Rainer Loacker aus Südtirol ist Erbe, Bioweinbauer und Gourmet. Und was für einer! Der Spross eines Keksfabrikanten isst hauptsächlich Rohkost, weil er „mit der und nicht gegen die Natur“ leben will, wie er dem Magazin „essen & trinken“ verriet. Der hübsch fotografierte und gestaltete Anzeigenträger erscheint in Hamburg und hat gewöhnlich mit Bio gar nix an der Pfanne.
Schleckermaul Rainer hat eine Prüfung zum „Bruker´schen Gesundheitsberater“ absolviert und irgendwann hörte er, „wie eine innere Stimme ganz deutlich sagte: warum nicht Homöopathie?“
Seither „lernen“ seine Reben (der folgende bierernst aufgeschriebene Text stammt von der e&t-Autorin Vroni C.), „allein nur Kraft der Natur, ein starkes Ego und Abwehrkräfte gegen alles Schädliche zu entwickeln.“ Wenn sie im Stress sind, kriegen sie eine Urtinktur aus in Alkohol mazerisierten Pflanzen verpasst, zum Beispiel Belladonna bei Hitzestress: „Dazu schlägt Loacker die Flasche bei jeder Stufe 30- bis 40mal mit der Hand auf ein Lederkissen. Danach verdünnt er diese Vorpotenz: wenige Tropfen werden in sechs Schritten auf 1000 Liter gebracht, das reicht für fünf Hektar Reben!“
Und weil vielleicht nicht alle Menschen, die ihre sieben Kekse noch zusammen haben, mit dem Verdünnungsirrsinn des Homöopathie-Papstes Samuel Hahnemann (1745-1843) vertraut sind, spricht Loacker leise „und antwortet nur das Nötigste, als wolle er das Gegenüber nicht belasten mit seiner Person und nicht verwirren mit der Komplexität seines ganzheitlichen Denkens“.
Keine Ahnung, ob Loackers Weine (6er-Paket ab 72 Euro) schmecken oder nicht. Aber eines macht sein Fall doch klar: , Aberglaube und magisches Denken sind längst von den Rändern der Gesellschaft in deren Mitte migriert. Insofern ist das Hamburger Wahlergebnis – insgesamt 50 Prozent der Stimmen in einer „bürgerlichen“ Stadt gingen an Traumtänzer, Sektierer und Extremisten – nicht überraschend.
Darauf trinke ich heute Abend mal einen. Unverdünnt.