Georg Etscheit / 11.05.2025 / 12:00 / Foto: Montage achgut.com / 16 / Seite ausdrucken

Cancel Cuisine: So schmeckt der Blackout

Sollte es auch einen Blackout in Deutschland geben, so ist zu empfehlen, sich rechtzeitig mit Vorräten einzudecken. Wenn der Herd nicht funktioniert, müssen es eben kalte Gerichte sein. Wie wäre es zum Beispiel mit Gazpacho?

Die Sonne knallt von einem strahlend blauen Himmel, eine kräftige Brise sorgt für leichte Erfrischung. Schöner geht es nicht, meinen Sie? Mitnichten! Denn bei einem Frühsommerszenario wie gerade am 1. Mai – Stichwort: Hellbrise an einem Sonn- oder Feiertag mit geringem Strombedarf – droht der Blackout. Und dann verbringt man den Tag möglicherweise nicht beim vergnüglichen Picknick im Park, im Schwimmbad oder beim Wandern in freier Natur, sondern vielleicht im Fahrstuhl, der steckengeblieben ist, was nicht nur klaustrophobisch veranlagte Menschen auf eine harte Probe stellt.

In Spanien, wo gerade bis zu zwanzig Stunden der Lebenssaft der modernen Zivilisation weggeblieben ist, weil einfach zu viel Sonne geschienen hat, sollen sich viele Menschen erst einmal in die nächste Tappas-Bar oder eine Bodega geflüchtet haben. Das Gericht der Stunde: Gazpacho, eine Suppe, die kalt zubereitet werden kann und auch kalt genossen wird. 

Da in Deutschland jederzeit Ähnliches passieren kann, sollte man sich das Rezept schon einmal bereitlegen, wobei ich die Folgen eines großflächigen, länger andauernden Blackouts keinesfalls verharmlosen will.

Eine klassische Mahlzeit für brüllheiße Hochsommertage

Das Wort Gazpacho leitet sich vom lateinischen Adjektiv caccabaceus ab, was so viel bedeutet wie „zum Kessel gehörend“. Es wurde laut Wikipedia in der Antike auf eine Brotart angewandt, die derjenigen ähnelt, die auch heute noch für die Zubereitung von Gazpacho Manchego verwendet wird. Ursprünglich waren Knoblauch, Gurken und Brot die wichtigsten Bestandteile, Tomaten kamen erst dazu, nachdem Columbus sie aus der Neuen Welt nach Europa gebracht hatte.

Die ebenso pikante wie sättigende Brot-Gemüsesuppe ist eigentlich eine klassische Mahlzeit für brüllheiße Hochsommertage auf der spanischen Halbinsel. Aber auch für den Blackout geeignet, wenn unfreiwillig die Küche kalt bleibt. Für solche Fälle empfiehlt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe die Benutzung eines Camping-Gaskochers, wahlweise auch eines mit Kohle beheizten Tischgrills, wobei man darauf achten solle, letzteren nicht im Wohnzimmer anzuwerfen, weil sonst Erstickungsgefahr drohe. Danke, das musste einmal klargestellt werden!

Besser, man macht aus der Not eine Tugend und wendet sich Speisen zu, die ohne Feuerstelle zubereitet werden können. Für eine Gazpacho braucht man zwar geschälte Tomaten, die man zum leichteren Pellen der zähen Haut vorher abbrühen sollte.  Doch ohne Strom geht es natürlich auch mit italienischen „Pomodori pellati“ aus der Dose, die meist ohnehin besser schmecken als nordeuropäische Freiland- oder Gewächshausware.

Katastrophenschutzdeutsch

Hier die vollständige Zutatenliste für eine Gazpacho auf andalusische Art: 1 kg reife Tomaten, eine rote oder grüne Paprika, eine Salatgurke, zwei bis drei Scheiben Weißbrot (Toastbrot), etwa 100 ml gutes Olivenöl (kalt gepresst), ein Schuss Weißweinessig, am besten Jerez Sherry Essig, alternativ etwas frischer Zitronensaft, Mineralwasser sowie eine Knoblauchzehe. Die Konsistenz sollte leicht sämig sein.

