Cora Stephan / 07.10.2020 / 14:00 / Foto: Pixabay / 26 / Seite ausdrucken

Brachial die Zügel anziehen?

Man sollte nie eine Krise ungenutzt verstreichen lassen, lautete einst die zynische, aber realistische Empfehlung Winston Churchills, der sich auf diesen Rat auch stets verlassen hat. Die Coronakrise bietet dazu viele Gelegenheiten – auch zur sprachlichen Entgleisung.

Der bayerische Ministerpräsident möchte „die Zügel anziehen“, als ob seine Untertanen störrische Zugtiere wären, die man zur Räson bringen muss. Und die Kanzlerin, die ja bereits vor „Öffnungsdiskussionsorgien“ gewarnt hat, soll jetzt bei einer Videokonferenz mit dem CDU-Präsidium gesagt haben, es müsse in den Regionen, die stark betroffen sind, „brachial durchgegriffen“ werden. Zu Weihnachten könne es 19.200 Neuinfektionen am Tag geben, wenn sich das Infektionsgeschehen so weiter entwickelt. Sie habe das hochrechnen lassen.

Nun haben sich bislang alle Hochrechnungen in Sachen Covid-19 als wenig verlässlich erwiesen. Doch wollen wir kleinlich sein, wenn es darum geht, Leben zu retten? In der „größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg“, wovon nicht nur der Generalsekretär der UN spricht? In höchster Not hilft nur – genau. Brachial sein. Das übersetzt man gemeinhin mit handgreiflich – und mit rücksichtslos.

Die Vorschläge der Regierung sind ein wenig abenteuerlich

Nun ist der Umgang mit Corona Ländersache. In die Entscheidungen der Bundesländer hat sich die Kanzlerin nicht einzumischen. Allerdings ist ihr das bereits einmal geglückt – als sie dekretierte, die Wahl eines FDP-Mannes zum Ministerpräsidenten in Thüringen sei ein „unverzeihlicher Vorgang“, der „rückgängig“ gemacht werden müsse. Das soll jetzt wohl Schule machen. Ganz offenbar hat die Kanzlerin vor, über die Länderzuständigkeit hinweg, die Leitlinien der Corona-Politik selbst zu bestimmen.

Doch noch sträuben sich insbesondere die Ministerpräsidenten aus den östlichen Bundesländern wie Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Dort ist die Zahl der an Covid-19 Erkrankten oder Gestorbenen vergleichsweise niedrig und die Zahl der AfD-Wähler hoch, da empfiehlt es sich, die Bürger zu umschmeicheln, statt ihnen brachial die Kandare ins Maul zu schieben. Schließlich gibt es demnächst wieder Wahlen. Im übrigen möchten sich nicht alle Ministerpräsidenten vom Bund diktieren lassen, wie sie ihre Bürger kontrollieren – und kujonieren.

Schon an den Grenzen der Bundesländer dürfte die Kanzlerin scheitern. Gottlob, denn die Vorschläge der Regierung sind, höflich gesagt, ein wenig abenteuerlich. Das gilt insbesondere für die Forderung, falsche persönliche Angaben in Restaurants in Zukunft mit einem Mindestbußgeld von 50 Euro zu belegen – in Schleswig-Holstein drohen sogar 1.000 Euro. Wie soll das gehen? Sollen Gastronomen sich von ihren Gästen demnächst Ausweis oder Führerschein vorlegen lassen? Darauf dürften sich weder die Wirte noch ihre Gäste einlassen. Das (sowie Ausschankverbote von Alkohol) wären der Todesstoß für die eh schon gebeutelte Branche.

„Eine Epidemie als effektiver Weg zur Machtergreifung“

Nun, mit den Deutschen kann man‘s ja machen, wird sich mancher denken und den kurzen Weg zum Wutbürger antreten. Denn falsche Angaben von Asylbewerbern zu ihrer Identität oder Staatsangehörigkeit bleiben auch weiterhin straffrei. Kann es sein, dass unsere Politiker nicht wahrnehmen wollen, dass das durchaus noch vorhandene Vertrauen in die Regierung zu schwinden beginnt?

Nun, das schert offenbar keinen, dem es um höchste Ziele geht, da muss man auch mal Späne machen beim Hobeln. Am deutlichsten zeigte der Grüne Anton Hofreiter während der Haushaltsdebatte, dass er von Churchill gelernt hat: Die Handlungsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft, mit der die Politik der Pandemie begegnet sei, müsse nun genutzt werden, um die Klimakrise zu bewältigen. Wofür wird sich das Virus wohl noch als nützlich erweisen?

Der Schriftsteller Daniel Kehlmann zieht keine erfreuliche Bilanz: „Ich werde mich in der demokratischen Zivilgesellschaft nie wieder so sicher fühlen wie früher. Denn ich habe ja jetzt gesehen, wie schnell unter dem Druck der Angst wesentliche Freiheitsrechte reduziert werden können. (...) Potenzielle Autokraten wissen jetzt sehr gut, dass eine Epidemie ein sehr effektiver Weg zur Machtergreifung sein kann.“

Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Homepage des NDR.

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Leserpost

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Hans Kloss / 07.10.2020

Gut dass wir noch die alte Anlagen haben, ich meine die mit trockene Dusche. Das passt ja zu dem Kommandieren in EU gen Vizegrad-Staaten auch (aushungern sollte man sie). Ich traue mittlerweile diesen Verbrechern alles zu.

