Friedrich Lang, Gastautor / 10.07.2021 / 12:00 / Foto: Pixabay / 67 / Seite ausdrucken

„Bundesrepublik“ steht nur noch auf den Schildern

Von Friedrich Lang.

Was macht Staaten aus, die nach innen und außen Frieden wahren, Herrschaft mit wenig Gewalt gestalten und den Bürgern einen Rahmen geben, in dem sie sich gut entfalten können? Öffentlichkeit, Repräsentation und Partizipation, ein hohes Niveau der Einhaltung sozialer Normen durch Bevölkerung und Amtsträger des Staates sowie Rechtsstaatlichkeit und institutionelle Stabilität. Die alte Bundesrepublik war bis Mitte der 1990er Jahre ein solcher Staat. Davon ist nichts übriggeblieben. Nichts? Das klingt auf den ersten Blick viel zu hart. Inwiefern stimmt es trotzdem?

Öffentlichkeit bedeutet, dass die Interessen aller Bürger in der maßgeblichen, veröffentlichten Meinung abgebildet werden. Repräsentation ist nicht so gut wie demokratische Partizipation, doch bedeutet ihr Vorhandensein immerhin, dass politische Entscheidungen bei der Gesetzgebung und der Anwendung vorhandener Gesetze die Interessen aller Bürger zumindest berücksichtigt werden. Selbstverständlich gibt es in jedem Staat Gruppen, die ihre Interessen besser durchzusetzen verstehen als alle anderen. Doch leidet die Legitimität des Staates, wenn das Spektrum repräsentierter Interessen zu klein wird. 

Soziale Normen sind spontan entstandene Verhaltensweisen eines kulturellen Kollektivs, die sich bewährt haben und dem friedlichen Zusammenleben dienen. Sie gliedern sich grob in einfache Verhaltensnormen, moralische Normen und Rechtsnormen und ändern sich langsam aber stetig mit der Entwicklung jeder Gesellschaft. Keine Gesellschaft kann stabil sein, wenn sie nicht auf breiter Front befolgt werden. Man kann solche Normen zwar künstlich definieren, doch dann funktionieren sie nicht. Sie sind nur funktional, wenn sie spontan entstehen. Das gilt im Wesentlichen auch für das Recht, das lediglich spontan entstandene Normen verschriftlichen und behutsam die Entstehung neuer Normen begleiten kann, wenn es wirksam bleiben soll. Denn künstliche Normen ohne soziale Akzeptanz halten sich nicht, sie führen zu desuetudo, der Nichtbefolgung

Rechtstaatlichkeit bedeutet, dass die rechtlichen Normen, insbesondere auch die Verfassungsnormen und die prozeduralen Normen, von der Judikative eingehalten und gepflegt werden. Die wichtigste rechtliche Norm ist Isonomie, Rechtsgleichheit für alle Bürger. Institutionelle Stabilität bedeutet, dass die gesellschaftlichen Institutionen, insbesondere die von Amtsträgern geleiteten staatlichen Institutionen, verlässlich und im Einklang mit den sozialen Normen agieren. Repräsentative Demokratie ist zu alldem ein Zusatz, doch funktioniert diese nie besonders gut – wichtiger sind die genannten Phänomene.

Interessen einer an globalen Zielen ausgerichteten Elite

Seit Mitte der 1990er Jahre, seit knapp einer Generation, verlieren die Institutionen der alten Bundesrepublik ihren bisherigen Charakter, sie weichen immer mehr von dem oben geschilderten Zustand ab. Das destabilisiert den Staat und führt auf die Dauer zu einem Anstieg des Niveaus von Angst und Gewalt in der Gesellschaft und letztlich zu einer Verschlechterung der Sicherheits- und Versorgungslage. Inzwischen haben wir ein Niveau der Aushöhlung von Institutionen erreicht, das zu einer schweren Legitimitätskrise des Staates geführt hat. Betrachten wir dies anhand von einigen Beispielen aus wichtigen Institutionen: Medien, Parlament, Verfassungsgericht und Exekutive.

Die Medien der alten Bundesrepublik bildeten gemeinsam die Öffentlichkeit recht gut ab. Selbstverständlich gab es Gruppen, deren Sicht der Dinge wenig berücksichtigt wurde, und wie in allen Staaten war die Berichterstattung elitenlastig. Doch gab es eben auch Repräsentanten der breiten Bevölkerung, die sich in den Medien äußerten und deren Interessen abgebildet wurden. Heute hingegen bilden die etablierten, traditionellen Medien im Wesentlichen nur noch die Interessen einer kleinen Minderheit ab, die sich vom Ideal einer Repräsentation aller Bürger abgewendet hat.

