Es ist ein irrwitziges Theater. Der Bundesregierung macht Politik gegen die Interessen der deutschen Bürger und legitimiert mit nichts Geringerem als dem deutschen Beitrag zur Rettung der Welt. Im Innern werden Probleme nicht gelöst, aber dafür zelebriert die Kanzlerin ihre internationale Bedeutung so sehr, dass man zu fürchten beginnt, es ginge tatsächlich nichts mehr ohne sie.
Und dann ist immer die EU so immens wichtig. Es gibt immer neue größere und schönere europäische Pläne, die auch gern teuer sein dürfen, während niemand weiß, wie man die anstehenden Krisen löst und verhindern kann, dass der Laden auseinanderfliegt. Irgendwie scheinen alle politischen Verantwortungsträger völlig die Bodenhaftung verloren zu haben und an chronischer Selbstüberschätzung zu leiden.
Lustig zu beobachten ist das auch bei der SPD, die mit jedem neuen Vorsitzenden einen Neustart und Neuanfang ausruft. Der Beste in dieser Reihe war unzweifelhaft Martin Schulz, der auf dem damaligen Höhepunkt des SPD-Niedergangs das Ziel der Vereinigten Staaten von Europa bis 2024, also innerhalb der nächsten sechs Jahre, ausrief.
In Deutschland durfte er nicht mitregieren, da macht er nun wieder Europapolitik. Jüngst rief er die Europäer zum „Aufstand der Anständigen“ auf – gegen solche Typen wie Kurz oder Orban. Der gescheiterte Kurzzeitkanzlerkandidat vergisst vielleicht in seinen anständigen Aufstandsträumen einfach den Umstand, dass der österreichische Bundeskanzler und der ungarische Ministerpräsident - auch wenn er sie nicht mag - in freien Wahlen gewählt wurden.
Aber immerhin: Wer Hochstapler wie Münchhausen oder Felix Krull mag, der kann diese Zeit genießen, denn die politische Hochstapelei hat derzeit Konjunktur wie selten zuvor.
Ich würde ja gerne mal hören, was die Vernünftigen bei den internationalen Konferenzen tuscheln, wenn unser Hosenanzug mit wichtigtuerischer Attitude dort auftaucht. Irgendwie kann ich verstehen, daß sich einige nach einer langen Sitzung mit unserer Kanzlerdarstellerin einen hinter die Binde kippen müssen. Dem Schulz muß man verzeihen, der ist zu viel mit Juncker unterwegs.
Es ist mittlerweile offensichtlich, dass die Politiker den Anforderungen an den Politikbetrieb nicht mehr gewachsen sind. Ob es Hochstapler sind? Es sind meines Erachtens überforderte Kleingeister, die sich an der großen Welt verheben.
Merkels internationales Ansehen ist wohl in erster Linie von ihrer Bereitschaft mit deutschem Geld recht spendabel umzugehen, abhängig. Solange etwa innerhalb der EU Aussicht auf deutsches Geld besteht, bemüht man sich um sie. Sollte das eines Tages anders sein, wird ihr Stern wahrscheinlich mit ungeahnter Geschwindigkeit sinken. Aber in dieser Beziehung ist sie ja zuverlässig. Und für ein paar Milliarden hofiert man sie gerne. Die, die kein Geld von ihr zu erwarten haben, hofieren sie schon jetzt nicht. Wichtig ist sie wohl vor allem deshalb, weil die Deutschen so viel erwirtschaftet haben und weil dieses Geld so großzügig verteilt wird.
Ich finde es ermüdend, sich mit dem Applaus zu guten Analysen zu begnügen. Sicher hat es eine psychohygienische Funktion, wenn man sich gegenseitig begründet versichern kann, dass man auf dieser Seite des Zauns nicht dem kollektiven Wahn anheim gefallen ist, den man faktenreich und treffend auf der anderen Seite des Zauns erkannt hat. Was aber folgt daraus? Wie kann der Missstand behoben werden? Angesichts der Kräfteverhältnisse fällt es schwer, daraus Hoffnung zu gewinnen.
Berhard Freiling Sehe ich genauso. Nur 299 MdBs sind nach den Wahlgrundsätzen in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählte Abgeordnete. Der Rest ist über Listen sowie wg. Überhang- und Ausgleichsmandate dort gelandet. Sie sind also von der Partei und nicht vom Volk legitimiert. Das Ergebnis ist, dass nicht im Interesse der Bürger sondern der Partei und Eigeninteresse gehandelt wird. Lt. GG kontrolliert der Bundestag die Bundesregierung. Aber daraus ist ein Kanzlerwahlverein geworden. Gäbe es nur direkt gewählte Abgeordnete, also 299 an der Zahl, sähe manches sicherlich anders aus. Und überhaupt, wozu hat D das derzeit zweitgrößte Parlament weltweit überhaupt?
"Vereinigten Staaten von Europa bis 2024" - Bis 2024 hat die "Vereinigte Linke Deutschlands" (vulgo: Liste Sahra) die SPD im Bundestag ersetzt. Auch FDP und Linkspartei sind draußen. Die AfD ist klar zweitstärkste Partei und liegt nur knapp hinter der CDU.
Sehr geehrter Herr Broder, mit Verlaub, Sie tun Herrn Krull Unrecht. Hochstaplei ist - wenn auch verwerflich - so doch eine Kunst, die Intelligenz und Raffinesse voraussetzt. Wir haben es hier jedoch lediglich mit dumpfbackigen Ausweichmanöwern maximal mittelmäßig begabter Selbstberufener zu tun...