Rainer Bonhorst / 11.01.2020 / 06:15 / Foto: Mark Jones / 21 / Seite ausdrucken

Brexit, Megxit, Quexit?

Drei Jahre lang hat die Briten der Brexit beschäftigt. Und jetzt? Jetzt spricht und schreibt alles über den Megxit. Spinnen sie vielleicht doch, die Briten? Oder sind es nur die britischen Medien? Sie sind jedenfalls mit verantwortlich dafür, dass sich Meghan Windsor, geborene Markle, und Harry Windsor aus dem Königshaus in Richtung Kanada absetzen.

Nun gut, Prinz und Herzogin bleiben sie ja noch, jedenfalls vorerst, obwohl einige beleidigte Journalisten, ihres Freiwilds beraubt, jetzt fordern, dass man den beiden auch ihre Titel nehmen soll. Andere machen sich Sorgen, der Megxit könne der Anfang vom Ende des britischen Königtums sein. Droht etwa auch noch ein Quexit? 

Nun gut, die Queen ist mit ihren 94 Jahren nicht mehr die Jüngste. Aber sie hat die steifste Oberlippe der auf ihre steifen Oberlippen stolzen britischen Oberschicht. Und da ist ja noch ihr Sohn Charles. Der ist mit seinen 71 Jahren zwar auch kein Küken mehr. Und wirklich beliebt beim Volk ist er auch nicht, weil er statt der süßen Diana die weniger süße Camilla liebte und liebt. Er ist aber durchaus in der Lage, dem Königshaus einen neuen Sinn zu geben. Charles ist ein echter Herzens-Grüner, eine Rarität auf der Insel. Er war schon grün, als Greta Thunberg noch gar nicht geplant war. Er könnte die Monarchie zur Vorreiterin einer Greta-fähigen Zukunft machen. 

Ob seine eher frivolen, jeder Weltrettungs-Schwärmerei abholden Landsleute dabei mitspielen, ist eine andere Frage. Meghan und Harry haben sich jedenfalls anders entschieden. Wie es scheint, wollen sie im kalten Kanada ruhig die Erderwärmung abwarten.

Brexit? War da noch was?

Jedenfalls hat der Megxit den Brexit medial völlig in den Schatten gestellt. Ein weiterer Beleg dafür, dass man in England die Leichtigkeit des Seins zu schätzen weiß. Brexit? War da noch was? Wo ist der überhaupt geblieben? Er ist dort, wo Boris Johnson ihn haben wollte, als er immer wieder predigte: Let's get Brexit done. Jetzt ist der Brexit da, in halbtrockenen Tüchern, und die Engländer können sich wieder darum kümmern, wie sie ihren Laden in Ordnung halten. 

Da gibt es, wie bei uns auch, viel tu tun. Aber die Briten haben, anders als wir, erst einmal wieder freie Hand. Brüssel kann vorerst nur murrend zuschauen, was Boris Johnson alles tun wird, ohne bei der Kommission um Erlaubnis zu bitten.

Ganz sicher wird er versuchen, den englischen Norden, den er der Labour-Partei abspenstig gemacht hat, auf Dauer für seine Konservativen zu gewinnen. Das heißt, er muss seine Konservativen in eine Partei verwandeln, die nicht nur für die Oberschicht und die ewigen Spießer etwas tut, sondern auch für die weniger Betuchten und die weniger Feinen. Und zwar etwas Konkretes, das sich angenehm vom Marxismus der ideologisch festgefahrenen Corbyn-Partei abhebt. 

Aber was? Jede Menge Busse zum Beispiel, die die abgehängten Orte des Nordens mit den prosperierenden Großstädten verbindet. Johnson hat sich schon in London als Bus-Bürgermeister gute Noten und viele Stimmen geholt. Für die marode Bahn wird er sich wohl auch etwas einfallen lassen. Mobilität als ein Stück Sozialpolitik, wofür ihm die bisher vergessenen Nordlichter Englands bei der nächsten Wahl mit ihrer Stimme danken sollen..

Johnson ist ein Pragmatiker der Macht

Johnson ist eben kein Ideologe, auch kein konservativer, sondern ein Pragmatiker der Macht. Er ist zwar von Hause aus durch und durch ein Herr der Oberschicht, aber einer, der diesen Quatsch problemlos hinter sich lassen kann. Er kann rechts und links. Und diese Fähigkeit ist genau das, was im Brexit-Britannien gebraucht wird.

Wer nach dem Brexit den Untergang Britanniens erhofft, dürfte sich genauso täuschen wie jetzt die Propheten, die im Megxit von Meghan und Harry den Untergang des englischen Königshauses herannahen sehen. Und selbst wenn: In England nimmt man Untergänge jeglicher Art nicht so tragisch. Immerhin haben die Briten den Untergang des größten Weltreichs der Geschichte ganz gut verkraftet und im Commonwealth sogar noch eine Fiktion der einstigen Größe erhalten. Und wer spielt in dieser Fiktion die Hauptrolle? Die Königin natürlich. Auch Kanada, der Fluchtort der Königsenkel Meghan und Harry, ist Teil des Commonwealth-Märchens und seiner alten Märchenkönigin. 

Hauptsache der Brexit ist Realität. Oder vielleicht doch nicht? Nach langen Verhandlungen über Englands künftige Beziehung zur EU könnte sich der Brexit am Ende doch noch als eine Fiktion erweisen. Oder als nur noch halbe Realität. Und dann? Wenn ein Volk auch damit fertig würde, dann sind es die Briten. Und wenn ein Politiker damit klar käme, dann der Ex-Journalist Boris Johnson, der weiß, dass die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion fließend sein können. 

