Billiger Flüchtling, guter Flüchtling…

Von Bertha Stein.

Deutschland 2020: Jede deutsche Familie hat ein staatlich verordnetes, neues Familienmitglied – wie bei einem interreligiösen Auslandsaustausch, nur ohne diese lästigen Nettigkeiten und Gegenseitigkeiten. Und damit die muslimischen Flüchtlingshelferlein kein falsches Bild von Deutschland bekommen, sind Hartz-IV-Empfänger, Sozialhilfebezieher und Alleinerziehende von diesem staatlichen Service selbstverständlich ausgeschlossen. Schließlich möchte man die zwischenmenschlichen Verhältnisse klar stellen.

Seit 2015 dreht sich für Europa wie ein spielsüchtiger Lotteriejunkie alles um die Frage: „Wer kriegt den besten Flüchtling?“ Gut dass der europäische Geist die nationalen Köpfe noch nicht vollends durchdrungen hat. Gut dass gewisse nationale Eigenheiten weiterhin bestehen. So bietet der Begriff „bester“ Flüchtling viel hermeneutische Auslegungsmöglichkeiten.

„Gut“ im Brezen-Sinne bedeutet nämlich was ganz anderes als „gut“ hinter dem Ärmelkanal oder „gut“ bei unseren transatlantischen Ahornsirup-Freunden. Das hängt vom jeweiligen Kontext ab und hat mit Exzellenz selten etwas zu tun. Vermutlich liegt es an der deutschen Geschichte – Triggerwarnung für zartbesaitete, politisch-korrekt affine Gemüter der hippen Akademikerszene: jetzt wird es brüsk – und den Geschehnissen während des NS-Regimes.

Wie die Frankfurter Schule um Erich Fromm nämlich herausarbeitete, tendiert der Deutsche zum autoritären Charakter. Und genau dieser war es, der den Aufstieg Hitlers unterstützte. Einerseits durch devote Unterwürfigkeit, andererseits durch blinde Adoration für den abgelehnten Kunststudiuminteressierten aus Österreich. Doch die deutsche Politik hat ihre Lehre hieraus gezogen. Aufgrund der Bildungsinflation sind alle „gut“, aber aufgrund des Numerus Clausus sind alle „elitär gut“.

Der „beste“ Flüchtling – nach deutschem Verständnis

Doch der germanisch-politische Gutmensch kann sich seinem epigenetischen Schicksal nicht entziehen. Die Biologie ist zu stark und lässt die (groß)väterlichen Traumata des Nationalsozialismus an die Oberfläche durchschimmern. Auch die „Refugees Welcome“-Hysterie konnte das wahre Wesen des autoritären Charakters nicht übertünchen, die nun innerdeutsch lautet:  Wir, die Privilegierten versus die, die Unprivilegierten, wie etwa die Flüchtlinge.

Aktuelles Beispiel stellt die Forderung der Partei um Kirchenmaus Göring-Eckhardt und  Langhaarhansel Hofreiter dar. Weil zur Zeit in Pflegeheimen und Krankenhäusern zehntausende Fachkräfte fehlen, schlägt das intellektuell-äquilibristische Sprachrohr Habeck vor, diese Lücke mit muslimischem und afrikanischem Flair auszufüllen.

Über das swahilische Trommeln freut sich nicht nur (Groß)vater, sondern auch der Biodeutsche wie ein Schnitzel. Denn jetzt muss er nicht mehr den großväterlichen Hintern abwischen. Das übernimmt für ihn sein Wüstenfreund aus der afrikanischen Steppe oder dem muslimischen Orient. So, wie den nervigen Haushalt, so, wie die nervige Kindererziehung, so, wie das nervige Malochen. Das ist der „beste“ Flüchtling – nach deutschem Verständnis.

Neben einem „digitalen Proletariat“ erschafft die deutsche Politik ein „Flüchtlingsproletariat“. Wir, die Biodeutschen, und die, die Nichtdeutschen. Wir, die es uns in den Universitäten, Behörden und Unternehmen gemütlich machen und die, die die unliebsamen Arbeiten möglichst billig übernehmen. Das erinnert stark an das antike Griechenland, das seinen Wohlstand primär durch Sklaven aufrecht erhalten konnte.

En passant: Der Mindestlohn soll unter bestimmten Bedingungen nicht für alle Flüchtlinge gelten. Aber die Vertreter der politischen Gutmenschenmoral sehen hier kein Dilemma – Stichwort autoritärer Charakter mit seinen unterschiedlichen Bewertungssystemen oder im Alltagsjargon kriechen oder treten.

Deutschlands Politiker meinen, das Lotterielos mit den „besten“ Flüchtlingen gewonnen zu haben. Bleibt abzuwarten, wann ein muslimischer Marx in Deutschland den Klassenkampf von unten ausrufen wird. Die Einstellung deutscher Politik „nur ein billiger Flüchtling ist auch ein guter Flüchtling“ kann nämlich die Bombe schneller als gedacht platzen lassen.

Bertha Stein ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und lebt in der Nähe von Frankfurt.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Test 45: 49654

Wilfried Cremer / 19.05.2018

Ein schräger Blick auf das Problem. Das erinnert mich an das Experiment: In welche Richtung wächst die Pflanze im Weltraum, ohne Schwerkraft?

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