Die Außen- und die Innenministerin haben sich auf ein Aufnahmeprogramm für "besonders gefährdete" Afghanen geeinigt.
Geplant sei, im Monat ca. 1.000 Afghanen mit ihren Familienangehörigen aufzunehmen, hätte das Bundesinnenministerium und das Auswärtige Amt am Montag mitgeteilt. Zielgruppe seien afghanische Staatsangehörige in Afghanistan, die sich durch ihren Einsatz für Frauen- und Menschenrechte oder durch ihre Tätigkeit in den Bereichen Justiz, Politik, Medien, Bildung, Kultur, Sport oder Wissenschaft "besonders exponiert haben" und deshalb "individuell gefährdet" seien. Auch Personen, die "aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität oder ihrer Religion" eine sich aus den "besonderen Umständen des Einzelfalles" ergebende spezifische Gewalt oder Verfolgung erfahren bzw. erfahren haben und deshalb "konkret und individuell gefährdet" seien, zählten zur Zielgruppe. Unter anderem seien Opfer schwerer individueller Frauenrechtsverletzungen und homo- oder transfeindlicher Menschenrechtsverletzungen genannt worden. Außerdem zählten exponierte Vertreter religiöser Gruppen/Gemeinden dazu. Für das Programm kämen nur Menschen mit Aufenthalt in Afghanistan in Betracht. "Geeignete Personen" müssten von "meldeberechtigten Stellen" vorgeschlagen werden. Diese werden von der Bundesregierung bestimmt. Auch sogenannte zivilgesellschaftliche Organisationen kämen dafür in Frage. Am Ende treffe die Bundesregierung auf der Grundlage der vorgelegten Vorschläge und festgelegter Auswahlkriterien die Auswahlentscheidung. Auswahlentscheidungen sollten in "regelmäßigen Abständen" stattfinden. Die meldeberechtigten Stellen sollten Vorschläge aber fortlaufend einbringen können. Bei der Berücksichtigung von Familienangehörigen käme eine Familiendefinition zur Anwendung, die "an die Lebensrealität vor Ort angepasst" sei, habe es weiter geheißen. Das soll wohl konkret bedeuten, dass ein Mann auch mehrere Ehefrauen mitbringen darf, gegebenenfalls auch minderjährige.
Angefangen hatte der Regierungstransfer von Afghanen mit der Aufnahme sogenannter Ortskräfte, die vor der Machtübernahme durch die Taliban für die Bundeswehr oder andere westliche Einrichtungen gearbeitet haben. Dies war auch auf breites Verständnis in der deutschen Öffentlichkeit gestoßen. Und jetzt soll jeder der "besonders gefährdet" ist, auf einen Transfer nach Deutschland hoffen können? Unter einem islamistischen Terrorregime, wie dem der Taliban, dürfte nur eine Minderheit der Menschen nicht "besonders gefährdet" sein.
Zunächst 12000 Afghanen im Jahr zusätzlich zu der ohnehin gerade ansteigenden Zahl der Migranten, die ins deutsche Sozialsystem drängen, das ist in Zeiten einer rasant wachsenden Krise vielleicht nicht die klügste politische Entscheidung. Denn zu großen Hoffnungen, dass ein Großteil der auf diesem Wege Eingeflogenen bei der Behebung des Fachkräftemangels hilfreich ist, besteht wahrscheinlich wenig Anlass.