Chaim Noll / 25.12.2018 / 16:00 / Foto: Servusbonjourtschuess / 12 / Seite ausdrucken

Betrug ist okay – aber nur politisch korrekt

In der Schule haben wir gelernt, dass wir ein Zitat belegen müssen. Doch smarte Leute wissen, dass man sich im Leben über Schulweisheiten hinwegsetzen kann. Im Leben geht es anders zu, manchmal genau entgegengesetzt. Der österreichische Schriftsteller Robert Menasse arbeitet seit Jahren mit gefälschten Zitaten. So hätte der Politiker Walter Hallstein angeblich gesagt oder geschrieben: „Die Abschaffung der Nation ist die europäische Idee.“

Abgesehen, davon, dass der Satz erfunden ist, wie Menasse im Gespräch mit der Tageszeitung Die Welt einräumt, so ist er auch rufschädigend für Hallstein, denn er ist dumm. Menasse hat ihn erfunden wie Relotius seine Rührstücke, in kaltem Kalkül auf den Erfolg des politisch Korrekten. Das ging jahrelang gut, sowohl bei Menasse wie bei Relotius. Schon 2013 soll Menasse in einem Essay in der Frankfurter Allgemeinen mit einem gefälschten Zitat operiert haben. Ähnlich nahe sind sich die beiden in ihrer Preiswürdigkeit für deutsche Literatur- und Journalistenpreise, mit denen auch Menasse überschüttet wurde. Erst 2017 erhielt er den „Deutschen Buchpreis“ für seine in Romanform vorgetragene Propaganda im Dienst der Europäischen Union.

Das Problem der Politischen Korrektheit ist ihre Berechenbarkeit. Politische Korrektheit ist Ausdruck der Angst vor der Wahrheit, eine selbst auferlegte Blindheit. Deshalb ist es so leicht, ihre Anhänger zu betrügen. In diesem Sinne ein erfolgreiches Neues Jahr! Im erträumten Europa ohne Nationen, am besten ohne Menschen, haben Betrüger weiterhin leichtes Spiel.

Foto: Servusbonjourtschuess CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Helge-Rainer Decke / 25.12.2018

Sehr geehrter Herr Chaim Noll, leider habe ich Probleme mit der Quintessenz Ihres Wunsches für ein Neues Jahr. Sie schreiben: „Das Problem der Politischen Korrektheit ist ihre Berechenbarkeit. Politische Korrektheit ist Ausdruck der Angst vor der Wahrheit, eine selbst auferlegte Blindheit. Deshalb ist es so leicht, ihre Anhänger zu betrügen. ..... Im erträumten Europa ohne Nationen, am besten ohne Menschen, haben Betrüger weiterhin leichtes Spiel“. Ende des Zitats. Ist jemand politisch korrekt, hat er Angst vor der Wahrheit, Das bedeutet im Umkehrschluss, ist jemand nicht politisch korrekt, dann hat er keine Angst und ist weniger berechenbar. Ich verstehe den logischen Schluss zwischen Korrektheit, Angst, Berechbarkeit und Wahrheit nicht. Ich verstehe auch nicht die Behauptung, Korrektheit mache blind vor der Wahrheit. Koche ich mir ein Ei vier Minuten lang, weil es mir besser schmeckt, dann bin ich betrübt, wenn es länger kocht, Angst davor habe ich weniger. Bleiben wir beim Ergebnis eines länger gekochten Hühnereis, dann trifft ein, was mich betrübt. Das mit Wahrheit gleich zu setzen ist kühn. Ok, unterstellen wir, es sei die Wahrheit, im Umkehrschluss von Adorno „das Ganze ist das Unwahre“, dann erhalte ich etwas, das nicht meinen Wünschen entspricht. Weshalb sollte diese „Wahrheit“, mich blind machen? Ich weiß doch, was mich erwartet, kochte das Ei länger als vier Minuten. Was ich gar nicht auf die Reihe bekomme. ist der fromme Wunsch, dass in einem Europa ohne Menschen Betrüger leichtes Spiel haben. In einem Europa ohne Menschen kann es nach meiner Logik auch keine Betrüger geben. Es sei denn, die Betrüger kommen aus Regionen außerhalb Europas:-)

