Von Brendan O'Neill.
Den kanadischen Truckern werden Spenden in Millionenhöhe von der Plattform GoFundMe vorenthalten. Das ist Klassenkampf von oben und ein übler Angriff auf die Demokratie.
Wir müssen darüber reden, dass GoFundMe den kanadischen Truckern, die gegen die Impfpflicht protestieren, Millionen von Dollar aberkennt. Das ist Gewerkschaftsfeindlichkeit – Union Busting – auf der Höhe der Zeit. Ein millionenschweres Unternehmen nutzt seinen Einfluss, um Aktivisten aus der Arbeiterklasse die Mittel vorzuenthalten. Dies ist ein klares und lautes Signal aus dem Silicon Valley, dass es seine Macht nutzen wird, um jede Form politischer Agitation von „den unteren Schichten“ zu unterdrücken, die sich zu sehr gegen den politischen Konsens richtet. Wer glaubt, dass es sich bei dieser Auseinandersetzung zwischen einer gewinnorientierten Fundraising-Website und Menschen, die es satthaben, von autoritären Covid-Charakteren herumgeschubst zu werden, nur um einen weiteren seltsamen Online-Streit handelt, sollte noch einmal nachdenken. Es geht um weit mehr als das. Hier werden die Fronten zwischen Freiheit und Macht abgesteckt, die das Internetzeitalter bestimmen werden.
Dass GoFundMe den Truckern, die gegen die kanadischen Impfvorschriften protestieren, die Mittel vorenthält, ist meiner Meinung nach einer der ungeheuerlichsten und antidemokratischsten Akte, welche die in Kalifornien ansässigen Eliten, die das World Wide Web überwachen, bisher begangen haben. Diese Lkw-Fahrer, die für die Wirtschaft unverzichtbar sind, lehnen sich gegen eine neue Regelung auf, die der kanadische Premierminister Justin Trudeau Anfang des Monats eingeführt hat und die vorsieht, dass Trucker, die die Grenze zwischen Kanada und den USA überqueren, geimpft sein müssen, wenn sie nicht nach jeder Fahrt in Quarantäne gehen wollen. Es ist eine verrückte Forderung. Sie würde den Lebensunterhalt einiger Fahrer ernsthaft gefährden. Deshalb haben sich die Trucker zum Aufstand erhoben. Sie fuhren mit ihren riesigen Sattelschleppern quer durch Kanada bis in die Hauptstadt Ottawa, wo sie Straßen blockierten und Ohnmachtsanfälle bei den liberalen Mittelschichtlern verursachten, die nicht verstehen konnten, warum diese Idioten nicht einfach weiter Säcke mit Grünkohl bei Whole Foods ablieferten und aufhörten, sich über ihre lästigen Rechte aufzuregen.
Elitarismus vs. Arbeiterorganisation
Die Unterstützung für die Trucker war riesig. Kanadier und Amerikaner, die des Corona-Autoritarismus überdrüssig sind, jubeln den Truckern zu, weil sie dem elitären Konsens über Covid ein großes kollektives Nein entgegensetzen. Trotz der Bemühungen von Politikern und Kolumnisten, die Trucker als QAnon auf Rädern darzustellen, als motorisierte Version von Mussolinis Marsch auf Rom, wissen viele Menschen, dass es sich in Wahrheit um anständige Arbeiter handelt, die einfach nur dagegen sind, dass der Staat ihnen das Leben noch ein bisschen schwerer macht. Ebenso ist bekannt, dass die Versuche des woken Milieus, den Freiheitskonvoi zu delegitimieren, indem sie auf sehr seltene „rechtsextreme“ Kommentare hinweisen, eine Taktik ist, die so alt ist wie der Kapitalismus selbst. Die elitären Gegner von Arbeiterorganisationen haben schon immer mit Verleumdungen und Andeutungen versucht, die Massen niederzuhalten. Da viele Leute diese Verleumdungskampagne als das erkannt haben, was sie ist, haben sie beschlossen, den Truckern ein paar Dollar zu geben. Aber GoFundMe hatte andere Ideen.
GoFundMe sagt, dass die 10 Millionen Canadian Dollar, die unter dem Titel „Freedom Convoy 2022“ gesammelt wurden, nun doch nicht an die Trucker gehen werden. Die Seite beruft sich auf Polizeiberichte über „Gewalt“ im Konvoi. Welche Gewalt? Und wo? Tausende und abertausende von Menschen haben sich dem Protest der Fahrer angeschlossen, und doch gab es nur drei Festnahmen. Eine Person wurde wegen Waffenbesitzes verhaftet, eine wegen „Unfug“ und eine wegen eines bedrohlichen Kommentars in den sozialen Medien. Für Massenproteste ist dies ein erstaunlich niedriges Niveau an vorgeblich kriminellem Verhalten. Ich besuchte einmal das Occupy-Camp in St. Paul's in London und wurde in der einen Stunde, die ich dort war, Zeuge von mindestens drei Ordnungswidrigkeiten (öffentliches Urinieren, Drohungen und Ruhestörung durch einen Mann auf Heroin, der ständig „GET TAE FUCK“ rief). Für eine massenhafte, wütende, empörte Bewegung ist der Freedom Convoy ungewöhnlich friedlich. Das „Gewalt“-Geschwätz von GoFundMe ist eindeutig ein überzogener Vorwand für die politische Entscheidung, die Trucker zu bestrafen.
