Georg Etscheit / 07.01.2022 / 16:00 / Foto: Martin Kraft / 24 / Seite ausdrucken

Cancel Cuisine: Über salzlose Zwetschgenmanderl

Wer in Bayern lebt oder zumindest einmal Gerhard Polt im Fernsehen zugeschaut hat, weiß, was ein Zwetschgenmanderl ist. Laut Polt handelt es sich um einen „kleinen mickrigen Kerl, ausgestattet mit einem Schädel, der wo nichts aushält“. Zwetschgenmanderl gibt es zur Weihnachtszeit bundesweit auf den Weihnachtsmärkten, zumindest solchen, die nicht abgesagt worden sind. Das ganze Jahr über kann man ein prominentes Exemplar in Berlin beobachten oder in Köln-Mülheim, wo sich das Wahlkreisbüro von Karl Lauterbach befindet, unserem neuen Gesundheitsminister.

Lauterbach erfüllt ohne Zweifel zentrale Anforderungen an ein Zwetschgenmanderl, er könnte sogar als Prototyp eines solchen durchgehen. Der Mann ist nicht besonders groß und ausgesprochen schmächtig, woran auch jene auffällige Fliege, die lange Zeit als sein Markenzeichen galt, nichts ändern konnte. Seine Stimme klingt kraftlos und dünn und wirkt mit ihrem ausgeprägten dialektalen Akzent, der es ihm nicht gestattet, ein sattes „sch“ so auszusprechen, wie es sich gehört, irgendwie niedlich, was dem ganzen Mann die Anmutung einer gewissen kindlichen Hilfsbedürftigkeit verleiht.

In der Linguistik spricht man von einem stimmlosen alveolopalatalen Frikativ (Reibelaut), der in einigen deutschen Dialekten anzutreffen ist. Auch der Pfälzer Helmut Kohl tat sich schwer, ein „sch“ auszusprechen („Mantel der Geschichte“), wobei der frühere Bundeskanzler im Gegensatz zu Karl Lauterbach kein Zwetschgenmanderl war.

„Viele Dinge, die nicht dem entsprechen, was ich anderen empfehlen würde“

Ob Lauterbachs Schädel einer ist, der wo nichts aushält, kann ich aus der Ferne nicht beurteilen. Aber ich fürchte angesichts seiner Gesamterscheinung, dass er im Ring ein noch schlechteres Bild abgeben würde als Helmut Fischer alias Monaco Franze bei seinem selbstmörderischen Boxkampf mit dem Provinz-Champion „King“ Ludwig, dem „Killer“ oder „Stier von Sendling“. Dafür lief er, Lauterbach, im Ring der Talkshows zu seinem Lieblingsthema Corona immer zu großer Form auf, wobei die fürsorgliche Auswahl der Gäste durch die Verantwortlichen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten zuverlässig dafür sorgte, dass er nur selten in echte Bedrängnis kam.

In seiner Eigenschaft als Zwetschgenmanderl vom Dienst der Ampelregierung kann man ziemlich sicher sein, dass ein Mann wie Lauterbach nicht über die Stränge schlägt, zumindest nicht kulinarisch. Dafür bürgt schon die Tatsache, dass er angeblich seit 30 Jahren vollständig auf Salz verzichtet, „wenn es über die natürlichen Spuren in den Lebensmitteln hinausgeht“. Er bestelle sogar Speisen in Restaurants mit diesem Extrawunsch. Auf Fleisch verzichte er ebenfalls, verriet er dem „Spiegel“. Zu seinen „ganz normalen Lastern“ zählt Lauterbach dagegen den Genuss von Kaffee (schwarz) und Wein (jeden Tag). „Ich mache viele Dinge, die nicht dem entsprechen, was ich anderen empfehlen würde“, sagte er „ganz offen“, wie der Spiegel-Reporter geflissentlich notierte.

Faible für Lachsfisch

Hoffen wir, dass es auch im neuen Amt des obersten Wächters über die deutsche Volksgesundheit dabei bleibt und Lauterbach nicht auf die Idee kommt, seinen Untertanen nach dem normalen Leben auch noch das Salzen von Speisen zu verleiden, während der Vegetarier Cem Özdemir im Zusammenspiel mit dem stellvertretenden Chefredakteur der ZEIT und bekennenden Veganer, Bernd Ulrich, dem Fleischkonsum zu Leibe rückt. In einem Tweet als Reaktion auf Özdemirs Willen, Fleisch und Wurst unerschwinglich zu machen, erklärte er jüngst das karnivore Begehren von Menschen generell für illegitim. „Wo es möglich ist, zu leben, ohne zu töten, ist es auch geboten.“ Ob es auch geboten ist, zu leben, ohne zu leben, ließ Ulrich offen.

