Am 21. Oktober 2025 gab die nationale Wahlkommission Kameruns das vorläufige Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom 12. Oktober bekannt. Demnach liegt der amtierende Präsident Paul Biya von der Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais (RDPC) mit 53,66 Prozent der Stimmen vorn. Bereits am 22. Oktober wies der Verfassungsrat, der für Beschwerden sowie für die Verkündung der endgültigen Wahlergebnisse zuständig ist, sämtliche Klagen auf vollständige oder teilweise Annullierung der Wahl zurück. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Die endgültige Bekanntgabe der Ergebnisse wird am 27. Oktober erwartet.
Ich habe keine Zweifel, dass das vorläufige Resultat bestätigt wird. Damit wird der 92-jährige Paul Biya, der seit 42 Jahren im Amt ist, seine Präsidentschaft um weitere sieben Jahre verlängern. Dabei ist er für viele Kameruner längst ein Phantom: Seit Jahren führt er das Land meist aus der Ferne, bevorzugt aus Hotels in der Schweiz.
Bereits zu meiner Zeit in Kamerun gab es keine Kabinettssitzungen mehr mit ihm. Wie bei allen Autokraten sind seine seltenen Reden vor jubelnden Massen inszeniert. Er stützt seine Macht auf ethnische Loyalitäten und familiäre Bindungen. Er begegnet seiner Umgebung mit grenzenlosem Misstrauen. Öffentliche Posten wie Minister und Staatssekretäre oder Leitungspositionen in Staatsunternehmen besetzt er mit Vertrauten, die ihm gegenüber absolut loyal sein müssen. Minister und Präfekt erfahren ihre Ernennung oder Absetzung durch das staatliche Fernsehen.
Mit fast 30 Millionen Einwohnern ist das zentralafrikanische Land, trotz reicher natürlicher Ressourcen (Erdöl, Holz, Bauxit, Eisenerz, Mangan, Kobalt, Nickel) ein wirtschaftlich heruntergekommenes Land. Mit einem Bruttosozialprodukt pro Einwohner von 1650 Dollar (Deutschland: 54 000 Dollar) liegt es auf Platz 169 im weltweiten Länderranking.
Veye Tatah - deutsch-kamerunische Informatikerin, Journalistin und seit 1998 Chefredakteurin des Magazins Africa Positiv - sagt:
„Offiziell ist Kamerun eine Demokratie. Doch hinter der Fassade verbirgt sich ein autoritäres Regime, das jede Form politischer Mitbestimmung systematisch unterdrückt. Das zeigen unter anderem die Recherchen von Prince Forghab von der Africa Oxford Initiative: Biya kontrolliert sämtliche zentrale Staatsfunktionen – vom Militär über das Justizsystem bis hin zu staatlichen Unternehmen und Universitäten. Jedenfalls, wenn man davon ausgeht, dass er überhaupt noch etwas persönlich kontrollieren kann (vgl. „Der Chef hat gesagt…" Achse 14.02.2025) Es existiert keine unabhängige Wahlkommission, keine neutrale Justiz, keine funktionierende Gewaltenteilung.“
Inbegriff der Gerontokratie
Die gesamte Clique der Herrscher Kameruns ist hochbetagt und setzt deshalb auf Machterhalt statt Gemeinwohl. Neben Biya sind die Senioren, die das Land als Geisel genommen haben: der Senatspräsident (90 Jahre), der Präsident der Nationalversammlung (85 Jahre), der Justizminister (83 Jahre), der Präsident des Verfassungsgerichtshofes (84 Jahre), der Polizeichef (93 Jahre), der Generalstabschef (86 Jahre). Die Namen erspare ich den Lesern. Die politische Richtung bestimmt ohnehin der Präsident. Obwohl die Justiz offiziell unabhängig ist, untersteht sie de facto dem Justizministerium, das Teil der Exekutive ist. Der Präsident der Republik ist Vorsitzender des Oberen Justizrates, der die Richter auf allen Ebenen ernennt.
