Georg Etscheit / 25.07.2021 / 06:00 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 45 / Seite ausdrucken

Cancel Cuisine: Esst Wildschwein, dem Klima zuliebe!

Am besten, man macht es wie der übergewichtige Gallier Obelix und vertilgt ein Wildschwein nach dem anderen. Wildschweine sind nämlich, wie gerade eine Studie enthüllt, selbst Klimasäue erster Güte.

Wer als Gerne-Esser und Feinschmecker „dem Klima“ helfen möchte, verfügt über einen großen Strauß an Möglichkeiten. Man kann nur noch der kalten Küche frönen, was Strom zum Kochen spart, man kann statt kerosingetränkter Flugananas auf bayerische Regionalananas ausweichen oder, der Klassiker unter den gastronomischen Klimaschutzmaßnahmen, einer fleischlosen beziehungsweise fleischarmen Ernährung den Vorzug geben. Wer nicht ganz auf Fleisch verzichten möchte, sollte Wild konsumieren, das im Wald frei herumläuft und nicht gezüchtet und mit regenwaldschädlichem Soja gemästet werden muss. Außerdem knabbern Rehe und Hirsche gerne junge Bäume an, die dann als dringend benötigte Kohlenstoffspeicher auszufallen drohen.

Am besten, man macht es wie der übergewichtige Gallier Obelix und vertilgt ein Wildschwein nach dem anderen. Wildschweine sind nämlich, wie gerade eine Studie enthüllt, selbst Klimasäue erster Güte. Sie suchen in den Waldböden nach Wurzeln und Pilzen, die ihre Lieblingsspeise sind. Beim Umgraben befördern sie organischen Humus an die Oberfläche, der sich an der frischen Luft zersetzt. Bei diesem durch Wildschweine getriggerten Verrottungsprozess wird Kohlendioxid frei. Berechnungen von, wie gendermäßig korrekt in der taz zu lesen war, „For­sche­r:innen um den Australier Christopher O’Bryan von der University of Queensland“ zufolge, produzieren Wildschweine jedes Jahr 4,9 Millionen Tonnen CO2, indem sie Böden in Gegenden umpflügen, in denen sie nicht heimisch sind. Zum Vergleich: Die weltweiten CO2-Emissionen betrugen 2020 rund 34 Milliarden Tonnen. 4,9 Millionen Tonnen sind etwa so viel, wie 1,1 Millionen Autos freisetzen, wobei allein in Deutschland derzeit etwa 67 Millionen Autos angemeldet sind.

Allein in Ozeanien, wo die Population sehr groß ist und die Böden überdurchschnittlich viel Kohlenstoff enthalten, „verwüsteten“ Schweine in einem nicht genannten Zeitraum dem Team zufolge rund 22.000 Quadratkilometer und setzten dabei fast 3 Millionen Tonnen CO2 frei. „Letztlich sind Wildschweine ein menschliches Problem. Wir sprechen deshalb von einer weiteren vom Menschen verursachten Klimawirkung“, wird Studien-Mitautor Nicholas Patton zitiert. Mister Patton sei noch darauf verwiesen, dass sich die Wildschweinpopulationen in Deutschland nicht zuletzt deswegen massiv erhöht haben, weil sie stets einen reich mit Biogasmais gedeckten Tisch vorfinden. Auch dies eine „vom Menschen verursachte Klimawirkung“.

Wildschweine sind sehr schlau und wehrhaft

Dem Problem indes ist vergleichsweise leicht beizukommen. Zunächst sollte mit Antritt der nächsten Bundesregierung ein wöchentlicher „Wildschwein-Tag“ eingeführt werden, den man angelsächsisch-flott „wild boar-day“ nennen könne. An diesen Tagen würde zunächst in allen staatlichen Kantinen, in Universitätsmensen und Schulen ein Wildschweinessen (zum Beispiel „Cinghiale in agrodolce“, mein Lieblingsrezept, Kochanleitung folgt unten) verpflichtend eingeführt. Des Weiteren könnte man die Abenteuer von „Asterix und Obelix“ zur Pflichtlektüre an den Schulen erklären, anhand derer die Jagd nach und der ebenso umstandslose wie massenhafte Verzehr von Wildschweinen schon im Kindes- und Jugendalter eingeübt werden kann.

Die Kampagne würde sicher nicht nur bei den „Fridays for Future“, sondern auch bei Hobbygärtnern auf Zustimmung stoßen, die zunehmend darunter leiden, dass selbst inmitten von Großstädten ganze Wildscheinhorden in ihre sorgsam gepflegten Gärten einfallen und diese dann erst im Zustand größtmöglicher Unordnung, vulgo Chaos, wieder verlassen.