Die FAZ ist nicht mehr eine “Zeitung für Deutschland”, wie ihr Untertitel immer noch behauptet, sondern nur noch eine Zeitung auf Deutsch. Sie und fast alle anderen privaten und öffentlichen Leitmedien der alten Bundesrepublik vertreten heute die Interessen einer an globalen Zielen ausgerichteten Elite, die international extrem gut vernetzt ist und sich von der Idee des Nationalstaats zugunsten einer neuen Sicht auf die Welt verabschiedet hat. Es ist die Sicht moderner globaler Konzerne auf die Welt als Wirtschaftsraum.

Für sie ist die Welt ein Markt, mit dessen Hilfe man alle Wirtschaftsgüter optimal verwerten und nahezu alles besitzen will. Eigentum sollen nur noch sehr wenige haben. Gegen Verwertung ist im Prinzip nichts auszusetzen, wenn sie im Gleichgewicht mit anderen Zielen steht und das Eigentum an Produktionsmitteln breit verteilt wäre. Doch die Nationalstaaten mit ihren kulturellen, sozialen und rechtlichen Unterschieden stören bei der Verwertung von Rohstoffen und Menschen im Dienst globaler Eigentümer. Aus der Sicht dieser Eigentümer und ihrer Dienstleister in der Wirtschaft und im Staat, den gesellschaftlichen Eliten, schreiben und berichten FAZ, Süddeutsche, DLF, ARD oder DIE ZEIT. Sie sind zu entkernten Zombies geworden, Schatten der alten Institutionen, die die demokratische Öffentlichkeit früher einmal garantiert haben.

Der Bundestag als Zombieparlament?

Unser Bundestag war einmal ein Ort der geordneten politischen Kompromisse zwischen Interessengruppen, die gemeinsam einen großen Teil der Interessen der Bürger abgebildet haben. Das ist lange her. Letzte Woche hat das deutsche Parlament ohne Grund einen Scheinnotstand verlängert, was bedeutet, dass unsere in der Verfassung garantierten Grundrechte weiterhin aufgehoben sind. Es hat damit die Regierung dazu ermächtigt, uns Bürger als Untertanen ohne Grundrechte und damit auch ohne Menschenwürde zu behandeln. Und in der Tat wurde mit dem Infektionsschutzgesetz sogar das fundamentalste Recht, das Recht auf körperliche Unversehrtheit, aufgehoben. Bundesrat und Gesundheitsministerium können nach geltender Rechtslage beschließen, uns gegen unseren Willen zwangsweise zu impfen (§ 20 (6) IfSG).

Parallel dazu hat das Parlament in den letzten zehn Jahren seine Hoheit über die Verwendung der Steuermittel an rechtlich und verfassungsmäßig nicht legitimierte EU-Institutionen abgegeben. Anonyme nichtgewählte Beamte ohne Rechenschaftspflicht entscheiden nun über die Verwendung der Steuermittel deutscher Bürger. Wir haben wieder eine “taxation without representation” (Besteuerung ohne Repräsentation). Das war die wichtigste Ursache der englischen Bürgerkriege im 17. Jahrhundert, der französischen Revolution, der Entmachtung Napoleons durch seine Gegner der Siebten Koalition im Einklang mit den französischen Eliten und auch der Deklaration der Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika vom Kolonialherrscher, dem Vereinigten Königreich und seinem König Georg III, einem Welfen, der auch König von Hannover war.

Ein Parlament, das solche Gesetze macht oder die Meinungsfreiheit im Internet unterbindet (NetzDG), ist eine Zombieinstitution. Vorne steht noch “Dem Deutschen Volke” dran. Doch müsste es heißen “Den internationalen Finanz- und Wirtschaftseliten, darunter auch deutschsprachigen”.

Zombie-Verfassungsgericht?

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die verfassungswidrigen Corona-Maßnahmen nicht per einstweiliger Verfügung aufgehoben, sondern das staatliche Unrecht durch Aufschiebung von Eilanträgen in den normalen Verfahrensweg zementiert. Es hat die Aufgabe der fiskalischen Souveränität Deutschlands nicht aufgehalten, obwohl diese nie und nimmer verfassungskonform sein kann, da diese Souveränität zum Kernbestand eines Nationalstaats gehört. Ein Staat ohne diese Souveränität ist eine Kolonie oder ein Herrschaftsgebiet, aber kein souveräner Staat. Und es hat die Anordnung von Grundrechtseinschränkungen zum “Klimaschutz” legitimiert, obwohl es dafür keine wissenschaftliche materielle Grundlage gibt. Auf den Urteilen des BVerfG steht noch “Im Namen des Volkes”. Es sollte heißen “Im Namen einer winzigen Elite, zu der auch – aber nicht nur – Menschen gehören, die schon länger hier leben”.

