Georg Etscheit / 14.05.2023 / 12:00 / Foto: Pixabay / 5 / Seite ausdrucken

Cancel Cuisine: Churros

Die Spanier können auch süß und fettig: Teigstangen, in schwimmendem Öl ausgebacken, mit viel Zucker bestreut und in eine dickflüssige Schokoladensauce getaucht, konterkarieren das gängige Bild von der gesunden Mittelmeerküche. Leicht geht anders.

Die mediterrane Küche – auch die spanische – gilt gemeinhin als leicht und gut bekömmlich. Viel Fisch, etwa als Zutat einer Reispfanne, der berühmten Paella, sowie Tapas-Häppchen, die man als Appetitanreger in Bodegas oder speziellen Tapas-Bars serviert, die aber auch zu einer eigenständigen Mahlzeit („Racion“) ausgeweitet werden können. 

Von der Sonderform der „Molekularküche“ möchte ich in diesem Zusammenhang absehen, sie ist ja auch im engeren Sinne keine spanische, sondern katalanische Erfindung. Seit Ferran Adrià sein legendäres Restaurant „El Bulli“ in eine gastronomische Stiftung umgewandelt hat, ist die große Zeit der Laborkocherei vorbei. Einige ihrer Elemente haben in die internationale Gourmetgastronomie Eingang gefunden, wobei Adriàs Epigonen oft eher nerven, als dem Gaumen zu schmeicheln. 

Doch die Spanier können auch anders, nämlich süß und fettig. Und weil ich versprochen habe, dem Fettgebackenen in dieser Rubrik besondere Aufmerksamkeit zu widmen, ehe es von genussfeindlichen Öko- und Gesundheitsjakobinern verboten wird, möchte ich eine Lanze für Churros brechen, was auch insofern passt, als es sich dabei um mehr oder weniger lange, mehr oder weniger dicke Teigstangen handelt. Diese werden in schwimmendem Fett ausgebacken und mit viel Zucker bestreut, noch warm gegessen und, bevor man sie genussvoll in den Mund schiebt, zu allem Überfluss noch in eine dickflüssige Schokoladensauce getaucht. Chocolate con Churros nennt sich das. Leicht geht anders.

In Spanien eine Art schnelles Frühstück

Hierzulande sind Churros leider so gut wie unbekannt. Man entdeckt sie höchstens ab und an einmal auf einem Jahrmarkt. Und dann oft in beklagenswerter Qualität – statt flüssiger Schokolade wird dort Nutella offeriert, macht keine Arbeit und schmeckt, gelinde gesagt, undelikat. 

In Spanien dagegen sind Churros allgegenwärtig. Meist isst man sie in speziellen Bars („Churrería“), als eine Art schnelles Frühstück. In Madrid-Reiseführern wird als die beste Churrosadresse die Chocolatería San Ginés gerühmt. Ich war einmal dort und fand mich sofort in einem riesigen Pulk Touristen wieder, die augenscheinlich alle von ihren Reiseführern dorthingelotst worden waren. Die Qualität der Stangen in diesem Traditionsetablissement war mäßig, das Ambiente eher abschreckend. Ich fand jene Churros wesentlich besser, die in den Räumen einer Art Churros-Kette angeboten wurden, deren Namen mir allerdings entfallen ist.

Bei dem Teig, aus dem man Churros backt, handelt es sich um einen schlichten Brandteig, aus dem man hierzulande Windbeutel macht. Windbeutel jedoch werden gebacken, Churros frittiert, indem man den elastischen Teig mit einem speziellen Gerät in ein Fettbad spritzt. Möchte man das zu Hause machen, kann man dazu einen handelsüblichen Spritzbeutel verwenden, was allerdings beim Spritzen ein gehöriges Maß an Kraft in den Händen erfordert.

Entscheidend ist die Schokoladensauce

Die Qualität der Churros steht und fällt mit der Schokoladensauce, in die sie hineingetaucht werden. Im engeren Sinne handelt es sich dabei nicht um eine Sauce, sondern eine dickflüssige Trinkschokolade. Etwa nach der Art, wie sie einem im berühmten Pariser Café Angelina serviert wird oder in Padua im historischen Caffè Perdrocchi. Allzu süß sollte sie nicht sein, gerne auch etwas bitter. Und fast so dick, dass der Löffel darin stehen bleibt.

