Roger Letsch / 02.05.2023 / 12:00 / Foto: Imago / 45 / Seite ausdrucken

Biden-Wahlkampf: Stillhalten und am Leben bleiben

Joe Biden will noch einmal Präsident werden, und sein bester Verbündeter auf dem Weg dahin ist womöglich Donald Trump. Biden muss nur stillhalten, am Leben bleiben und Trump die Konkurrenz und sich selbst erledigen lassen, so das Kalkül.

„Wenn du weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in jeder Schlacht unterliegen.“ (Sunzi, „Die Kunst des Krieges“)

Die Sonne scheint zum schönsten Frühlingswetter im Rosengarten des Weißen Hauses. Wer die Szene sah, reibt sich verwundert die Augen. War das da eben wirklich Joe Biden, der die Frage der Reporterin der Los Angeles Times flüssig, ja lässig beantwortet hatte? Sofort begann die Ursachenforschung. Lag es am Knopf im Ohr, über welchen ihm die Antwort eingespielt würde? Aber die Pressekonferenz anlässlich des Besuchs des südkoreanischen Präsidenten und um dessen Antworten zu verstehen, ist logischerweise ein Dolmetscher zugeschaltet. War es die Sonnenbrille, hinter der ein geheimer Teleprompter versteckt war? Aber mit dem Lesen vom Teleprompter hat Biden regelmäßig Probleme, unwahrscheinlich, dass dies plötzlich anders ist. War er mal wieder in den Zaubertrank gefallen, den man ihm regelmäßig dann anrührt, wenn unerwarteter Kontakt mit der Realität zu befürchten und Bidens Kognition gefordert ist? Davon ist auszugehen.

Die Frage, die Courtney Subramanian stellte, hatte es auf den ersten Blick wirklich in sich, gerade weil sie von einem Blatt kam, dass nicht gerade für seine Regierungskritik bekannt ist, solange ein Demokrat die Regierung anführt. Ob er nicht zu alt sei, um noch einmal anzutreten, wollte Subramanian wissen. Schließlich fänden 70 Prozent der Amerikaner das auch, selbst eine deutliche Mehrheit seiner Unterstützer. „Look at me“ habe Biden solche Fragen früher gern abgebürstet, und die Wähler hätten geschaut und ihn für nicht fit genug befunden.

Eine harte Frage, welcher Biden zwar ausweichend und mit Verweisen auf andere Umfragen beantwortete, die nur er zu kennen scheint. Nimm das, skeptische Presse! Doch was heißt schon skeptisch. Etwas am Rande der Szene stehend, entstanden die Bilder, die den scheinbaren kognitiven Höhenflug Bidens erklären. „Reporter Q&A, Courtney Subramanian (mit Bild und Lautschrift Soo-bruh-MAIN-ee-an)“ steht auf der Karte in Bidens Hand gedruckt. Darunter die Antwort, die er zu geben hat. Jemand hat handschriftlich „Question#1“ ergänzt, die Reihenfolge der vorbereiteten Fragen wurde offenbar in letzter Minute festgelegt. Also keine freie Rede, keine schlagfertige Antwort, kein medizinisches Wunder, kein Jungbrunnen im Oval Office. Stattdessen ein abgekartetes Spiel wie stets, und die Presse spielt bereitwillig mit. Zumindest der Teil, auf den es ankommt, denn auch wenn die New York Post genüsslich das präsidiale Theater kommentiert, ist die Aufmerksamkeit längst weitergezogen.

Er muss am Leben bleiben, das ist alles

Er tritt also nochmal an, der alte Mann im Weißen Haus, um den Job zu beenden, wie er sagt. Welches der unvollendete Job ist? Ganz einfach, denn da ist nur einer: Es gilt, Trump weiterhin vom Weißen Haus fernzuhalten. Und in diesem Bestreben hat Biden loyale Unterstützer in den Medien und noch mehr im gigantischen Regierungsapparat in Washington, wo man panische Angst um Posten und Pöstchen hat, nachdem nun bekannt ist, wie FBI, CIA und andere akronyme Entitäten Trumps Präsidentschaft untergruben, wo sie nur konnten. Der glaubte 2016 naiverweise, sich den „Sumpf“ dienstbar machen zu können. Doch es war das FBI, mit dessen Hilfe Clintons Kampagne das „Steel Dossier“ erstellen ließ, und Mike Morell, ein ehemaliger sellvertretender CIA-Direktor, sagte gerade vor dem Justizausschuss des Repräsentantenhauses aus, er sei von Antony Blinken, dem außenpolitischen Berater in Bidens Wahlkampfteam, dazu aufgefordert worden, ehemalige Geheimdienstler dazu zu bringen, Hunters leidiges „Laptop from Hell“ in einem gemeinsam unterzeichneten Brief zur typischen russischen Desinformation zu erklären. Die Ablenkung funktionierte und trug Biden über die Ziellinie. Dass Blinken für die Aktion mit dem Posten des Außenministers belohnt wurde, ist natürlich nur ein Gerücht.

