Eine öffentliche Diskussion an der Uni Witten-Herdecke über die Angemessenheit der Coronamaßnahmen ist nach einer Kampagne gegen Kritiker wie mich vom Universitätspräsidenten verboten worden. Die Erklärung dazu war unnötig und kaum durchdacht.
Vor einigen Wochen lud die Universität Witten-Herdecke Ulrike Guérot, mich und viele andere Redner ein, um über die Angemessenheit der Coronamaßnahmen wissenschaftlich zu diskutieren. Die Veranstaltung sollte öffentlich stattfinden und per Aufzeichnung in den sozialen Netzen verbreitet werden. Das klang spannend, weshalb ich gern zusagte, den Eröffnungsvortrag zu halten.
Während ich noch in der Vorbereitung steckte, erhielt ich die Nachricht, dass einige Referenten abgesagt hatten, was bei Tagungen mit vielen Eingeladenen aber nicht ungewöhnlich ist. Plötzlich startete indes auf einem Blog und in einem Lokalblatt eine Kampagne, die die Universität als Veranstalterin angriff und ihr vorwarf, Aussagen eine Bühne zu geben, die nachweislich widerlegt seien. Daraufhin hat Universitätspräsident Prof. Dr. Martin Butzlaff die Durchführung der Veranstaltung gestern verboten.
Welche angeblich widerlegten Aussagen das Verbot inhaltlich rechtfertigten, stand nirgendwo, am wenigsten in der Mitteilung des Präsidenten. Ich selbst vertrete seit März 2020 Folgendes: Zu den vier verbreiteten Coronaviren, die für einen Teil der Erkältungskrankheiten verantwortlich sind, ist unlängst ein fünftes mit ähnlichen Eigenschaften hinzugetreten: Gesunde Infizierte merken hiervon kaum etwas oder leiden einige Tage an einem grippalen Infekt. Für Ältere und Vorerkrankte kann eine Infektion mit SARS-CoV-2 jedoch gefährlich oder gar tödlich sein, ähnlich wie eine Infektion mit Rhino-, RS- oder Parainfluenzaviren.
Die Tatsachen, dass 2020 hunderttausende Mediziner in Kurzarbeit geschickt und zahlreiche Kliniken geschlossen wurden, dass das mittlere Sterbealter der positiv auf Corona Getesteten 83 Jahre beträgt und damit über dem mittleren Alter der übrigen Verstorbenen (81 Jahre) liegt sowie insbesondere der Umstand, dass im Jahre 2020 altersbereinigt eine Untersterblichkeit statt Übersterblichkeit bestand und Schweden laut WHO günstiger abschnitt als Deutschland, weisen alle in die Richtung eines Corona-Fehlalarms. Fast alle Länder haben hieraus inzwischen die Konsequenzen gezogen, die „Pandemie“ für beendet erklärt und Freiheitsbeschränkungen aufgehoben. Man merkt es, sobald man die deutschen Außengrenzen passiert.
Angst vor soliden Zahlen und logischen Schlussfolgerungen
Zusammen mit Kollegen verfasste ich im Sommer 2020 zwei wissenschaftliche Artikel, die nach Begutachtungsverfahren in den renommierten Fachzeitschriften „Frontiers in Medicine“ und „Futures“ erschienen. Die Artikel belegen, dass es im Frühjahr 2020 keine Pandemie im ursprünglichen Wortsinn gab und Lockdowns nichts gebracht haben. Folglich vertrete ich die Ansicht, dass die beispiellosen Grundrechtseingriffe einschließlich Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit durch Impfpflichten für medizinische Einrichtungen und Soldaten unverhältnismäßig und abzulehnen sind. Global betrachtet, ist das zweifellos die Mehrheitsposition.
Deutschland indes steht immer noch unter dem Eindruck der Legende von Bergamo und hält eisern an den Narrativen eines ungewöhnlich gefährlichen Virus und einer Kliniküberlastung fest, die seit zwei Jahren ständig droht, sich aber nirgends in den amtlichen Zahlen zeigt. Da ich seit zwei Jahren Quellen wie das Statistische Bundesamt oder das RKI sowie die Leitmedien zitiere, sind die Informationen kaum angreifbar. In einem frühen Diffamierungsartikel formulierte der Tagesspiegel treffend: „Er nennt solide Zahlen und zieht Schlüsse, die nur schwer zu widerlegen sind – und gerade das macht ihn so gefährlich.“
Dass Präsident Butzlaff die Veranstaltung jetzt verboten hat, mag seiner Sorge um gewalttätige Aktionen der Antifa oder der Angst um Drittmittelprojekte geschuldet sein und ist insofern nachvollziehbar und auch nichts Neues. Dass er aber RKI-Daten und begutachtete wissenschaftliche Artikel als „extreme Positionen“ einer „Querdenkerszene“ brandmarkt, war unnötig und kaum durchdacht. Schließlich erscheint die Universität Witten-Herdecke der Öffentlichkeit jetzt nicht nur als diskursfeindlich, sondern auch als Gral von Ausgangssperren, Schulschließungen und Impfpflichten, die sie um jeden Preis verteidigen will.
Stefan Homburg ist Professor der Leibniz Universität Hannover. Seine Dokumentation „Corona-Getwitter“ erschien 2022 im Weltbuch Verlag.