„Besorgte Bürger“, das galt bei Politikern der Bundestagsparteien und in den meisten Redaktionen deutscher Medien als Synonym für jenen Teil der Bevölkerung, der die „Willkommenskultur“ nicht mochte, der die Bereicherung durch Zuwanderung nicht erkennen wollte und stattdessen die Gefahren des unkontrollierten Massenzustroms beschwor. Die Nähe der „besorgten Bürger“ zu „Rechtspopulisten“ stand dabei nahezu in allen Fällen außer Zweifel. Zuweilen machten sie sich sogar mit der vom SPD-Vorsitzenden als „Pack“ bezeichneten Personengruppe gemein.
Wer kein “besorgter Bürger” sein wollte, konnte sich monatelang von allen Seiten beruhigen lassen. Es habe sich doch eigentlich nichts verändert. Nur notorisch „besorgte Bürger“ und alle die ihre Besorgnis ausnützen würden glauben, dass sie bedroht sind. Und jetzt sorgt plötzlich die Bundesregierung für Beunruhigung. Unsere beunruhigte oder besser beunruhigende Bundesregierung will die Bevölkerung mit ihrer neuen „Konzeption Zivile Verteidigung“ auf den Ernstfall vorbereiten. Es ist der Plan für den Notstand.
In den letzten Jahren haben die Bürger sich ja schon daran gewöhnt, dass Gesetze und Verträge gebrochen und ausgehebelt wurden, weil es plötzlich erkannte partielle Notstands-Situationen erforderten. Da konnten Milliardenbeträge fließen, um Euro und Banken zu retten, obwohl die gültigen Regeln das eigentlich unterbinden sollten. Und später durften eine Zeitlang Millionen Migranten ungehindert zu ihrem europäischen Wunschziel wandern, weil man den Notleidenden doch helfen musste. Dass EU-Abkommen und Gesetze dem entgegen standen, durfte in diesem Notstandsfall kein Hindernis sein. Sogar die Beschlagnahme von Immobilien zur Unterbringung der unerwarteten Neuankömmlinge wurde mancherorts flugs ermöglicht. Auch Sondergesetze, z.B. für das Bauen am bestehenden Baurecht vorbei, wurden wegen der notwendigen Unterbringung der Zuwanderer durchgewunken. Wer für Fremde baut, muss sich nicht mehr den komplizierten Regeln der Einheimischen unterwerfen.
Konzeption Zivile Verteidigung (KZV): Der Notstand muss ordenlich organisiert werden
Doch mit ein bisschen Notstandsmanagement mal hier und mal da will sich die Bunderegierung nicht zufriedengeben. Wir sind schließlich in Deutschland und da muss auch der Notstand ordentlich organisiert werden. Dafür gibt es nun bald die “Konzeption Zivile Verteidigung (KZV)”, die am Mittwoch offiziell vorgelegt wird.
Wenn man liest, was aus dem 69-seitigen Papier schon bekannt ist, beschleicht einen ein ganz merkwürdiges Gefühl. Der Auftakt mit der Nachricht, dass sich die Deutschen Vorräte anlegen sollen, ist mit das Harmloseste. Nun steht natürlich auch da, dass das alles nur für den Fall gedacht ist, wenn Deutschland zum Beispiel im Rahmen von Nato-Einsätzen das Bündnisgebiet an dessen Außengrenzen verteidigen muss und infolge dessen die Notstandsverfassung in Kraft gesetzt wird, die im Grundgesetz vorgesehen ist. Aber gilt es am Ende nur für diesen Verteidigungsfall an den Außengrenzen oder auch nach Angriffen im Inneren? Immerhin gilt in Frankreich seit den islamistischen Angriffen in Paris im letzten November der Ausnahmezustand, immer wieder verlängert nach jedem neuen Anschlag. Und die dortige Regierung wähnt sich erklärtermaßen im Krieg.
Und was plant nun die Bundesregierung für den Kriegsfall? Welchen Meldungen glauben wir? Nehmen wir ein Medium, das gänzlich unverdächtig ist, „besorgten Bürgern“ nach dem Munde zu reden: Zeit.de. Allein was hier nüchtern zurückhaltend für den Notstandsfall zusammengefasst ist, lässt einen frösteln:
„In diesem Fall würden sämtliche Strukturen Deutschlands umgebaut, um eine Notversorgung mit Wasser, Strom und Lebensmitteln zu sichern, auch wenn große Teile der Infrastruktur oder der Verwaltung zerstört sind. So könnte zum Beispiel das Recht eingeschränkt werden, dass jeder seinen Arbeitsplatz frei wählen darf. Dieses Grundrecht gelte auch im Verteidigungsfall, heißt es in dem Entwurf der Verteidigungskonzeption. “Ausnahmsweise” aber könne die Bundesagentur für Arbeit “Personen in Arbeitsverhältnisse verpflichten”, wenn der Bedarf mit wichtigen Arbeitskräften nicht anders zu decken sei.
