Georg Etscheit / 02.03.2025 / 12:00 / Foto: K.I / 12 / Seite ausdrucken

Cancel Cuisine: Generation Müsli

Die Deutschen haben eine ungebrochene Lust, sich allmorgendlich Frühstücksflocken einzuverleiben. Doch Vorsicht vor blinden Passagieren. 

Der Habeck-Zug ist abgefahren mitsamt seinen blinden Passagieren und die roten Schlusslichter beginnen langsam am Horizont zu verglimmen. Dass die Generation Müsli den Zenit ihres Wirkens offenbar überschritten hat, wäre eine gute Nachricht, hätten die grünen Kulturkämpfer die Gesellschaft nicht bis ins letzte Kapillargefäß mit ihrem woken Ungeist infiltriert. Deswegen werden die diversen „Wenden“ mit ihren ökonomischen und sozialen Verwerfungen das geschundene Land wohl noch eine Weile beschäftigen und weiter dem Abgrund entgegentreiben.

Eine bleibende kulinarische Hinterlassenschaft der Generation Müsli ist die ungebrochene Lust der Deutschen, sich allmorgendlich Frühstücksflocken einzuverleiben, euphemistisch auch als Cerealien (abgeleitet von Ceres, der römischen Göttin für Ackerbau) bezeichnet. Die bunten Packungen mit Cornflakes, „Pops“, „Loops“ oder „Kissen“ und unzähligen Körnermischungen füllen in jedem Supermarkt gefühlte fünf Regalmeter. 

Und in keinem Hotel entkommt man den auf dem Frühstücksbuffet aufragenden Cerealienspendern, deren Inhalt lustlose Morgenmuffel mit geschmacklosen Fruchtsalaten, lauwarmer Milch und Jogurt aus dem Becher, gerne auch in der veganen Variante, zu einem freudlosen Mampf verarbeiten.

Marmeladenbrot wäre die ungleich gesündere Alternativ

Bei den meisten dieser Frühstücksflockenmischungen handelt es sich, wie Verbraucherschützer und Gesundheitsexperten mantramäßig verbreiten, keineswegs um eine besonders hochwertige Form der Nahrungsaufnahme, im Gegenteil. Denn infolge ihres hohen Zuckeranteils hat man es eigentlich mit Süßigkeiten zu tun, womit eine auf diese Weise gestaltete erste Mahlzeit des Tages in erheblicher Weise verantwortlich dafür ist, dass Fettleibigkeit zur Volkskrankheit des 21. Jahrhundert werden konnte. Ein simples Marmeladenbrot wäre die ungleich gesündere Alternative.

Den Ur-„Müslis“ mit Latzhosen und ungepflegten Bärten war es durchaus um eine in ihren Augen gesunde, naturnahe Form der Ernährung gegangen. Damals mischte man sich das Körnerfutter noch eigenhändig, hobelte Schrumpelmöhren und fleckige Bio-Äpfel hinein, bevor man das Ganze mit selbstgemachtem Kefir oder Glibberjogurt zu einer gräulichen Pampe verrührte. Mit dieser ruralen Ernährungsweise wollte man der Gesellschaft ein gutes Beispiel geben und hoffte darauf, Nachahmer zu finden.

Die nächste Müsli-Generation huldigte dann schon den Fertigmischungen und entdeckte den grünen Hedonismus, der sich unter anderem in Form übermäßig gesüßter Knuspermüslis mit ihrem unwiderstehlichen „Crunch“ manifestierte. Die muss man im Zeichen von bequemem Essen („Convenience“) nur schnell mit Milch begießen oder kann sie sogar nackt aus der Tüte mümmeln. Wenn man nicht gleich zum klebrigen Müsliriegel greift.

Birchermüesli in seiner puristischen Einfachheit

Das Sendungsbewusstsein der Generation Knuspermüsli war nicht geringer als das der Urväter. Nur erschien einem der Weg über die persönliche Vorbildfunktion zu langsam und zu mühsam, sodass man sich dazu entschloss, den Marsch durch die bislang verhassten Institutionen anzutreten. Dabei ging man nur allzu gerne eine Allianz mit den zuvor ebenfalls verhassten Kräften des marktgetriebenen Kapitalismus ein, was unter anderem zu den schon erwähnten Regalmetern an Cerealien führte. Merke: die Allianz von grüner Ideologie mit den soliden Geschäftsinteressen der Wirtschaftsakteure samt staatlicher Subventionierung ist die denkbar effektivste Weise, das Land gegen die Wand zu fahren. Das gilt auch für die diesem Schema entsprechenden Regierungskonstellationen.

Was die kulinarische Seite des Müslibooms anbelangt, gilt es bei aller berechtigten Kritik zu differenzieren. Denn ein echtes Birchermüesli kann in seiner puristischen Einfachheit eine schmack- und nahrhafte Sache sein. Als man noch etwas von ihm wissen wollte, bekannte Robert Habeck während der unseligen Ampelverhandlungen: „Die Milch ist alle. Heute morgen habe ich Müsli mit Wasser gegessen. Ohne Scheiß.“ Damit lag er insofern nicht ganz falsch, als für ein Original Bircher-Müsli wirklich etwas Wasser vorgeschrieben ist. Damit befeuchtet man am Vorabend die Vollkornflocken, um ihnen Zeit zum Einweichen zu geben. Am nächsten Morgen kommt dann noch gezuckerte Kondensmilch, ein im Ganzen gehobelter Apfel, Zitronensaft und geriebene Nüsse oder Mandeln dazu.

