Volker Seitz / 23.08.2020 / 06:00 / Foto: The Lexash / 58 / Seite ausdrucken

Black is beautiful? Nicht in Afrika

Während bei uns sonnengebräunte Haut als Schönheitsideal gilt, ist in Afrika (und in Teilen von Asien) eher ein heller Teint gewünscht. Der farbige Mensch, hatte Psychiater Frantz Fanon 1952 geschrieben, sei ständig bestrebt, vor der eigenen Individualität wegzulaufen. Mit ihrem Minderwertigkeitsgefühl träumen viele schwarze Menschen von weißer Haut, weil sie sich davon Vorteile versprechen: Privilegien, ein höheres Ansehen in der Gesellschaft, bessere Chancen im Beruf.

In manchen Fällen bleichen Afrikanerinnen ihre Haut, um ihren Brautpreis zu erhöhen. Die aufgehellten Gesichter sind überall präsent in Afrika, auf Plakaten, im Fernsehen, in Filmen und auf Produkten in den Supermarktregalen. Die meisten Produkte werden von Models beworben, die eine hellere Haut haben. Die Sängerin Nomasonto Maswanganyi, in ihrer südafrikanischen Heimat als „Mshoza“ bekannt, sorgte 2011 für Aufruhr. Sie hellte ihre Haut medizinisch um einige Farbtöne auf und gab bekannt, sie fühle sich nun schöner und selbstbewusster. Als die nigerianisch-kamerunische Musikerin Dencia eine eigene Kosmetikproduktlinie zur Hautbleichung Namens „Whitenicious“ auf den Markt brachte, wurde das Mittel zum Bestseller. 

Wer die Bleichprodukte verwendet, kann tatsächlich um einiges heller werden. Vor allem aber schwer krank. Dabei setzten Frauen sich massiven Gesundheitsrisiken aus, da die Mittel oftmals gefährliche Inhaltsstoffe wie beispielsweise Quecksilber enthalten. Ruanda, Nigeria, Südafrika und Kenia haben alle Mittel mit hohem Anteil an Hydrochinon und Quecksilber verboten, wie in vielen anderen afrikanischen Ländern auch. Dennoch boomt das Geschäft, hinter dem ein zweifelhaftes Schönheitsideal steht. Schönheit, Reinheit und Erfolg – dafür steht für viele in Afrika ein heller Teint. Vor allem junge Frauen und Mädchen greifen zu den Cremes, sie sehen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Bleich-Creme und nehmen diese für die vermeintliche schönere Hautfarbe in Kauf. Das Problem ist aber, dass Frauen auf ihr Äußeres reduziert werden. 

Die Weltgesundheitsorganisation hat Bleaching als akute Bedrohung und Krise für das Gesundheitswesen eingestuft. Inhaltsstoffe wie Hydrochinon, ein Phenol, das die Produktion von Melanin, dem braunen Schutzfarbstoff der Haut, hemmt, verursachen laut Dermatologen und Gesundheitsorganisationen teils schwere Erkrankungen. Darunter Leber- und Nierenschäden, Erblinden, Deformationen bei Neugeborenen können die Folge sein. Eines der größten Risiken ist Hautkrebs, insbesondere in Regionen nahe dem Äquator mit hoher Sonneneinstrahlung.

Wenn Europäer sich afrikanisch kleiden

Aber auch weiße Menschen eignen sich die Schönheitsideale von Schwarzen und „People of Color“ an, weil es trendy ist. Vermeintliche Anpassung, z.B. wenn Europäer sich afrikanisch kleiden, wird als Negation der eigenen Herkunft gesehen und stößt auf Unverständnis. Europäerinnen machen sich in den Augen der Afrikaner lächerlich, wenn Weiße „ihre“ Kleidung tragen. Auch Dreadlocks, ursprünglich ein Befreiungs-Symbol, oder Afros werden von Afrikanern als Anbiederung empfunden. Manche Afrikaner empfinden es als kulturelle Aneignung, wenn Weiße als Modeaccessoire Dreads tragen. Die schwarzen Symbole werden dadurch lächerlich gemacht, weil sie durch Weiße umgedeutet und besetzt werden. Der Schriftsteller Alain Mabanckou macht sich lustig über den Trend: „Afrikanerinnen lassen sich die Haut bleichen und die Haare glatt ziehen, damit sie aussehen wie die Weißen – und weiße Frauen lassen sich Zöpfchen ins Haar flechten, damit sie aussehen wie Negerinnen.“ („Zerbrochenes Glas“, Liebeskind, 2013, S. 38)