Alle Zutaten, auch das Brot, werden zerkleinert und gemixt. Ohne elektrische Unterstützung kann man es mit einer Kartoffelpresse oder der Flotten Lotte versuchen. Dann am besten über Nacht möglichst kühl lagern und mit gerösteten Brotwürfeln servieren. Frisch aus der Pfanne schmecken sie zwar besser, aber für den Fall eines Blackouts kann man sich auch einen kleinen Vorrat anlegen. Der Katastrophenschutz empfiehlt allgemein Vorräte für mindestens drei Tage. Falls der Stromausfall länger dauert und die Croutons ausgegangen sind, kann man die Gazpacho natürlich auch pur genießen.

Am besten, man hat sämtliche Zutaten für eine Gazpacho rechtzeitig bevorratet, wie es im Katastrophenschutzdeutsch heißt. Denn wenn die Supermarkttüren sich nicht öffnen und die Kassen nicht kassieren, kann man nicht einkaufen gehen. Es sei denn, man verschafft sich Zugang mit Hilfe eines Hammers oder eines anderen Werkzeugs. In diesem Fall sollte man die Preise der in Anspruch genommenen Waren fairerweise notieren, um nach Wiederaufnahme der Stromversorgung den Ladeninhaber entschädigen zu können.

Die französische Vichysoisse

Noch einfacher als eine Gazpacho lässt sich eine andere kalte Suppe zubereiten: geeiste Buttermilchsuppe à la Siebeck. „Die Süße der Tomaten, der exotisch-scharfe Ingwer, der liebliche Pumpernickel und das herbe Basilikum sind ein großartiger, bunter Cocktail meiner Sommerküche“, schwärmt der verblichene Kritikerpapst in seinem Kochbuch „Alle meine Rezepte“.

Und so geht’s: Ein daumengroßes Stück Ingwer auf der Muskatreibe reiben, dabei die länglichen Fasern entfernen, Pumpernickel mit einem Kochmesser schroten. Ingwer und Buttermilch mit dem Elektroquirl – im Blackoutfall von Hand – schaumig schlagen, Pumpernickel hineinrühren, mit Pfeffer und Salz würzen und ganz zum Schluss die Suppe im Teller mit halbierten Kirschtomaten und Basilikum garnieren. Voraussetzung für dieses schlanke und erfrischende Gericht für den Katastrophenfall ist, dass die Buttermilch noch nicht zu warm sein darf. Es eignet sich also eher für die ersten Stunden eines Stromausfalls, wenn im Kühlschrank noch eine gewisse Restkälte vorhanden ist.

Die wohl berühmteste kalte Suppe, die französische Vichysoisse, will ich nicht unterschlagen, doch sie wird zwar kalt gegessen, muss aber vorher gekocht werden. Anders nämlich sind Lauch und Kartoffeln, die Hauptzutaten, nicht weich zu kriegen. Aber in Frankreich gibt es viele Atomkraftwerke, die das Risiko eines längeren Blackouts zumindest deutlich senken. Außerdem lässt sie sich für ein paar Tage im Kühlschrank lagern oder einfrieren. Wenn der Strom ausfällt, klappt's mit dem Auftauen ganz von allein.

(Ich danke dem Hobbykoch Johannes Bradtka aus der Oberpfalz mit familiären Beziehungen nach Südspanien für das authentische Gazpacho-Rezept.)

Georg Etscheit schreibt auch für www.aufgegessen.info, den von ihm mit gegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss.

Foto: Montage achgut.com

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Leserpost

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Arnold Vier / 11.05.2025

Hallo. Meine Mutter war während des Blackouts in Spanien. Was man gar nicht gehört hat: auch die Smartphones ließen sich nicht einschalten!!!!! Also nicht nur nicht telefonieren, nein - nicht einschalten. Es war also etwas anderes als ein Blackout.

