Gastautor / 13.09.2024 / 06:15 / Foto: Flickr/MT / 55 / Seite ausdrucken

Bundeswehr: Frieden schaffen mit Photoshop!

Von Martin Toden.

Die Bundeswehr versucht weiter, mit untauglichen Mitteln ihre Personalprobleme zu lösen. Für Zartbesaitete wird dem Gebirgsjäger auf einem Werbeplakat schon mal die Waffe wegretuschiert.

Das Gebirgsjägerbataillon 232 – die „Struber Jager“ – ist ein Traditionsverband der deutschen Gebirgsjägertruppe, stationiert im schönen Bischofswiesen. Die 4. Kompanie des Bataillons – die „Steinbock-Kompanie“ – ist ausweislich ihrer Selbstdarstellung „eine reine Infanteriekompanie, deren Auftrag es ist, in allen Gefechtsarten (und dies unter extremsten Witterungsbedingungen) und in jedem Gelände den Kampf führen zu können. Hierfür steht vor allem der Scharfschützenzug.“

Nun weiß man, dass die Gebirgsjäger einen erheblichen Anteil der Einsatzbelastungen des deutschen Heeres trugen, während am Hindukusch feministische Außenpolitik verteidigt werden sollte. Wer mit den Kameraden einmal in näheren Kontakt treten durfte, weiß um die besondere Kameradschaft, Professionalität und den Einsatzwillen dieses besonderen Truppenteils. Auch die Ausrichtung an den (für Jahrgänge wie mich eigentlich unverhandelbaren) soldatischen Grundtugenden ist für die Träger des Edelweißes an der Feldmütze eine Selbstverständlichkeit. So erlebte ich vor einigen Jahren auf einer Dienstreise nach Schongau eine schon verloren geglaubte Welt. Während ich im übrigen Deutschland von uniformierten Kameraden in der Öffentlichkeit immerhin manchmal ein gemurmeltes „Tach!“ zu hören bekomme – meistens jedoch nur einen scheuen Blick – passierte an einem bairischen Bahnhof das Undenkbare: Ich betrat einen Bahnsteig, auf dem eine größere Gruppe Gebirgsjäger stand oder saß, die den gleichen Zug besteigen wollte wie ich. Kaum sah mich der Erste aus der Gruppe, gab er ein knappes, halblautes Kommando, und die ganze Gruppe sprang auf und nahm Haltung an. Auf mein erfreutes „Grüß Gott, Kameraden!“ inklusive militärischem Gruß schallte es laut über den Bahnsteig: „Grüß Gott, Herr Oberst!“ So sind sie, die Gebirgsjäger. Man muss sie einfach lieben.

Wie dem auch sei, offenbar hat auch die Social-Media-Abteilung der Truppe die Gebirgsjäger schon öfter im Portfolio gehabt, wenn es darum geht, Werbung für den Nachwuchs unserer gebeutelten Bundeswehr zu machen. Der aufmerksame, treue Leser kennt meine Einstellung zu den Versuchen der bunten Truppe, ihre immer dramatischer werdenden Personalsorgen irgendwie in den Griff zu bekommen. Derzeit blutet die Truppe bis auf den letzten Plattenträger aus, um die Brigade Litauen halbwegs zeitgerecht (Plan: 2027) aufstellen zu können, ein Vorhaben, das beim derzeitigen Planungs- und Haushaltsstand scheitern dürfte. Der Wikipedia-Eintrag zur geplanten Panzerbrigade 45 führt dann auch ein recht passendes Verbandsabzeichen dieser Geistertruppe.

Gestern nun kam ich an einem Plakat der Bundeswehr vorbei, auf dem ein Kamerad der oben erwähnten Steinbockkompanie Modell steht, um für die Truppe Nachwuchs zu generieren („Mach, was wirklich zählt“). Der Aufreißer spricht dann natürlich von „Challenges“, die man da annehmen müsste und meint damit vermutlich das gesicherte Bewegen in alpinem Gelände, was ja zu den Grundfähigkeiten des Gebirgsjägers gehören sollte. Meiner Meinung nach dürfte dieses Foto das Potenzial zum Photoshop-Fail des Jahres haben. 

Waffe wegretuschiert

Dabei geht es gar nicht so sehr um den offensichtlichen Fehlversuch, das Gelände, in dem der Kamerad sich da befindet, irgendwie als „Challenge“ zu verkaufen. (Dreht man das Foto so weit im Gegenuhrzeigersinn, bis der Horizont waagerecht steht, dann sieht man, daß sich der Soldat über eine nur mäßig geneigte Felsplatte bewegt.) Was mir (und einigen Kameraden, denen ich das vorlegte, ebenfalls) sofort auffiel, ist der Umstand, dass der Kamerad zwar offenbar mit vollem militärischen Kampfgepäck zuzüglich Funkgerät unterwegs ist – aber gar keine Waffe trägt! Ich musste mehrmals hinschauen, um dann festzustellen, dass man ihm die Waffe, die er entweder hinter seiner linken Schulter (in einer eigens dafür vorgesehenen Seitentasche seines Kampfgepäcks) tragen müsste, und die man dann oberhalb des Kampfrucksacks sehen müsste, oder aber unter seiner Achselhöhle, wenn er die Waffe frei trüge, einfach wegretuschiert zu haben scheint. Stattdessen blickt man nun unter seiner Achselhöhle hindurch und erkennt die farbliche Abweichung des Hintergrundes, den man dort hineingestümpert hat. Auf den Seiten der Gebirgstruppenkameradschaft kann man sich anschauen, wie das normalerweise auszusehen hat. Sie können auch „Gebirgsleistungsmarsch“ googeln.

Dieser Marketingunfall ist in meiner langen Reihe an Argumenten nur ein weiterer Beleg für die „Demilitarisierung“ der Truppe in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit. Waffen zu tragen, ist eigentlich schon total nazi, und dann auch noch damit womöglich kämpfen zu müssen (Erläuterung für Schneeflöckchen: Scharfes Schießen auf bewaffnete Feinde mit dem Ziel, diese auszuschalten), ist aus Sicht der Werbefritzen der Truppe offenbar weiterhin eine absolut unzumutbare, potenziell traumatisierende Vorstellung.

Wie sich eine solche Weichspülung auf die aktiven Kameraden auswirkt, die sich derart enteiert auf Plakaten wiederfinden, mag sich jeder selbst ausmalen. Ich käme mir reichlich veräppelt vor.

Alles Einbildung? Man kann ja Vergleiche ziehen, etwa mit unseren britischen Kameraden. Googlen Sie doch mal „British Army Advert“. Oder blicken Sie nach Frankreich und googlen „Armee de Terre recrute“. Oder wenden Sie ihren Blick gen Osten und googlen „Wojska Lądowe Rekrutacja“. Ich erkenne da gewisse Unterschiede.

Wo wir gerade dabei sind, ein Schmankerl zum Schluss: Mein Allzeit-Favorit bei den misslungenen Werbekampagnen ist immer noch der Spot der US Army aus 2021. Woker geht’s nicht.

 

Martin Toden (60) ist studierter Personalentwickler, Reserveoffizier der Bundeswehr und blickt auf 40 Jahre zivile und militärische Führungserfahrung zurück. Er schreibt hier unter Pseudonym.

Foto: Flickr/MT

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Leserpost

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W. Renner / 13.09.2024

Was bedeutet das „Y“ im Kennzeichen der Bundeswehrfahrzeuge? Das Ende von Germany.

Else Schrammen / 13.09.2024

OMG, ich bin ob der grauenhaften Bilder bis ins Mark erschüttert: Die Briten mit GEWEHREN! Die Franzosen stehen stramm, Hände an der Hosennaht, die armen, armen Menschen! Wie kann man die zu so etwas zwingen? Das ist unmenschlich. Und erst die Amerikaner, feuern wahrhaftig Raketen ab! Wissen die denn nicht, dass sie damit anderen Menschen weh tun können? Und ich hoffe inständig, dass man den deutschen Gebirgsjägern keine Waffen an die Hand gibt. Jäger, das sagt doch alles! Die schiessen womöglich unschuldige Murmeltiere oder gar Bären. Wir wissen doch, wie blutrünstig Jäger sind! Da lobe ich mir die Marine (mein Sohn ist bei dem Verein!), die sind viel netter. Die schießen nicht mit Gewehren auf andere Schiffe und machen die kaputt! Nö, die haben andere Kaliber: Die Fregatten der Sachsen-Klasse haben süße, kleine Raketchen (für unsere Schneefläckchen: Die sind so was wie die Knallfrösche an Silvester, machen gaaanz viel Krach), Raketen, die eine Geschwindigkeit von bis zu 2.900 Kilometern pro Stunde erreichen und sogar feindliche Lenkflugkörper abfangen können,, siehe die “Hessen” im Roten Meer! Das nenn ich mal “Gewehre”!

Arnold Balzer / 13.09.2024

Warum hat der Soldat kein Gewehr hinter der Schulter? Er hat es im BÜRO vergessen!  LOL (Kann ja mal passieren!)

Karsten Dörre / 13.09.2024

Mmh. Bundesregierung und Bundeswehr agieren wie ein moderner Comical Ali.

