Das „Demokratiefördergesetz“ macht's möglich: Werke, die der Staat als schädlich betrachtet, sind in den Bibliotheken kaum verfügbar. Das behindert nicht nur die demokratische Meinungsbildung, vielmehr wird der Debattenraum weiter verkleinert. Wir befinden uns längst in der grauen und klebrigen Zone der Vorzensur.
„Bibliotheken fördern die informationelle Grundversorgung aller Bürger*innen mit ihrem überparteilichen und qualitätsgeprüften Medien- und Informationsangebot und leisten damit einen unverzichtbaren Beitrag zur Meinungsbildung, zu einem demokratischen Gemeinwesen sowie zur politischen Willensbildung.“
So steht es in der am 22. April 2022 veröffentlichten Stellungnahme des Deutschen Bibliotheksverbandes (dbv) mit dem schönen Titel „Bibliotheken als Orte gelebter Demokratie“. Natürlich beeilt sich der dbv, die Beteiligung der Bibliotheken an der Demokratieförderung durch die Sicherstellung einer „informationellen Grundversorgung“, durch die „Förderung von Bildungsprozessen“ und als „Orte der Informationsfreiheit“ ordentlich herauszustellen. Dass das mehr ist als nur die Aneinanderreihung von Schlagwörtern, mit denen die Bibliotheken bei den Anhängern des Zeitgeistes zu punkten versuchen, ergibt sich aus dem Umstand, dass diese Schlagwortperlen sehr konkret zum geplanten „Demokratiefördergesetz“ der Ampelkoalition Stellung beziehen. Man darf sie daher nicht als das übliche und zumeist ins mediale Nichts gesprochene Gerede von Verbänden und ihren Funktionären beiseite tun, sondern muss sie als einen politischen Akt ernst nehmen. Und das heißt: Man muss ihren Kontext und ihre Intention in diesem Kontext ausloten, wenn man wissen will, welche realen Konsequenzen das haben wird.
Beginnen wir, um den Kontext auszuloten, mit dem geplanten „Demokratiefördergesetz“, dessen Entwurf die Bundesregierung mit viel Eigenlob am 14. Dezember 2022 beschlossen und auf den parlamentarischen Zustimmungsweg gebracht hat. In unseren Zeiten einer Parteiendemokratie, in der die Parteibürokratien den Parlamentsabgeordneten jeden Tag aufs Neue zeigen, wo der Bartel den Most holt, ist jeder Zweifel, dass der Entwurf nicht alsbald zum vom Parlament verabschiedeten Gesetz werden wird, unangebracht. Also muss hier auch gar nicht mehr über das Ob der Sache sinniert werden, sondern nur noch über das Wie.
Wie also will die Regierung, die sich als demokratisch gewählte Regierung im besten Deutschland aller Zeiten betrachtet, wie also will sie hierzulande Demokratie fördern? Das geht laut Gesetzesentwurf so: Weil Deutschland nun zwar ein weltoffenes Land sei und über eine starke und wehrhafte Demokratie verfüge, die jedermann in unserem Land ein Leben in Würde und Freiheit und Gleichheit und Rechtsstaat garantiere, dieses Modell aber „zunehmend unter Druck geraten“ sei, müsse man was machen. Nämlich die starke und wehrhafte Demokratie noch stärker und wehrhafter machen. Und zwar dadurch, dass man die „lebendige, demokratische Zivilgesellschaft“ stärke.
Die „Zivilgesellschaft“ beackert das gesellschaftliche Vorfeld
Was bis hierhin nichts weiter als floskelhafte Allgemeinplätzchen waren, wird am Ende der ersten Seite des Regierungsentwurfs zum Demokratiefördergesetz zu einer voluminösen Kaskade von Gefährdungen ausgebacken. Das beginnt – man ist nicht überrascht – damit, dass „insbesondere die rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten immer weiter zugenommen“ haben. Das ist nun zwar nicht erst seit der Ampelkoalition das Mantra unserer sich für staatstragend haltenden Parteien und ihres Personals, aber es ist unter der neuen Bundesinnenministerin vom Mantra längst in den Stand eines orthodoxen Glaubenssatzes erhoben worden, von dem viele sich seit langem fragen, ob er hinreichend durch die Realität gedeckt ist.