Am Freitag gab GoFundMe eine Erklärung heraus, in der es hieß, dass der Freedom Convoy zu Beginn eine friedliche Bewegung war, die sich aber inzwischen zu einer „Besetzung“ entwickelt hat. Daher werden „keine weiteren Gelder direkt an die Organisatoren des Freedom Convoy ausgezahlt“. Stattdessen werden die 9 Millionen Dollar, die in den Kassen von GoFundMe verbleiben, an „glaubwürdige“ Wohltätigkeitsorganisationen verteilt oder den Spendern zurückerstattet, wenn sie ein Formular ausfüllen. Um zu verdeutlichen, dass dies alles sehr politisch ist: Facebook hat nun eine Seite entfernt, die für einen Freiheitskonvoi in Washington D.C. wirbt, und auch noch das persönliche Konto desjenigen Truckers gelöscht, der sie eingerichtet hatte. „Das ist Zensur vom Allerfeinsten“, sagte der und hat damit nicht unrecht. Es sieht aus wie ein klarer Fall der neuen kapitalistischen Oligarchien, die sich mit dem politischen Establishment – in diesem Fall Justin Trudeau – zusammentun, um die konsensbedrohenden Schreie der einfachen Leute zu unterdrücken und zum Schweigen zu bringen.
Die Niederen müssen mit allen Mitteln gestoppt werden
Der woke Angriff auf den Freiheitskonvoi, ob er nun von den erschreckend mächtigen Hütern des World Wide Web oder vom den Social-Media-Kommentatoren kommt, ist so unverhohlen klassistisch. Die Leute, die sich über die Straßenblockaden der Trucker in Ottawa beschweren, sind dieselben, die die schicken Muppets von Insulate Britain bejubelt haben, als sie die M25 und andere wichtige Durchgangsstraßen in Großbritannien blockiert haben. Die korrekt denkenden Menschen, die sich darüber aufregen, dass aus dem Freedom Convoy nun eine Besetzung geworden ist – der Horror! – sind zweifellos Fans von Occupy Wall St und Occupy St Paul's. Die Gründe für diese heuchlerische Doppelmoral sind sonnenklar. Insulate Britain und die Occupy-Bewegung setzten sich aus wortgewandten, gebildeten Menschen zusammen, die trotz ihres radikalen Anspruchs in Wirklichkeit den Konsens eines sich selbst verachtenden 21st-Century-Kapitalismus widerspiegeln. Die mützentragenden, hupenden Trucker des Freiheitskonvois und der Ottawa-Besetzung hingegen sind „niedere“ Leute, die sich gegen den politischen und moralischen Konsens der neuen herrschenden Eliten auflehnen. Die Ersteren sind also cool und können weitermachen, während die Letzteren mit allen Mitteln gestoppt werden müssen.
Die arbeiterfeindliche Einmischung von GoFundMe in die Verteilung von Geldern steht im Einklang mit der wachsenden Arroganz des Silicon Valley. Diese zügellosen Millionäre und Milliardäre, die wichtige Bereiche des Internets kontrollieren, haben ihre Bereitschaft, sich in das demokratische Leben einzumischen, bereits offen zur Schau gestellt. Twitter und Facebook etwa hatten den damals amtierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten, Donald Trump, zensiert. Spotify steht derzeit unter dem Druck, anti-woke Stimmen wie die von Joe Rogan zum Schweigen zu bringen oder zumindest zu rügen. Zahlreiche soziale Medien kontrollieren streng, was wir über Sex, Geschlecht, Rasse, Einwanderung und andere Themen sagen dürfen, und bringen jeden zum Schweigen, der von der „richtigen“ Linie abweicht. Diese Unternehmen üben eine enorme Kontrolle über den öffentlichen Raum im 21. Jahrhundert aus, und sie bestrafen einseitig und mit Freude jeden, der von den Moralverordnungen der neuen herrschenden Klasse abweicht, um ihn auszuschließen.
Der Entzug von Geldern für die rebellischen Trucker hat eine abstrakte Dimension: Ein gewinnorientiertes Unternehmen, also das Kapital, agiert gegen die Interessen wütender Trucker, mithin der Arbeiterklasse. In der Vergangenheit haben die Menschen gewerkschaftsfeindliche Unternehmen und Konzerne boykottiert, um solch arroganten Fürsten des Kapitals eine Botschaft einzutrichtern. Ich schlage vor, dass wir das jetzt auch tun. Ich für meinen Teil werde GoFundMe nicht mehr nutzen, jetzt, da ich weiß, dass das Unternehmen bereit ist, Millionen von Dollar von arbeitenden Menschen zurückzuhalten, deren einziges Verbrechen in der Meinung besteht, dass ihr medizinischer Status kein Hindernis für ihr Recht sein sollte, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Zuerst ist dieser Artikel auf Englisch bei Spiked! erschienen. Mit Erlaubnis hat Achgut.com ihn übernommen und übersetzt.