Man sollte nicht den Fehler machen, sich auf die offensichtlichen Defizite Bidens zu versteifen, seine Aussetzer und Stolperer auszuschlachten und auf sein Alter hinzuweisen. All das spielt keine Rolle. Er muss am Leben bleiben, das ist alles, was man von ihm erwartet. Das „man“ ist dabei kein geheimer Zirkel, sondern der präsidiale Apparat, die Partei der Demokraten und das Getriebe der vielen staatlichen Zahnrädchen mit den schicken Abkürzungen. Eine persönliche präsidiale Agenda würde da nur hinderlich sein. Eine solche ist weder von Biden noch von VP Kamala Harris zu erwarten. Letztere fällt seit ihrem Amtsantritt eher dadurch auf, fließend Gaga zu sprechen und dabei das Publikum zu sedieren.

Bidens Ankündigung, erneut zu kandidieren, kam dann auch in der erwarteten Form. Nicht persönlich im Rahmen einer Pressekonferenz oder eines TV-Interviews, sondern als mit „the Message“ beladener Werbeclip. Die Botschaft lautet: Ich bin nicht Trump, und nur ich kann euch von den Ultra-MAGA-Republikanern retten. Nur über die Ziellinie muss ihn wieder jemand tragen. Wer das sein wird? Nun, der Plan scheint zu sein, dies Donald Trump selbst zu überlassen. Ganz er selbst, demontiert Trump nämlich gerade alle anderen Kandidaten, die ihm bei den Republikanern in die Quere kommen könnten.

Vorsorglich öffentliche Debatten im Vorwahlkampf ausgeschlossen

An Ron DeSantis arbeitet er sich geradezu ab, dabei hat der noch nicht einmal seinen Hut in den Ring geworfen. Im Team Biden geht man jedenfalls fest davon aus, dass Trump der Kandidat der Republikaner sein wird. Nur deshalb tritt Biden noch einmal an. Und während Trump von Rallye zu Rallye fliegen wird, um sich von seinen Anhängern feiern zu lassen und damit einen Vorgeschmack des Sturms zu geben, den er 2024 zu entfachen vorhat, wird Biden einen Wahlkampf führen, der sich nur unwesentlich von dem unterscheiden wird, den er 2020 führte: in Abwesenheit. Je mehr republikanische Mitbewerber Trump auf seinem Weg zur Kandidatur demontiert, umso besser!

Die eingefleischten Demokraten erreicht er so ohnehin nicht, verprellt aber die Unabhängigen, bei denen DeSantis zum Beispiel sehr beliebt ist. Und während sich Trump mit Ellenbogen an die Spitze des Feldes bringt, muss Biden keine innerparteilichen Mitbewerber fürchten. Niemand aus dem Establishment der Demokraten wird ernsthaft gegen Biden antreten und ihn womöglich in Debatten beschädigen. Einer, dem das womöglich gelungen wäre, steht seit Jahren außerhalb des Machtzirkels: Robert F. Kennedy jr.

Man möchte nicht, dass es zum Schlagabtausch des Abtrünnigen aus dem Kennedy-Imperium mit dem angeschlagenen Joe Biden kommt und hat deshalb vorsorglich öffentliche Debatten im Vorwahlkampf ausgeschlossen. Auch hier springt die Presse Biden willfährig zur Seite. Diesmal in Form eines „Faktenchecks“, welcher der Frage nachgeht, ob die Demokraten die Vorwahldebatten abgesagt hätten oder nicht. Ergebnis für Newsweek: Irreführende Aussage!

Es seien nämlich gar keine Debatten geplant, weshalb auch keine abgesagt werden können und überhaupt: Es gäbe ja keine ernst zu nehmenden Gegenkandidaten, wozu also überhaupt Debatten? Semantische Spielchen, um den Umstand zu verschleiern, dass Biden in einer echten, ungescripteten Debatte mit Robert F. Kennedy Junior unterginge wie die Titanic. Für die Nominierung werden am Ende schon die Superdelegierten sorgen, selbst wenn die Basis der Dems in den Bundesstaaten anderer Meinung sein mag. 