Ronald Hall, Professor für Soziale Arbeit an der Michigan State University, hat empirische Daten gesammelt. Ihm zufolge sind die mit einer dunkleren Haut verbundenen Vorurteile immer noch tief im Unterbewusstsein verankert: „Je heller der Hautton, desto intelligenter, gebildeter und attraktiver wird eine Person eingeschätzt.“ In den USA sind hellhäutige Schwarze häufig bei Bildung, Arbeit, Einkommen erfolgreicher als jene mit dunklerer Haut. Es ist schon richtig, vielerorts wird hellere Haut mit Wohlstand assoziiert, denn sie ist ein Indikator, dass man nicht auf dem Feld arbeiten muss. Trotz bewiesener gesundheitlicher Gefahren ist die Hautaufhellungsindustrie erfolgreicher denn je.

In „Schwarze Haut, weiße Masken“ schrieb der bereits erwähnte Psychiater Frantz Fanon in den frühen fünfziger Jahren: "…der Schwarze, der seine Rasse weiß machen will, [ist] ebenso unglücklich wie derjenige, der den Hass auf den Weißen predigt.“ (S.8) und „Der Schwarze will sein wie der Weiße.“ (S.193) Turia Reprint, 2016

Dem Zeitgeist entsprungen halte ich das Argument, dass auch nach 60 Jahren Unabhängigkeit der meisten afrikanischen Staaten die Kolonialisierung eine große Rolle für das Hell-Sein-Wollen spielt. Hier soll rassistisches Gedankengut insinuiert werden. Angeblich haben die Europäer den Afrikanern das Schönheitsideal vermacht. Das passt ins Vorurteilsraster vieler Medien gut in den Kram.

Es ist schon sehr seltsam, wenn der Wunsch nach hellerer Haut aus der Geschichte von Unterdrückung und Rassismus hergeleitet wird. Es ist hanebüchen, wenn verbreitet wird: wegen des Kolonialismus gelte im kollektiven Unterbewusstsein die helle Haut als schöner und besser. Gebildete und erfolgreiche in Afrika geborene schwarze Deutsche gelten in ihren früheren „Heimatländern“ im Übrigen als „Weiße“. So der in Heidelberg geborene deutsch-ghanaische Konzeptkünstler und Fotograf Philip Kojo Metz.

 

Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe erschien im September 2018. Drei Nachauflagen folgten 2019 und 2020. Volker Seitz publiziert regelmäßig zum Thema Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und hält Vorträge.

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Leserpost

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herbert binder / 24.08.2020

Idiotie, ein Phänomen…weltweit und zeitlos, vulgo unausrottbar. Dagegen kämpfen selbst die…kämpft selbst die Pharmazie vergebens. Pillenresistent, ein “built-in”, dem menschlichen Wesen eingeschrieben. Müßte ich ein Wörtchen aus Ihrem erhellenden Text herausgreifen, lieber Herr Seitz - und glauben Sie mir, ich weiß, was ich sage - es wäre “Anbiederung”.

giesemann gerhard / 23.08.2020

Die beiden Damen auf dem Foto gucken aber auch so was von affektiert ... .

giesemann gerhard / 23.08.2020

So lange Frauen regelmäßig glauben, sie hätten einen Preis, so lange wird sich an dem Wahn nichts ändern. “Regelmäßig” im juristischen Sinne, d.h. es gibt immer Ausnahmen.

Peter Hamann / 23.08.2020

In den USA sind hellhäutige Schwarze häufig bei Bildung, Arbeit, Einkommen erfolgreicher als jene mit dunklerer Haut. Dasselbe gilt in Thailand. Weiss signalisiert ausserdem Reinheit, im Buddhismus hoch geschätzt.

Karla Kuhn / 23.08.2020

Ob weiß oder schwarz, in dem Fall braun, auf alle Fälle sehen diese beiden Models auf dem Bild wie gestorben aus, grausam. Warum MÜSSEN ?  Models meistens so gucken. als hätten sie einen Dachschaden ?? Am schlimmsten finde ich die mit den offenem Mund. Ich finde es z. B. rassistisch, daß die Menschenfresser (Kannibalen) oder Kopfjäger, die es in Papua Neuguinea gab/gibt, keine eigene Gewerkschaft haben, die ihre Rechte vertritt. Da sollte Merkel doch bitte mal eine ausgedehnte Reise dorthin machen. Schließlich sind das Minderheiten und die brauchen auch Schutz. Am besten, sie holt diese Menschen alle hierher, bei Spahn in der Villa hätten sie genug Platz, der Rest kann unter den Grünen, Linken und SPDlern verteilt werden, auch im schönen Bayern wären noch ein oder zwei Plätze frei in der Staatskanzlei.  Entweder die gesamte Welt wird von Madame gerettet oder keiner/keine/ divers.

