Für sein Einknicken bei der französisch-deutschen Rüstungskooperation bekommt Verteidigungsminister Boris Pistorius den Ritterschlag der Pariser Eliten.
Als die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen spitzbekam, dass man sich durch Zugeständnisse bei Kooperationsprojekten mit Frankreich in Paris lieb Kind machen kann, um so die Karriere in Brüssel zu befördern, wurden neben kleineren Kooperationen zwei große Rüstungsprojekte geboren. Beim ersten – zusammengefasst unter dem Kürzel FCAS – sollte ein neues Kampfflugzeug entwickelt werden. Hierbei hatte Deutschland auf die Führung verzichtet und sich Pariser Desiderata untergeordnet.
Die vertragliche Umsetzung kam dennoch nicht so schnell zustande, weil sich Airbus mit seinen Industriestandorten auch in Deutschland und vielen Zulieferern dem Diktat des Rafale-Herstellers Dassault nicht beugen wollte. Im Gegenzug sollte bei der Entwicklung eines neuen Kampfpanzers – MGCS benannt – Deutschland als in der Panzertechnologie technisch und kommerziell überlegen die Führung erhalten.
Nach langen Verhandlungen hat es Frankreich indes geschafft, beim Panzerprojekt die Parität durchzusetzen. Pistorius hat den Franzosen, die nunmehr auch den französischen Staatskonzernen Thales mit an Bord gehievt haben, eine 50/50 Industrie-Beteiligung zugestanden. Die Zugeständnisse von Pistorius gegenüber dem – von ihm als persönlichen Freund bezeichneten – Verteidigungsminister Sebastien Lecornu hatten sich schon seit geraumer Zeit angedeutet. Überschwängliche Umarmungsszenen begleiteten die „einvernehmliche“ Aufteilung der Arbeitspakete zwischen deutscher und französischer Industrie. Von deutscher Führung ist nicht mehr die Rede. Zwar sind Rheinmetall und der KNDS-Gesellschafter Krauss-Maffei-Wegmann mit von der Partie. Aber einmal mehr setzen die Franzosen darauf, dass im deutschen Lager Zwietracht herrscht.
Ein Landespolitiker mit Bürgermeistertugenden
Diese nutzten die Franzosen vor Jahren dadurch aus, dass sie das Familienunternehmen Krauss-Maffei-Wegmann (KMW) in eine niederländische Holding zusammen mit dem Staatskonzern Nexter gelockt hatten. Seitdem wird in Frankreich nur darauf gewartet, dass auch diese deutsch-französische Kooperation vollständig unter französische Herrschaft gerät. Der Initiator des „Deals“ Frank Haun – als KMW-Chef mit Blauäugigkeit gegenüber Frankreich gesegnet – ist mittlerweile in Rente und ein Franzose (Jean-Paul Alary) wird der neue Chef von KNDS. So stehen Rheinmetall drei französische bzw. französisch dominierte Unternehmen gegenüber, um das einst paritätische Projekt MGCS in die Tat umzusetzen. Dass der Sitz der Projektgesellschaft Köln ist, störte die Franzosen genauso wenig wie der Sitz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt.
Nun wurde Pistorius für sein Einknicken sogar geehrt. Mit großem Pomp verlieh ihm Macron den höchsten französischen Orden: Der einstige Bürgermeister von Osnabrück ist nun Ritter der Ehrenlegion. Mit diesen Ködern ist man im Pariser Politikbetrieb nicht geizig, wenn es darum geht, die Bundesheinzelmännchen in eine Kooperation zu locken, in der sie nichts mehr zu sagen haben.
Der in Deutschland hochgejubelte Pistorius erweist sich allerspätestens seit seinem Einknicken in Paris als ein Landespolitiker mit Bürgermeistertugenden der – unfähig die Pariser Machttechniken zu durchschauen – hoffentlich nach der Wahl am 23. Februar seinen Platz dort wiederfindet, wo er hingehört: In die deutsche Provinz.
Dr. jur. Markus C. Kerber, geb. 1956, ist Jurist und Professor für Finanzwirtschaft und Wirtschaftspolitik an der TU Berlin, E.N.A. 1985 (Diderot), Gastprofessor an der Warsaw School of Economics und der Université Panthéon-Assas. Er ist Autor der Schrift „Führung und Verantwortung: Das Strategiedefizit Deutschlands und seine Überwindung“, die hier im Achgut-Shop erworben werden kann.
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