Leider sind die Wildschweine sehr schlau und wehrhaft, vor allem wenn es sich um eine Wildschweinin (Bache) mit einer Rotte Frischlinge handelt. Man wird der Tiere nur schwer habhaft, was dazu geführt hat, dass manche Jäger alte Waidmannstraditionen über Bord geworfen haben und mit Hightech in Form eines Nachtsichtgerätes auf die Pirsch nach den Schwarzkitteln gehen. Die Jagd mit einem Maschinengewehr, womöglich vom Hubschrauber aus, wird zwar zuweilen diskutiert, hat sich aber noch nicht durchsetzen können. Vielleicht wäre neben der Schweinepest auch der Klimaschutz ein Argument dafür, eine offenbar nicht mehr zeitgemäße Jagdpraxis nun endlich aufzugeben.

Mein persönliches Wildschwein-Lieblingsgericht

Wolfram Siebeck bezeichnete die so schmackhaften wie aufdringlichen Tiere im Vorspann zu seinem Rezept „Wildschweinkeule mit Rotkohl und Kastanien“ einmal politisch unkorrekt als „legitime Nachfahren der NS-Pimpfe: hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder“. Doch die Zeiten, als man Siebeck zufolge Wildschweine tagelang in der Erde vergraben oder in Essig und Rotwein beizen musste, um sie einigermaßen essbar zu machen, sind glücklicherweise vorbei. Heute bekommt man so gut wie nie ein altes Tier auf den Teller. Im Gegenteil: Das Fleisch ist meist noch so jung und zart, dass man die alten Angaben zur Kochdauer schlicht vergessen muss, um nicht über den Umweg einer zu langen Garzeit doch ein trockenes Stück Leder auf den Teller zu bekommen.

Heute mariniert man Wild zwar immer noch, aber um des Aromas, nicht der Zartheit willen. Klassisch ist die Variante mit Rotwein, etwas Essig und den üblichen Wildgewürzen wie Wacholderbeeren, Gewürznelken, Lorbeerblättern, Thymian und Pfefferkörnern. Nach dem Anbraten und Garen des Fleisches am Stück wird die Marinade mit einem Wildfonds aufgekocht und vielleicht mit Portwein, Cognac und Preiselbeer- oder Johannisbeerkonfitüre verfeinert.

Mein persönliches Wildschwein-Lieblingsgericht stammt aus Italien und heißt, grob übersetzt, „Wildschwein süßsauer“. Für die Marinade wird wieder Rotwein und Essig verwendet, wobei der Essiganteil größer ist als normal, dazu die oben genannten Gewürze und etwas Kochgemüse (Karotte, Zwiebel, Sellerie). In der kurz aufgekochten Marinade legt man Wildschweinwürfel (aus der Keule) ein, am besten über Nacht. Wenn es ernst wird, Fleischstücke aus der Flüssigkeit nehmen, mit Küchenkrepp abtupfen, anbraten und mit der Hälfte der Marinade angießen, zugedeckt schmoren lassen, wobei statt der in meinem Kochbuch („Die echte italienische Küche“) empfohlenen 1,5 Stunden eine halbe Stunde völlig ausreicht.

Zusammen ein paar Minuten köcheln

In der anderen Hälfte der Marinade werden entsteinte Trockenpflaumen, fein gehacktes Orangeat und Rosinen eingeweicht. Diese Mischung gibt man in zu einer weiteren Mischung aus in Butter glasig gebratenen Schalottenpartikeln und fein gehacktem, frischen Rosmarin. Alles zusammen ein paar Minuten köcheln lassen und dann zum Fleisch geben, erneut köcheln lassen. Wenn das Fleisch mürbe ist, aber nicht trocken, kann man noch geröstete Pinienkerne drüberstreuen. Dazu Polenta oder Weißbrot und er kann kommen, der „wild boar day“.

Immer wieder ist die Rede davon, dass das Fleisch von Wildschweinen hierzulande über Gebühr mit radioaktivem Cäsium belastet sei, ein Relikt der Atomkraftwerks-Havarie von Tschernobyl vor 35 Jahren. Ich halte das Problem für massiv übertrieben, eine der typischen Ökohysterien unserer Zeit. Selbst wenn dem so wäre, ist die Menge an Wild, die der Normalbürger im Laufe eines Jahres zu sich nimmt, so gering, dass eine Gefahr auszuschließen ist. Das würde sich natürlich ändern, wenn man aus Klimaschutzgründen ab sofort jeden Tag Wildschwein essen müsste. Ökos und Grünen würde dann wohl rasch der Appetit vergehen. Aber sollen sie ruhig an ihrem Veggieburger mümmeln. Umso mehr Gutes bleibt für die anderen übrig.

Foto: Bildarchiv Pieterman

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

j. heini / 25.07.2021

Das wäre doch was. Und zusätzlich zum “ich sammle Müll-Tag könnten regelmässig Wildschweintreibjagden veranstaltet werden. Dort können wir als Treiber den Wald in Natura kennenlernen. Das wäre zudem Nervenkitzel für Abenteuerlustige.