Anne Weber / 23.08.2020

Weisse, also wirklich hellhäutige Menschen, wirken oft fahl und langweilig optisch. Zumindest in mittel- und nordeuropäischen Breiten. Die Südländer wirken überhaupt präsenter und rein optisch gesünder. Und da inzwischen in Berlin 35% Migranten sind und immer mehr Schwarze aus Afrika oder Asien zu sehen: Auch darunter finde ich Menschen hübsch, schön und interessant…optisch oberflächlich betrachtet. Warum der blasse weisse Typ ein Schönheitsideal sein soll, ist mir ein Rätsel!?

Wolfgang Richter / 23.08.2020

Teint aufhellen wird nicht nur in Afrika praktiziert, ist in Südostasien auch üblich. In Myanmar wird vom weiblichen Teil der Bevölkerung eine weiße Paste teils sogar dick auf die Wangen geschmiert, um nicht gebräunt zu erscheinen. In Europa war es ja wohl auch so, daß helle Haut eher für Wohlstand stand, für den Teil der Bevölkerung, der von der Arbeit anderer gut lebte, während gebräunte dem Pöbel zugeordnet wurde, der auch und vor allem ungeschützt im Freien zu malochen hatte, für die Hellen halt. Heute dagegen ist die Sonnen gebräunte Haut hier eher ein Zeichen dafür, daß man sich Freizeit in sonnigen Gefilden leisten kann, also jetzt für besagten Wohlstand steht. Die Affinität zu den zugewanderten “Edlen Wilden” dürfte aber wohl eher andere Gründe haben.

Peter Olhöft / 23.08.2020

Zu der Einschätzung von Professor Ronald Hall: “Je heller der Hautton, desto intelligenter, gebildeter und attraktiver wird eine Person eingeschätzt.” Und zu seiner Feststellung, dass in den USA hellhäutige Schwarze ein höheres Einkommen als dunkelhäutige Schwarze erzielen. Das ist das in der Realität beobachtete Phänomen. Eine Erklärung, und zwar die geläufige Erklärung dafür ist, dass der Rassismus der Weißen den Aufstieg verhindere. Ich möchte auf einen englischsprachigen Text von Prof. Richard Lynn hinweisen. Bitte googeln Sie unter: mdpi, lynn, reflections. Auf 9 Seiten (davon 2 Literaturverzeichnis) beschreibt er die Kernergebnisse seiner 68-jährigen Forschung zum Thema menschliche Rassen und Intelligenz. Doch nicht nur dies ist interessant: Besonders wertvoll ist die persönliche Geschichte des Professors. Was macht man, wenn man wissenschaftlich etwas herausfindet, was keinem in den Kram passt? Was, sinnbildlich gesprochen, wenn man herausfindet, dass die Erde rund ist, wenn doch alle Welt weiß und das Kirchendogma doch sagt, dass sie platt sei. Laut Prof. Lynn gibt es einen Zusammenhang zwischen Intelligenz und dem erzielten Einkommen. Die durchschnittliche Intelligenz 100 mit einer Standardabweichung von 15 hat er für die Briten definiert. Nordostasiaten (Japaner, Chinesen, Koreaner) haben demnach den höchsten IQ mit 106. Für Subsahara-Afrikaner haben er und andere einen Durchschnitts-IQ von 70 ermittelt. Den höheren IQ der nördlicher lebenden Rassen erklärt er mit dem evolutionären Druck während der Eiszeit. Im warmen Klima (in Afrika) habe sich die Frau durch Sammeln jederzeit selbst ernähren können. In kälterem Klima sei sie eher auf den (Jagd-) Erfolg des Mannes angewiesen. Dies habe die Frauen dazu gebracht, eher intelligente und gewissenhafte Männer als Partner zu wählen. Da die Eiszeit eine ganze Weile dauerte und den Menschen mehr abverlangte als im Süden (z.B. Erzeugung warmer Kleidung) wuchs dort die Intelligenz. Kein Platz mehr, lesen Sie Lynn.

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