Soll Trump doch die Aufmerksamkeit der Medien haben, er, Biden, muss lediglich die Angst vor Trumps Rache am Establishment ernten, die dieser wortgewaltig und mit lockerer Zunge zweifellos reichlich säen wird. Die Wahl wird auch 2024 nicht in Umfragen oder an den Wahlmaschinen entschieden, sondern durch die vielen tausend Aktivisten, die auch diesmal von Klingel zu Haustür laufen werden, um Wahlzettel einzusammeln. Ganz legal. Und in dieser Disziplin sind die Dems den Reps haushoch überlegen.

Im Moment läuft tatsächlich alles auf eine Wiederholung des Duells Biden vs. Trump hinaus. Trump wünscht sich nichts sehnlicher. Er und die Republikaner sollten sich jedoch fragen, warum die Demokraten sich das offensichtlich auch wünschen.

Foto: Imago

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Leserpost

netiquette:

Jochen Lindt / 02.05.2023

Die USA toppen noch den Vatikan und die UdSSR in Sachen Altherrenriege.  Biden = Breschnew.

Lothar Kempf / 02.05.2023

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Trump vergisst im Eifer persönlichen Machtstrebens die Gesamtheit der republikanischen Wähler; das wiederum ist Anliegen von de Santis. Trump wird die ihm gebührende harte und schmutzige Arbeit machen, jedoch wird de Santis am Ende des Tages Spitzenkandidat der Republikaner sein und deutlich von dem senilen Biden liegen. Die Wähler werden sich für einen jüngeren und unbelasteten Kandidaten entscheiden; das bietet weder Trump noch Biden.

Olaf Dietrich / 02.05.2023

#Schönfeld:  Sie sprechen mir aus der Seele. Und ich finde es bezeichnend, dass Leute wie Musk, Trump, Weidel , wer immer mal das sagt, was ich auch denke, von den miesen Angstbeissern unserer Zeit aufs Hefstigste angegangen werde, wohl damit wir Dinge glauben wie Klimaprobleme oder diesen unsäglich schlecht inszenierten Putschversuch und Ukraine Krieg . Die weisen Menschen sagen, das geht vorbei, dunkel zieht dunkel an, aber es gibt Stimmen in mir, die möchten meiner Verzweiflung über diese dummen Menschen etwas mehr Nachdruck verleihen.  Ihr habt auch nur ein Leben!! Wir können loslassen, es ist der Griff, der so stinkt!!!!

L. Bauer / 02.05.2023

Erstens, die Wahl wird sehrwohl wieder von der gefütterten Wahlmaschine entschieden. So wie letztes mal, als kurz vor Schluss Trump deutlich führte, dann Pause gemacht wurde und nächsten Morgen nur noch Stimmen für den Senilen gezählt wurden. Ergebnis ist bekannt. Wenn Ron de Santis clever ist, wartet er einfach ab. In fünf Jahren ist es dann einfacher. Denn Trump muss erstmal das ganze Chaos was hinterlassen wurde abwickeln, auf Null stellen und von vorn anfangen. Da sind vier Jahre nicht viel Zeit. Danach kann de Santis weiter Saubermachen und schon etwas ernten.

T. Schneegaß / 02.05.2023

@Thomas Szabo: “Wer steckt dahinter?” Das kann man auch mit drei Worten benennen: der linksfaschistische deep state. Deshalb ist es auch nicht schwer, vorauszusehen, was passiert, wenn die kommende Fälschung fürs Erste nicht ausreicht, um Trump zu verhindern. Er wird diesen Saustall nicht ausmisten können. Sollten sich Ansätze in dieser Richtung zeigen, wird er es nicht überleben. Sie dürfen mich gern daran erinnern, was mir mein Blick in die Glaskugel im Mai 2023 gesagt hat.

Ludwig Luhmann / 02.05.2023

Biden heißt deswegen auch Obiden, weil es vermutlich Obamas dritte Amtszeit war, die Biden öffentlich vertrat. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Obama über Biden noch eine vierte Amtszeit bekommt, um die USA tiefer in die Zersetzung zu führen. Obiden muss tatsächlich nur am Leben bleiben.

T. Schneegaß / 02.05.2023

@A.Schröder: “Wie es um Biden bestellt ist, steht weder auf der achse noch im deutschen Staatsfunk.” Bei den Ösis erfährt man es. Vor ein paar Tagen z.B. trat er vor Kindern auf, dabei vergaß er den Namen seiner Enkeltochter und das Ziel seiner zwei Wochen !!! zurückliegenden letzten Auslandsreise. Die Kinder riefen ihm “Irland, Irland” zu. Falls er 24 Präsident wird, darf man sicherlich davon auszugehen, dass er weder die Weltmacht USA noch den Namen des Präsidenten dieser Weltmacht kennt. Der ideale Zustand für die Chef-Marionette des WEF.

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