Hier könnte nach der von der EU als „grün“ deklarierten Atomenergie bereits ein weiteres innerkoalitionäres Konfliktfeld lauern, hat sich Lauterbach doch in einem Video als Liebhaber von „Lachsfich und anderen fichvegetarichen Gerichten“ (nach dem Original transkribiert) geoutet. Bei Lachsfisch handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die große Familie der Salmoniden, zu der auch so beliebte Speisefische wie Forellen, Renken und Äschen zählen. Was Lauterbach mit „anderen fischvegetarischen Gerichten“ meinte, bleibt dagegen unklar, aber gehen wir davon aus, dass der SPD-Politiker zur Gattung jener Menschen gehört, die zwar Fleisch verschmähen, jedoch auf Fisch partout nicht verzichten wollen, was als Ausdruck eines rheinisch-katholisch konnotierten Verständnisses subsidiärer Askese verstanden werden kann.

Sein Faible für Lachsfisch, kurz Lachs, macht mir Lauterbach nun doch wieder ein wenig sympathischer, denn dieser Fisch ist alles andere als ein schwimmendes Zwetschgenmanderl, sondern ein sehr nahrhafter und bei der Zubereitung selbst durch untalentierte Hobbyköche fast unverwüstlicher Geselle. Frisch gekauft als Steak oder Filet, sollte man ihn nur kurz in einem aromatischen Wurzelsud dünsten und dann idealerweise mit einer Beurre blanc, Pellkartoffeln und Blattspinat à la Lauterbach servieren. Das geht schnell und mundet vorzüglich, wenn man sich für eine gehobene Qualität, etwa einen schottischen Lachs mit Label Rouge, entschieden hat statt für ein „Unterwasserhähnchen“. Ein wenig Salz sollte allerdings schon sein, sonst schmeckt selbst der geschmacklich überaus markante Meeresbewohner wie eingeschlafene Füße, also etwa so, diese Spitze muss noch sein, wie Karl Lauterbach aussieht.

Foto: Martin Kraft CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Hermann Sattler / 07.01.2022

Aber, aber, meine Damen und Herren, wir sollten ihm doch ein Stück entgegengehen. Die nächste Muuhtante nennen wir in Memory Lauterbach:  “CHARLIES TANTE”

Gabriele H. Schulze / 07.01.2022

@Dirk Jungnickel: genau. Ich wollte schon anmerken, daß K. L.  (sorry, Karl Lagerfeld) wenigstens die Haare schön hat….Zu wenig Salz ist übrigens nicht gut. Werde ihm mal den wiki-Link schicken, oder einen anderen.

sybille eden / 07.01.2022

Auch Adolf war ja eine lebende Karikatur. Ich habe den Eindruck, daß diese Wesen die gefährlichsten und verkommensten Charaktere sind, und einmal an der Macht, die sVölker in den Abgrund reissen ! Also, aufgepasst !

Emmanuel Precht / 07.01.2022

Es ist eben kein “großer Karl” dieser Karl. Wohlan…

Sabine Schönfelder / 07.01.2022

Hahaha, Dirk@Jungnickel ganz genau! Dem Retuschör ist nichts zu schwör! Auf diesem 30 Jahre alten Foto sieht er aus wie ein Mensch. Mittlerweile ist er ausgelutscht und angefressen. Zahn-und charakterlos. Trotzdem verbissen. Sein einziges Talent. Bigotterie ist sein Naturell und Minderwertigkeit sein Antrieb. Er wird von irrationalem Sadismus getragen und pathologischem Narzissmus am Leben gehalten. Eigentlich ein bemitleidenswerter Wicht, nutzte man nicht diese kranke Energie, um an politisch einflußreicher Stelle seine menschenverachtende Triebhaftigkeit zur Zerstörung der Bevölkerung zu utilisieren. Übrigens, Goebbels war von ähnlicher Statur. Auf bildliche Darstellungen extremer Menschenschinder sollte überhaupt verzichtet werden. IHR BEITRAG,  werter Autor, zeugt von echter Achgut- Qualität. Originell, informativ, lustig-locker präsentiert. Ein literarisches Soufflé, herzhaft- pikant, vom Meister hergestellt. Man dankt.

Heiko Stadler / 07.01.2022

Eine Recherche bei Bing deckt auf, welche Beeinträchtigungen bei Salzmangel (Hyponatriänie) auftreten können: Benommenheit und Verwirrtheit, Schwindel, epileptische Krämpfe, Bewusstseinsverlust, Hirnödem, kurz: ideale Voraussetzungen, um das Amt des Gesundheitsministers auszuüben.