Je nach Region gibt es verschiedene Arten von Churros. Normalerweise handelt es sich um etwa fingerdicke, gerade gezogene Stangen. Im Norden Spaniens gibt es auch dickere Churros, Caliente genannt, die spiralförmig frittiert und danach in kleinere Portionen geschnitten werden. Sie sind nicht so kross wie „normale“ Churros und nähern sich in Form und Konsistenz mitteleuropäischen Krapfen an, wobei letztere aus Hefeteig gemacht werden.

Außer in Spanien sind Churros unter anderem auch in Lateinamerika und auf den Philippinen verbreitet. Doch auch in Deutschland scheinen sie langsam etwas bekannter zu werden. Eine kleine Kette mit Standorten in Berlin, Dresden und München bietet sie in der traditionellen Variante als Chocolate on Churros feil. Beworben werden die „spanischen Kalorienbomben“ politisch korrekt als „vegane Teigstangen aus Mais- und Weizenmehl, ähnlich im Geschmack wie ein klassischer Krapfen, aber mit deutlich mehr Biss“. Ob das reicht, um die Jakobiner milde zu stimmen?

 

Georg Etscheit schreibt auch für www.aufgegessen.info, den von ihm mit gegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss.

Foto: Pixabay
Leserpost

netiquette:

Gerd Maar / 14.05.2023

Ob das was mit dem Frühstück zu tun hat dass Spanien die zweithöchste Diabetesrate Europas hat?

Sirius Bellt / 14.05.2023

Ich war nur zweimal in meinem Leben in Spanien. Danach war mein Bedarf gedeckt. Die Küche ist auch nicht meine. Zu grob, zu einfallslos und meistens viel zu fettig. Italienische Küche finde ich um Klassen besser.

Frank Mora / 14.05.2023

Seit meinem ersten Westurlaub in den 90ern bin ich den Churros verfallen. Wenn die Stange beim ersten Biß am ersten Urlaubsmorgen am Frühstücksbüffet im Munde kracht und der knusprige Rand im schönen Kontrast zum weichen Kern sich mit der Schokosauce (oder dem Honig) im Munde entfaltet - dann sind Ferien. Leider nicht mitbringbar. Alternative zu den ungenießbaren Brötchen iberischer Großbäckereien: Maisbrotscheiben, von einer Konsistenz, die das berühmte deutsche Bäckerhandwerk irgendwie nicht hinbekommt. Darauf Manchegoscheiben, bestrichen mit Quittenkonfitüre. Ist inzwischen fester Bestandteil des heimischen Frühstückes. Mit Abwandlungen. Als Grundlage Aufbackbrötchen. Hiesige Käsetheken weigern sich oft, Manchego (nicht Iberico!) in Scheiben zu schneiden. Selbst ist der Mann. Das lange favorisierte 100% Quittengelee von Göbber gibt es leider nicht mehr. Die Supermarktprodukte schwanken zwischen 50 und 75%. Der Rest ist Zucker und Wasser. Schade. Zur Mittelmeerkost klassisch und kaum übertreffbar: die weiland D-Radiokolumne “Mahlzeit”. Auch gecancelt.

Gerard Döring / 14.05.2023

Habe in Spanien immer mal wieder Imbssbuden gesehen wo Churros zubereitet wurden.In manchen schmecken die besonders gut dafür sind manche nicht so gut und etwas teurer. In Torrevieja war so eine an einem kleinen Park. Immer wieder zog es mich dort hin, manchmal hatte er auch geschlossen. Letztes Jahr war der Anhänger nicht mehr da, den er immer dort stehen ließ und ich hoffte er macht weiter. Leider nein. In gleicher Stadt an einer anderen Stelle waren sie dafür teurer und nicht so gut.. Auch auf manchen Märkten erhält man Churros, wobei ich bestätigen muss, das die Schokolade nach Nutella schmeckt. Auch Spanien ist Mitglied der EU, früher war alles besser.

Uwe Dippel / 14.05.2023

“tejeringos” heissen diese Teile in Andalusien. Und das mit der chocolate als Muss ist eher ein urban myth. Traditionell werden sie wenigstens hier immer in Zucker gewälzt oder damit überschüttet. Allerdings kommen sie heir eher aus der Mode. Vor 40, 50 Jahren gab es kaum etwas anderes zum Frühstück, heute muss ich sie suchen.

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