Zombie-Exekutivbehörden?

SARS-CoV-2, davon haben uns die besten Mediziner und Epidemiologen der Welt wie John Ioannidis überzeugt, ist ein normaler Erkältungserreger, der lediglich 0,15 Prozent der Infizierten tötet. Damit ist das Virus so gefährlich wie 200 andere Erreger grippaler Infekte und deutlich weniger gefährlich als Influenza. Eine Impfung gegen das Virus ist medizinisch wirkungslos und gefährlich.

Doch zwei wichtige Exekutivbehörden, das Robert-Koch- (RKI) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), gaukeln uns mit absurden Scheinzahlen und falschen Behauptungen eine gefährliche Pandemie vor. In einer abartigen Negation ärztlicher Normen empfiehlt die STIKO (Ständige Impfkommission) die millionenfache Vergabe von gegen das Virus wirkungslosen toxischen rekombinanten Nukleinsäurepräparaten.

Was wäre die Pflicht der dort arbeitenden Beamten? Remonstration, um verfassungswidrige und amoralische Anweisungen der Vorgesetzen nicht umzusetzen. Doch die Beamten befolgen die Anweisungen. Das RKI und das PEI sind eigentlich der Gesundheit des deutschen Volkes verpflichtet. Was tun sie? Sie versetzen die Menschen in Angst und Schrecken und fordern sie auf, sich kollektiv toxische Nukleinsäuren spritzen zu lassen. Es sind Zombiebehörden.

Wie geht es weiter? Derzeit sind die deutschen Untertanen, die einmal Bürger waren, trotz verlängerter Aufhebung ihrer Grundrechte froh, dass man ihnen wieder ein wenig mehr erlaubt. Ab Herbst, nach der Bundestagswahl, wird die Schraube der Herrschaft wieder angezogen. Das kann dann noch eine Weile so weitergehen, bis das Versorgungsniveau und das Sicherheitsniveau merklich sinken. Erst dann werden die Menschen sich in größerer Zahl auf die eine oder andere Weise wehren. 

 

Der Autor ist Philosoph und Publizist und lebt mit seiner Familie in Stuttgart.

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Leserpost

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H.Nietzsche / 10.07.2021

“Das wird eine ganze Weile so weitergehen.” Bis…? Die 89er Revolution war durch die Ausstrahlung des gesellschaftlichen Gegenentwurfs zum Sozialismus begründet. Darum jetzt Great Reset, Globalisierung, EU-Allmacht, eingebettet in totale Digitalisierung! Damit der App-überwachte Michel nicht irgendwann mal fragt, warum es den Menschen da oder dort besser geht. Kommunismus funktioniert nur, wenn alle mitmachen. Lenin nannte das Weltrevolution. Dann könnte es tatsächlich lange so weitergehen.

Günter Egal Lindner / 10.07.2021

Was für ein Staat ? Wenn Gesunde eine Gefahr für die Gesellschaft sein sollen, dann ist der Staat die Gesellschaft krank.

Renee LaClerc / 10.07.2021

„Bundesrepublik“ steht nur noch auf den Schildern Mal sehen, wie lange noch :-) Die permanente Beschallung mit politmedialen Absurditäten am laufenden Band schön im Artikel zusammengefasst. Man fragt sich öfter in diesen Tagen: Sind die “anderen” komplett durchgeknallt oder man selbst.