Nach diesem Beginn nun also die voluminöse Kaskade von all dem, was sonst noch menschen- und demokratiefeindlich ist und folglich bekämpft werden muss, nämlich dies: „Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit, Queerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit und Extremismen wie Rechtsextremismus, islamistischer Extremismus, Linksextremismus sowie Hass im Netz, Desinformation und Wissenschaftsleugnung und die gegen das Grundgesetz gerichtete Delegitimierung des Staates“, plus „die Verbreitung von Verschwörungsideologien, Desinformation und Wissenschaftsleugnung“ und endlich noch „Hass und Hetze im Internet“.
Die Bekämpfung dieses bunten Gefährdungsstraußes denkt sich die Bundesregierung in ihrem Gesetzesentwurf so, dass man „Projekte“ fördert, die sich der „Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung“ verschreiben. Was dann in seiner konkreten Umsetzung natürlich so aussieht, dass man „die Zivilgesellschaft“ fördert, also all jene Vereine und Verbände, die noch keine offene und direkte Partei- und Regierungsarbeit leisten, aber doch von Parteien und Regierung finanziell abhängig sind und das gesellschaftliche Vorfeld derart penetrieren (wie Klaus Schwab das nennen würde), dass jeder in dieses Vorfeld investierte Steuer-Euro sich in eine Wählerstimme zugunsten der penetrierenden Regierungsparteien verwandelt.
Die „gelebte Demokratie“ entpuppt sich als informelle Zensur
Und hier kommen nun die Bibliotheken ins Spiel. Finanziell ausgehungert, wie sie nun mal sind, von jeder Sparrunde der öffentlichen Hände ganz vorne mitbetroffen durch Ausgaben- und Personalsperren bis hin zu Ausgaben- und Personalkürzungen, ist für sie das Demokratiefördergesetz die derzeit beste Chance, den schleichenden Mittel- und Personalabbau aufzuhalten oder gar umzukehren. Sie müssen dazu nur das von der Regierung begonnene Spiel mitspielen und also in ihre Stellungnahme zum Demokratiefördergesetz hineinschreiben, was sie dort tatsächlich hineingeschrieben haben:
„Der dbv begrüßt die Einführung eines Demokratiefördergesetzes ausdrücklich. […] Angemessene Finanzierung von Projekten sowie mehr Planungssicherheit durch eine bedarfsorientierte, längerfristige und altersunabhängige Förderung sind wichtige Elemente der Demokratieförderung. Damit auch Bibliotheken ihre Rolle als ,Orte gelebter Demokratie‘ vollumfänglich wahrnehmen können, braucht es, neben Förderprojekten, insbesondere auch langfristige finanzielle, personelle und infrastrukturelle Investitionen in die Arbeit von Bibliotheken.“
Das alles ist wenig überraschend und läuft nach dem seit Jahrhunderten bekannten Programm, wonach man die Hand nicht beißt, die einen ernährt, und gut daran tut, den streichelzahmen Pudel seines Herrn zu machen. Wenn der „Demokratie“ ruft, apportiert man brav das Gewünschte.
Daran wäre nichts auszusetzen, wenn das, was dann apportiert wird, tatsächlich auch ein Stöckchen „Demokratie“ wäre. In diesem Fall aber ist es anders und das genaue Gegenteil richtig. Die „gelebte Demokratie“, die wir in den Bibliotheken zu sehen bekommen und die sich auf die Sicherung einer „informationellen Grundversorgung“ und die „Förderung von Bildungsprozessen“ herunterbrechen lässt, zeigt sich bei näherem Hinsehen als informelle Zensur.
Alles entfernen, was als Form von „Extremismus“ markiert wird
Ihr Treibriemen ist das von der Regierung insinuierte und von den Bibliotheken bereitwillig übernommene Verständnis von (politischer) Bildung als Extremismusprävention, die sich die Definition von „Extremismus“ so vorgeben lässt, dass darunter nicht nur alles fällt, was die derzeitigen Politakteure kritisiert, sondern auch alles, was mit der derzeit präferierten politischen Richtung und Kultur nicht kompatibel ist. Also bekanntlich alles, was irgendwie „rechts“ ist.
