Peter Grimm / 20.05.2018 / 12:30 / Foto: FAL / 27 / Seite ausdrucken

Besuch beim Zweitpräsidenten

Jetzt ist die Welt wieder in Ordnung. Es gab vor ein paar Tagen kurz etwas Aufregung nach dem Treffen der deutschen Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem Möchtegern-Sultan Recep Tayyip Erdogan, bei dem „hochachtungsvoll“ dem „verehrten Präsidenten“ gehuldigt wurde. Unbeschadet durch das Nicht-Mitsingen der deutschen Nationalhymne galten die türkischstämmigen Spieler doch allen als positives Beispiel für Integration. Vor allem jenen, die glauben wollen, Integration gelinge besonders gut durch viel Rücksichtnahme auf eingewanderte Nationalgefühle und möglichst leichten Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft – bei weitestgehender Akzeptanz der doppelten Staatsangehörigkeit. Doch dass die Beiden nun ausgerechnet Werbung für den Despoten aus Ankara machten, stieß selbst Wohlmeinenden sauer auf. Wer auf dem Felde des Fußballs für Deutschland antritt, solle doch wissen, dass sein Präsident Steinmeier heiße und nicht Erdogan, kommentierten auch die Freunde eines möglichst undeutschen Deutschlands diesen Auftritt.

Ein unangenehmer Konflikt, kurz bevor auch die Erdogan-Freunde unter den Fußballprofis mit in den Kampf um den Weltmeistertitel ziehen sollen. Aber es gab nun eine Lösung: die Absolution durch den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Und der lud, immer um allseitige Versöhnung bemüht, zu einem Besuch ins Schloss Bellevue und zeigte, wie leicht sich doch aufkommende Integrationsprobleme klären lassen.

Die beiden Spieler hätten sogar ihren Urlaub unterbrochen, nur um einen Termin beim Bundespräsidenten wahrzunehmen, würdigte DFB-Präsident Reinhard Grindel den selbstlosen Einsatz für die Integration: „Es verdient Respekt und Anerkennung, dass Mesut Özil und Ilkay Gündogan persönlich die Irritationen ausräumen wollten“. Und sie hatten laut Grindel eine klare Botschaft: „Beide haben uns gegenüber versichert, dass sie mit dieser Aktion kein politisches Signal senden wollten“, wird er in der FAZ zitiert. Welches unpolitische Signal man mit einem Fototermin mit einem Präsidenten im Wahlkampf hätte senden wollen, wurde offenbar nicht weiter hinterfragt. Die möglichen Antworten hätten ja auch für neue Verunsicherung sorgen können, beispielsweise, wenn es nur um ein ganz unpolitisches Bekenntnis der deutschen Nationalspieler zum Türkentum gegangen wäre, das dem Privatmann Erdogan nun einmal sehr am Herzen liegt.

Ein Plural für die Heimat

Dafür erklärt Präsident Steinmeier, welche Signale er gern setzen möchte: Die Geschichte von Özil und Gündogan spiegele die Erkenntnis wider: „Heimat gibt es auch im Plural.“ Ein Mensch könne mehr als eine Heimat haben und neue Heimat finden, betonte Steinmeier. „Das hat die Bundesrepublik für Millionen von Menschen bewiesen, und es hat uns bereichert.“

Der Bundespräsident sollte sich nun dringend an die Duden-Redaktion wenden. In deren deutschtümelnden Werken findet sich beim Schlagwort Heimat tatsächlich immer noch der Hinweis: „Plural nicht üblich“. Da die Duden-Macher ohnehin gerade unter anderem von der Bundesjustizministerin aufgefordert werden, einige Erfindungen fortschrittlicher Sprachingenieure, wie das Gendersternchen, in ihre Rechtschreibregeln aufzunehmen, könnten sie den Heimatplural gleich mit einarbeiten.

Vor allem aber demonstrieren Steinmeier, Özil und Gündogan gemeinsam, dass sie es gut finden, wenn Migranten den deutschen Pass als Zweitpass zusätzlich zu ihrer als prioritär empfundenen Nationalität, die ihnen auch Nationalstolz erlaubt, bekommen. Die Loyalität zur neuen, zur deutschen Heimat, muss nicht an erster Stelle stehen, sondern Deutschland gibt sich bei all denen, denen es die Doppelpassprivilegien einräumt, auch mit Platz zwei zufrieden. Und für viele Deutschtürken ist der Bundespräsident dann neben dem Herrscher in Ankara der Zweitpräsident.

Der spielt dann im eigenen politischen Verständnis in etwa die Rolle, die eine Zweitfrau im Privatleben spielt. Frank-Walter Steinmeier scheint nichts gegen diese Rolle einzuwenden. Und den meisten politischen Verantwortungsträgern reicht die Polit-Geliebten-Rolle bei Migranten offenbar auch aus, sonst würden sie vielleicht über die Signale nachdenken, die sie mit einer Politik aussenden, mit der aus dem Doppelpassprivileg für Zuwanderer und deren Nachkommen mehr und mehr der Regelfall wird.

Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

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Leserpost

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Leo Lepin / 20.05.2018

Steinmeier hat auch wohl nicht gefragt, warum, bei aller verständlichen Heimatliebe zur Türkei, die beiden ausgerechnet einen Mann hofieren wollten, der die Demokratie abschafft und für den Islam als Staatsreligion eintritt. Es gibt oder gab ja auch mal eine andere Türkei.

P.Steigert / 20.05.2018

Denkt die SPD nicht schon lange, dass wir eigentlich Teil der Türkei werden sollten? Ohne eigene, erkennbare Kultur braucht man ja gar kein eigenes Land und auch keine eigene Fussballmannschaft. Übrigens: Ich wünsche der “International-Mannschaft” den letzten Platz. Alleine damit kein Opportunist von einem Politiker oder der Linksfunk zu Propagandazwecken davon schwärmen, wie toll die Integration angeblich wieder funktioniert hat.

Julian Schneider / 20.05.2018

Wie sehr die Nationalmannschaft von der Politik vereinnahmt wurde, sieht man doch schon seit einigen Jahren in den DFB-Werbespots. Sie wird als erstrebenswertes Spiegelbild der Gesellschaft präsentiert, in dem möglichst viel „Diversity“ die größere Rolle spielt als sportliche Qualiät. Alles wird unter dem Motto „Respect“, „kein Rassismus“ und „No hate“ per Propaganda in all die Hirne gehämmert, die unkritisch diese Volkserziehung aufsaugen. Und das ist leider immer noch die Mehrheit in diesem Land.

Ivan de Grisogono / 20.05.2018

Deutschland heute, auch noch der Bundespräsident hat ein Problem mit seinen Gedanken! Gestandene Männer oder Frauen haben solche Probleme nicht! So entstehen Phantombegriffe wie ein Plural für die Heimat! So etwas gibt es nicht und wird es nicht geben! Seine Heimat kennt man und bestimmt man selbst, ohne Rücksicht auf Staatsbürgerschaft. Dabei braucht man keine Politfunktionäre als Ratgeber die nur über Integration schwafeln. Ich bin ein Deutscher aber meine Heimat ist nicht Deutschland, besonderes nicht Merkels D–Land, obwohl Deutsch die Muttersprache meines Vaters und meines Großvaters müterlicherseits war. Loyalität und Sympathie für Deutschland bestehen heute weil meine Frau eine überzeugte Preussin ist. Diese junge Türken wissen emotionell wo die Heimat ist, werden fast erpresst und gezwungen sich zu verleugnen! Fragt sich jemand warum sich einer in Deutschland geborener, erfolgreicher Türke zu einem anderem Land gezogen fühlt? Und das hat mit Erdogan nichts zu tun.

Christopher Sprung / 20.05.2018

Auf den Punkt gebracht. Warum hat Bundespräsident Steinmeier eigentlich den Fussballspieler Can NICHT eingeladen—- dieser hätte das Bundesverdienstkreuz verdient, weil er die Einladung von Erdogan zum gleichen Fototermin ABGELEHNT hat! Aber dazu trauen sich die deutschen Orient-Romantiker nicht. Und die Islamisten lachen sich heimlich über uns kaputt, während viele von ihnen die Wohltaten des deutschen Staates (inklusive Meinungsfreiheit) genießen.

Rico Martin / 20.05.2018

Was für eine verstörende Aktion! Jetzt wird selbst der Sport zur Islamdebatte! Ich bin so dankbar, das kein Tag vergeht an dem die momentan noch vorherrschende pervers-humanistische Ideologie der Merkelregierung sich selbst als naive und realitätsfremde Dummheit outet! Ich hoffe sehr, das es sich baldigst ausmerkelt!

Werner Geiselhart / 20.05.2018

Die beiden spielen auch nicht in der deutschen Nationalmannschaft, weil sie so gut integriert sind. Es geht schlicht und ergreifend darum, dass ein deutscher Nationalspieler einen höheren Marktwert besitzt als ein türkischer. Und das macht sich ganz direkt bemerkbar im Jahressalär eines Spielers. Ein paar Milliönchen mehr auf dem Konto sind stichhaltige Argumente, seine eigentliche Liebe ein bisschen hintan zu stellen. Im übrigen möchte ich nicht wissen, was passiert wäre, wenn ein paar Nationalspieler mit einem AfD-Politiker posiert hätten. Grünenfan Jogi hätte bestimmt für einen lebenslangen Ausschluß aus der Nationalmannschaft plädiert, im Gegensatz zum aktuellen Fall, zu dem er bemerkte, dass er keine Sekunde über irgendwelche Konsequenzen nachgedacht habe.

F. Jung / 20.05.2018

Da haben die PR-Berater der beiden Balljongleure mal eben die Reißleine gezogen und Herr BuPrä macht dankbar mit und gibt auf der Stelle den sich öffnenden Airbag. Klar, denn Fußball-Deutschland kann man mit solchen kleinlichen Diskussionen über “Heimat_en” kurz vor “Brot und Spielen” nun wirklich nicht verunsichern ........  Ich weiß nun aber auch nicht mehr, über wen von den drei Akteuren man mehr “den Kopf schütteln soll” bei diesem Possenspiel.

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