Die fränkische Antwort auf den meist arg verbrutzelten bayerischen Oktoberfestbraten heißt Schäufele und stammt aus der Schweineschulter.
Die Franken sind ein genussfreudiges Völkchen. Und sie schätzen es nicht, unter die Bayern subsumiert zu werden, schon gar nicht unter die Oberbayern, deren Kultur in der ganzen Welt für „typisch bayerisch“ oder gar „typisch deutsch“ gehalten wird. Schon die Unterschiede zwischen Ober-, Niederbayern und Oberpfälzern sind beträchtlich und von Zugezogenen oder Touristen kaum zu ermessen.
Zwischen Franken und Bayern indes liegen Welten, nicht zuletzt kulinarisch. So ist die in Oberbayern überaus beliebte Schweinshaxe in Franken kaum bekannt. Die fränkische Antwort auf den meist arg verbrutzelten Oktoberfestbraten heißt: Schäufele. Das Fleisch für ein Schäufele stammt von der Schulter, eindeutig das feinere Stück. Lange nicht so fettreich und schön durchwachsen, wird es butterweich, wenn man es, mit Salz, Pfeffer und Kümmel gewürzt, zusammen mit gewürfeltem Wurzelgemüse, Fleischbrühe und vielleicht etwas (dunklem) Bier – helles Bier oder gar Pils ist wegen der dominanten Bitternote nicht zu empfehlen – lange genug im Ofen geschmort hat, also etwa zwei bis drei Stunden.
Wer außerhalb des besagten fränkischen Raums lebt, sollte sich ein Schäufele beim Metzger vorbestellen. Der muss nämlich das Schulterblatt, so erläutert es Alfons Schuhbeck in seinem Kochbuch „Bayerische (!) Hausmannskost für Feinschmecker“, mit der Säge schneiden. Beim „fränkischen Schnitt“ wird nur der obere Teil der Schweineschulter verwendet, in dem das Schulterblatt steckt. Dies wird der Länge nach mitsamt dem Knochen in etwa zehn Zentimeter dicke Scheiben geschnitten – die Schwarte bleibt dran.
Auf Özdemirs Abschussliste?
Die Haut eines Schäufeles sollte nach dem Braten knusprig und goldbraun sein, hier gibt es eine Parallele zur Schweinshaxe, deren Schwarte jedoch viel kompakter und, vor allem nach mangelhafter Zubereitung, nur mit einer Säge zu behandeln ist. Außerdem benötigt man zwingend ein Päckchen Zahnstocher, um hernach die Fasern und Flachsen wieder aus den Zähnen zu bekommen. Das Beste an einem Schäufele ist für Kenner das besonders zarte Fleisch an der Unterseite des Knochens, auch Pfaffenstück genannt, weil der Herr Pfarrer einst nicht ständig gemobbt wurde wie heute, sondern zu den unbedingten Respektspersonen zählte, denen besondere Ehrerbietung zuteil wurde.
Der Name des Schäufeles rührt von seiner Form her, dem schaufelförmigen Schulterblatt. Das fränkische Schäufele wird immer am Knochen gebraten, während badisches Schäufele ohne Knochen daherkommt und dazu noch, ähnlich einem Kasseler, gepökelt (und geräuchert) ist und auch nicht gebraten, sondern gekocht wird. Fränkisches Schäufele serviert man traditionell mit Klößen und Kohl – Sauerkraut, Rotkraut, Wirsing, den badischen Kollegen mit Kartoffelsalat oder Kartoffelpüree, in Südbaden angeblich auch mit Feldsalat, der hier eine (Freiland-)Qualität erreicht wie sonst nirgendwo in Deutschland.
Das Verbreitungsgebiet des fränkischen Schäufele ist nicht besonders groß und beschränkt sich auf ein Gebiet, das im Süden bis Weißenburg in Mittelfranken reicht und sich über Nürnberg und Fürth bis hinauf nach Bamberg, Bayreuth und Coburg in Oberfranken zieht. Hier findet man es auf fast jeder Speisekarte – noch, muss man wohl sagen, wenn man die jüngste Warnung des bayerischen Bauernpräsidenten Günther Felßner ernst nimmt, der jüngst davor warnte, dass angesichts der grünen Fleischverzichtspolitik des vegetarischen Landwirtschaftsministers Cem Özdemir auch das Schäufele auf der Abschussliste stehe und, wenn überhaupt, bald wohl „aus Spanien“ komme.
Warum gerade aus Spanien, ist der betreffenden Meldung nicht zu entnehmen. Auf jeden Fall warf sich Felßner vehement für die Schweinehalter in die Bresche. Binnen zehn Jahren habe schon die Hälfte der Schweinemastbetriebe in Bayern aufgegeben. Wenn dies so weitergehe, sei auch das Schäufele „gefährdet“.
Grüner Kreuzzug gegen den Genuss
Nun, so schlimm wird es vielleicht nicht kommen und gegen eine gewisse Reduzierung des Fleischkonsums dürfte wenig einzuwenden sein. Doch darum geht es den Grünen nicht bei ihrem Kreuzzug gegen den Genuss – alles, was das Leben schön und angenehm macht. Es geht darum, den Menschen ein anderes Denken und einen anderen Lebenswandel zu oktroyieren, den nämlich von gramgebeugten Lastenradfahrern, die sich ihrer Schuld am drohenden Klimakollaps stets bewusst sind und bereitwillig die von arabischen Klimaflüchtlingen betriebenen Falafelbuden frequentieren oder im Supermarkt-Container nach weggeworfenen Lebensmitteln wühlen.
Da seien die Franken vor und ihr von den berühmten sechs fränkischen Reichsstädten – Nürnberg, Rothenburg ob der Tauber, Windsheim, Schweinfurth, Weißenburg und Dinkelsbühl – geprägter Bürgersinn. Was das Schäufele betrifft, hat der sich schon in der Gründung des Vereins der „Freunde des Fränkischen Schäufele“ manifestiert, der in Nürnberg seit 2006 die „Schäufelewärtschaft“ betreibt.
Hier kann man Herrn Özdemir und den Grünen heimleuchten, etwa bei einem „Ofenfrischen Schäufele mit Kloß und Soß“, wahlweise auch als kleine Portion für „Bleistiftspitzer“ (vulgo Bürohengste), einer „Schäufelesülze mit Bratkartoffeln und Gewürzgurke“, einem „Schäufelesalat“ nach Art des Hauses oder „Schäufelestreifen mit Käse, Ei und gemischtem Salat“. Dazu ein Schoppen Sylvaner vom Volkacher Kirchberg oder ein Fassbier von der Klosterbrauerei Weißenohe, wobei man lernt, dass Franken die Region mit der größten Brauereidichte in Deutschland ist. Eine Vielfalt, die leider ebenfalls bedroht ist, diesmal unter anderem durch die kostentreibende grüne Energiepolitik, die schon manche Landbrauerei in die Pleite getrieben hat.
Georg Etscheit schreibt jetzt auch für www.aufgegessen.info, den von ihm mitgegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss.