Henryk M. Broder / 16.12.2017 / 14:48 / 13 / Seite ausdrucken

Besuch bei Linda W. aus Sachsen

Linda W. aus Sachsen hat ihre Heimat mit 15 verlassen und sich dem IS angeschlossen. Mittlerweile 17, sitzt sie nun in einem irakischen Knast in Bagdad und wartet darauf, dass ihr der Prozess gemacht wird, wegen Mitgliedschaft in einer terrroristischen Vereinigung. „Sie hofft, dass sie bald nach Deutschland zurückkehren kann", sagt Karen Miosga in den Tagesthemen, als hätte Linda W. einen Flug mit Niki Air gebucht und würde nun auf den Kanarischen Inseln festsitzen. Und weil Linda W. vorläufig aus dem Irak nicht weg kann, macht sich ihre Mutter auf den langen Weg in den Irak, um ihre Tochter zu besuchen. Und wer begleitet sie? Ein Team der Tagesthemen, denn Lindas Schicksal geht uns alle an. 

Auftritt Linda W. „Unsicher, abwartend" geht sie auf ihre Mutter zu, das Pfannkuchengesicht von einem Hijab umhüllt. Sie wisse nicht, sagt sie, wie sie „auf so eine dumme Idee kommen konnte, zum IS zu gehen". Gekämpft habe sie nie, nicht einmal eine Waffe besessen. „Ich weiß nicht einmal, wie so ein Ding funktioniert. Ich war nur im Haus gewesen, ich hab nie mit Waffen so richtig was zu tun gehabt." Jetzt wolle sie so schnell wie möglich zurück zu ihrer Familie, weg von Gewalt und Tod. Sie erinnert sich: „Einer ist auf dem Bauch gelegen und einer hat keinen Kopf mehr gehabt." Offenbar war sie doch nicht immer nur im Haus gewesen, hat gekocht, geputzt und ihrem Mann, der inzwischen gefallen ist, die Stange gehalten.

„Ist Linda W. Täterin oder Opfer? Ist sie immer noch radikal?" fragt eine Stimme aus dem Off. „Wäre sie womöglich ein Sicherheitsrisiko für Deutschland?" – Noch „mehr über Linda W. und ihre Geschichte" gab es im Anschluss an die Tagesthemen in einer Weltspiegel Extra-Ausgabe.

Was aber ist an Linda W. so bemerkenswert, dass dermaßen auführlich über sie berichtet werden muss? Ist es der Stolz darüber, dass es noch junge Menschen gibt, die nicht wohlstandsverwahrlost sind? Oder eher etwas anderes?

Wie wäre es damit: Linda W. ist nicht die erste deutsche Frau, die daheim sitzt, putzt und kocht und keine Ahnung hat, was ihr Mann draußen treibt. So haben auch die Frauen der SS-Männer gelebt, während diese ihre Pflichten erfüllten und für Ordnung in den Lagern sorgten. Linda W. setzt eine alte deutsche Tradition fort. Sie war mittendrin und doch nicht dabei. Die Unschuld unter dem Hijab, den sie nach allem, was sie erlebt hat, nicht ablegen mag.

Siehe auch: Immer mehr Jugendliche und Frauen als Gefährder eingestuft. Auch Frauen rücken immer mehr in den Fokus der Sicherheitsbehörden. Im ehemaligen IS-Gebiet im Irak sitzen hunderte Frauen im Gefängnis – auch aus Deutschland. Darunter sind auch Minderjährige, die sich dem IS angeschlossen hatten. Jetzt wollen sie zurück nach Deutschland. Unter ihnen ist auch die inzwischen 17-jährige Linda W. aus dem sächsischen Pulsnitz.

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Leserpost

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Marc Blenk / 16.12.2017

Wo gab es Sendungen über die Opfer des Attentats vom Breitscheidplatz, die Toten, Verletzten, sowie ihre Angehörigen? Wo erfährt man etwas über ihre Leben? Wo sind die Gesichter dieser Menschen zu sehen…? Wo gab es angebrachten Pathos? Dieses Land und seine Gesellschaft hat seine Würde verloren. Sie liegt fest wie ein versunkenes U - Boot auf dem Grund und in Tiefseenachbarschaft zur Würde des Islam in seiner Haltung zur Welt, der am moralischen und zivilisatorischen Tiefpunkt seiner Geschichte angelangt zu sein scheint.  Es wird für die Deutschen, egal ob sie atheistisch, agnostisch, christlich, jüdisch, buddhistisch, oder hinduistisch sind, ja und auch islamisch,  ein weiter Weg zur Wiedererlangung ihrer Würde.

Heiko Stadler / 16.12.2017

Sollte man bei der Erlebnisurlaubs-Heimkehrerin auch einmal eine Person ohne Kopf auf dem Boden liegen sehen, so muss man natürlich Verständnis für die traumatisierte Hijab-Trägerin haben.

Annegret Weise / 16.12.2017

“Linda W. setzt eine alte deutsche Tradition fort. Sie war mittendrin und doch nicht dabei.” Ja, genauso ist es, leider. Sie haben es mal wieder auf den Punkt gebracht.

Rudolf Petersen / 16.12.2017

Besser als die NSU-Kumpanin Beate Zschäpe ist diese Linda W. nicht. Weshalb also diese rosa Berichterstattung beim Staatsfunk? Weil es “nur” der islamistische Faschismus ist?

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