Richard Loewe / 11.05.2025

@Walter Weimar. Wir hatten hier in einer Stadt an der Ostküste der USA 4 Tage keinen Strom. Ich koche mit Gas - drinnen und draußen. Und für die Kaffeemühle und die Gefriertruhen hat der Generator im Garten gereicht. Geplündert hat hier auch keiner. Wir auch nicht, obwohl wir deutlich besser ausgestattet sind als deutsche MEKkies.

Karsten Dörre / 11.05.2025

Grundsätzlich geht der Bürger ohne paar Tage Strom nicht unter. Man muss sich nur der Realität stellen und sich aus der mentalen Bequemlichkeit lösen. In meiner schlimmsten Phase meines Lebens aß ich Dosenfleisch mit Soße oder Dosenravioli kalt, trotz funktionierenden Strom. Auch Kinder können sich umstellen - siehe unzählige Kriege der frühen Vergangenheit.

Silvia Orlandi / 11.05.2025

Wie wäre es mit Wasser und Brot für die Verantwortlichen?

A. Ostrovsky / 11.05.2025

Ich habe den Artikel nicht verstanden. Wenn die Sonne scheint, kann doch der Strom gar nicht ausfallen. Bei mir nicht. Gut ich muss dann den FI-Schutzschalter auslösen, um mich vom europisch-Iberischen Verbundnetz zu trennen. Das tut nicht weh, weil die Bindung eh nur schwach ist. Und dann muss ich den “Pure Sinus Micro Converter” mit 1500W Dauerleistung und 3000W kurzzeitiger Spitzenleistung anwerfen. Also statt dem “Grid Tie Micro Inverter”. Weil der nur eine von drei Phasen speist, wird die kleine Kochplatte halb so schnell warm. Aber um nicht kalte Kost genießen zu müssen, reicht das allemal. Sogar der kleine Kaffee-Kapselautomat funktioniert damit. Allerdings erst nach der Kochplatte. Vorgestern habe ich beim Aldi Süd einen Lachanfall bekommen. Leider war ich absolut der einzige, der verstanden hat, warum. Die haben dort einen “Retro Wasserkocher” mit 3000 Watt Anschlusswert. Die SPINNEN, die Allemannen. Absolut größenwahnsinnig und genauso absolut unhistorisch. “Retro!”. A a a a! Aber ich habe ja noch den von Sonifer(TM). Der hat 600W und kann 0,6 Liter zum Kochen bringen. Es dauert etwas länger, aber durch Doppelwand-Wärmeisolierung sind die Wärmeverluste gering. Solange die Sonne scheint, gibt es keine Zeitbegrenzung, und nachts könnte der “Gute Sonifer(TM)” ca. 3,5 Stunden lückenlos arbeiten. Und dann wird es ja auch schon bald wieder hell. Ja, Licht und Computer, kein Problem. Flaschen mit Wasser habe ich immer in Reserve. Ich verstehe, dass man ein Problem bekommt, wenn man gar nicht vorbereitet ist. Aber dann soll man auch nicht jammern. Das ist wie beim Auto. Wenn ich nicht rechtzeitig tanke, solange noch Zeit ist, kann es kritisch werden. Man muss schon selbst auch etwas tun. Und wer nicht tanken kann, weil sein Auto keinen Tank hat, der tut mir leid. Übrigens um mit der Lichtmaschine die Notstrombatterie zu laden, habe ich noch einen DC-DC-Boost (aus China :-(, weil der PKW nur 12V hat. Ja, die Textbausteine/Losungen zum 1. Mai ... Zzz zz!

Sam Lowry / 11.05.2025

Übrigens: Ravioli können auch kalt aus der Dose gelöffelt werden…

Lutz Herrmann / 11.05.2025

Grillen ist angesagt. Briketts kann man einlagern. Und die grünen Nachbarn stiften ein essbares Haustier.

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