Marcus Ermler / 24.03.2019 / 16:00 / Foto: Jesus Solana / 53 / Seite ausdrucken

Bremer „Schule ohne Rassismus“: Schwulenrechtler in der falschen Partei? Raus!

Nach dem Highlight der letzten Woche: Den politisch goutierten FDJ- und Pionier-Gedächtnisaufmärschen der „Fridays for Future“-Kinderbewegung, gibt es aktuell eine Fortschreibung dieses realsatirischen Irrsinns in Bremen, dessen Dokumentation man fast zur Lebensaufgabe machen könnte. Was war passiert?

Wie vor Landtagswahlen üblich, lud eine Bremer Schule Bürgerschaftsabgeordnete verschiedener Parteien zu einer Diskussionsrunde ein. So sollen die Jugendlichen und Kinder einen Einblick in die verschiedenen politischen Akzentuierungen und Lösungsvorschläge der Bremer Landespolitik erhalten. Diese vorbildliche Idee, die der Schulleiter selbst vorantrieb, wird aktuell jedoch nicht nur von den Schülern selbst, sondern – was noch viel gravierender ist – von Teilen des Lehrerkollegiums aktiv sabotiert. Grund des Widerstands: Die Teilnahme des Bremer AfD-Bürgerschaftsabgeordneten Alexander Tassis.

Mag man den Schülern zugestehen, im Rahmen einer politischen Diskussionsrunde auch mangels Erfahrung im politischen Streitgespräch über die Stränge zu schlagen. Und angesichts ihres jungen Alters mag man vielleicht auch darüber hinwegsehen, dass sie nicht mit jeder demokratischen Gepflogenheit bestens vertraut sind. 

Als da wären die im Grundgesetz festgesetzten Grundrechte: Meinungsfreiheit, Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses oder, dass Menschen nicht wegen ihrer politischen Anschauung diskriminiert werden dürfen. Die nicht nur für die Schüler, sondern eben auch für Alexander Tassis gelten. Was ihnen ein befähigter Politiklehrkörper im Geiste des Beutelsbacher Konsens vermittelt haben sollte. Der Beutelsbacher Konsens ist bekanntlich ein Dreiklang aus Indoktrinationsverbot, Kontroversität und Schülerorientierung. 

„Solche Menschen nicht zu Wort kommen lassen“

Das Unverständnis dieser demokratischen Grundrechte wird jedoch bereits anhand einer Stellungnahme deutlich, die Teile der Schülerschaft im Vorfeld an die Schulleitung richteten, mit einer Aufforderung, Alexander Tassis doch wieder von der Diskussionsrunde auszuladen: 

Wir fordern, dass sich unsere Schule gegen Rassismus positioniert. Die Alternative für Deutschland einzuladen, wäre unvereinbar mit den Werten, die sich das Schulzentrum Walle zuschreibt.“

Man muss dazu wissen, dass die Schule mit dem Prädikat „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ausgezeichnet worden ist, welches jedoch – und das sei hier erwähnt – auch nicht völlig frei von Kritik ist.

Was den Fall aber so bedenklich macht, ist das Verhalten von Teilen des Lehrerkollegiums, welches selbst gegen die Teilnahme von Tassis massiv opponiert. So spricht eine Politiklehrerin davon: 

Für mich gehört zur Courage, auch zu sagen, wir stellen uns dagegen und lassen an unserer Schule einfach solche Menschen nicht rein und nicht zu Wort kommen und ihre Parolen nicht verbreiten.“

Bei dieser Frau handelt es sich laut ihrem XING-Profil um eine verbeamtete Studienrätin. Das bedeutet, diese Politiklehrerin ist, wie jede Beamtin und jeder Beamte, an die Grundpflichten des Beamtenstatusgesetzes beziehungsweise des Bundesbeamtengesetzes gebunden. Festgehalten im Paragraphen 33 beziehungsweise im Paragraphen 60. Dort heißt es übereinstimmend:

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.“

Lehrer begehen Dienstvergehen

Die Politiklehrerin verstößt in ihrem Verhalten in vielerlei Hinsicht eben gegen diese Grundpflichten. Sie positioniert sich nicht nur offensiv sowie bewusst gegen die AfD, sondern übt diesbezüglich sogar offenkundig in ihrer Funktion als Politiklehrerin Einfluss auf die Schülerschaft aus. Womit sie gleichsam dem Geist des Beutelsbacher Konsens widerspricht, da ihr Engagement das dort festgesetzte Indoktrinationsverbot ins Gegenteil verkehrt. Ob die Politiklehrerin selbst eine Verantwortung für das antidemokratische Verhalten ihrer Schüler trägt, bleibt hier als Frage offen im Raum stehen.

