Henryk M. Broder / 04.04.2008 / 20:20 / 0 / Seite ausdrucken

betr.: Antisemitismus im Schatten des Doms

achgut-Leserin Monika S. aus Köln schreibt uns als Ergänzung zu dem Eintrag vom 1.4. (http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/antisemitismus_im_schatten_des_doms/), wie der “kölsche Klüngel” in diesem Fall funktioniert:

Die antiisraelische “Palästinawand” befindet sich auf öffentlichem Gelände, so dass nach meiner Ansicht der OB ein deutliches Wort sprechen könnte, wenn er nur wollte.  Die Stadt Köln - und damit Oberbürgermeister Fritz Schramma - scheint diesem Zustand jedoch kein großes Interesse zu schenken. Diese “Palästinawand” ist ja auch Touristenattraktion, vielleicht erhält sie aus diesem Grunde Schutz.
Herr OB Schramma hat es geschafft sich gegen den Willen vieler Bürger für den Bau einer Großmoschee einzusetzen. Vor der “Palästinenserwand” endet jedoch seine Zuständigkeit.
Die Synagogengemeinde schrieb in ihrem Gemeindeblatt, sie habe mehrfach beim Oberbürgermeister interviert, mit seinem Stadtkämmerer korrespondiert und den Polizeipräsidenten auf das Problem hingewiesen. Die Gemeinde erhielt erst ein Jahr später die lapidare Antwort, das Versammlungsrecht käme zur Anwendung.
Unabhängig hiervon, schrieb ich auch 2004 an den OB und bekam im gleichen Jahr die nichtssagende Antwort, die Zuständigkeit läge bei der Polizeibehörde. Mein Schreiben wurde an die Sachbearbeitung der Polizei weitergeleitet und erhielt die gleiche Begründung, wie die an die Synagogengemeinde.
Dann ging mein Schreiben noch zur Staatsanwaltschaft. Der zuständige Staatsanwalt schrieb dann, dass Verstöße gegen § 130 Abs. 1 und 2 StGB (Volksverhetzung) voraussetzen, dass sich die Taten gegen Teile der inländischen Bevölkerungen richten, das heißt gegen Gruppen, die tatsächlich in Deutschland leben. Durch die Beschimpfung fremder Staaten seien weder deren in Deutschland lebende Staatsangehörige als Teil der hiesigen Bevölkerung angegriffen, noch Teile der deutschen Bevölkerung, die sich dem anderen Staat etwa durch politische oder religiöse Überzeugung besonders verbunden fühlen…” Das heißt, jeder kann nach Deutschland kommen, gegen sein Land hetzen und drohen, um dann wieder zu verschwinden.Sogar Nazizeichen sind dann wohl erlaubt.
Nach dem Brief des Staatsanwaltes wurde an der “Palästinenserwand” für den palästinensischen Widerstand gesammelt.
Um den Staatsanwalt dann noch etwas zu beschäftigen, übermittelte ich ihm meine Anfrage, ob das Aufstellen einer Sammeldose für den “palästinensischen Widerstand” eine strafbare Handlung darstelle. Es wäre nicht auszuschließen, dass das Geld an Terrororganisationen fließe. Natürlich war die Antwort: Nein, denn es gäbe keinen konkreten Anhaltspunkt, dass das gesammelte Geld zur Finanzierung terroristischer Aktionen dienen soll. Das wurde allerding in der Zeitspanne vom 30. März 2005 (mein Brief) bis zum 19.04.2005 (Antwortbrief) festgestellt. Zudem benötige eine öffentliche Sammlung in NRW keiner Genehmigung mehr.
Ich glaube, es wird sich nichts ändern in Köln - der Schandfleck “Palästinenserwand” wird bleiben und in die Geschichte eingehen.

Soweit Frau Monika S. aus Köln, deren Zuschrift immerhin beweist, dass in der Hauptstadt des rheinischen Humors nicht nur Verrückte leben. Zu der “Klagemauer” jetzt noch dies: Dass sich miesester Antisemitismus gerne als “Israelkritik” tarnt, ist ja nichts Neues. Jeder debile Rentner, dem man den Unterschied von Kunst und Kacke erklären muss, fühlt sich zur “Israelkritik” berufen und weist den Verdacht, ein Antisemit zu sein, weit von sich, weil er “jüdische Freunde” hat, die genauso gaga sind wie er. Im Falle der “Klagemauer” freilich läßt sich der feine Unterschied zwischen “Kritik” und “Ressentiment” exemplarisch klar machen. Auf einer der Papptafeln ist zu lesen: ““Das Existenz-Recht Israels steht so lange in Frage, als es die Normen des Völker-Rechts ignoriert.”

Abgesehen davon, dass es “wie es die Normen…” heißen müßte, hängt das Existenz-Recht eines Landes bzw. Staates mitnichten davon ab, ob das Land bzw. der Staat die Normen des Völkerrechts respektiert oder ignoriert. Das würde nicht einmal der in Berlin-Mitte weltberühmte “Völkerrechtler” Norman Paech behaupten, obwohl der schon viel Unsinn geschrieben und gesagt hat, zuletzt zu Tibet. Wäre dem so, müßte das Existenz-Recht Russlands und Chinas längst aufgehoben sein, ebenso das von Staaten wie Nordkorea, Sudan, Weissrussland, Libyen, Simbabwe und etlichen anderen. Aber auf diese Idee käme niemand, egal was Russland in Tschetschenien, China in Tibet und Sudan in Darfur anstellt. Nur im Falle von Israel wird die Anerkennung des Existenz-Rechts an die Beachtung des Völker-Rechts gebunden, was immer das konkret bedeuten mag. Vermutlich liegt die Verletzung des Völkerrechts durch Israel u.a. darin, dass Israel nicht mit Gangs verhandeln will, die sich die Vernichtung des “zionistischen Gebildes” zum Ziel gesetzt haben und dass es die Einwohner von Gaza mit Öl, Strom, Medikamenten und Nahrungsmitteln versorgt, ungeachtet der Tatsache, dass täglich von Gaza aus Raketen auf israelische Städte abgefeuert werden. Soviel Ignoranz dem Völkerrecht gegenüber verdient es in der Tat, abgestraft zu werden.
Kölle Alaaf!

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