Elisa David, Gastautorin / 27.04.2019 / 06:20 / Foto: Olaf Kosinsky / 73 / Seite ausdrucken

Brigitte enteiert Habeck

Von Elisa David.

Robert Habeck, der Bundesvorsitzende der Grünen, wollte wohl sein Image bei den weiblichen Wählerstimmen ein bisschen aufpolieren, bevorzugt natürlich bei den Naiven, die leicht gefügig zu machen sind, denn von solchen Menschen lebt die Partei schließlich. Warum sonst hätte er sich wohl in einem „politischen Talk“ des Frauenmagazins „Brigitte“ interviewen lassen? Ich wage zu behaupten, dass es kaum möglich ist, eine besser geeignete Zielgruppe für Bilder von süßen, ausgehungerten Eisbären und sonstiger Propaganda gibt, als die Leserinnen dieses Magazins.

Von Journalisten, die sonst „Beauty-, Styling- und Liebestipps“, basierend auf den Sternzeichen, geben, erwartet man keine wirklich ernst zunehmende politische Debatte, von einem Grünenpolitiker – auch nicht so wirklich. Das macht die Dinge, die in dem Interview geäußert wurden, aber nicht weniger bezeichnend. Außerdem sollte man das Ganze auch nicht unterschätzen, denn „Brigitte Live“ hat schon in vergangenen Jahren für einige politische Eruptionen gesorgt. So wie im Juni 2017, als Angela Merkel hier von ihrem Nein zur gleichgeschlechtlichen Ehe abrückte, woraufhin im Bundestag kurz darauf die Mehrheit für ein entsprechendes Gesetz zustande kam.

Aber zurück zu Robert Habeck. Der bekam vorgegebene Begriffspaare genannt und durfte sich ein Stichwort aussuchen, das dann mit einer Frage verbunden war. Die stellen meist keine große Herausforderung dar, so wird zum Beispiel gefragt, was seine Vorbilder sind. An dieser Stelle könnte man eine gestellt dramatische Rede erwarten, doch stattdessen fällt als erstes der Name Robin Hood – die Disney-Version mit den Füchsen, Bären und Hühnern, versteht sich. Denn die habe ihn schon mit etwa sechs Jahren zutiefst beeindruckt. „Das haben wir stundenlang nachgespielt. Meine Cousinen waren Maid Marien und ich hab die befreit und so weiter.“

Ein wirklich ironischer Anblick – ein weißer, alter Mann sitzt da und erzählt, dass er als Kind davon fantasiert hat, Mädchen zu befreien, als ob die das nicht selbst könnten, während die Moderatorin, von der man nur die Knie sieht, kichernd daneben sitzt. Wenn ich nicht wüsste, dass die beiden zu den Guten gehören, würde ich mich über den fehlenden Aufschrei der Feministen wirklich sehr wundern, ein konservativer Politiker könnte sich das wahrscheinlich nicht leisten.

Erhellend und gleichzeitig zutiefst deprimierend

Auf Platz zwei findet sich der Philosoph Albert Camus wieder, der ihn dazu brachte, Philosophie zu studieren – auch wenn er sich selbst deshalb nicht als Philosoph bezeichnen würde. An dieser Stelle frage ich mich, wofür man dann ein so unproduktives Fach wie Philosophie studiert, wenn man sich danach nicht mal wenigstens als Philosophen bezeichnen kann. Drittens haben wir dann Rudi Dutschke, aber wohlgemerkt nur seinen Mut. „Aber jetzt nicht daraus machen, Dutschke wäre mein Vorbild!“ Natürlich nicht, wäre bei der vorausgegangen Fragestellung auch total abwegig gewesen.

Sehr erhellend und gleichzeitig zutiefst deprimierend ist seine Schilderung vom Beginn seiner politischen Karriere – das arme Deutschland hätte nur einen Fahrradweg mehr gebraucht, um jetzt einen weltfremden Elite-Politiker in Führungsposition weniger ertragen zu müssen. Denn als er ungefähr dreißig war, mangelte es in seinem Dorf in Schleswig Holstein an einem Fahrradweg, denn bis dahin mussten seine Söhne zwischen Treckern rumradeln, was ihm doch ein bisschen gefährlich erschien. Um sein Dörfchen fahrradfreundlicher zu gestalten, sei er den Grünen beigetreten, den Robin Hoods der Politik, wenn man so will, die zu der Zeit noch dringend einen Kreisvorsitzenden suchten, und so nahmen die Dinge ihren Lauf.