Sam Lowry / 07.10.2020

Man kann sich bei der geplanten Umvolkung und Zwangsimpfung/-chippung sicher in Bagatellen verrennen, wie der Aussage, “brachial vorzugehen”. Diese Aussage ist ja relativ und kann nicht vernünftig eingeordnet werden. Brachial kann ein zweiter Lockdown sein, oder auch “Bautzen 2.0”. Doch eins ist sicher: Niemand wird zu dir stehen, wenn man dich wegbrint. Niemand!

Jo Waschl / 07.10.2020

Söder verschärft mal wieder….immer schön die Zügel anziehen. Warum wird jetzt auf einmal von heute auf morgen der Besuch aus “Krisenbezirken” verboten ? Vor wenigen Tagen wurden die Testungen bei der Einreise an den bayrischen Autobahnen aufgehoben, ergo -> wenn er jetzt die Maßnahmen anzieht, hat er wieder eine saugute Ausrede, warum in dem kommenden Zeitraum die Zahlen der “positiv Getesteten” (was erst einmal GARRRRRRRRNIX aussagt) zurückgegangen sind. Ohhhhh schaut alle auf die Statistik !  ....IIIIIICH der große Söder, habe die Zügel angezogen und durch meine Maßnahmen tausende Menschenleben gerettet. So wird´s rausgehen -> man braucht halt irgendwelche Aktionen, damit man sich geschickt aus der Affäre ziehen kann. Ich hoffe, dass sich die Schweden nicht einsch…. und weiter ihren Weg gehen. Seit 22. August sterben dort TÄGLICH zwischen 0 - 4 Menschen AN + MIT Corona ( Altersdurchschnitt 81 Jahre, die meisten mit Vorerkrankungen); die Restlichen ~ 210 bis 240 sterben z. B. an nicht behandelten Krebserkrankungen, Ausgefallenen oder zu späten OP´s, Unfälle, andere Viren, Selbstmorde als unmittelbare Folge der Coronamaßnahmen etc. Nach dem kommenden Winter wird abgerechnet Herr Sonnenkönig Söder - die Arbeitslosenzahlen werden steigen und die Leute werden sich wundern, warum in Schweden um´s ver…....... keiner mehr an Corona sterben will.

Joachim Neander / 07.10.2020

Ich frage mich, wie die Kontrolle der Identität eines “Schutzbedürftigen” (ist das der derzeit korrekte Ausdruck?) bei einem Restaurantbesuch festgestellt werden soll, wo jener doch Behörden gegenüber zu Falschauskünften berechtigt ist.

Thomas Kache / 07.10.2020

Kann es sein, Herr Hans Reinhardt, dass Sie kein besonders großer Freund der bösen dicken Frau sind? Das ist aber gar nicht nett von Ihnen. Wo sie sich doch so liebevoll um „ihr“ Volk sorgt. Dank ihr dürfen wir alle Teilhaben an der großen Transformation eines einstmals bedeutenden Industrielandes mit großen Leistungen in Wissenschaft, Technik, Kunst und Kultur zu einem grenzen- und formlosen Gebilde Hasenfüßiger Obrigkeitshöriger Duckmäuser. „Ein Führer, ein Volk“- das hatten wir schon mal. Die apokalyptische Frau im Kanzleramt wird mit Hilfe der ihr treu ergebenen Paladine, und nicht zuletzt des Volkes, eine Wüste mit unbewohnbaren Großstädten, verrotteter Infrastruktur, Industriebrachen, aber mit ganz viel ganz toller „erneuerbarer Energie“ und ganz großen Panoptiken, allwo alte weiße Männer als die Letzten ihrer Art zur Belustigung von total bekifften verblödeten F4F- Kids zur Schau gestellt werden, erschaffen. Ehrlich; ich habe die Faxen sowas von dicke…

Frances Johnson / 07.10.2020

Das hier, Frau Stephan, veröffentlichte ein Leser bei Schödlbauer: “Der “Vorstandsvorsitzende und Vorstand für Krankenversorgung der UKSH”, Herr Prof. Dr. Jens Scholz, wird seinem älteren Bruder, dem Bundesfinanzminister Olaf Scholz, ja wohl nicht in die Suppe spucken.” Schönen Abend noch!

Frances Johnson / 07.10.2020

Danke, Frau Stephan! Das Bild ist göttlich. Ist Söder schon runtergeflogen? Zuletzt hörte ich von ihm, als er die Maske in Freien diktierte, auf Plätzen in München. Hendrik Streeck (verlinkt oben unter Gunter Frank) findet die Maske im Freien unsinnig. Ich auch. Ich finde Söderles Marienplatzmaske sehr lustig. Du kommst die Residenzstraße runtergelaufen, an der Ecke vom Rathaus setzt du flugs die Maske auf, dann gehst du so 50 Schritte und nimmst sie vorm Sport Schuster schon wieder runter. Das Glockenspiel guckst du dir genau hinter dem Marienplatz an, den am besten keiner mehr betritt. Dann benennen wir ihn um in Söder-Maskenkraterplatz. Wenigstens kann man ihn dann mal photografieren.

G. Schilling / 07.10.2020

Seit heute 18.00 Uhr gilt das Beherbergungsverbot für Reisende aus deutschen Risikogebieten in elf Bundesländern. Das nächste ist eine Ausgangssperre und dann ist es da, das murkselsche “Reichstagsbrandgesetz” und somit die Coronadiktatur zum Wohle der deutschen Bevölkerung. Die restlichen Einwohner halten sich nicht an die Verordnungen und brauchen auch keine Strafen zu befürchten. Massenhochzeiten und -beerdigungen oder Partys gehören dort ja zum traditionellen Leben, das auch in der Fremde gern weitergepflegt wird.

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