Nach 42 Jahren an der Macht, hat es Paul Biya geschafft, Kamerun weltweit zum Inbegriff der Gerontokratie werden zu lassen, einer Herrschaft der Alten – und das in einem Land, dessen Altersmedian (Durchschnittsalter der Bevölkerung) bei 17,5 Jahren liegt (zum Vergleich Deutschland: 45,5 Jahre). Etwa 41 Prozent der Menschen in Kamerun sind unter 15 Jahre jung, nur drei Prozent älter als 65.
Wer Kamerun ein wenig kennt (ich zähle mich nach 4 Jahren im Lande dazu), fragt sich, weshalb trotz der bekannten Zustände weiterhin Entwicklungshilfe fließt, auch von Deutschland oder der EU. (Ich habe während meiner Zeit als Botschafter in Jaunde meine Kritik an der undurchsichtigen Entwicklungshilfe für Kamerun -natürlich intern- gegenüber dem BMZ immer wieder schriftlich geäußert.)
Nochmals Frau Tatah:"Niemand kontrolliert das in irgendeiner Form oder prüft die Rechtmäßigkeit sowie die Verhältnismäßigkeit. Damit wird die politische Realität dieser Kleptokratenwirtschaft vor Ort kaum hinterfragt. So wird ein unterdrückerisches System mitfinanziert und gestützt – auf Kosten der jungen Generation Kameruns, die nach Perspektiven und Gerechtigkeit verlangt.“
Politische Macht wird von den Langzeitherrschern wie Paul Biya als persönlicher Besitz angesehen. Der „starke Mann“ steht über dem Gesetz. Dass sich Präsidenten so lange an der Macht halten können, liegt auch an den Schwächen der Institutionen und nicht zuletzt an der Entwicklungshilfe-Industrie.
Volker Seitz ist Botschafter a.D. und Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“, dtv, 2021 (11. aktualisierte Auflage).
Das Buch wurde seit dem erstmaligen Erscheinen (2009) mit jeder der zahlreichen Neuauflagen aktualisiert und erweitert. Von der ersten Auflage bis heute haben sich die Seitenzahlen fast verdoppelt. Das Buch hat durch seine Informationsdichte einen hohen Wert. Seine Aussagen gelten nach wie vor. Die so genannte Entwicklungshilfe subventioniert immer noch schlechte Politik. Solange immer Ausreden gefunden werden, warum korrupte Regime unterstützt werden sollen, werden auch die Fluchtursachen nicht verringert werden. Die Profiteure der Entwicklungshilfe behaupten: Hilfe funktioniert. Aber warum gehe es heute den meisten afrikanischen Ländern schlechter als zum Ende der Kolonialzeit, fragt Seitz. Es würden kaum Arbeitsplätze vor Ort geschaffen und das breite Elend werde nicht beseitigt, weil Zielgruppen nicht in die Maßnahmen einbezogen werden. Afrikanische Kritiker würden nicht zu den Kongressen eingeladen.
Hilfsgelder heizten in vielen Ländern die Korruption an und halten Afrika in Abhängigkeit. Deshalb plädiert Seitz aus Respekt vor der Leistungsfähigkeit der afrikanischen Gesellschaften, die bisherige Hilfe durch wirtschaftliche Zusammenarbeit auf der Grundlage beiderseitiger Interessen zu ersetzen. Wirkliche Hilfe würde bei der intensiven Förderung von Geburtenkontrolle beginnen. Weniger Geburten hätten in Teilen Asiens und Südamerikas zu besseren Lebensbedingungen geführt. Er wundert sich über die Ignoranz in der Politik und den Medien, wenn es um das wahre Problem Afrika gehe.
Seitz wird nie pauschal, hebt immer wieder positive Beispiele hervor und würdigt sie im Detail. Ein Buch, das über weite Strecken auch Lesevergnügen bereitet, ist immer noch genauso aktuell wie zum Zeitpunkt seiner Erstveröffentlichung. Es richtet sich nicht an ein Fachpublikum. Der Autor bedient sich einer Sprache, die klar ist, dass sie auch Lesern ohne jegliche Vorkenntnisse einen Zugang zu der Thematik – die uns alle betrifft – eröffnet.