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armin wacker / 12.01.2020

Jeder hat nur ein Leben zu leben. Und ich finde das sollte in Freiheit geschehen. Für mich sind die beiden konsequent. Love it, Change it or leave it. Ich meine, wer mit 94 noch Königin spielt, was anderes ist es ja nicht, der kennt halt nur diese Rolle oder ist herrschsùchtig. Das muss man nicht unterstützen.

elke popken / 11.01.2020

Treffende Charakterisierung von Johnson! Ihn interessiert nicht, was links oder rechts ist, oder die bei uns “zitierte Mitte”, was immer Das sein mag. Er will vernünftige loesungen, sach-und Verstandes bezogen. Er schert sich keinen deut darum, wie andere versuchen i hn festzunageln und einzuteilen. Das Bild: mit durchgeschwitztem Hemd auf dem fahrrad zur koenigin, Die verbeulte Aktentasche lässig über die Schulter geworfen, zeigt ebenfalls einen politikertyp, den es bei uns gar nicht mehr gibt. Für mich ein wahre Wohltat! Ach und die maghan… Ja, da wollte das Königshaus modern, global und tollerant sein und dem Harry keine Steine in den weg legen, obwohl sie es schon ahnten. der alte philip hat da bestimmt ein paar Sprüche losgelassen. Traditionen, alter Adel, pflichtbewustsein und immer noch unumstoessliche gesetzmaessigkeiten Der Eheschließung. Also Noch schlimmer als Wallis Simpsons: eine farbige, geschiedene Schauspielerin aus Amerika. Das ist das nogo und ihr fluchtgrund.

E. Albert / 11.01.2020

Ich wünschte, UNSER Land hätte ‘NUR’ ein solches Problem! - Wenn allerdings der Durchschnittsbrite fragt, WER diesen MEGXIT bezahlt, halte ich das für durch aus legitim…denn auf die Privilegien, Apanagen und schicken Behausungen werden BEIDE wohl kaum verzichten wollen…(- sollte ich irren?!). Da darf man, finde ich, als Zuschauer und Bezahler auch eine ‘Gegenleistung’ erwarten! That’s business, Harry & Meghan! Welcome to real life! (WIR, als Bundesbürger, sollten ebenfalls ÖFTER mal nachfragen, wo UNSER GELD eigentlich bleibt?!)

Oskar Kaufmann / 11.01.2020

Tja, ich könnte mir vorstellen, dass die Themse-Liesel “not amussed” ist. Aber trotzdem: “God shave the Queen”!

A. Ostrovsky / 11.01.2020

Wenn sie wirklich ausbrechen wollten, würden sie deutsch lernen. So bleibt es ein Sturm im Wasserglas. Harry hat ohnehin keine Chance auf einen Thron. Warum soll er sich dann diesem verrosteten Ritus unterordnen? Schönheit vergeht, aber wo Geld ist, kommt immer neues dazu. Was sollen die in London oder irgendeinem schottischen Landsitz, wenn sie in der Welt leben können?

Anders Dairie / 11.01.2020

Die BRITEN koppeln sich im BREYIT vom Zerfall des Euro ab, dessen Sprengstücke auch die Insel erreichen werden. Trotz vorhandener eigener Währung. Im Grunde ist die Beibehaltung des BP die tiefste aller Misstrauens-Äußerungen gegen die Eurozone—also die EU in Brüssel—dies von allem Anfang an.

Frances Johnson / 11.01.2020

Auch bei diesem -exit geht es in erster Linie um Geld, hier das Geld des britischen Steuerzahlers. Und dieser hätte gern das von einander besessene Paar auf Entzug. Daher sehr ich im Gegensatz zu Bonhorst das Könighaus in Gefahr, wenn die Queen aus schlechtem Gewissen (wegen der wie Harry instabilen DI) nachgibt. Das Königshaus macht für den Bürger keinen Sinn mehr, wenn es nicht die Leitlinien aufzeigt und zwei Wunsch-Celebs, von denen es schon genug gibt, die Finanzierung im Sinne des Bürgers versagt. Einer der Ersten, die das thematisiert haben, ist klassischerweise ein Bewerber um die Nachfolge von Corbyn. Man kann nicht alles haben. Es fehlt die Person, die Meghan und Harry das mal erklärt. NPD ist auch im Gespräch, nicht die Partei in D, nein, eine Krankheit. Diese beiden Egomanen gefährden nicht nur die stabile Zukunft ihres Sohnes, sondern das gesamte Königshaus. Sie hinterlassen also potentiell weitere Wracks und haben mehr mit Kapitän Ahab zu tun als mit Wohltätigkeit und Dienst am Lande. Abgesehen davon sind wir seit Twitter und Instagramm umgeben von einer stetig anwachsenden Zahl von Egomanen, i.d.R. auf anderer Leute Kosten. Zudem fehlt auch jemand, der der Queen klarmacht, dass sie für die instabilen Persönlichkeiten Harry oder Diana nicht verantwortlich ist., sondern lediglich dafür, dass ihr Sohn nicht gleich Camilla heiraten durfte. Weder der britische Bürger noch der deutsche haben Respekt für den Hype um diese um sich selbst kreisenden Lichter allüberall. God Save The Queen.

Christina Weiser / 11.01.2020

Dieses Königshaus ist doch jedes Pfund wert. Komödienstadel erster Klasse. Die Briten bekommen wenigstens was geboten für ihr Geld. Erstklassige Schauspieler, schöne Menschen, Pracht und Prunk. Und wir, was bekommen wir, abgezocktesten, armen Deutschmichel ? Merkel, Esken, Roth, KK, Seehofer, Altmaier ..muss ich wirklich alle aufzählen ? Nicht mal wenn diese Geisterbahnfahrt völlig gratis wäre, hätte ich den geringsten Spaß daran.

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