Auf Zensur läuft ein solches Verständnis von Bildung aber deshalb hinaus, weil es all das, was es als Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit, Queerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit, Rechtsextremismus, islamistischem Extremismus, Linksextremismus sowie Hass im Netz, Desinformation und Wissenschaftsleugnung identifiziert und als „gegen das Grundgesetz gerichtete Delegitimierung des Staates“ auslegt, aktiv bekämpft. In den Bibliotheken manifestiert sich dieser Kampf um die Demokratie dann so, dass sie dazu übergehen, Bücher, die in die gerade aufgelisteten denkerischen Fettnäpfchen getreten sind, aus ihren Beständen zu verbannen.
Die Logik, mit der das geschieht, funktioniert sehr einfach. Wenn es nämlich, wie der Deutsche Bibliotheksverband in seiner Stellungnahme meint, Aufgabe der Bibliotheken ist, ein „überparteiliche[s] und qualitätsgeprüfte[s] Medien- und Informationsangebot“ bereitzustellen, das „professionell ausgewählt“ wird, dann muss unter dem Blickwinkel einer Bildung als Extremismusbekämpfung eo ipso all das, was sich der von der Regierung approbierten Extremismus- und Delegitimationsliste zuordnen lässt, aus den Bibliotheken entfernt oder, noch besser, gar nicht in sie hineingelassen werden. Es ist nämlich schon aufgrund des Themas nichts Qualitätsvolles.
Unliebsamen Werken wird die Qualität abgesprochen
Bibliothekarische Professionalität besteht also, wenn man genau hinsieht, nicht in der Bereitstellung von Büchern und Zeitschriften, die ein möglichst breites wissenschaftliches und weltanschauliches Spektrum abdecken, um damit möglichst breite gesellschaftliche Debatten über Gott und die Welt zu ermöglichen. Bibliothekarische Professionalität besteht jetzt vielmehr darin, wahre Bildung dadurch zu fördern, dass der Bildungsbeflissene von Qualitätslosem, weil Extremistisch-Delegitimierendem verschont bleibt.
Diese Logik der bibliothekarischen Dinge erklärt nicht nur, warum die Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau seit nunmehr anderthalb Jahren völlig unbeanstandet vom Deutschen Bibliotheksverband, „der Zivilgesellschaft“ und den staatlichen Behörden Zensur betreiben kann. Sondern sie erklärt auch die vielen kleinen Maßnahmen durch die vielen kleinen Bibliothekare, die in vorauseilendem Gehorsam und zumeist auch dank solider linksgrüner Gesinnung dafür sorgen, dass dem Bürger qualitätslose, weil unter Extremismus- und Delegitimationsverdacht gestellte Bücher in den Bibliotheken erspart werden. Wir haben hier also das Paradoxon einer „demokratiefördernden Zensur“ vor uns, das sich im Alltag der Bibliotheken als informelle Vorzensur niederschlägt.
Diesen Effekt bemerkt man freilich erst dann, wenn man sich, aus welchen Gründen auch immer, mit der fraglichen, unter Qualitätsverdacht gestellten Fachliteratur näher bekanntmachen will und dann plötzlich feststellen muss, dass sie in den Bibliotheken fehlt. Nicht immer und nicht überall, aber eben immer öfter. Schauen wir uns das an einem konkreten Beispiel einmal an.
Stich ins wissenschaftliche Wespennest
Im Jahre 2017 veröffentlichte der amerikanische Politologe Bruce Gilley in der Zeitschrift „The Third World Quarterly" unter dem Titel „The case for colonialism“ einen Fachaufsatz, der sich mit dem Kolonialismus beschäftigte und ihn insgesamt neu gewichtete. „Kolonialismus“, so sein Argument, das er an historischen Beispielen und Vergleichen schärfte, sei zu einem einseitig negativ konnotierten Begriff geworden, der außer acht lasse, dass der Kolonialismus in vielen Fällen einen Humanitätsschub bewirkt habe, nicht zuletzt im Hinblick auf den Sklavenhandel, der durch die Kolonialregime nicht befördert, sondern beendet wurde. Ganz zu schweigen von der historischen Tatsache, dass sich ein buntes Bündel von Beispielen finden lässt, bei denen die Kolonisierten die Herrschaft der Kolonialstaaten keineswegs abgelehnt, sondern willkommen geheißen haben.
