Der Zwetschgenkuchen meiner Kindheit im heutigen Sachsen-Anhalt hieß Pflaumenkuchen, weil die Früchte Hauspflaumen genannt wurden. Mein Vater, ein begnadeter Hobbygärtner, stammte aus dem Sudetenland und hieß die Zwetschge eben Pflaume! Wir durften niiiiemals!!!! unreifes Obst essen, was sich bis heute auf die Genussfähigkeit auswirkt.——Der Pflaumenkuchen wurde auf Hefeteig auf einem tiefen emaillierten Eisenblech gebacken, auf die dicht gelegten Pflaumen gab meine Mutter, eine Oberschlesierin, einen sog. ‘Guss’, der aus einem Vanillepudding, unter den noch warm 2-3 Eigelb gerührt wurden. Nach etwas Abkühlung wurde dann das zu steifem Schnee geschlagene Eiweiß untergehoben. Alles auf den Früchten verteilt und ab in den Ofen. Dieser Guss war so saftig und fluffig, er bedeckte alle Früchte, einige spitzten durch den Guss heraus und bekamen leicht bräunliche Öhrchen. Ein Genuss!—— Ich selbst lebe jetzt in Bayern und da heißt der Kuchen Datschi! Ich mag ihn am liebsten auch auf Hefeteig, mag aber gerne auf die Zwetschgen Butterstreusel, die mit Zimt gewürzt sind und nicht flächendeckend aufgebracht werden. Noch warm aus dem Ofen, ....die saftigen Früchte und darauf die knusprigen Streusel, das Himmelreich pur!!——Ich kaufe die Zwetschgen frühestens im September auf dem Bauernmarkt, gerne dürfen sie schon am Stielansatz ganz leicht anfangen schrumplig zu werden.
Wenn hier schon von der “fränkischen Zwetschge” referiert wird, sollte man nicht die “Bühler Zwetschge” vergessen: Was ist eine Bühler Zwetschge? Die Bühler Frühzwetschge, auch „Frühe aus dem Bühler Tal“ oder „Kappler Zwetschge“ genannt, ist eine weltweit bekannte, aromatische, vielseitig verwertbare Zwetschgensorte, ab Mitte August reif. Sie wurde im Jahr 1840 im Bühler Stadtteil Kappelwindeck als „Zufallssämling“ gefunden. Näheres dazu kann jeder Interessierte dazu selbst im Netz nachlesen. Prunus domestica, der wissenschaftliche Name für die Zwetschge, die Zwetsche oder auch die Quetsch, ist eine Unterart der Pflaume und zählt zum Steinobst. Im Gegensatz zu der Pflaume ist die Zwetschge weniger rundlich, hat spitzere Enden, ist ohne Fruchtnaht und lässt sich leichter vom Stein lösen. Der wirtschaftliche Stellenwert des Zwetschgenanbaus für Bühl gegenüber der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stark zurückgegangen. Aber noch immer begegnet man in Bühl den Zwetschgen überall, sei es in Form von Zwetschgenkuchen, Zwetschgenmus, Zwetschgenknödeln, Marmelade oder in hochprozentiger Form als Zwetschgenwasser - die Frucht ist aus Bühler Küchen, Backstuben und Brennereien einfach nicht mehr wegzudenken. Und auch das traditionelle Bühler Zwetschgenfest, das alljährlich in der Innenstadt von Bühl gefeiert wird, erinnert daran, welch besonderen Stellenwert die Zwetschge in der Vergangenheit hatte. Im Übrigen schreiben die Österreicher die Zwetschge mit “K”, also Zwetschke, wie man bei der Rezeptsuche nach “Zwetschkenröster” leicht feststellen kann. Die Rumänen brennen aus den hier wachsenden “Prune” Ihren Ţuica, eine traditionelle Spirituose, ausschließlich aus verschiedenen Pflaumenarten hergestellt. 2013 wurden 130 Mio. Liter hergestellt, meist schwarzgebrannt. Es heißt, daß der Genuss von Țuică in geringen Mengen Herzerkrankungen sowie Magen- und Gallenproblemen vorbeugen kann, u. ein Enzym enthält, das die Bildung von Cholesterin in den Arterien verringern kann.
Das erweist sich als überflüssig. Herr Neugröschl, angelockt durch die immer lauter gewordene Auseinandersetzung, die bereits vom ganzen, dicht gefüllten Lokal mit größter Aufmerksamkeit verfolgt wird, ist an den Tisch getreten und fragt nach der Ursache des Lärms. Selbstverständlich fragt er den Kellner und nicht den Gast, dem er mit einer scharfen Handbewegung Schweigen gebietet. “Der Herr hat Kaiserschmarrn mit Kompott bestellt”, berichtet der Kellner, “und ich hab’ ihm Zwetschgenröster gebracht.” “Na also.” Mit gerunzelten Brauen mustert Herr Neugröschl den widerspenstigen Gast. “Was will er dann noch?” “Er sagt, Zwetschgenröster sind kein Kompott.” “Was sagt er?” Herr Neugröschl tritt dicht an den Beschuldigten heran. “Das haben Sie wirklich gesagt?” “Natürlich”, antwortet der Gast. “Sagen Sie’s noch einmal.” “Zwetschgenröster sind kein Kompott”. Daß er von Herrn Neugröschl niemals recht bekommen wird, muss ihm längst klar gewesen sein. Aber was ihm jetzt passiert, hat er ganz gewiß nicht vorausgesehen: Herr Neugröschl, der Hitze wegen in Hemdsärmeln, krempelt dieselben hoch, packt ihn mit der einen Hand am Genick, mit der andern um die Taille und befördert ihn mit dem Ruf: “Zahlen brauchen Sie nicht, Sie sind mein Gast!” zur Türe hinaus. Dann, und das ist der eigentliche Kern der Geschichte, pflanzt sich Herr Neugröschl mitten im Lokal auf, seine Blicke schweifen in die jäh verstummte Runde der Gäste, die sich ängstlich über ihre Teller ducken, und seine Stimme klingt unheilkündend, als er Anlauf nimmt: “Es sind noch ein paar da, die sagen, Zwetschgenröster sind kein Kompott!” Und schüttelt drohend die erhobene Faust: “Aber ich kenn’ sie alle!”, zitiert aus: Friedrich Torberg, Die Tante Jolesch oder der Untergang des Abendlandes in Anekdoten, dtv; ein Werk, dem wir Essentielles über die kulinarischen Spitzenleistungen des jüdisch-kakanischen Kulturraums zu verdanken haben.