Marc Blenk / 25.12.2018

Lieber Herr Noll, sie haben wie zu erwarten die richtigen Worte ja dazu gefunden. Das zusätzlich perfide daran ist, dass Herr Hallstein sich weder verbal noch juristisch noch wehren kann. Würde sich der Lügner Menasse sich auch getrauen, einen noch lebenden und mit der selben Argumentation falsch zu zitieren nach dem Motto: 'Sie haben das so gemeint, sie wissen es nur noch nicht. Ich erkläre es ihnen...?' Man würde ihn wohl nicht mehr für zurechnungsfähig halten. Immer deutlicher verliert das ethisch und intellektuell unredliche Verfahren der politischen Korrektheit an moralischer Überzeugungskraft. Sie nimmt die Bürger weder ernst noch ist sie demokratisch, weil es die Leute per höhermoralischem Marketing und qua Kommando manipulieren und befehligen will. PC ist sanktionierende, die Entscheidung der Bürger und seine Demokratie lahmlegende Gefühlspolitik. Dabei ist sie im besten Fall so moralisch wie Waschmittelwerbung. Sie ist eine totalitäre Bedrohung unserer Freiheit. Gestern las ich, dass eine Rechtsanwältin damit droht zu klagen, dass Knabenchöre auch Mädchen zulassen müssten. Nicht Freiheit, sondern totalitäre Order ist das Prinzip der politisch korrekten Denkweise.... Menasse gehört verklagt... Ich wünsche der gesamten Achse - Familie, Autoren, Leserbriefschreibern und Lesern ein friedliches, entspanntes und segensreiches Weihnachten.

Thomas Taterka / 25.12.2018

Aus dem Versuch, Diskriminierung zuüberwinden, ist ein hinterhältiges Geschäft mit derselben geworden und irgendwann in der Zukunft droht dieses Geschäft in Totschlag überzugehen.

Bernhard Freiling / 25.12.2018

Es wird an der Oberfläche gescharrt. Dabei wird nur das freigelegt, was sich beim besten Willen nicht vermeiden läßt. Die Lügengebäude um Wulff, um Kachelmann, um Chemnitz, um Relotius und Menasse, um Donald Trump und die AfD: Alles nur Oberfläche. Massenweise und täglich, ja fast stündlich, Artikel, die nur so strotzen von "hätte, könnte, sollte, möglicherweise etc", hemmungslose Vermengung von Nachricht und Meinung: All das trägt dazu bei, daß ich z.B. keine Information mehr für bare Münze nehme, ohne sie gegengecheckt zu haben. Ist mir das nicht möglich, hake ich sie einfach unter Fake-News ab. Keines weiteren Gedanken, keiner weiteren Aufregung wert. Diese Journaille hat es fertig gebracht, daß etliche Menschen ihr immer weniger vertrauen - und diesen Geschichtenerzählern fällt dann nicht mehr ein, als die Schuld hierfür bei den unbelehrbaren Konsumenten zu suchen. Dieses Phänomen ist ja nicht auf die Journaille beschränkt. Wir sind einer Heimsuchung anheim gefallen. Diese Heimsuchung heißt Dummheit. Sie ist virulent. Vor 50 Jahren noch war nur ein relativ bescheidene Anzahl von Menschen befallen. Die haben aber die Hoheit über die Bildungseinrichtungen erkämpft. Dort feiert die kostenträchtige Aufzucht immer dümmerer Menschen Urstände. Das Ergebnis können wir jeden Ta bestaunen. In den klugen Schachzügen unserer Regierung, in den klugen Informationen unserer Medien, bei den noch klügeren Faktencheckern, bei den klugen NGOs, die unser Leben zu bestimmen scheinen. 50 Jahre hat es gedauert, bis die grenzenlose Dummheit die Oberhand gewinnen konnte. Die, die von sich meinen, dies zu durchschauen, sind vergleichsweise wenige und etliche davon sterben langsam aber stetig weg. Das können die Dummen in aller Ruhe abwarten. Schöne neue Welt?

Sabine Schönfelder / 25.12.2018

Menasse hat in seinem Essayband ' Dummheit ist machbar' sein politisches Wirken und Handeln bereits im Titel erklärt. Dem ist nichts hinzuzufügen.Gut Rosch!

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