Auf den mitsamt Kerngehäuse (!) geraspelten Apfel bestand Maximilian Bircher-Benner (1867–1939), Pionier der Vollwerternährung, wegen der darin enthaltenen „biologisch wirksamen Lichtquanten“, die er in jeder Art unbearbeiteter pflanzlicher Rohkost vermutete und dem Körper „Lebenskraft“ spenden sollten. Diese „Biophotonen“ stellten sich als esoterischer Unsinn heraus, weswegen man guten Gewissens zumindest aufs Kerngehäuse verzichten kann. Kondensmilch verwendete der Schweizer Arzt, weil seinerzeit unpasteurisierte Frischmilch ein Tuberkulose-Risiko darstellte. Wer den süßlichen Kindergeschmack von Kondensmilch liebt, kann diese natürlich immer noch zur Verfertigung eines Bircher-Müslis heranziehen. Ansonsten sei zu frischer Vollmilch und/oder einem Sauermilchprodukt geraten.

Appetitliche Larven

Wer auf den allseits beliebten Knuspereffekt („Crunch“) nicht verzichten will, dem sei ein möglichst hausgemachtes Granola empfohlen. Das sind meist mit Honig oder Ahornsirup geröstete Getreideflocken nebst verschiedenen Nüssen oder auch mal Kokosflocken, die man in gehobenen Bäckereien und im Feinkosthandel findet. Man kann ein Granola natürlich selbst herstellen, nur muss man dabei darauf achten, dass die Zutaten beim Rösten nicht zu dunkel und damit bitter werden

Fertige Knuspermüslis aus dem Supermarkt oder Discounter sollte man tunlichst links liegen lassen, vor allem, seitdem die EU grünes Licht für die Beimischung von Insektenprodukten gegeben hat. Hinter der Bezeichnung „Teilweise entfettetes Pulver aus Acheta domesticus“ verbergen sich Erzeugnisse der Hausgrille. 

Ansonsten kann man es etwa mit „Gefrorenen Larven/Paste aus Larven von Alphitobisu diaperinus“ zu tun bekommen, dem appetitlichen Getreideschimmelkäfer. Oder mit Buffalowürmern, die in einem „Snack Insects Granola „Apfel & Zimt“ lauern. Derzeit vergriffen, glücklicherweise.

 

Georg Etscheit schreibt jetzt für www.aufgegessen.info, den von ihm mit gegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss.

Foto: K.I

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Leserpost

netiquette:

Sam Lowry / 02.03.2025

p.s.: Video auf Youtube “The pandemic threatens the people of East Africa—and now locusts threaten their food”

Sirius Bellt / 02.03.2025

Müsli. Nein danke.

Sam Lowry / 02.03.2025

Ich bereite gerade Zedernholzbrettchen für den Backofen/Grill vor. Darauf kommt was? Gutes Fleisch… selbst gescannt… lol

Wilhelm Rommel / 02.03.2025

“Ein simples Marmeladenbrot wäre die ungleich gesündere Alternative.” Genauso ist es, verehrter Herr Etscheit! Ein gutes dunkles Roggenbrot (muss man inzwischen lange suchen), gebuttert und mit selbstgemachter Marmelade (oder noch besser: einem garantiert ‘proteinfreien’ Zwetschenmus) bzw. einem Honig vom Imker aus der Nachbarschaft bestrichen - und der Tag ist gerettet! Ich habe es in meinem ganzen Leben nicht geschafft, auch nur eine Packung dieses einzuweichenden Körnerfutters restlos ‘aufzulöffeln’. Mir ist ein jüdisch-deutsches Sprichwort in Erinnerung - das beginnt so: “Wenn ‘Se fressen wollen wie e Schwein”...

Ralf.Michael / 02.03.2025

EigenKonfiguration nach Wahl : Haferflocken, Sultaninen, gemahlene Haselnüsse, (ganz) schwach entölter Kakao, einen Hauch Nescafe, Zucker und 3,5% kalte oder warme Vollmilch, thats all ! Ganz ohne dieses Insektenpulver, versprochen.  Fertig-Müsli ? Pfui Teufel ! Fuck No.

Dr Ludwig Flocken / 02.03.2025

Seit gut 10 000 Jahren essen Menschen Getreide. Keine lange Zeit, verglichen mit 2 Mio J der Nutzung des Feuers. Wer in seiner Jugend noch Garben aufgestellt hat, kann die erforderliche Mühe ermessen. Deshalb haben unsere Ahnen sich viel Mühe gegeben, das dem Verdauungstrakt unbekannte Produkt verträglich u schmackhaft zuzubereiten, zunächst als Brei, später als Brot ( technisch viel aufwändiger). Bircher - Benner war nmW der Erste, der Getreide roh empfohlen hat. Vor 50 Jahren kam die Muesliwelle, die viele aus der Boomer-Generation ergriffen hat. Die meisten haben die Wirkung der in der Getreidehülle enthaltenen Antinutritiva in Form von Voellegefuehl gespürt und sind zum Brot zurückgekehrt. Nur wenige vertragen auf die Dauer rohes Getreide Leider kann Mode oder Ideologie Menschen davon abhalten,auf ihren Körper zu hoeren.

Sam Lowry / 02.03.2025

Es stellt sich mir nur eine Frage, nachdem ich ein Video sah, in dem ein Neescher verzweifelt vielleicht 1.000 Ähren gegen eine Übermacht von Wanderheuschrecken mit einem Sack verteidigte: Wieso steckt er die Heuschrecken nicht in den Sack und röstet diese? Sollen doch so gesund sein???

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