Der Vollständigkeit halber soll hier ein wahrer Fachmann für Zwetschgenröster zu Wort kommen, der Wiener Wirt Neugröschl, der keinen Widerspruch duldete. Schon gar nicht von Gästen. Die Geschichte beginnt damit, daß eines heißen Sommertags ein Gast des Restaurants Neugröschl zum Abschluß seines Menüs einen Kaiserschmarrn bestellt. “Was dazu?” fragt der Kellner, unter der Einwirkung der Hitze, die überhaupt eine gewisse Knappheit des Dialogs zur Folge hat, noch mürrischer als sonst. “Ein Kompott.” “Was für ein Kompott” ? “Egal.” Nach einer angemessenen Frist serviert der Kellner den Kaiserschmarrn mit einer Portion Zwetschgenröster als Beilage; er will sich entfernen, wird jedoch vom Gast zurückgehalten: “Herr Ober, ich habe als Beilage ein Kompott bestellt.” Der Kellner, mit entsprechender Handbewegung: “Da steht’s ja.” “Was steht da?” “Ihr Kompott” “Das sind Zwetschgenröster.” “Eben.” “Was heißt eben? Wenn Ich ein Kompott bestelle, will Ich keine Zwetschgenröster.” “Warum nicht?” “Weil Zwetschgenröster kein Kompott sind!” “Zwetschgenröster sind kein Kompott?” fragt mit provokanter Überlegenheit der Kellner. “Nein!” brüllt der Gast. “Zwetschgenröster sind ein Kompott.” Jetzt hebt auch der Kellner die Stimme. “Zwetschgenröster sind kein Kompott! Rufen Sie mir den Chef!” Fortsetzung folgt!
Wie heißt es in der “Tante Jolesch”: Zwetschgenröster sind kein Kompott. Und ja, auch mit Rotwein gekocht gibt das ein Kompott - denn bei Unszulande werden Kompotte mit Früchten und Flüssigkeit zubereitet, Röster aber lassen das Obst im eigenen Saft schmoren. Wie auch immer - die Tage der Tante Jolesch sind lange vorbei, und Zwetschgenröster muß man sich heute schon selber zubereiten, will man welchen haben - (wie auch Marillen- oder Hollerröster.) Im Übrigen finde ich Vanille zur klassischen Hauszwetschge mit ihrer leicht bitteren Note ein wenig zuviel des Guten, aber Nelken und Zimtrinde passen mir sehr gut. Ich selber geb’ noch ein bisserl Zitronenschale dazu, und alles Gewürz wird wieder entfernt, bevor der Röster auf den Tisch kommt oder ins Glas für zwetschgenarme Zeiten. Eines aber stimmt: Zwetschgen sind hervorragende Begleiter zu vielen Gerichten und unvergleichlich auf diversen Teigunterlagen, jedenfalls, wenn sie zu den später reifenden Hauszwetschgen gehören. Vielleicht war früher nicht alles besser, die Zwetschgenkuchen, -kompotte und -röster meiner Kindheit aber in jedem Fall - es gab ja nur die Hauszwetschge als Fruchtgrundlage.
Hier kommt ein „Zwetschgenröster-Vorfall“ beim Wirt Neugröschl in Wien, berichtet von Friedrich Torberg: Der Gast hat zum Kaiserschmarrn ein Kompott bestellt, der Kellner serviert den Schmarrn mit Zwetschgenröster. Der Gast meint, das sei kein Kompott. Der Disput wird heftiger, schließlich mischt sich der Wirt ein. Er fragt den Kellner, worum es geht. Der berichtet, dass der Gast Zwetschgenröster für kein Kompott hält. Weil der Gast bei seiner Meinung bleibt, geschieht Außergewöhnliches: Herr Neugröschl packt ihn und befördert ihn zur Türe hinaus. Dann pflanzt sich Herr Neugröschl mitten im Lokal auf, seine Blicke schweifen in die jäh verstummte Runde der Gäste ... und seine Stimme klingt unheilkündend, als er Anlauf nimmt: „Es sind noch ein paar da, die sagen, Zwetschgenröster sind kein Kompott!“ Und schüttelt drohend die erhobene Faust: „Aber ich kenn’ sie alle!“. Schönen Sonntag noch!
Falls Sie mal in England sein sollten: Unbedingt Konfitüre der Damaszenerzwetschge ( damson jam) probieren. Schmeckt besser als alle heimischen Sorten.
Ja, ich haue auch ein paar Zwetschgen ins Gulasch, herrlüch.
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