Sabine Heinrich / 07.01.2022

Zwerchfellerschütternd! Ich habe mich unendlich “besäckelt” - so hätte sich meine aus Schlesien vertriebene Mutter ausgedrückt. Platt ausgedrückt: schlappgelacht! Danke, Herr Etscheit!

Reinhard Schröter / 07.01.2022

Man reibt sich die Augen und will die Wahrheit irgendwie nicht wahr haben. Und doch einer, dem man auf der Strasse aus dem Weg gehen würde, einer, mit dem man ungern zusammen gesehen werden möchte, ob seiner Schrulligkeit , einer, der sich als Arzt ausgibt, von dem man sich unter keinen Umständen behandeln lassen würde, so einer bringt es in Schland zum Minister. Merkt der überhaupt noch etwas, wenn er in seinem Singsang ansetzt irgendetwas in die Welt hinaus zu posaunen? Eine Karrikatur . Keiner kann diese so gut darstellen wie er selber. Einmal plappert es aus ihm heraus, dass er eine Frau sucht - da kann er lange suchen. Wer will so etwas ? - einmal schwafelt er von „veganenem Fisch“, dann wiederum ist es ihm überhaupt nicht peinlich, seine ausgesprochen schlechten Zähne mit dem Verzehr von Schokolade und Rotwein zu begründen. Menschen, die sich selber achten, würden da zum Zahnarzt gehen und sich wegen dem Rotwein in eine entsprechende Klinik begeben.. Man mag sich die Peinlichkeit, so etwas auf internationalem Parkett zubegegnen nicht vorstellen.  

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Georg Etscheit / 22.03.2024 / 06:15 / 124

Ricarda Lang als Dampfwalze – eine Klatsche aus der bayerischen Provinz

Das „Königlich Bayrische Amtsgericht“ war seinerzeit eine launige ZDF-Fernsehserie. Gestern gab es eine Fortsetzung mit der Grünen-Spitze – humorlos und beleidigt. Der vorgebliche Übeltäter war…/ mehr

Georg Etscheit / 17.03.2024 / 14:00 / 19

Cancel Cuisine: Kopfsalat

Auf vielen Speisekarten taucht gerade ein „ganz besonderes Gericht“: ein Salatkopf im Ganzen, nur mit etwas Dressing verfeinert. Für mich ist ein roh servierter Salat kein Gericht, allenfalls…/ mehr

Georg Etscheit / 10.03.2024 / 12:00 / 29

Cancel Cuisine: Fleischersatz von Bill Gates

Bill Gates investiert Millionen und Milliarden Dollar in Dinge, die ihm wichtig erscheinen. Zum Beispiel in die Landwirtschaft. Und in Fleisch aus dem Drucker. „Ich denke,…/ mehr

Georg Etscheit / 09.03.2024 / 06:15 / 111

Der heimatlose Stammkunde

Der Niedergang der Fachgeschäfte zwingt den Kunden, von Pontius zu Pilatus zu laufen oder selbst zu suchen und dann im Internet zu bestellen. Unlängst hat in…/ mehr

Georg Etscheit / 24.02.2024 / 14:00 / 4

Die Schattenseiten des „sanften“ Wintertourismus

In den niedrigen Lagen Oberbayerns stirbt der Skitourismus aus. Wegen immer weniger Schnee zieht die Ski-Karavane einfach daran vorbei. Doch hat sich die Zahl der…/ mehr

Georg Etscheit / 23.02.2024 / 14:00 / 18

Na bitte: Covid-Aufarbeitung in Ärztefachblatt

"Der Allgemeinarzt" ist mit einer Auflage von 51.000 eines der ärztlichen Journale mit der größten Reichweite. Jetzt hat das Blatt den Mut, einem Kritiker der…/ mehr

Georg Etscheit / 18.02.2024 / 12:00 / 24

Cancel Cuisine: Cem und das Tierwohl

Cem Özdemir plant eine „Tierwohlabgabe“ auf bestimmte tierische Produkte. Eine neue Etappe auf dem Weg ins Veggie-Paradies. Langsam wird es ermüdend, immer wieder auf die…/ mehr

Georg Etscheit / 11.02.2024 / 13:00 / 16

Cancel Cuisine: Saures Lüngerl

Jenseits von Leber und Nierchen sind Innereien in unserer Küche schon lange aus der Mode gekommen. Leider, muss man sagen, denn da entgeht uns was.…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com