Bernhard Büter / 25.07.2021

Schlechtes Deutsch. Wildschweine produzieren kein C02 durch Umpflügen des Bodens, sondern nur durch eigene Atmung (chem. Prozess) Der ganze CO2 Blödsinn ist einfach nur noch lächerlich. CO2 ist ein Spurengas, schwerer als Luft und unverzichtbar für die pflanzliche Photosynthese. KEIN Treibhausgas und daher für klimatische Veränderungen unbedeutend. Die betrügerische grüne Dummheit benutzt das Märchen vom menschengemachten Klimawandel wie Religionen ihre Unheilsmärchen um mit erzeugter Angst Macht auszuüben. Auf Kosten anderer zu Leben und irrsinnige Ideologien umzusetzen. Betrüger halt. Russels Teekanne bzw. Steve Pavlina ( 10 Gründe niemals eine Religion zu haben Steve Pavlina & Stephan Schubert,Aktualisiert: 10. September 2020) lesen. Und das Coronamärchen auf Basis der Grippe gehört auch dazu

Norbert Gebhardt / 25.07.2021

Nun ja, das ist ja wieder von der Grundlast und nicht angebotsorientiert gedacht… Wenn die Wälder und Wiesen für Windräder betoniert werden, verringert sich die Fläche für die Wildschweine und das Problem ist gelöst.

Claudia Maack / 25.07.2021

Auch in den letzten Dörfern im verlassenen Kalksteingebirge der Provence ist Klimaschutz mit Wildschwein schon angekommen. Es gab dort vorgestern „daube de marcassin“, eine Art Frischling-Schmorfleisch mit selbstgemachten Spätzle. Sehr zu empfehlen, vor allem mit einem deftigen Rotwein. So macht Klimaschutz Spaß. Aber gerade das ist von den woken Meinungsführern ja nicht gewollt. Wir sollen uns doch bitte alle im Jammertal des Verzichts einfinden, Brennesseltee trinken, allmorgendlich die Klimahymne singen und auf einer vorgegebenen staatlichen Liste ankreuzen, wie wir uns täglich am besten das Leben durch Selbsthass versauen können.

Walter Weimar / 25.07.2021

Ich weiß eine Lösung für CO2. Alle die es weg haben wollen, bekommen es über Maske zum wegatmen. Es gilt der alte Spruch, auch Kleinvieh macht Mist. Hier allerdings doppelter Effekt, das CO2 wird wie die CO2-Schreier werden weniger.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Georg Etscheit / 22.03.2024 / 06:15 / 124

Ricarda Lang als Dampfwalze – eine Klatsche aus der bayerischen Provinz

Das „Königlich Bayrische Amtsgericht“ war seinerzeit eine launige ZDF-Fernsehserie. Gestern gab es eine Fortsetzung mit der Grünen-Spitze – humorlos und beleidigt. Der vorgebliche Übeltäter war…/ mehr

Georg Etscheit / 17.03.2024 / 14:00 / 19

Cancel Cuisine: Kopfsalat

Auf vielen Speisekarten taucht gerade ein „ganz besonderes Gericht“: ein Salatkopf im Ganzen, nur mit etwas Dressing verfeinert. Für mich ist ein roh servierter Salat kein Gericht, allenfalls…/ mehr

Georg Etscheit / 10.03.2024 / 12:00 / 29

Cancel Cuisine: Fleischersatz von Bill Gates

Bill Gates investiert Millionen und Milliarden Dollar in Dinge, die ihm wichtig erscheinen. Zum Beispiel in die Landwirtschaft. Und in Fleisch aus dem Drucker. „Ich denke,…/ mehr

Georg Etscheit / 09.03.2024 / 06:15 / 111

Der heimatlose Stammkunde

Der Niedergang der Fachgeschäfte zwingt den Kunden, von Pontius zu Pilatus zu laufen oder selbst zu suchen und dann im Internet zu bestellen. Unlängst hat in…/ mehr

Georg Etscheit / 02.03.2024 / 14:00 / 11

Hauptsache Alarm – Jetzt läuft der Gardasee über 

Der Gardasee kann es den Medien einfach nicht recht machen, entweder es ist eine ausgetrocknete Mondlandschaft oder vom Überlaufen bedroht. Eines aber bleibt konstant: Er…/ mehr

Georg Etscheit / 24.02.2024 / 14:00 / 4

Die Schattenseiten des „sanften“ Wintertourismus

In den niedrigen Lagen Oberbayerns stirbt der Skitourismus aus. Wegen immer weniger Schnee zieht die Ski-Karavane einfach daran vorbei. Doch hat sich die Zahl der…/ mehr

Georg Etscheit / 23.02.2024 / 14:00 / 18

Na bitte: Covid-Aufarbeitung in Ärztefachblatt

"Der Allgemeinarzt" ist mit einer Auflage von 51.000 eines der ärztlichen Journale mit der größten Reichweite. Jetzt hat das Blatt den Mut, einem Kritiker der…/ mehr

Georg Etscheit / 18.02.2024 / 12:00 / 24

Cancel Cuisine: Cem und das Tierwohl

Cem Özdemir plant eine „Tierwohlabgabe“ auf bestimmte tierische Produkte. Eine neue Etappe auf dem Weg ins Veggie-Paradies. Langsam wird es ermüdend, immer wieder auf die…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com