Das Highlight des Tages folgt dann, als er sich zwischen den Worten „Kanzler“ und „Kanzlerin“ entscheiden soll – Habeck ist natürlich für solche Situationen trainiert und wählt brav die feminine Formulierung. Die Moderatorin bringt daraufhin eine Frage, die man widersprüchlicher kaum stellen könnte – und die Habeck ziemlich in Schwierigkeiten zu bringen scheint. Wäre es ein Rückschlag für die Gleichberechtigung, wenn auf Angela Merkel ein Mann folgen würde? Die Antwort düfte klar sein – nein, denn Gleichberechtigung beinhaltet auch das gleiche Recht, Kanzler zu werden. Aber das darf Habeck doch nicht so einfach sagen, schließlich ist Mutti alternativlos, an eine Nachfolge will man gar nicht denken.

Ungeschickt windet er sich aus der Situation, indem er eine Gegenfrage stellt: „Ist das Land bereit für einen männlichen Kanzler?“ Wenn er sich seine Fragen jetzt schon selbst stellt, sollte man wenigstens erwarten, dass er auf die eine Antwort weiß – ist aber nicht so. Also weicht er auf die Textbausteinebene aus und redet (oder sollte ich labern sagen?) von Themen wie Tote im Mittelmeer und dem Klimawandel, Themen die unbedingt gelöst werden müssen, egal von wem. Das Publikum klatscht begeistert, die Moderatorinnen geben sich damit zufrieden. Das übliche Gefasel über den „Kampf gegen Rechts“, der auf dieses glorreiche Interview folgte, möchte ich keinem unnötig antun. Also belassen wir es an dieser Stelle bei der Schlussfolgerung, dass es Habeck und vor allem uns jetzt ein kleines bisschen besser erginge, wenn er heroischer Dorfpolitiker und fahrradfreundlicher Familienvater geblieben wäre. Denn als möglicher Kanzlerkandidat ist er beim besten Willen nicht geeignet – schließlich kann er nicht mal den billigen Fragen eines Klatschmagazins standhalten.

Elisa David, 18, ist Abiturientin in Lübeck

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Schüler-Blog Apollo-news

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Leserpost

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Wolf-Dietrich Staebe / 27.04.2019

Dass es in Deutschland noch junge Menschen gibt, die den angeblichen Umweltschützern von den grünen Khmer und deren Gesinnungsgenossen in den Blockparteien nicht so einfach auf den Leim gehen, lässt ein wenig hoffen.

Harald Hotz / 27.04.2019

Es wird ja viel von Rechtspopulismus geredet, im Vergleich zum linksgrünen Populismus scheint mir dieser aber harmlos zu sein. Habeck kommt mir vor wie der Roland Kaiser für die linksgrünen Traumschiffpassagiere oder ein Sascha Hehn für die Arche Noah der Bestverdiener. Wobei manche Lieder von R. Kaiser wahrscheinlich mehr intellektuelle Substanz haben und sicher mehr Laune machen als die unablässigen Sirenengesänge und Klimaabgesänge der Grünen. Wie auch immer: der Erfolg dieser Schwätzerpartei erklärt sich aus dem fatalen Hang des deutschen Bürgertums zu anspruchsloser volkstümlicher Biedermeierromantik. Ich kenne diese Roberts noch aus meiner Schulzeit: das war die erste Lehrergeneration nach ´68, die auf uns losgelassen wurde: “Hallo ich bin der Robert, ihr könnt mich duzen.” Und wir dachten damals: “Du mich auch!” Besonders perfide finde ich allerdings, daß diese abgehalfterten 68iger-Rentner jetzt auch noch ihre Enkel aufhetzen gegen die “Leistungsmitte” der Gesellschaft, aber Volksverhetzung von links ist ja bei uns nicht strafbar.