Was sich nunmehr konstatieren lässt: Weder ist die Politiklehrerin unparteiisch noch wahrt sie in ihrer politischen Betätigung Mäßigung und Zurückhaltung. Und führt demzufolge ihr Amt auch nicht zum Wohl der Allgemeinheit. Es liegt hier also eindeutig ein Verstoß gegen die Grundpflichten von Beamtinnen und Beamten vor. 

Desweiteren verstößt sie gegen diverse Artikel des Grundgesetzes. So Artikel 3: „Niemand darf wegen […] seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Ebenso gegen die in Artikel 5 festgesetzte Meinungsfreiheit, die auch für Alexander Tassis gilt. Womit sich die Politiklehrerin in ihrem Verhalten offenkundig nicht in Gänze zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennt sowie nicht vollumfänglich für deren Erhaltung eintritt. Was auch einen Verstoß gegen ihre Grundpflichten als Beamtin darstellt.

Insofern liegt hier definitiv ein zu ahndendes Dienstvergehen vor, welches Regelmaßnahmen beziehungsweise disziplinarische Maßnahmen zur Folge haben müsste. Weiterhin stellt sich die Frage, inwieweit und in welchem Umfang sich das Lehrerkollegium der Schule selbst zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennt. Dies würde folglich bedeuten, dass der Schulleiter hier auch Farbe bekennen müsste und sich nicht hinter wohlfeilen Aussagen versteckt sollte, die letztlich doch wieder eine Täter-Opfer-Umkehr vornehmen:

Solange eine Partei nicht verboten ist, können wir uns die Welt nicht so hindrehen, wie wir sie gerne hätten. Schließlich würde ich auch eine linke Partei nicht ausladen, wenn die Situation umgekehrt wäre. Wir können nicht das Recht in die Hand nehmen und ich finde, durch Ausgrenzung machen wir die AfD nur stärker.“

Schwulenrechtler Tassis wird „couragiert“ diskriminiert

Und was sagt der so gescholtene wie diskriminierte Tassis selbst. Er nimmt diesen antidemokratischen beziehungsweise antiemanzipatorischen Irrsinn, wie man es von einem Demokraten erwarten würde, mit der richtigen innerlichen Geisteshaltung an:

Wer mich da nicht will, hat doch bloß Angst, dass ich eine gute Figur mache […] Ich gehe da nächsten Donnerstag ganz entspannt hin […] Es ist immer erfreulich, mit den jungen Leuten zu diskutieren.“

Wer der Schule jetzt ganz übel einen einschenken möchte, schaut auf den Lebenslauf von Alexander Tassis. Tassis ist nicht nur Vorsitzender einer Plattform von AfD-Mitgliedern mit Migrationshintergrund, sondern ebenso Vorsitzender der Homosexuellen-Vereinigung der AfD. Sein Engagement für die Rechte von Schwulen hat 2017 CNN in einem Bericht gewürdigt, da er sich als einziger Politiker in Bremen für die Rechte zweier von Islamisten schwerverletzter Bremer Schwuler einsetzt. 

Man könnte also auch der „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ hier selbst unterstellen, dieses vorbildliche wie „couragierte“ Verhalten nicht nur zu ignorieren, sondern durch die Dämonisierung von Alexander Tassis selbst Homophobie und Rassismus Vorschub zu leisten. Womit die Aussage der Politiklehrerin, dass sie an ihrer „Schule einfach solche Menschen nicht reinlässt“, einen ganz neuen Klang bekommt. 

Mit tatsächlicher „Courage“ hat das Engagement von Lehrern und Schülern also am Wenigsten zu tun. Das Verhalten der verbeamteten Lehrer ist überdies ein totalitärer Hohn auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung, deren Erhaltung sie als Staatsdiener eigentlich verpflichtet sind.