@L.BauerDarüber gibt verschiedene Meinungen in Afrika und Europa. Der Unternehmer Alain Itoua Gassey sagt. „Es wäre schön, wenn wir unsere eigene Währung hätten, aber heute nicht. Wenn man das heute einführen würde, würde es eine Katastrophe geben. Wir haben nicht die Strukturen.“ [Wirtschaftliche Strukturen wie Industrie, Anm. ]. „Wir können nicht die ganze Schuld auf die europäische Seite schieben. Wir auch, wir Afrikaner tragen eine Verantwortung für die Katastrophe, die sich in den letzten Monaten, Jahren abgespielt hat.“Der „Economist“ hat ausgerechnet, dass in 50 Jahren die Inflation in der Côte d’Ivoire 6 Prozent betrug und in Ghana (mit einer eigenen Währung) 29 Prozent. Gar nicht zu sprechen von der Hyperinflationen in Simbabwe, D.R. Kongo und Angola. Für zahlreiche Geschäftsleute aus Ghana und Nigeria wurde der CFA wegen der Risiken der eigenen volatilen Währungen zu einem sicheren Hafen.
Wirtschaftliche Argumente spielen aber oft weniger eine Rolle als Vorwürfe postkolonialen Übergriffs und die afrikanische Würde. Die meisten Länder verfügen nicht über die notwendige stabile Wirtschaft für eine unabhängige Währung. Das ist allerdings weniger eine Folge französischer Dominanz, sondern der Unfähigkeit der Afrikaner, ihre Wirtschaft zu modernisieren und konkurrenzfähig zu machen. Mali hatte in seiner sozialistischen Phase eine eigene Währung (1962–1984) und kam wieder in den CFA-Verbund zurück, weil die Bevölkerung der eigenen Währung nicht vertraute. Der Außenhandel wurde trotz Strafandrohung weiterhin auf CFA-Basis abgewickelt. Einzelne Staaten können jederzeit aus dem CFA-Verbund austreten, Mauretanien hat dies 1973 getan und hat seinen Ouguiya (MRO). Mauretanien steht aber wirtschaftlich besser da als zum Beispiel Mali oder Niger. Guinea-Bissau, das nie französisch kolonisiert war, hat sich dennoch entschlossen, Teil der Währungsunion zu werden. Siehe Teil 2
@Andreas Rochow Das ist gewollt konkrete Zahlen sollen nicht öffentlich werden.Wie ich es in meinem Buch geschrieben habe, gibt es für k e i n Land eine Übersicht, was die deutsche Entwicklungshilfe von Beginn an dort investiert hat und was aus den Projekten geworden ist. Deshalb weiß auch niemand, wie viel Geld bzw. technische und finanzielle Hilfe nach Kamerun geflossen sind. Meine vorsichtige Schätzung: mindestens drei Milliarden Euro. Vermutlich sehr viel mehr.
Auf der Homepage des BMZ ist zu lesen: Dabei wurden dem Land 59 Millionen Euro für 2023 und 2024 neu zugesagt – davon 20 Millionen Euro für die finanzielle (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) und 39 Millionen Euro für die technische Zusammenarbeit (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) . Weitere 6,6 Millionen Euro wurden im Dezember 2023 bewilligt.
Darunter ist ein Programm der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), das mit 21 Millionen Euro vom deutschen Steuerzahler finanzierte Gender-Transformation in Kamerun fördern soll. Die GIZ definiert den geschlechtertransformativen Ansatz als „aktives Hinterfragen und kritische Analyse etablierter Normen und Geschichte Geschlechterstereotypen und Konzentration auf den Abbau bestehender Ungleichheiten“. Marcel Nyuysemo, PhD, Universität Yaoundé I in Kamerun hat im Magazin Cicero gefragt:“ Die Gender-Transformation hat den Westen ins Unglück gestürzt. Soll diese auch noch Afrika ruinieren."