Solche “Verpflichtungen in ein Arbeitsverhältnis” seien bei Männern jedoch “unter anderem an das Bestehen der Wehrpflicht gebunden”, schreiben die Autoren. Die Wehrpflicht ist in Deutschland seit dem 1. Juli 2011 ausgesetzt, da sie aus Sicht der Bundesregierung ihre sicherheitspolitische und militärische Bedeutung verloren hatte. Der Pflichtdienst ist aber weiterhin im Grundgesetz verankert und könnte mit einem einfachen Gesetz wieder eingeführt werden. Daher heißt es in dem Notfallplan: “Es ist zu prüfen, inwieweit diese Regelungen noch sachgerecht sind.” Gemeint ist die Prüfung, ob eine Dienstverpflichtung auch ohne Wehrpflicht möglich wäre.
Neben der Notversorgung der Bevölkerung soll der Plan aber auch sicherstellen, dass die Bundeswehr arbeitsfähig bleibt, um das Land verteidigen zu können. Daher sieht der Entwurf eine zivile “Unterstützung der Streitkräfte” vor.
Die mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht bezieht sich insbesondere auf einen Passus für die Streitkräfte, in dem es unter dem Stichpunkt Post heißt: “Die schnelle und sichere Zustellung von Postsendungen mit besonderer Bedeutung für die Bundeswehr (beispielsweise Einberufungs- und Leistungsbescheide bei Wiederaufleben der Wehrpflicht) wird im Rahmen des Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetzes gewährleistet”.
Ebenfalls erwähnt werden Unterkünfte, die bei einer Verpflichtung von Zivilisten notwendig würden: In diesem Fall entstehe ziviler “Unterstützungsbedarf der Bundeswehr bei Heranziehungsorganisation und Unterbringungsinfrastruktur”.
Zwangsverpflichtungen und Beschlagnahmen
Im Klartext: Es soll nicht nur jeder Einwohner dienstverpflichtet werden können, sondern auch Firmen würden zwangsweise zu bestimmten Arbeiten verpflichtet.
Auch die Beschlagnahme von Autos, Treibstoff und Lebensmitteln, sowie deren Rationierung ist in den Planungen für den Ernstfall schon vorgesehen. Im zurückhaltenden Zeit-Ton liest sich das so:
In ihrer neuen Konzeption Zivile Verteidigung schreiben Experten, die zivile Seite solle die deutschen Streitkräfte und ihre Verbündeten darin unterstützen, die Verteidigungsbereitschaft herzustellen und aufrechtzuerhalten. So solle mithilfe von Zivilisten gewährleistet werden, dass Soldaten ihre Einsatzgebiete erreichen könnten – etwa, indem diese helfen, den Straßenverkehr zu koordinieren oder Treibstoff bereitzustellen.
Auch über außermilitärische Hilfe bei der Verpflegung der Soldaten machen sich die Zivilschutzplaner Gedanken. So gebe es bei den Streitkräften “lediglich eine begrenzte Vorhaltung von Verpflegung für die Durchführung von Einsätzen”. Was darüber hinaus gehe, müsse “über den freien Markt” organisiert werden, heißt es.
Für den Fall, dass die Versorgung der Soldaten über den freien Markt nicht mehr möglich ist, solle ein anderer Punkt des Konzeptes greifen: Darin steht, dass die Bundesregierung eine Ernährungsnotfallvorsorge im Krisenfall per Rechtsverordnung sicherstellen können soll, etwa durch “Abgabepflichten hinsichtlich des Anbaus, der Verarbeitung, Verteilung und des Verkaufs von Lebensmitteln”. Gemeint ist eine Rationierung.
Wehrpflicht? Dienstpflicht? Requirierung? Rationierung? Nach besseren Zeiten klingt das nicht. Und dass es offenbar jetzt den entsprechenden Regelungsbedarf an dieser Stelle zu geben scheint, ist auch nicht gerade beruhigend. Erläuterungen gibt es derzeit dazu noch nicht. Was sollte die Bundesregierung auch zur Notstands-Planung sagen? „Wir schaffen das“?
P.S. Wofür steht jetzt, in Zeiten da die Bundesregierung die Ausgestaltung des Notstands plant, eigentlich der Begriff „besorgte Bürger“, wenn man ihn politisch korrekt verwenden möchte?
Alle Zitate aus: Zeit-online hier.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Peter Grimms Blog Sichtplatz hier