Bernhard Freiling / 27.04.2019

Was der Habeck sagt, interessiert doch Keine(n) wirklich. Der Mann sieht nett aus, fährt Fahrrad und will mit seiner kongenialen Mitstreiterin Baerbock die Welt retten. Reicht das nicht? //// Wenn mir Einer, angetreten mich   politisch vertreten zu wollen,  erzählt, er könne mit dem Land, in dem ich lebe, nix anfangen und ich als Bürger dieses Landes sei ihm eh egal: Wie bescheuert müßte ich sein, dem trotzdem meine Stimme zu geben? //// Offensichtlich gibt es in diesem Land rd. 20% oder mehr Vollpfosten, die sich durch überhaupt nichts beeindrucken lassen. Was soll ich zu den weiteren rd. 60% verirrter Seelen sagen, die statt Habeck Kramp-Karrenbauer oder Nahles oder Lindner oder Kipping wählen? Habeck ist m.E. nur das gehypte Symptom einer immer kränker werdenden Gesellschaft.

Dietrich Herrmann / 27.04.2019

Man sollte zum Thema Habeck eine der letzten “Nuhr im Ersten”-Sendungen anschauen. Spitze!

Hjalmar Kreutzer / 27.04.2019

„Der Robert“ in der „eine Brigitte bitte!“ - gleich zwei Themen, mit denen ich mich nun überhaupt nicht beschäftigen würde, danke, dass Sie das für uns Leser tun! Ich muss immer noch hämisch kichern… Bravo und weitermachen!

Rolf Lindner / 27.04.2019

Solch Mangel an Umschaltfähigkeit bei interviewten Politikern erinnert mich immer an den Schüler im Biologieunterricht, der sich auf Kamele vorbereitet hat, aber zu Walen befragt wird. Der macht dann die Wüste zu einem Sandmeer und das Kamel zu einem Tier, das sich wie der Wal seiner Umgebung angepasst hat, und palavert dann über Kamele.

Tobias Meier / 27.04.2019

“Ist das Land bereit für einen männlichen Kanzler?” - Lieber Herr Habeck, in längst vergangenen vor-merkelschen Zeiten hatte dieses Land bereits männliche Kanzler, und zwar insgesamt sieben. Aber ich vermute mal, mit “männlichem Kanzler” meinen Sie sich selbst. Ich finde es unerträglich, was für Blender in der links-ökologischen Partei in höchsten Positionen herumstümpern dürfen und nahezu erschreckend, dass diese in diesem Lande noch einen so großen Anklang finden, obwohl sie ihre Inkompetenz bei jeder möglichen Gelegenheit geradezu herausschreien. Jeder halbwegs vernunftbegabte Bürger müsste um diese Partei und ihre Lakaien einen riesigen Bogen machen. Zum Abschluss ein Kompliment an die junge Autorin: ich finde es bemerkenswert, mit welch guter Beobachtungsgabe hier Missstände gesehen und eloquent beschrieben werden, Hut ab. Dieses Kompliment gilt ebenso für Ihre Mitstreiter im Apollo-Blog. Sie machen mir Hoffnung, dass in der so gescholtenen Schneeflöckchen-Generation doch genug kritische Geister unterwegs sind. Dann können wir das Ruder gemeinsam vielleicht doch nochmal in Richtung Vernunft herumreißen, bevor Alt-Hippies, Möchtegern-Vorstadt-Revoluzzer und Kaschmir-Ökos dieses Land endgültig zugrunde richten.

Wolfgang Kaufmann / 27.04.2019

In bester Orwellscher Diktion heißt die Bevorzugung der Damenwelt nun „Gleichberechtigung“. Wenn hingegen im Wettbewerb der Geschlechter gleiche Bedingungen gelten, spricht man von Benachteiligung. Haben Frauen Inklusion nötig und Nachteilsausgleich? Soll ich langsamer sprechen oder einfacher denken, um sie nicht auszugrenzen? Natürlich nicht. – Aber anscheinend haben wir hier noch Nachwirkungen der deutschen Heimchen-am-Herd-Ideologie; die Frau lebt in ihrer eigenen Wohlfühlwelt. In anderen zivilisierten Staaten gehen Frauen mit der größten Selbstverständlichkeit ins Ingenieurbüro, zur Armee oder zur Feuerwehr. Nur die Deutschinnen verlangen zwanzig Jahre kreativer Babypause, bevor sie ihr erstes Kind kriegen. Und danach nochmal, weil sie sich für die absolut begnadeten Erzieherinnen halten.

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