Wir sollten uns bei der Entwicklungshilfe auf ein oder zwei Länder konzentrieren. Zwei Schulen im Land A, zehn Brunnen in Land B und drei Krankenhäuser in Land C bringen nichts. Und diese Länder sollte man nach Kriterien wie Demokratie und Rechtstaatlichkeit aussuchen, wobei christliche Länder bevorzugt werden sollten. Ansonsten sollte man mehr deutsche Auslandsschulen für die besten afrikanischen Schüler gründen. Wer dort das deutsche internationale Abitur schafft, sollte dann ein Stipendium für ein MINT-Fach bekommen. Das würde wirklich nachhaltig was bringen.
Wir, die deutschen Steuerzahler, zahlen an etliche Länder dieser Welt "Entwicklungshilfe". Warum? Das weiss ich nicht. Fakt ist, dass mit unseren verdienten Geldern u.a. weltweit korrupte Politiker bezahlt werden, Regime sich über Wasser halten, Luxusgüter für die, die an der Geldquelle sitzen, besorgt werden. Wenn man weiss, dass selbst China Geld erhält, weiss man Bescheid. Man muss nicht die Binsenwahrheit von der eigenen Bevölkerung bemühen, um zu erkennen, was für ein Schindluder betrieben wird. Dazu kommen noch irrsinnige Projekte im Inland, die massenhaft Steuergeld verbrennen(Stichwort Energiewende). Ich muss nicht betonen, dass ich für den great reset bin, allerdings anders, als von Herrn Schwab gedacht. Das gesamte Staatsgebilde müsste neu gedacht werden, Markus Krall lässt grüssen. Doch Brot und Spiele sind ja so verführerisch... Deshalb wird der Umschwung noch Jahre brauchen und das Tal der Tränen noch weiter durchschritten werden müssen. Man will es so.
Es ist bemerkenswert, wie schwer man an halbwegs seriöse Zahlen gelangt, was die "Entwicklungshilfe" für Kamerun betrifft. Hier nur 4 Jahre alte Zahlen: Die gesamte Nettoentwicklungshilfe für Kamerun belief sich demnach im Jahr 2021 auf 1,335 Milliarden US-Dollar. Ein großer Teil dieser Hilfe kommt von der EU und deren Mitgliedstaaten inkl. der Bundesrepublik Deutschland. Man könnte die "Entwicklungshilfe" auch daran messen, wieviel Personal die einschlägigen "Hilfsorganisationen", NGOs und globalistische Einflussstiftungen in Kamerun, Nigeria, dem Tschad, der Republik Zentralafrika, im Kongo und in Gabun stationiert haben. Darüber wird der interessierte Bürger aber im Unklaren gehalten, obwohl er ein Recht hat zu erfahren, wo und für welche konkreten Projekte sein Steuergeld dort verschleudert wird. (In solchen anschaulichen Texten würde ich mir tatsächlich immer auch Zahlen wünschen, z.B. welchen Anteil Menschen aus Gabun bei den Asylanträgen in Deutschland ausmachen.)
Bei uns nicht vorstellbar. Da lohnt es sich für die überbezahlten Schwachmaten zeitig in Rente zu gehen.
Über 30 Milliarden werden von Deutschland in Entwicklungshilfe gesteckt. Aber meines Erachtens fehlt es grösstenteils an der erforderlichen Kontrolle der Projekte. Und die ist unbedingt erforderlich, wie ich das bei der Begleitung diverser Projekte in Kamerun und Senegal festgestellt habe. Und dann : Wie kann es sein, dass z.B, Indien Entwicklungshilfe erhält, ein Land mit Atomkraft und Raumfahrt ? Oder China? Von den Radwegen in Peru mal abgesehen. Danke an Herrn Seitz für seine klaren Worte zu Misswirtschaft und Korruption. Aber bringen tut's wahrscheinlich wenig.
Franziska Thomas, épouse Oyono