Und schließlich, so Gilley, müsse man nach dem Sachgehalt eines Begriffs fragen, der völlig inkohärent gebraucht werde, weshalb ganz Unterschiedliches als „Kolonialismus“ gewertet werden könne. Während nämlich ein Teil der Wissenschaftler es für eine typische Verfehlung des Kolonialismus hält, dass er willkürlich neue Grenzen gezogen habe, meint ein anderer Teil der Wissenschaftler, der Kolonialismus, der solche Willkürgrenzen nicht gezogen habe, habe sich einer Förderung von tribalistischen Strukturen schuldig gemacht.
Man muss kein Kolonialismus-Fachmann sein, um zu erkennen, dass Gilley mit seinem Aufsatz in ein wissenschaftliches Wespennest gestochen hatte. Und die Wespen zahlten es ihm rasch heim: Nachdem die Karte der „akademischen Standards“ gespielt worden war – will sagen: man warf dem Autor vor, er habe diese Standards verletzt – und es aufseiten der Herausgeber der Fachzeitschrift zu Rücktritten gekommen und einigen Herausgebern sogar Gewalt angedroht worden war, zog die Zeitschrift den Artikel „in agreement with the author of the essay“ zurück. Er wurde dann in der Zeitschrift „Academic Questions“ republiziert, mit einem die beunruhigenden Umstände der Retraktion erklärenden Vorspann.
Uni-Bibliotheken schaffen nichts „Umstrittenes“ mehr an
Bruce Gilley war damit, man kann es nicht anders sagen, als ein „umstrittener Autor“ markiert. In dem Kontext, auf den es hier ankommt, heißt das, dass er auf jene Seite geschoben wurde, auf der sich gemäß dem Entwurf zum „Demokratiefördergesetz“ all das befindet, was unbedingt bekämpft werden muss. Und da die Bibliotheken alles, was sich auf der demokratiefördernden Kampfliste der Innenministerin befindet, als identisch mit mangelnder Qualität oder Desinformation betrachten, wird daraus in den Bibliotheken tendentiell eine Nichtanschaffung der in dieses Raster fallenden Bücher.
Es wundert jedenfalls nicht, dass Gilleys im Jahre 2021 auch auf Deutsch erschienenes und inzwischen sehr erfolgreich in vierter Auflage gedrucktes Buch mit dem Titel „Verteidigung des deutschen Kolonialismus“ in den Universitätsbibliotheken hierzulande nur ein kümmerliches Dasein fristet. In Bayern ist es lediglich an den Universitätsbibliotheken von Würzburg und Bamberg und an der Bayerischen Staatsbibliothek in München vorhanden, die Bibliothek der Ludwig-Maximilian-Universität in München hat es ebenso wenig wie die Universitätsbibliotheken in Passau, Regensburg, Bayreuth und Erlangen. In Baden-Württemberg findet man es an der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart und an den Universitätsbibliotheken von Tübingen und Heidelberg; in Mannheim, Karlsruhe, Freiburg, Ulm und Konstanz aber nicht, auch nicht an der Badischen Landesbibliothek.
In Hessen ist es nur an der Universitätsbibliothek Marburg zu finden, in Frankfurt, Gießen, Darmstadt und Kassel also nicht. In Nordrhein-Westfalen wird man an der Universitätsbibliothek Münster fündig werden, nicht aber in den Universitätsbibliotheken von Bonn, Köln, Düsseldorf, Dortmund, Essen, Aachen, Bochum, Bielefeld, Hagen, Siegen, Paderborn und Wuppertal. In Rheinland-Pfalz ist das Buch nur an der Universitätsbibliothek Landau vorhanden, nicht aber in Mainz, Koblenz und Trier. In der Bibliotheksregion Berlin-Brandenburg ist es nur in vier oder fünf Spezialbibliotheken vorhanden, die öffentlich zugänglichen Universitätsbibliotheken ignorieren seine Existenz vollkommen. Und so hält es auch die Universitätsbibliothek in Saarbrücken.
