Artikel aus der TAZ, vom 23.11.22 Bücherentsorgung in der Ukraine: „Russische Literatur ins Altpapier“ Aus Hass auf die russischen Angreifer räumen viele Ukrainer*innen ihre Bücherregale leer. Das betrifft Comics, aber auch Klassiker wie von Tolstoi.
Herr Ortner, 1933 gab es noch keine Studierenden, damals waren das noch Studenten. Heute braucht man keine Bücher mehr zu verbrennen. Heute geht das durch die kalte Küche. Man ändert den Text, streicht unliebsame Wörter, z. B. welche, die mit N anfangen. Der Vorgang ist der Gleiche, aber Proteste aus der Gesellschaft gibt es kaum. Das Verbrennen findet wahrscheinlich nur wegen des “Klimas” nicht mehr statt.
.”..zur barbarischen Komplizenschaft bereit WAR?” Wieso Präteritum? Mit der “falschen Haltung kriegt man auch heute kein Bein im öffentlichen medialen Bereich auf die Erde. Das bewusste Ausgrenzen, Canceln und damit den kommunikativen und wirtschaftlichen Tod hervorzurufen, das ist en vogue wie nie zuvor. Und stellt mithin lediglich eine Schwundform dar dessen, was 1933 geschah. Die neuen Nazis von heute wenden einen uralten Trick an: Haltet den Dieb! Man schreit Nazi- und der gutmütige Bürger fällt auf diese Paradoxie rein. Dem Dritten Reich gegenüber hege ich keine Sympathien, aber ich schätze, dass die historischen Nazis ziemlich viel Mumm in den Knochen hatten. Die heutigen jedoch sind sinistre Feiglinge und Plärrliesen. Es ist eben ein Unterschied mit Knüppeln zur Saalschlacht zu gehen oder mit Kartoffelbrei und Sekundenkleber ins Museum. Oder jemand im Internet anzuschwärzen. Das ist nun wirklich DIE Bastion aller Feiglinge und Dicketuer. Deshalb ist es da immer so voll. Und die Straßen so leer. 1933 ist nicht weg. Es ist nur woanders….
Nachdem Ihnen gleich in der zweiten Zeile einmal die “Studierenden” rausgerutscht sind, haben Sie wohl selbst gemerkt, wie blöd diese Sprachverhunzung ist und haben dann doch mit “Studenten” weitergemacht. Zum Glück nicht mit Studentinnen und Studenten. Vielen Dank dafür.
Wie konnte es dazu kommen? Zitat Broder sinngemäß: Weil sie so waren, wie ihr heute seid.
Zitat: Die Szenerie ist sorgfältig geplant, nichts war dem Zufall überlassen worden: Fackeln waren nun verteilt worden, auf Kommando zieht die auf mehrere tausend Menschen angewachsene Menge los, vorneweg Professoren in Talaren, dahinter NS-Studierende, SA, SS, Burschenschaften und Hitlerjugend…. Auf mich wirkt es, wie andere Aktionen der Nationalsozialisten, wie die brutale Aufführung einer gut organisierten skrupellosen Minderheit die den Rest terrorisiert und dabei ausprobiert wie weit sie gehen kann. Zitat: Insgesamt sind 102 Bücherverbrennungen in über 90 deutschen Städten dokumentiert. Eine schauderhafte Bilanz.—Wenn ich an die Zahl der Städte in Deutschland denke und die Zahl der Bücher die es vermutlich gab klingt das zwar schrecklich aber nicht nach einem Massenphänomen.
Aber man hat daraus gelernt. Leider hat man daraus nur gelernt, wie man es eleganter macht. Heute verbrennt man nicht das Buch, sondern man desavouiert, bedroht und verleumdet den Verfasser, macht öffentliche Auftritte unmöglich und entzieht die Existenzgrundlage. Das neue Verfahren hat den Vorteil, daß es nicht nur auf Literaten sondern sozusagen interdisziplinär anwendbar ist. Schöne neue Welt.
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