Lutz Liebezeit / 13.09.2024

Ich wette, die Russen schiessen zurück. Mal sehen, wie es dann mit unserer “Wehrbereitschaft” aussieht?

Anton Weigl / 13.09.2024

Ich war von Okt. 84 bis Dez. 84 beim Panzergrenadierbatallion 223 in der Kronprinz Rupprecht Kaserne in München. Ab Jan. 85 bis Dez.85 beim Panzeraufklärungsbatallion 10 in Ingolstadt.

Ralf Pöhling / 13.09.2024

(3/2) Und noch ein Nachsatz: Wieso klappt das eigentlich überall sonst? Das klappt mittlerweile sogar in den eher links tickenden Ländern Dänemark, Schweden, Finnland und ganz aktuell sogar in den ultraliberalen Niederlanden, die gerade den Ausnahmezustand ausrufen wollen, um die Zuwanderung abzustellen und den Sicherheitsapparat zu mobilisieren. Wieso zur Hölle klappt das nicht in Deutschland? Aus einem ganz einfachen Grund: Weil Deutschland viel zu sehr an den mental schwer irritierten Amis und der NATO hängt. Ich wiederhole: Das muss aufhören. Das Problem der Amis ist nicht unser Problem. Wir haben das selbe Problem wie die Israelis! Ich zitiere nochmal Sun Tzu:„Wenn du dich und den Feind kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten. Wenn du dich selbst kennst, doch nicht den Feind, wirst du für jeden Sieg, den du erringst, eine Niederlage erleiden. Wenn du weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in jeder Schlacht unterliegen. ” Die Amis brauchen die Russen als Feindbild nur aus einem Grund: Um sich selbst zu stabilisieren. Das ist aber gar nicht unser Problem. Unser Problem ist die radikalislamische Invasion nach Europa seit 2015. Hier läuft das Trojanische Pferd und nicht der Kalte Krieg. Die Amis haben andere Probleme als wir. Wenn wir an unserem Problem nicht kaputtgehen wollen, ist unsere Lösung nicht die selbe wie für den Mentalpatienten USA. Oder direkt gesagt: Die Amis sind nicht ganz dicht und wir haben Krebs. Das man das jeweils völlig anders behandeln muss, sollte selbst einem absoluten Dilettanten ohne medizinisches Vorwissen klar sein.

Andrej Stoltz / 13.09.2024

1. Wir Mulitreiber sind eigentlich immer ohne Waffe auf den Berg. Das hätten wir uns gar nicht gefallen lassen, da auch noch die Büchse mitzuziehen. 2. An diesen Leistungsmarsch kann ich mich nur noch schemenhaft erinnern. Ob da neben dem ganzen Gerödel noch ein Gewehr dabei war….vielleicht. Jedenfalls war das nur in den Voralpen, Steigungen schon auf und ab, aber kein Hochgebirge. Allerdings verfluchte 50 km lang…7h, die Zeit weiss ich noch. 3. Tut mir leid, ausserhalb der Dienstzeit und der Kaserne wären Mulitreiber vor niemandem strammgestanden, sorry. 4. Was wohl auch daran lag, dass wir mehr Freiheiten hatten als zB die Normalos aus der Strub. 5. Ja, die Waffe liessen wir immer zu Hause, und trotzdem dürften wir die kampfstärkste Einheit der ganzen Wehr gewesen sein. Denn neben der einmaligen Physis, überhaupt mit den Tieren mithalten zu können, zählt vor allem die Tatsache jede Woche am Schiessplatz gewesen zu sein, manchmal sogar zweimal/Woche. Die goldene Schützenschnur hatten jedenfalls die meisten Wehrpflichtigen, silber definitiv jeder, selbst die Innendienst Kameraden. Wie oft man mit der Büchse spazieren geht, ist da eher sekundär. An uns wär sicher kein Kommunist vorbeigekommen, unser Land (Anm.: gemeint ist Bayern) wäre verteidigt worden. 6. Mit dem peinlichen Foto hat der Autor recht, allerdings aus anderem Grund. Das ist die mässig steigende Stein/Geröllplatte kurz vorm Watzmann Hocheck. Bei Trockenheit Wandergelände, nicht mal eine Einser Schwierigkeit. Gehbar ohne Festhalten müssen. Niemand seilt sich da an , nicht mal Schulklassen der englischen Fräulein aus Reichenhall. Helm trägt ausser diesen BW Helden dort auch noch keiner. Those were the days…Ehem. Gebirgsjaga, Mulitreiber, W15, ausgeschieden als Gefreiter. Freies Bayern !

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