Das Gegenteil von demokratischer Meinungsbildung
Natürlich, so wird man einwenden, haben wir es hier nicht mit offener Zensur zu tun, die auf der Basis von formellen Gesetzen Autoren, Werke und Themen aus den Regalen der staatlichen Bibliotheken verbannt. Aber, so der Gegeneinwand, wir befinden uns längst in der grauen und klebrigen Zone der Vorzensur, in der eine Mischung aus mentalen Prägungen und zeitgeistigen Obsessionen im Verein mit der nach oben – zur Politik hin – aus Karrieregründen gerne demonstrierten Anstelligkeit des Bibliothekspersonals dafür sorgt, dass der Debattenraum auf den gewünschten Korridor verengt wird.
Um das noch etwas schärfer zu sehen, genügt eine einfache Gegenprobe. Gilleys Buch, das zusammen mit seinem älteren Fachaufsatz eine breite Debatte unter Wissenschaftlern und interessierten Laien auslöste, müsste, aus Gründen der von den Bibliotheken reklamierten Ermöglichung von demokratischer Meinungsbildung, an möglichst vielen Bibliotheken vorhanden sein. Ist es aber nicht, wie wir gerade gesehen haben. Dagegen ist ein im linksgrünen und woken Bielefelder transcript-Verlag 2021 erschienenes Buch mit dem Titel „Queere Praktiken der Reproduktion. Wie lesbische und queere Paare Familie, Verwandtschaft und Geschlecht gestalten“ (der Autor nennt sich Sarah Charlotte Dionisius) an ungleich mehr Bibliotheken vorhanden, nämlich in gedruckter Form an den Universitätsbibliotheken in Würzburg, München, Erlangen, Bochum, Bielefeld, Münster, Hagen, Berlin (Humboldt-Universität und Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz), Frankfurt an der Oder, Freiburg, Göttingen, Halle, Hamburg, Heidelberg, Karlsruhe (Badische Landesbibliothek), Leipzig, Lübeck, Mannheim, Oldenburg, Rostock, Stuttgart (Württembergische Landesbibliothek), Weimar – und zusätzlich ist es als eBook in den genannten und fast allen anderen Universitätsbibliotheken Deutschlands abrufbar. (Sie können alle diese Angaben, auch zu dem Buch von Gilley, gerne selbst hier nachprüfen.)
Halten wir fest: Bücher, die mit dem Zeitgeist konform gehen, sind unabhängig von ihrer wissenschaftlichen Qualität mit großer Wahrscheinlichkeit an allen wissenschaftlichen Bibliotheken Deutschlands zu finden. Bücher hingegen, die wohlgefügte Denkmuster durchbrechen und gerade dadurch auf dem Buchmarkt sehr erfolgreich sind, dass sie eine öffentliche Debatte initiieren, die viele nicht führen möchten, werden in den steuerfinanzierten öffentlich-wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland nur mit der Kneifzange angefasst und am liebsten erst gar nicht gekauft. In diesen Fällen ist es schlagartig aus mit der „gelebten Demokratie“ in den Bibliotheken und mit ihrem „unverzichtbaren Beitrag zur Meinungsbildung“. Stattdessen beobachten wir Maßnahmen, die die geistige Besitzstandswahrung der gerade herrschenden wissenschaftlichen Orthodoxie fördern und alles, was mit ihr nicht konform geht, in die Hölle der ungesicherten Erkenntnisse und des Qualitätslosen verbannen.
Uwe Jochum, geb. 1959, studierte Germanistik und Politikwissenschaft in Heidelberg und promovierte an der Universität Düsseldorf. Seit 1988 arbeitet er als wissenschaftlicher Bibliothekar. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Bibliotheks- und Mediengeschichte, zuletzt „Geschichte der abendländischen Bibliotheken“.
DM/20.11.