Heinrich Hammerschmidt / 10.07.2021

” Letzte Woche hat das deutsche Parlament ohne Grund einen Scheinnotstand verlängert, was bedeutet, dass unsere in der Verfassung garantierten Grundrechte weiterhin aufgehoben sind.”..... Ist das irgendwie erstaunlich? Nein. Denn seit über einem Jahrzehnt regiert eine Große Koalition. Große Koalitionen sind eigentlich nur als Ausnahme gedacht, für schwierige, herausfordernde Zeiten. Diese Ausnahme ist längst zur Regel geworden, mit entsprechendem Schaden für den Parlamentarismus. Das Parlament als Abnicker-Verein für Regierungspolitik mit ein paar medialen Kontras ab und zu von den Oppositionsbänken. Aber kommts drauf an, wie in der Flüchtlingskrise oder Coronazeiten, da herrscht dann große Einigkeit, auch im Abstimmungsverhalten. Jüngere kennen das ja gar nicht mehr anders. Und wehe, Parteien brechen aus der Konsenssoße aus, dann ist der Stigmatisierungsreflex schnell bei der Hand. Das Parlament gleicht mittlerweile einer großen Theaterbühne, das Stück und die Rollen vorhersehbar. Und passt den Zuschauern das langweilige Stück nicht, sind sie eben doof, populistisch oder irgendwas mit Rechts. Mittlerweile gleicht das z. T. wirklich einer permanenten Realsatire, was da läuft. Noch ein Stückchen mehr Absurdität ist immer drin. Deswegen ist bei Inzidenzen um die 0 eine Verlängerung der pandemischen Lage nur die logische Konsequenz. Passender Begriff: Eine Farce.

Herbert Müller / 10.07.2021

Wir sind doch Rechtsstaat - oder etwa seit Merkel sind mehr so ganz?

beat schaller / 10.07.2021

Hervorragender Bericht. Wer nun dazu noch den Corona-Ausschuss Nr. 60 hört, im letzten drittel, mit Dr. David Martin, dem sitzt das Ei dann endgültig auf dem Gesäss. b.schaller

Gerd Breternitz / 10.07.2021

So erlebe ich es auch. Fast jede Generation hat mit diesem eingebauten Irrsinn zu kämpfen. Eigentlich war es nie besser, wenn man an all die zurückliegenden Kriege denkt (besonders auch den Dreißigjährigen Krieg, den Ersten und Zweiten Weltkrieg) ... und immer waren es die Wirtschafts- und Machtinteressen der Eliten. Wir sind halt wieder verstärkt im Krieg .... und die vielen Windmühlen erinnern mich an den Krieg der Welten (H.C. Wells) ... es ist als ob Außerirdische unterwegs sind. An Wells´Krieg der Welten gefiel mir immer sehr gut, daß die Kampfmaschinen der Außerirdischen plötzlich alle tot waren, getötet von einem kleinen irdischen Virus. Ich hoffe immer noch, daß das die Windkraftanlagen auch eines Tages, als Kampfmaschinen der heutigen Außerirdischen, die sich treffenderweise selbst DIE GRÜNEN nennen, treffen wird.

lutzgerke / 10.07.2021

“Die oberen und die unteren 20 Prozent der Bevölkerung kontrollieren ideologisch heute die 60 Prozent der Mitte.” Emmanuell Todd / Das hat der Autor gut erfaßt. Die Minoritätenpolitik muß zwangsläufig zur Ausgrenzung der Majorität führen. / Ich sage wohl nicht zu viel, wenn ich die CDU zum Schöpfer der Bundesrepublik und ihrer stabilen Rechtsnorm mache. Leider hat sie 1991 dann versagt. Die CDU war eine Partei der Stabilität und des inneren Friedens. Idealzustände gibt es nicht und wird es nicht geben. / Im Unterschied zur CDU ist die SPD aus ihrer Geschichte keine Partei, sondern eine “Bewegung”. Man schaue nach dem Zentralorgan “Vorwärts”. (ich glaube nicht, daß die SPD weiß, wo vorne ist?) Die Grünen und und die Linkspartei sind ebenfalls “Bewegungen”. Bewegungen laufen einem stabilen Staatswesen geradezu entgegen, weil sie, genährt von Ideologie und Unzufriedenheit, alles in Frage stellen und ständig an den Bürgern herumzerren. CDU und CSU haben sich anstecken lassen. Die Geschichte ist instabil. Keine Sekunde geben sie Ruhe, was sich auch in der “Parole” wiederspiegelt: “Wir müssen den Bürger mitnehmen”.  Unverschämtheit! / Man schaue doch noch mal nach dem Geheimkrieg der CIA in Laos. Bevor das Bombardement begann, war das ein friedliches Land und alles ging seinen Gang. Das war nahezu der Idealzustand, die meisten Bewohner kannten nicht mal den Namen des gerade herrschenden Monarchen. Wo niemand über die Regierung spricht, fühlt sich auch niemand von ihr gestört. Das war organisches Leben im Gegensatz zu unserem, das nur von Aufruhr, Aufregung und Krisen bestimmt ist. / “Bewegungen” sind dem Menschen ein Greuel.    

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