Gerd Heinzelmann / 14.01.2021

Ich finde es toll, wenn eine Zunft, im Falle der Bedrohung, ihren Degen zieht. Das steht sogar noch unter Landesgesetz. Degenfechten, das haben viele verlernt. Die Grünen? Erst große Töne und dann Blut spucken. Oder natürlich Kippen schnorren. Wie damals auf dem Schulhof. Do you really want New Order?

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