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Leserpost

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Meier-Bergfeld / 24.03.2019

Wer sich im Mittelalter auf den Marktplatz stellte und rief aus , daß es keinen Gott gebe/gäbe, der wurde im Zweifel verbrannt. Ergo Mainstream, political correctness gab es immer , zu allen Zeiten. Nur, das war vor der Aufklärung. In nachaufklärerischen Zeiten kommt das zurück. Prof. PMB

Ludo Völker / 24.03.2019

Bei mancher Schule, wie auch dieser, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass erst mit dem Austausch der beiden Präpositionen deren Selbstverständnis richtig wiedergegeben wird: „Schule mit Rassismus – Schule ohne Courage“.

HaJo Wolf / 24.03.2019

Die radikalsten Antidemokraten und Faschisten sind die linksgrünen “Demokratieverteidiger”. Nicht AfD gehört vom Verfassungsschutz beobachtet, sondern alles linksgrüne Gedankengut gehört verboten, die Vertreter dieses Gedankenguts vor allem aus allen Lehramtspositionen ausgeschlossen. Einen Waldbrand bekämpft man mit Feuer, nicht mit dummem Geschwätz.  - Anmerkung an die AfDler: entledigt Euch endlich konsequent den Idioten vom “Flühgel” und um die Höckes in Eurer Partei, sonst werdet Ihr schneller wieder in der Versenkung verschwinden als Ihr Euch vorstellt - dann wäre der Weg frei für die weitere Ausweitung der Dikttur durch Merkel und ihre Nachfolger!

Wiebke Lenz / 24.03.2019

Ach, Herr Ermler, Sie sehen das Ganze eindeutig zu eng. Wen interessieren denn noch Demokratie und Grundgesetz? Alles Geschwätz von gestern. Getreu dem Motto: “Bei mir kann jeder machen was ich will!” ...

Karla Kuhn / 24.03.2019

Artikel DREI des GG:  NIEMAND Darf wegen seines ..... ,.....etc   oder POLITISCHEN ANSCHAUUNGEN BENACHTEILIGT ODER BEVORZUGT WERDEN. !!  Da “Teile des Lehrerkollektivs”  GROB gegen das Grundgesetz verstoßen MÜSSEN sie zur Rechenschaft gezogen werden.  WIR leben noch immer in einer Demokratie, auch wenn viele nicht das Gefühl haben !! WAS erlauben sich diese Lehrer eigentlich, sie werden bezahlt, um KINDER AllTAGSTAUGLICH zu machen und ihnen Wissen zu vermitteln. SOLCHE Lehrer gehören SOFORT aus den SCHULDIENST entfernt !!  HIER muß wirklich etwas geschehen,, damit sich so einen Kampagne nicht wiederholen kann. Das ist ja genau so übel wie im Unrechtsstaat DDR.

Paul Siemons / 24.03.2019

Es hat zunehmend etwas Rührendes an sich, im Deutschland des Jahres 2019 an Dienstvorschriften, Gesetze und Verfassung zu erinnern. Als würde man das Tun eines Straßenräubers abwenden wollen, indem man ihn auf die seiner Tat entgegen stehenden Gesetze aufmerksam macht.

Sanne Weisner / 24.03.2019

Mehr und mehr wird der Westen feststellen müssen, dass nicht die BRD die DDR vereinnahmt hat sondern umgekehrt.

Karsten Dörre / 24.03.2019

Die Schule ist mit Schülern kein Ort für politische Diskussionsrunden. Ein Bild machen können sich Jugendliche (in Bremen wahlberechtigt für Landtagswahl)  jederzeit bei Parteiversammlungen im Ort (die sind weitestgehend immer offen), an Parteiständen (Wahlkampfständen), im Fernsehen, auf Podien, in politischen Vereinen sowie in Gewerkschaftshäusern. Und wer es ganz hart mag, lädt sich die Parteiprogramme der Parteien aus dem Internet runter. In Unternehmen werden auch keine Parteimitglieder zu Diskussionsrunden eingeladen, damit die Belegschaft (Wahlberechtigte) ein Bild von Vertretern zugelassener Parteien zur Wahl erhalten. Man muss politische Bildung nicht übertreiben.

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